Full text: St. Ingberter Anzeiger

oᷣl. Audbherter Amzeiger 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wöchenltich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unter haltungs 
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M 204. 
Die Sparkassen in Bayern. 
Nach einer Zusammenstellung des k. bayer. sta⸗ 
tistischen Bureaus, veröffentlicht im neuesten Heft 
der Zeitschrift genannten Bureaus, gab es im 
Jahre 1870 262 Sparkassen und zwar 124 ge⸗ 
meindliche und 138 Distrikts-Sparkassen. Von 
diesen 262 Sparkassen hatte der Kreis Unterfranken 
die meisten (46), die wenigsten Oberpfalz (23). 
Diese Zahl 262 ist bis jetzt nur einmal und zwar 
im vorhergehenden Jahre (1878) übertroffen wor⸗ 
den, indem damals 263 derartige Kassen eristirten. 
Das höchstentwickelte gemeindliche Sparkassenwesen 
hat Mittelfranken, bezüglich der Distrikts-Sparkassen 
Unterfranken; am wenigsten ist erstere Gattung 
in Niederbayern, die letztere in Mittelfranken ent— 
wickelt. 
Der Gesammtstand der Sparkassen-Einlagen bei 
den gemeindlichen Sparkassen war im Jahre 1879 
59,385,087 M. (1869 nur 835,616,734 M.), 
bei den Distrikts-Sparkassen 24,111,637 M. (1869 
noch 13,433,561 M.), bei den Sparkassen im 
Ganzen 83,496,724 M. Auf den Kopf der Be⸗ 
völkerung des Geschäftsbezirkes der Sparkassen 
treffen Gesammt-Einlagen bei den Sparkassen der 
emeinden 53,6 M., der Distrikte 11,2 M. 
Für die Regierungsbezirke ergibt sich folgender 
Stand der Gesammt-Einlagen: Mittelfanken 
19, 473, 247 M., Oberbayern 14,906,063 M., 
Schwaben 13,463. 285 M., Oberpfalz 10,849,700 
M., Niederbayern 9,711,847 M., Unterfranken 
5,881, 146 M. Oberfanken 4,965,300 M. und 
Pfalz 4,246,136 M., in Summa 83,496,724 M. 
Außerdem existiren noch in Bayern und zwar in 
den 7 Kreisen mit Ausnahme der Oberpfalz, wo 
Privat⸗Sparkassen nicht bestehen, 72 Privat⸗Spar⸗ 
kassen (37 in unmittelbaren Städten, 35 in den 
übrigen Städten und Gemeinden der Bezirksämter) 
mit 13,740 Einlagen und einem Gesammtvermö— 
jen (nach Abzug der Schulden) von 1,733,880 M 
der Zinsfuß beträgt im Allgemeinen 2250 
ibei den gemeindlichen und Distrikts-Sparkassen 
durchschnittlich 400). 
Von diesen 72 Privat-Sparkassen treffen 25 auf 
cchwaben, 15 Oberbayern, 9 Oberfranken, 7 
Mittelfranken, 6 Niederbahyern und je 5 Pfalz 
und Unterfranken. Von den 5 Kassen der Pfalz 
tönnen als hervorragend bezeichnet werden: die 
Sparkasse der Arbeiter der Kammgarnspinnerei 
Kaiserslautern mit 572 Mitgliedern und 9793 M. 
Vermögen, der Sparkassenverein in der Fabrik 
dampertsmühle mit 74 Mitgliedern und 25,636 M. 
Vermögen und der Vorschußverein mit Sparkasse 
usel mit 63 Mitaliedern und 13.527 M. Ver—⸗ 
moqnen. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 3. Dez. Der Landtagsabgeordnete 
Reßler hat an die Kammer den Antrag gestellt, 
ie Kammer der Abgeordneten wolle beschließen: 
Den König zu bitten, das Gesetz, die Landräthe 
etreffend, einer Revision in dem Sinne zu unter— 
tellen, daß 1) die Wahlbezirke für die distriktiven 
bertreter unter Zugrundelegung der Bezirksamts⸗ 
prengel gesetzlich festgestellt; 2) das Institut der 
zrsatzmänner aufgehoben, und 8) die bis jetzt un— 
ntschiedene Frage über die Fortdauer bezw. den 
derlust des Landrathsmandats im Falle von im 
aufe der Wahlperiode eintretenden Aenderungen 
Dienstag, 6. Dezember 1881. 
