Full text: St. Ingberter Anzeiger

v»ÿl. Ingherter Ahzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchenltich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unter haltungs 
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M 200. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Aus Müunchen schreibt man dem „FIrk. Kur.“: 
gon einer Seite, die Glauben verdient und wohl 
nformirt ist, wird mir mitgetheilt, daß es dem 
Ansturm der Kammermajorität gegen vas Mini— 
erium gelungen ist, eine Aenderung des Kabinets 
u bewirken. Wenn ich recht unterrichtet bin, so 
berden dem rasenden See zwei Opfer gebracht, 
derr v. Lutz und Herr v. Faͤustle. Ersterer soll 
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tzterer durch Staatsrath v. Loe. 
Bayerische Abzeordnetenkammer.) 
Re Abgeordneten Seitz und Genossen hatten zu 
em auf der Tagesordnung der 15. Plenarsitzung 
er Abgeordnetenkammer vom 29. November stehen⸗ 
en Etat der Forst-⸗, Jagd- und Trift ver— 
paltung für ein Jahr der 16. Finanzberiode 
1882 und 1883) folgende Anträge eingebracht: 
) die Kammer wolle beschließen, bei den Ein⸗ 
ahmen sei statt 760,000 M. die Summe von 
300, 000 M. einzusetzen, und zwar wäre diese 
zumme dadurch zu erzielen, daß in der 16. Fi⸗ 
zanzperiode in Rücksicht auf die Nothlage der Land 
virihschaft wie auf den Rückgang der Forstrente 
us Staatsforsten ein größeres Quantum Streu, 
ils von der kgl. Staatsregierung beabsichtigt ist, 
bgegeben werde. (Die Kammer hat in der Sitzung 
om 29. November diesem Antrag zugestimmt; es 
ab darüber, wie jedesmal bei der Berathung des 
orstetats, eine lange Debatte, in welcher von 
fälzischen Abgeordnelen Bürgermeister Müller von 
zaardt und Oberamtsrichter Vaillant das Wort er⸗ 
riffen. Oberforstrath v. Ganghofer gab die Zu— 
cherung, die Regierung werde gewiß alles Mög⸗ 
che thun, um die Landwirthschaft zu unterstützen; 
e sei auch dem Antrag Seitz an sich nicht feind— 
ich, ob aber so viel Geld eingehen werde, wie Seitz 
mnnehme, daß werde eben davon abhängen, wie 
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die Kammer wolle weiter an Se. Maj. den König 
gie Bitte stellen, Anordnung dahin treffen zu wollen, 
aß Angesichts der schweren Belastung der Staats- 
Waldungen durch Forstrechte und in Berücksi htigung 
ees stets finkenden Holzwerthes Waldparcellen, welche 
ich für den Landbau eignen, zum Verkauf gebracht 
ind mit dem Erlös Forstrechte eingelöst werden. 
Berlin, 29. Nob. Der Reichstag hat 
ne zweite Lesung des Etats nach längerer Be— 
athung durch Annahme desselben erledigt. Fürst 
gismarck nahm viermal das Wort. Gegenüber der 
Fortschrittspartei erhob er die Beschuldigung, daß 
as Prinzip derselben nicht monarchisch sei. — Die 
Debaite schweifte vom Gegenstande weit ab, so daß 
„er Präsident um Rückkehr zu demselben bitten 
nußte. Mayer (Demokr., Stuttgart) sprach gegen 
ie Freifahrten der Reichstagsabgeordneten. 
der deutsche Reichstag berieth am Montag 
a erster Lesung den Gesetzentwurf über Ham- 
»urgs Einverleibungsin die Zolllinie 
es deutschen Reiches. Es soll danach die Reichs⸗ 
stegierung ermächtigt werden, einen Betrag bis zu 
10 Millionen Mark aus Reichsmitteln zuzuschießen, 
amit die hierdurch in Hamburg nothwendig wer⸗ 
senden Baulichkeiten, Einrichtungen ꝛc. hergestellt 
verden können. Abg. Hänel (Fortschr.) bezweifelt, 
b Hamburgs Anschluß einen jener Summe ent— 
prechenden Nutzen gewähre. Abq. v. Minnigerode 
Donnerstag, 1. Dezember 1881. 16. Jahrg. 
