Full text: St. Ingberter Anzeiger

ðVt. Jndbeyter Anzeiger 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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M 209. 
Dienstag, 13. Dezember 1881. 
—16. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München. In den Einlauf der Abgeordneien⸗ 
tammer gelangte u. A. eine Eingabe der Aufschlag⸗ 
Finnehmer und Malzaufseher in Unterfranken, Ober⸗ 
ayern uud der Pfalz (Namens ihrer sämmilichen 
Collegen) nm Verbesserung ihrer Lage. 
Vom k. bayerischen Staatsministerium 
nes Innern und dem Kriegsministerium wurde be⸗— 
—VV 
zaß als Entlassungsdatum der am J1. April 
ind ersten October eingestellten, beurlaubten Mann⸗ 
chaften der 1. April bezw. 1. Oktober in die Ent— 
assungspapiere ꝛc. ⁊c. einzutragen sind. 
Dem Reichstage ist die Vorlage wegen Er— 
achtung des neuen Parlamentshauses“ mit einem 
Plane zugegangen, auf welchem das Terrain für 
»as Reichstagsgebäude verzeichnet ist. Die Majori— 
ät des Reichstages dürfte dieses Mal die Vorlage 
hne Kommissionsberatung annehmen. 
Die Sozialdemokraten beantragen: Der 
steichstag wolle beschließen, den Kanzler zu ersuchen, 
n dieser oder nächster Session einen Gesetzentwurf 
orzulegen, der gemäß 85 des Wahlgesetzes vom 31. 
Mai 1869 und auf Grund der Volkszählung vom 
. Dezember 1880 die Vermehrung der Mitglieder 
»es Reichstags feststellt. — Die Bevölkerungsver⸗ 
aehrung beträgt bekanntlich 4135000 Seelen. 
sach neueren Nachrichten wird sich der deutsche 
Rteichstag am 20. Dezbr. vertagen und am 4. 
zanuar wieder zusammentreten. 
Der demoktratische Abg. Payer (Württem⸗ 
erger) hat, unterstützt von Mitgliedern sämmtlicher 
Jarteien, außer der deutschkonservativen, im Reichs⸗ 
ag einen Antrag eingebracht, der die Erwartung 
iusspricht, daß in der nächsten Session des Reichs⸗ 
ags Vorschläge zu einer durchgreifenden Ermä⸗ 
zigung der Gerichtskosten gemacht werden. 
das Gesetz vom 29. Juni 1881 sah bekanntlich 
on einer allgemeinen Revision des gerichtlichen 
dostenwesens ab und beschränkte sich auf die soge⸗ 
jannten Nebenkosten, d. h. die Gebühren der Ge—⸗ 
ichtsvollzieher und diejenigen Beträge, welche von 
»en Gerichten als baare Auslagen, namentlich als 
Schreibgebühren eingezogen werden, sowie auf die 
ür die Aufnahme eines Vergleichs zu erhebenden 
Hebühren. Ein Antrag, wonach die eigentlichen 
Herichtskosten in den untersten Werthstufen prozen⸗ 
ual ermäßigt wurden, mußte damals gegenüber 
»er bestimmten Erklärung der Regierung, daß 
aran das Gesetz scheitern werde, fallen gelassen 
verden. Der Reichstag erblickte aber in dem Ge⸗ 
etz vom 29. Juni 1881 noch eine Abschlagszah⸗ 
ung. Der Pahyer'sche Antrag wird ohne Zweifel 
nit großer Mehrheit angenommen werden; daß er 
ilsbald von Erfolg sein werde, wird man freilich 
iach den neulichen Auslassungen des Leiters des 
keichsjustizamtes kaum hoffen dürfen. 
Nach dem zweiten Verzeichniß der bei dem deut⸗ 
hen Resichstag eingegangenen Petitionen seien 
jervorgehoben: Petitionen gegen die Einführung 
»es Tabaksmonopols, um Erlaß eines Gesetzes zur 
Zeschränkung der Vivisektion, um Aufhebung der 
Straßburger Tabaksmanufaktur als Staatsanstalt, 
im Aufhebung des Anwaltzwanges, um Erlaß 
inessfi Vogelschutzgesetzez, um Einführung von 
Arbeitsbüchern für alle Arbeiter, um Re— 
orm des Genossenschaftsgesetzes. Besonders zahl⸗ 
eich sind die Petitionen um Abänderung des 
Litels III. der Gewerbeordnung, den Hausirhandel 
zetreffend. 
