regierung amtliche Erhebungen über die Kosten der
öffentlichen Ar menpflege veranstaltet worden.
Es hat sich danach herausgestellt, daß dieselben sich
auf etwa 6 Millionen Mark jährlich belaufen.
Ausland.
In Paris macht der Prozeß Roustan—
Rochefort noch viel von sich reden. Seltsamer
Weise ist die Nachricht der Freisprechung Rocheforts
dem Ministerpräsidenten Gambetta während seines
Diners beim Fürsten Hohenlohe überbracht worden.
Der Eindruck auf die eingeladenen französischen
Minister war ein überwältigender. Gambetta allein
gelang es, sein ruhiges Blut zu bewahren und
etwas, das wie „Unsinn politischer Preßprozesse“
klang, in den Bart zu murmeln. Herr Waldeck
Rousseau, der junge Minister des Innern, war ganz
aus dem Häuschen und wollte anfangen über den
Fall zu sprechen, was ihm aber ein strenger Blick
Gamðeettas verwies. Herr Unterstaatssekretär Spuller,
der es sich auch nie hätte träumen lassen, auf einer
kaiserlich deutschen Boischaft zu diniren, hatte anfangs
gänzlich das Kounzept verloren und bewegte sich wie
ein Verzweifelter. Der bekannte Freidenker Paul
Bert, Minister des Kultus, bewahrte ziemlich gut
seine Fassung und sagte zum Grafen Beust: C'est
une maléchance, que nous n'avons pas moritée.
Der gleichfalls eingeladene Schweizergesandte Dr.
Kern behauptete, die Freisprechung vorausgesehen
und darauf gewettet zu haben, während Baron
Beyens meinte, daß trotz unbeschränkter Preßfreiheit
so etwas in Belgien ganz unmöglich sei. Die Auf—⸗
regung über diese Freisprechung dauert noch unge—
schwächt fort und Niemand ist wohl fähig, die
Folgen derselben jetzt schon zu bestimmen. Man
möge überzeugt sein, daß diese Folgen auf den
Nationalgeist unberechenbar find. — Uebrigens
macht die Thatsache des Galadiners auf der Bot⸗
schaft, einem Gambetta von einem Hohenlohe ge⸗
geben, einen ziemlich deprimirenden Eindruck auf
die deutsche Kolonie zu Paris — wenigstens auf
den besseren Theil derselben.
In den französischen Kasernen wurde eine
Ordre des Kriegsministers, General Campenon,
perlesen, nach welcher die von seinem Vorgänger,
Beneral Farre, versuchsweise gehandhabte vier-
igmonatliche Dienstzeit, da dieses System
ich nicht bewährt hätte, abgeschafft und zu
»en Vorschriften des Heeresgesetzes zurückgegriffen
vird.
Petersbueg, 18. Dez. Es verlautet, daß
ie Durchsicht fast aller Akten der politischen
LFrozesse, welche auf administrativem Wege vom
Departement der Reichspolizei abhängig gemacht
vorden war, durch die politische Abtheilung des
Justizministeriums gegenwärtig erledigt sei. Es
jandelte sich in Summa um 1500 Fälle. Die
dälfte der Anklagen wurde zurückgewiesen. Circa
Prozent der betreffenden Anklagen sind auf ab—⸗
ichtliche Verläumdung zurückzuführen. Das Justiz⸗
rinisterium besteht jetzt auf der Bestrafung der
zerläumder.
Dem „Deutschen Mont. Bl.“ wird aus Peters—
zurg, 17. Dez. telegraphirt: Hier kursirt das Ge⸗
licht daß vor mehreren Tagen in Gatschina,
em Aufenthaltsorte der Czaren-Familie, ein Minen⸗
ttentat unternommen worden sei.
Dublin, 19. Dez. Am Samstag Abend fand
je Polizei in zwei Häusern hier eine große Anzahl
on Waffen und Munition auf, darunter mehrere
— Patronen und viele Revolver; 4 Personen
uurden verhaftet. Auch Schriftstücke, welche
sele Personen in England und Irland kompro—⸗
ittiren, sollen aufgefunden worden sein. Nachts
surde die Polizeikaserne in Coboh. (Grafschaft
death) in Brand gesteckt und zerstört. Die
olizeiagenten entkamen mit Mühe.
Konstantinopel, 13. Dez. (reundschaft
it Deutschland. Aus Anlaß der wohlwollenden
sufnahme, welche die Mitglieder der außerordent⸗
chen türkischen Botschaft zur Ueberbringung des
erdienstordens an Kaiser Wilhelmm in Berlin
funden haben, lud der Großherr, wie der „K. 3.“
in hier geschrieben wird, am vorigen Sonntage
e Mitglieder der deutschen Botschaft zur Tafel,
—* bei dieser Gelegenheit dem deutschen Ge—
häftsträger v. Hirschfeld seine besondere Befrie—
zung aus und fügte hinzu, daß er diese Ver—
der freundschaftlichen Beziehungen zu
eutschland als eine Bürgschaft des Friedens und
z3 das Ende der Leiden und Mißstände betrachte,
ter denen die Türkei bisher geseufzt habe
Lokale und pfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 20 Dez. Die Weihnachts-
eiertage bringen auch in die Vereinsthätigkeit ein
cegeres Leben. So veranstaltet der „Mu sik ver⸗
ein“ für seine Mitglieder am 2. Festtage eine
heatralisch⸗musikalische Abendunterhaltung, in der
unter Anderem die zweiaktige komische Operette:
„Nur Musikalisch“ von Kunze zur Auffüh—
rung kommt. Soloparthien und Choöͤre sind bereits
einstudiert und in dieser Woche werden nun noch
die Bühnenproben stattfinden, so daß der Auffüh⸗
rung der Operette voraussichtiich am genannten
Tage nichts im Wege steht. — Nuch in der Ge—
nüthlichkeit“ trifft man, wie ausgesagt wird,
leißig Vorbereitungen zu einer Unterhaltung in
illernächster Zeit. — Bisherigem Gebrauche folgend,
vird dem Vernehmen nach auch der „Krieger—⸗
perein“ heuer wieder eine Weihnachtsfeier mit
Christbaum und Bescheerung resp. Verlosung von
Geschenken unter seinen Miigliedern begehen
(Siehe Inserat.)