conserv.) empfiehlt den Gesetzentwurf und hofft, 
nit dem geplanten Anschluß werde dem Hamburger 
engroshandel künftig ein mehr nationaler Charakter 
usgeprägt werden. Minister Bitter ist erfreut, daß 
»änel nur sachliche Erwägungen, ohne politische 
Reimischung, gemacht hat; er erklärt, daß auch mit 
zZremen Verhandlungen über dessen Zollanschluß 
hweben, die wohl auch bald beendigt sein dürften. 
gon einer Vergewaltigung Hamburgs sei da durch— 
us keine Rede. Auch Adg. Windthorst (Centr.) 
nahnt, man solle politische Rücksichten bei Seite 
assen und die Vorlage nur sachlich prüfen. Fürst 
zismarck, welcher eingetreten war, als Windt⸗ 
orst sprach, ergriff nun das Wort; er klagte, daß 
hm bei seinem Sieben nach Einheit der Nation 
ortwährend Opposition gemacht werde; glücklicker⸗ 
veise seien die deutschen Bundesregierungen eine 
niel stärkere Bürgschaft für die Einheit des Reiches, 
ils der Reichstag mit seinen vielen Fraktionen und 
»em leidigen Fraktionstreiben; in dem gegenwärtigen 
steichstag gebe es ja nicht einmal eine feste Mehr⸗ 
jeit mit einem bestimmten Programm. Er habe 
eine Schuldigkeit gethan, Dank habe er niemals 
egehrt, mache sich auch nichts daraus; dem Kaiser 
ind dem deutschen Heere gebühre die höchste Aner— 
ennung. Man 'könne darüber rechten, ob die 
Zumme von 40 Millionen angemessen, ob sie zu 
och oder zu niedrig sei; aber darüber könne doch 
ein Zweifel sein, daß das deutsche Reich ein großes 
Interesse daran habe, endlich auch ein einheitliches 
zollgehiet zu bekommen. Abg. Lasker (Secc.) er⸗ 
biderte mit scharfen Worten: Bismarck's innere 
Jolitik finde nicht die Billigung der Mehrheit des 
eutschen Volkes; auch die Bestrebungen der Con⸗ 
rvativen fänden diese Billigung nicht. Lasker 
Irdert alle liberalen Parteien auf, sich zu einer 
roßen liberalen Partei zu vereinigen. Bismarck 
eplizirt in sehr gereizter Weise gegen Lasker und 
emerkt wieder, daß bei den Wahlen allein die 
Fonservativen gewonnen hätten. Abg. Maltzahn 
conserv.) protestirt Namens der Conservativen gegen 
zasker's Bemerkung, daß das deutsche Volk sich für 
ie Liberalen erklärt habe. Abg. Windthorst be—⸗ 
weifelt das Zustandekommen einer großen liberalen 
dartei von Bennigsen bis Sonnemann. 
In dem Etat der Reichs-Marine⸗-⸗Ver⸗ 
valtung pro 1882/83 werden 228 Revolver⸗ 
danonen uebst Munition und Zubehör als neue 
Inschaffung in Ansatz gebracht. Diese Revolver⸗ 
danonen sind dazu bestimmt, den Fahrzeugen der 
driegsmarine die feindlichen Torpedoboote fern zu 
alten. 50 Stück sind schon früher beschafft wor— 
en. Für die fehlenden 228 Geschütze sind (ein- 
chließlich der Kosten für Einrichtung und Auf— 
tellung) je 11,000 M. erforderlich. 
HH. M. Paul von hier und J. Schmidt 
bon Ensheim, als Stellvertreter derselben die 
dH. Wolfg. Kahn von hier und A. Harzy 
on Ommersheim. 
* St. Ingbert, 1. Dez. Auf nächsten 
Sonntag sind die pfälzischen Creditge— 
rossenschaften zu einer im Saalbau zu 
Neustadt stattfindenden Besprechung der Steuer⸗ 
frage eingeladen. Es handelt sich zunächst um 
Aenderung der Vereinsstatuten in Rüchsicht auf 
das neue Gewerbsteuergesetz und um gemeinsame 
Maßnahmen in Betreff der Besteuerung. 