In der diplomatischen Welt sind die längeren 
Anterredungen des deutschen Reichskanzlers 
nit dem aus Petersburg zurückgekehrten neuen 
zsterreichischen Minister des Aeußern 
icht unbemerkt geblieben. Wir haben guten Grund, 
mzunehmen, daß die nachfolgende Information den 
Nittheilungen entspricht, welche über die Konser⸗ 
ation der beiden Staatsmänner au gewisse aus— 
vpärtige Regierungen ergangen sind: „Fürst Bis— 
narck und Graf Kalnokhy besprachen in Berlin alle 
chwebenden Fragen, konstatirten ihre prinzipielle 
lebereinstimmung und gelobten sich gegenseitig ehr⸗ 
iche Freundschaft und unbedingtes Zusammengehen. 
Neue besondere Abmachungen wurden nicht getroffen.“ 
Der „Karlsruher Zeitung“ zufolge schreitet die 
Benesung des Großherzogs von Baden in 
rfreulicher Weise fort. Die neuralgischen Be— 
chwerden haben sich seit einer Woche nicht mehr 
ingestellt. Der Großherzog verbringt den größten 
Theil des Tages außerhalb des Krankenzimmers 
ind versucht seit drei Tagen zu gehen. Die hierbei 
mfangs auftretende Schmerzhaftigkeit und Ermüdung 
veichen größerem Kraftgefühl. Da die Ungunsi 
der Jahreszeit den unmittelbaren Genuß freier Luft 
uiicht zuläßt, haben die Aerzte die Möglichkeit eines 
»orübergehenden Aufenthalts im Süden erwogen. 
zu schätzen 'wisse, durch die geplante Reform neu 
heleben und befestigen. In Betreff Tunesiens 
räumte er ein, daß der Vertrag später einer Ab⸗ 
inderung fähig sein werde; wie schon früher in 
der Kammer, so betonte er auch hier, daß es mög⸗ 
lich sein würde, Tunis zu reorganisiren, ohne ihm 
die Unabhängigkeit zu nehmen. Gleichzeitig wies 
er aber darauf hin, daß England den Vertrag an⸗ 
erkannt habe, und fügte die Hoffnung hinzu, daß 
'ich auch mit Italien eine Vereinbarung treffen 
assen würde. Obwohl die Erklärungen über diesen 
Punkt ziemlich vage und von Widersprüchen nicht 
rei waren. wurde doch schließlich die Tagesordnung 
Zuffet's, die im Sinne der oben erwähnten Oppo— 
itionsreden gefaßt war, mit einer Mehrheit yon 
170 gegen 95 Stimmen abgelehnt. Nach diefem 
»orläufigen Ausgange kann es nicht zweifelhaft 
ein, das bei der Fortsetzung der Debatte die Kre⸗ 
ite selbst mit noch größerer Mehrheit bewilligt 
verden. Es war angekündigt worden, daß auch 
Jules Simon und seine Dissidentengruppe Gam— 
hdetta bei dieser Gelegenheit angreifen würden. 
Jules Simon hat sich aber eines Anderen besonnen; 
ein Schweigen scheint wesentlich zu dem Erfolge 
Gambetta's beigetragen zu haben. 
Afrika. An der tunesischen Küste bei Gabes 
wurde ein hitziges Gefecht zwischen der Colonne 
Logerot und den Aufständischen unter Führung des 
Ali⸗ben⸗Khalifa geliefert. Die Aufständischen suchten 
die französische Collonne zu überfallen, wurden abe— 
geschlagen und hatten starke Verluste. 
Ausland. 
Die erste parlamentarische Sch lappe des Mi⸗ 
nisteriums Gambetta bildet das Tagesgespräch 
n Frankreich. Gambetta hat es nicht durchsetzen 
önnen, daß der tadelnde Vorbehalt, den der Kammer— 
wsschuß an die Bewilligung der neugeschaffenen 
Ninisterien geknüpft hatte, zurückgenommen wurde. 
gewiß war das ein Mißerfolg, der Gambetta um 
o empfindlicher treffen mußte, je entschiedener er 
ich gegen jenen Vorbehalt ausgesprochen, je ge— 
ieterischer er dessen Beseitigung verlangt hatte. 