'm Bestande von Distriktsgemeinden gesetzlich ge— 
regelt werde. 
München. Aus dem Bericht des Abg. Vaill⸗ 
int über die Rechnungsnachweisungen bezüglich der 
Bergwerks-, Hütten- und Salinen-Gefälle im 
Jahre 1879 entnehmen wir, daß in diesem Jahr 
»er Absatz der Steinkohlen durch das damals noch 
inhaltende Darniederliegen der Industrie eine 
nerkliche Einbuße erlitt. Auch die Verkaufspreise 
zingen zurück, indem die Konkurrenz der Bergwerke 
in der Ruhr, welche selbst nach den Reichslanden 
»erkaufen, die Saarbrücker Bergdirektion und da— 
zurch die pfälzische Grubenverwaltung, resp. die 
heneralbergwerks⸗ und Salinenadministration zwang, 
hre Preise herabzusetzen. Aehnliche Verhältnisse 
hestehen zwischen der Grube Hohenpeißenberg und 
Miesbach⸗Penzberg bezw. den böhmischen Kohlen⸗ 
verken. In dem Voranschlage zum Budget war 
ür 1879 eine Reineinnahme aus den Bergwerken 
on 286,247 M. vorgesehen, allein in Wirklichkeit 
rgab sich nur ein Betrag von 78,469 M. 22 Pf., 
ndem nur St. Ingbert und Mittelberbach eine 
ddeineinnahme lieferten, die drei anderen Bergwerke 
ber Zubußen aufzuweisen hatten. Diese drei sind 
Ddenbach-Roth (Pfalz), Hohenpeißenberg (Ober⸗ 
sayern) und Amberg (Oberpfalz); ersteres erfor⸗ 
erte eine Zubuße von 606 M., das zweite eine 
zubuße von 27,139 M., das dritte eine Zubuße 
on 5027 M. Die ärarischen Hüttenwerke (im 
echtsrheinischen Bayern) lieferten zum Theil eine 
deineinnahme von 30,745 M.; diese aber wurde 
veit überwogen durch die Zubuße von 124,092 
M., welche ein anderer Theil erforderte. 
Berlin, 4. Dez. Der Kaiser. — Graf 
Moltke.) Der Kaiser empfing heute den Reichs⸗ 
anzler Fürsten Bismarck und später den Muschir 
Lli Nizami, welcher den Orden Nischani-Imtiaz 
iberbrachte. — Der „B. L. Ztg.“ wird von hier 
geschrieben: „Wir müssen eines Gerüchtes Erwähn— 
ing thun, das heute schüchtern auftrat und mehr 
ingedeutet als besprochen wurde. Es bezieht sich 
iuf Eventualitäten für den Fall einer unvermuthet 
ängeren Dauer der Unpäßlichkeiten des Kaisers. 
Man setzt hinzu, mit diesen Eventualitäten habe 
die neuliche Besprechung des Kronprinzen und des 
danzlers in Beziehung gestanden. So viel steht 
est, daß die Leibärzte des Kaisers für die nächste 
Zukunft jede anstrengende Thätigkeit widerrathen 
jaben, die auf der anderen Seite von den laufen— 
den Regierungsgeschäften nicht zu trennen ist. 