* St. Ingbert, 1. Dez. S. Maj. der 
Zönig hat unterm 25. Nov., entsprechend einer 
diesbezüglichen Bitte, genehmigt, daß die Gerichts 
chreiber der Lande und Amtsgerichte in Zukunft 
—DD 
Titel „Obersekretäre“ führen. 
(*) St. Ingbert, 1. Dez. In der mor⸗ 
gigen Stadtrathssitzung wird eine Frage, die in 
leßter Zeit hier vielfach die Gemüther erregte und 
um Theil in recht anzüglicher Weise debattirt 
purde — die Frage der Häuserstenuerrevi— 
fion — erledigt werden. Die betressende Com⸗ 
nission hat ihre Erhebungen in dieser Angelegen⸗ 
seit beendet, so daß derselbe nur in reiflicher Er⸗ 
vägung der vorliegenden Verhältnisse und unter 
Berücksichtigung des vollen Interesses der Stadt 
gefaßt werden wird. 
- Vom Schöffengericht Obermoschel wurden 
50 Feuerwehrleute von Kalkofen, weil sie einer 
dom Bezirksfeuerwehr⸗Kommandanten angesagten 
Uebung nicht beigewohnt hatten, zu Geldstrafen von 
lubis 3 M. verurtheilt. Der Amtsanwalt hatte 
Beldstrafen von 10 bis 20 M. beantragt, das Ge⸗ 
icht aber die niedrigeren Strafen um deswillen 
nusgesprochen, weil die neue Feuerlöschordnung den 
deulen dort noch nicht so recht bekannt gewesen sei. 
— In Diedesfeld ereignete sich Freitag 
Vormittag ein beklagenswerther Unglücksfall. Ein 
unger Mann aus Hambach befand sich mit einem 
xinwohner von Diedesfeld in dessen Zimmer, als 
etzterer ein seit Jahren nicht gebrauchtes Gewehr 
ur Hand nahm, um es seinem Besucher zu zeigen. 
Durch unachisame Manipulation entlud sich das 
noch geladene Gewehr und drang der Schuß dem 
gesucher in den Leib. Der Unglückliche ist an⸗ 
cheinend tödtlich getroffen. Der bedauernswerthe 
Besitzer des Gewehres hatte keine Ahnung davon, 
daß dasselbe noch geladen war. 
— In dem Kalksteinbruch bei Callstadt 
wurden am Samstag zwei Familiendäter verschüttet 
und derart verletzt, daß an ihrem Aufkommen ge— 
zweifelt wird. 
— Am Dienstag früh erschoß Michael Bau— 
mann von Altrip''die ledige Albertine Weigel 
vom Riedhof und feuerte dann auf sich zwei Re— 
olverschüsse ab, die ihn in die Seite trafen — 
ob lebensgefährlich steht noch dahin. Zu der That 
vurde er dadurch veranlaßt, daß sein Vater nicht 
zulassen wollte, daß er das Mädchen, mit dem er 
schon längere Zeit ein Verhältniß hatte, heirathe. 
— Der Einnehmer-Pensionsverein für die 
Pfalz hatte im Jahre 1880 eine Einnahme von 
39,074 M. 57 Pf. eine Ausgabe von 32,764 M. 
33 Pf., demnach Altivrest 6800 M. 94 Pf. Der 
Bermögensstand war am 1. Januar 1881 221,003 
M. 55 Pf., am 1. Januar 1880 211,688 M. 
30 Pf., demnach Mehrung im Jahre 1880 9315 
M. 25 Pf. 
Ausland. 
Die „Pf. Pr.“ schreibt: „In einer aus dem 
Zatikan in München eingetroffenen Privatmitheilung 
vird die Zeitungsnachricht, daß der Papsft in 
gerlin angefragt habe, ob ihm die deutsche Re— 
zierung Asyl und Wohnsitz in Fulda einräumen 
bürde, von Anfang bis zu Ende als erfunden 
zezeichnet.“ 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 1. Dez. Der Distrikts— 
ath des Kantons St. Ingbert war gestern Vor—⸗ 
nittag zur Wahl zweier Mitglieder in den Ge— 
verbsteuer-Ausschuß zu einer kurzen 
Sitzung hier versammelt. Gewählt wurden die