Full text: St. Ingberter Anzeiger

9 . Ingberler Anzeiger. 
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1881. 
—M*O — 
Dienstag, den 8. Februar 
Deutsches Reich. 
(GBayerischer Landtag.) In der Samstagssitzung der 
bgeordnetenkammer wurde zunächst das Austrittsgesuch des Abg. 
udwigs genehmigt. Sodann verlas Dr. Joͤrg seine Interpellation 
in die k. Staatsregierung (Reichs-Unfallversicherungsgesetz betr.) 
der Minister des Innern erklärte, die Beantwortung der Inter⸗ 
Alation werde in einer der nächsten Sitzungen erfolgen. Hierauf 
purde das Ausführungsgesetz zum Viehseuchengesetz im wesentlichen 
naach den Ausschuß-Anträgen einstimmig angenommen. Nächste 
Zitzung unbestimmt. 
Nach dem soeben erschienenen Bericht des Schuldentilgungs⸗ 
zommissärs der Kammer der Abgeordneten, Abg. Freytag, über 
essen Geschäftsführung von Ende Dez. 1879 bis Ende Dez, 1880 
sder Sland der bayerischen Staatsschulden folgender: A. All- 
emeine Staatsschuld. Ende 1879 210,509,246 M. 37 Pf.; 
bührend des Jahres 1880 trat eine Minderung von 5,047,160 M. 
8Pf. und eine Mehrung von 284479,642 M. 86 Pf. ein, 
aher Ende Dezember 1880 der Stand von 233,941728 M. 
8 Pf. B. Eisenbahnschuld. Ende 1879 betrug sie 940,316,706 M. 
‚InPpff. Ende 1880 war sie 984,681,218 M. 30 Pf., daher 
Minderung von 5,665, 493 M. 21 Pf., welche jedoch nur eine 
heinbare, aus der Verrechnung der Kapitalsaufnahmen und Rück⸗ 
ahlungen bei der Konvertirung hervorgehende ist. C. Die Grund⸗ 
entenschuld betrug Ende 1879 169,614,335 M. 87 Pf.; Ende 
880 durch Nückzahlung 168,069,716 M. 02 Pf. 
Herr v. Rudhart der k. bayerische Gesandte am 
-t. Petersburger Hofe, hat am 2. d. M. dem Kaiser von Rußland 
eine Alkkreditive in feierlicher Audienz überreicht. 
Im preußischen Äbgeordnetenhaus sprach sich Fürst Bis— 
narck dahin aus: Sein Prinzip sei der Ausgleich der zu großen 
irekten Steuern und der zu geringen indirekten Steuern gewesen. 
er wolle nur die Einkommensteuer beibehalten, die übrigen Steuern 
en Kreisen und Kommunen überlassen. Der Tabak müsse mehr 
ringen als bisher und sei das geeignetste Steuerobjekt. Die par⸗ 
amentarischen Kümpfe würden ihn von seinen Prinzipien abbringen. 
er werde nicht zurücktreten, bis der Kaiser ihn zurücktreten heiße. 
er sei zu diesem Entschluß gekommen, nachdem er gesehen, wer 
ich übet seinen Rücktriit freuen werde. Auch für erhöhte Heran— 
iehung des Kapitals [zu Steuerzwecken] ist der Reichskanzler. 
Großes Aufsehen erregt ein Schreiben des Grafen Moltke 
iber das Kriegsrecht. Moltke erwartet eine Verbesserung des 
criegsrechts nur von der allmähligen Milderung der Sitten, aber 
nicht von einer gesetzlichen Regelung des Kriegsrechts. Er hat 
vohl Recht, daß solche Kriegsgesetze im Kriege selbst vielfach bei 
ZSeile gefeßt werden; aber doch dürfte es von Wichtigkeit sein, 
aß die Heere und ihre Führer wissen, was nach dem gegenwär— 
igen Staͤnde unserer Cibilisation für erlaubt und unerlaubt im 
kriege gilt. Der berühmte Stratege drückt seine Ansichten sehr 
nischieden aus und äußert sich u. A.: „Der ewige Friede ist ein 
Traum und nicht einmal ein schöner Traum. Der Krieg ist ein 
Flement der von Gott eingesetzten Ordnnng. Die edelsten Tugen— 
den des Menschen entwickeln sich in demselben: der Muth und 
die Entsagung, die treue Pflichterfüllung und der Geist der Auf— 
npferung, der Soldat gibt sein Leben hin. Ohne den Krieg würde 
ie Weu in Fäulniß gerathen und im Materialismus untergehen.“ 
daß ein Soldat so spricht, wird wohl Niemand wundern, daß es 
iber auch Leute gibt, die nicht seiner Ansicht sind, beweist die Ent⸗ 
egnung, welche Geheimeraih Bluntschli, an welchen Moltke's 
Brief gerichtet war, hat ergehen lassen. 
Ausland. 
Auf speziellen Wunsch des Kön igs von Holland sind jetzt 
zwei höhere Offiziere der französischen und deutschen Armee in 
ruremburg eingetroffen, um von dem Stande der ehemaligen Fest⸗ 
ingswerke Luxemburgs Kenntniß zu nehmen. 
Die irischen Parlamentarier erklären, die Verhaftung der 
Führer der Landliga könne nur die Revolution fördern, da diese 
Führer bemüht seien, Ordnung und Gesezzlichkeit zu erhalten. 