Aber seine Gegner, die natürlich aus dem Vorfall 
dapital schlagen, übertreiben dessen Bedeutung doch 
u sehr. Sie wollen Gambetta bereits in einer 
zwangslage sehen, aus der er sich durch irgend 
inen Gewaltstreich zu befreien suchen werde. 
Figaro“ macht sich sogar den Spaß, in seiner 
VBeise einen Staatsstreich Gambetta's mit allem 
zubehör GBartigadenkämpfen und Verhaftungen, 
dachtsitzungen und Auflösung der Kammern, Pro— 
lamationen an die Armee und ans Volk, Flucht 
zrevy's u. s. w.) an die Wand zu malen. That— 
ächlich liegt die Angelegenheit so, daß Gambetta 
ne Bezug auf einen formellen Nebenpunkt das Feld 
äumen mußte, während er in der Sache selbst, in 
»er Bewilligung der Kredite für die neuen Mini— 
terien, seinen Willen durchsetzte. Inzwischen hat 
r auch bereits Gelegenbeit gehabt, die in der 
dammer erlittene Scharte im Senat wieder aus—⸗ 
uwetzen. Dort standen am Samstag die Kredite 
ür die tunesische Expedition zur Debatte. Im 
samen der Opposition, die sich durch die jüngsten 
Borgänge ermuthigt sah, sprachen die Exminister 
ius der Aera Mac Mahon, Herzog von Broglie 
ind Buffet. Sie nahmen den Senat in seiner 
ztzigen Verfassung gegen die Revisionspläne Gam— 
„etta's in Schutz, griffen die tunesische Politik des 
Ministeriums scharf an, verlangten eine Abänderung 
es Protektoratsvertrages und drangen auf die Mit- 
virkung des Parlaments, dem namentlich eine ge— 
iaue Controle der Ausgaben für die Expedition 
zustehen müsse. Gambetta antwortete energisch und 
naßvoll. Er verwahrte sich dagegen, als ob er 
den Senat untergraben wolle; vielmehr wolle er 
iese Körperschaft, deren hohe Bedeutung er wohl 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 13. Dez. Ueber die am 
Sonntag Nachmittag im Horsi'schen Saale dahier 
tatigefundene 2. Bezirksversammlung der 
driegervereine des Landwehrbezirk— 
Zweibrücken ging uns gestern (für die gestr 
Nr. leider zu spät) nachstehender Bericht zu: Ver⸗ 
reten waren, außer dem hiesigen Kriegervereine, 
5 auswärtige Vereine. Von den nicht vertretenen 
Vereinen hatten 3 schriftlich ihre Zustimmung zu 
illen Beschlüssen erklärt, welche die Versammlung 
'assen werde. Nach der Begrüßung der auswärtigen 
Vertreter seitens des Vorstandes des hiesigen Krieger⸗ 
Lereins wurde die Versammlung von dem Bezirks— 
»bmann, Herrn Bachmann aus Zweibrücken 
mit einem Hochruf auf S. M. König Ludwig II., 
in das die Anwesenden begeistert einstimmten, er⸗ 
offnet. Eine lebhafte Debatte knüpfte sich an die 
Frage der Anschaffung der neuen Vereinsabzeichen. 
Schließlich wurden dieselben zur Anschaffung emp— 
ohlen. Dankende Anerkennung durch ein drei— 
'aches Hoch wurde dem Präsidenten des bayer. 
Veteranen⸗Krieger⸗ und Kampfgenossenbundes für 
eine Wirksamleit. In Betreff der Errichtung von 
Sterbekassen eignete sich die Versammlung einen 
Antrag des Vorstandes des hiesigen Kriegerbereins 
derrn Kaufmann Fischer, an, der dahin ging, 
die Frage zuerst in den eigzelnen Vereinen zu be⸗ 
rathen, das Ergebniß dieser Berathungen bis 1. 
März 1882 dem Bezirksobmann mitzutheilen, um 
dann in der II. Bezirksversammlung endgiltig dar⸗ 
über zu beschließen. Mit einem begeistert aufge⸗ 
nommenen Zfachen Hoch auf S. M. Kaiser Wilhelm 
schloß Herr Bachmann den II. Bezirkstag. 
* St. Ingbert, 13. Dez. Gestern Vor— 
mittag von 10 bis 2312 Uhr fand unter dem 
Vorsitze des Herrn Distrikts-Inspektors Pfarrer 
Dengel im Lehrsaale der ob. kath. Knabenschule 
eine Konferenz für die kath. Lehrer des Cantions