Sollte also im Interesse der Gesundheit des Kai— 
ers eine Entlastung von Geschäften erforderlich 
ein, so würde eine solche durch das Eingreifen des 
xronprinzen zu erreichen sein. Man sagt im 
Reichstage, es sei eine Pflicht der Liebe zum Kaiser, 
hm zu möglichst langer Erhaltung seiner Gesund⸗ 
Jeit und seines Lebens die äußerste Schonung 
einer Kräfte von allen Seiten zu Theil werden 
zu lassen, und dieses lasse sich im Grunde doch 
uur dadurch erreichen, daß der Kronprinz ihm alle 
rufreibenden Geschäfte abnehme. Der Kronprinz 
hat dies schon ein volles halbes Jahr und wird 
m Interesse des Kaisers eine Wiederholung des 
znterimistikums gewünscht, so geschieht dies im Hin— 
lick auf die vielen zum Theil rein äußerlichen Be— 
orgungen, wie z. B. Unterschriften, für welche die 
inmittelbare Thätigkeit des Kaisers bei seinem 
jegenwärtigen Zustand, der mit schmerzhaften Er⸗ 
cheinungen verknüpft ist, kaum in Anspruch zu 
iehmen ist. Wir verweilten bei diesem Thema 
änger, als wir gewollt hatten, und doch ist es in 
Unbetracht der Umstände nicht von der Hand zu 
16 Jahrg. 
weisen. Nicht daß man im Reichstage glaubt, es 
stehe Das, was wir andeuteten, oder dem Aehn⸗ 
iches in unmittelbarer Aussicht, aber man hält sich 
iberzeugt, die Eventualität irgend einer staatsrecht- 
lichen Aenderung werde nicht abzuweisen sein. Ein 
reben, wie das des Kaisers Wilhelm, reich an 
Arbeit, Mühen, Erfolgen, gesegnet nach tausend 
Seiten hin, in Ueberfülle stoffreich für den Ge⸗— 
chichtsschreiber, das will, wenn er demnächst in 
ein 85. Jahr eintritt, gehütet sein von der ganzen 
dation, und die Liebe ist es, die grenzenlose Ver— 
hrung Aller, die sich in dem Wunsche äußert, noch 
ziele Jahre möge der ruhmreichste Regent der Welt 
uinter uns weilen, aber es sei ihm vergönnt, noch 
ange des Lebens in wohlverdienter Ruhe sich zu 
reuen. Wir schließen unsere Andeutungen mit 
»em ausdrücklichen Bemerken, daß wir bloßen An— 
»eutungen folgen, aber Andeutungen, die von guter 
Seite kommen, und zwar von Mitgliedern der kon— 
ervativen Partei, die nach ihrer äußeren Stellung 
wissen können, was etwa für eine nicht allzuferne 
Zukunft geplant werden dürfte.“ 
Es heißt, Graf Moltke würde nach Schluß des 
—X 
Italien nehmen. 
Berlin, 4. Dez. Der Kaiser, der voll⸗ 
tkommen wieder hergestellt ist und sich morgen zur 
Jagd nach der Göhrde begiebt, empfing heute 
Mittag das Reichstagspräsidium bestehend aus den 
Herren v. Ledetzow und Ackermann; Frhr. v. Fran⸗ 
kenstein, der erste Vizepräsident, hatte sein Aus— 
bleiben wegen dringender Geschäfte in München 
ser ist auch Präsident der bayerischen Reichsraths-— 
ammer) entschuldigen lassen. 
In der Freitagssitzung des Reichstags nahm 
der Reichsstags⸗Abg. für Homburg⸗-Kusel, Herr Dr. 
Buhl, wiederholt Gelegenheit, auf die Nothwen⸗ 
zigkeit eines Gesetzes hinzuweisen, welches die 
Weinfabrikation verbietet. Bekanntlich war 
»s schon in der letzten Session des vorigen Reichs— 
ags nahe daran, daß ein bezügliches Gesetz zu 
Stande gebracht worden wäre, was jedoch zunächst 
zurch den Schluß des Parlaments vereitelt wurde. 
Wenn man erwägt, daß das Hinausschieben eines 
olchen Gesetzes unsern reellen Weinbau immer mehr 
ichädigt, so dürfte es wohl angezeigt erscheinen, 
ziese einer baldigen Lösung dringend bedürftige 
jochwichtige Angelegenheit gewissen anderen Zu— 
unftsprojekten vorzuziehen und energisch in Angriff 
zu nehmen. 
In Regierungskreisen ist man durchaus nicht ge— 
neigt, die Ablehnung des deutschen Volkswirth⸗ 
shaftsraths im Reichstage trotz der überwälti— 
genden Mehrheit für endgültig zu nehmen; man 
jofft auf ein verändertes Votum des Centrums für 
zie dritte Lesung. In Centrumskreisen herrscht die 
Anficht, daß auch die dritte Abstimmung, wenn auch 
jegen eine größere Minderheit, nur ablehnend aus— 
allen werde. Die nationalliberale Fraktion hat 
ich über ihren Anschluß an die beiden andern 
Fraktionen der Linken bei dem Vorgehen mit An— 
rägen üher Erweiterung des Haftpflichtgesetzes und 
ie Anzeigepflicht bei Unfällen von Fabrikarbeitern 
1. s. w. noch nicht fchlüssig gemacht. 
Der Vertrag über die Verstaatlichung der 
Thüringer Eisenbahn zwischen Preußen, 
Sachsen-Weimar und Sachsen Gothasist unter— 
reichnet worden. 
Ausland. 
Der deutsche Botschafter in Paris, Fürst 
Hohenlohe, stattete dieser Tage Gambetta