Einer Privatnachricht zufolge hat der König der Aschan⸗ 
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Aschanti an der Goldküste von Afrika zählt ca. 4:1)3 Mill. Ein⸗ 
vohner. 1873 wurden dieselben durch die Engländer unter Wolse—⸗ 
ey besiegt.) 
vermischtes. 
*x St. Ingbert. Am Sonntag Nachmittag von 4 bis 6 
ühr hielt auf Einladung des Gewerbevereins im Oberhauser'schen 
SZaale vor einer äußerst zahlreichen Zuhörerschaft Herr Professor 
stobert von Schlag intweit aus Gießen den angekündigten Vor⸗ 
rag über die Pacific-Eisenbahn in Nordamerika. Mit der ge— 
panntesten Aufmerksamkeit folgten die Zuhörer den hoch interessanten 
ind anziehenden Ausführungen des berühmten Reisenden. Hr. v. 
—„chlagintweit hat, wie aus seinem Vortrage hervorging, die Pacific⸗ 
Zahn zum ersten Male am Tage nach ihrer Eröffnung, 10. Mai 
869, und seitdem noch drei Mal in ihrer ganzen Länge befahren, 
uletzt im Herbste 1880. Er kann also aus eigener Anschauung 
ron dieser gewaltigen Eisenbahn oder vielmehr Kette von Eisen⸗ 
ahnen sprechen, welche die Seeplätze des atlantischen Ozeans mit 
zʒan Franzisko am stillen Ozean durch die ganze Breite von Nord⸗ 
merika (uüber 5200 Kilometer weit) verbindet. Der Schnellzug 
egt diese ungeheuere Strecke in sieben Tagen und sieben Nächten 
mausgesetzter Fahrt zurück. Damit widerlegte Hr. v. Schlagint- 
veit auch die bei uns viel verbreitete Meinung, daß die amerika— 
rischen Eisenbahnzüge viel schneller fahren, als die unserigen; das 
Zegentheil ist der Fall. Der Redner gab im Verlaufe seines Vor—⸗ 
rags eine recht lebendige Schilderung sowohl von den verschiedenen 
vauwerken und Einrichtungen auf der Pacific⸗-Bahn, wie auch von 
dand und Leuten entlang derselben, veranschaulicht noch durch eine 
darte und eine Anzahl größerer und kleinerer (sogenannter stereos⸗ 
opischer) Abbildungen u. s. w., die er auch in der Pause und 
ach Schluß des Vortrages in zuvorkommendster Weise zum An⸗ 
ehen darbot. 
* Von der Strafkammer zu Saarbrücken erhielt eine 21jährige 
dirne von hier, die bereits ein ganzes Sündenregister von Ver⸗ 
jehen aufzuweisen hat, wegen Diebstahls 6 Monate Gefängniß zu—⸗ 
rkannt. Außerdem wurde dieselbe wegen Landstreicherei und ge— 
verbsmäßiger Unzucht zu 6 Wochen Haft und zur Ueberweisung 
in die Landespolizeibehörde verurtheilt. 
M. Aus dem Kantone Waldmohr. Der 84jäh— 
ige Ackerer Jakob Bischof von Gries wurde seit Freitag 
übend, nachdem derselbe sich noch kurz vorher froh und heiter in 
ßesellschaft befunden, vermißt. Da er schon längere Zeit an Epi— 
epsie litt, lag die Vermuthung nahe, daß er in einem solchen An— 
all irgendwo, wo keine Hilfe zur Hand war, verunglückt sein 
önne. Am Samstag Nachmittag wurde dann auch die Leiche 
esselben zwischen Gries und Dietschweiler im Glan gefunden. 
Ib ein Selbstmord oder ein durch die schreckliche Krankheit ver⸗ 
irsachter Unglücksfall vorliegt, konnte noch nicht ermittelt werden. 
—tf— Von der preuß. Grenze, 5. Febr. Am 
tztvergangenen Sonntag Abend 7 Uhr brach in dem alten Rath— 
ause zu Baumholder, das eben als evangelisches Schul— 
aus benützt wird, Feuer aus, es wurde aber nur das Dach des⸗ 
elben ein Raub der Flammen. Dies war in Baumholder die 3. 
zeuersbrunst nach dem großen Brande und scheint es, daß die 
leberreste des alten Baumholder neidisch auf ihre neuerstandenen 
-„taditheile sehen und nichts sehnlicher wünschen, als denselben 
henbürtig hergestellt zu werden. Auch sind im November v. Is. 
nehrere Neubauten eingestürzt und zwar in Folge der allerdings 
u späten Fertigstellung, aber auch waährscheinlich in Folge der 
chlechten Arbeit bei ungünstigem Wetter. An Kranken hat's bis 
etzt auch noch nicht gefehlt, da an vielen Bauten bei Eintritt 
»es Winters Thüren, Böden, ja sogar Fenster fehlten und die 
Zewohner durch Verhängen der Oeffnungen sich nicht genügend 
jegen die Einflüsse der Witterung zu schützen vermochten. 
* Die pfälzischen Eisenbahnen vereinnahmten i. J. 1880 
13,104,483 M. 02 Pf. — ein Mehr gegen 1879 von 874,469 
Nark 19 Pf. 
Die Jahresschlußprüfungen an den pfälz. Volsschulen pro 
1880/81 haben in dem Zeitraume vom 21. Februar bis zum 183. 
April J. J. stattzufinden.