*St. Ingbert, 20. Dez. In dem benach⸗
harten Spiesen verstarb am verflossenen Sonn⸗
ag nach kurzem Krankenlager der katholische Lehrer
ßottesleben. Genau 14 Tage vorher war
eine Frau, nachdem sie ebenfalls nur wenige Taqe
rank gelegen war, gestorben.
* St. In gbert, 20. Dez. Schon vor einiger
Zeit brachten wir die Mittheilung, daß die bekanute
Böhme'sche Menagerie (Gisher in St. Jo—
jann) unsere Stadt besuchen werde. Unsere Mit⸗
heilung wird heute oder morgen ihre Bestätigung
rfahren, da um diese Zeit, wie wir erfahren, die
jenannte Menagerie hier eintreffen soll. Dieselbe
vird den freien Platz im Mühlened beziehen und
»ürfte nach Umständen immerhin einige Wochen
hier verweilen.
— Zweibrücken, 19. Dezbr. (Zw. Ztg.)
Das gestrige Konzert uusres Cacilienvereins
erzielte den schönsten Doppelerfolg: der Fruchthall⸗
jaal war gedrückt voll von Zuhörern, zu denen
insre verschiedenen Nachbarstädte (Homburg, Blies⸗
astel, Pirmasens, Saargemünd 2c.) ein nicht unbe⸗
)eutendes Kontingent gestellt hatten, und die Auf⸗
ührung des herrlichen Händl'schen Oratoriums
„Josua“ gestaltete sich in allen seinen Theilen
rür die Mitwirkenden und den Leiter des Ganzen
zu einem wahren künstlerischen Triumphzug.
— Kaiserslautern; 17. Dez. Dem Ge—
werbeverein ist vom Herrn Regierungspräsidenten
d. Braum zur theilweisen Bestreitung des von
der ersten Ausstellung von Lehrlingsarbeiten im
Mai 1880 herrührenden Defizits (300 M.) ein
Betrag von 150 M. bewilligt worden.
Vermi schtes.
F Der Landrath von Niederbayern hat die Auf—⸗
jebung der 5. und 6. Kurse in den Realschulen
n Straubing und Landshut mit 13 gegen 10
Stimmen angenommen.
Aus dem Amte Nahstätten schreibt man
dem „Rhein. Kur.“: In einem Dorfe hiesigen Am⸗
tes wurde einem nicht mehr gewählten Bürger⸗
meister ein Ständchen unter Absingung des Liedes
Rummer 345 im evangelischen Gesangbuche „Groß
vird des Sünders Elend sein“ gebracht. Auf An⸗
rag des Beleidigten ist die Untersuchung über die—
ien Vorfall eingeleitet.
F.Gor dem Einzelrichter.) Am Freitag
v. W. wurden dem Einzelrichter am Molkenmarki
in Berlin nicht weniger als 110 männliche und
20 weibliche Gefangene vorgeführt, die wegen Bettelns,
Arbeitsscheu, Unfug u. dgl. arretirt worden waren.
Unter den Aufgegriffenen befand sich ein Bettler,
der seelenvergnügt mit seinen Mitgefangenen kon—
»ersirte und nach dem Richtertisch hinüberlächelte.
stichter: Arbeiter Karbe. — Angekl.: Hier
raucht er. — Richter: Betragen Sie sich hier
rdentlich, sonst werden Sie sofort abgeführt. —
Lugekl.: Ja wohl, mein Herr. — Richter:
Sie sind 48 Jahr alt, in Schildberg gebbren. —
Ungekl.: 4854, ick bin een Märzkater. —
Umtsanwalt: Der Angeklagte hat gebettelt,
ch beantrage, da er vier Mal vorbestraft, 14 Tage
Befängniß. — Richter: Angeklagter, Haben Sie
noch etwas anzuführen? — Angek!. (sinnt
nach). — Richter: Antworten Sie, wenn ich
rage. Haben Sie gegen den Antrig des Amts⸗
inwalts etwas einzuwenden? — An gekl.: Wenn komm
ch denn da eigentlich wieder raus? ARNi chter: Am
23. Dezember. — Angekl.: Dann legen Sie
man lieber noch ein paar Tage zu. — Richter:
Warum? — Angekl.: Ich will mir die Feiertage
nicht ärgern. — Richter: Wer soll Sie denn
irgern? — Angekl.: Wenn ick am 23. aus den
dahn komme, da habe ick doch keene Arbeet, also
nuß ick fechten und dann habe ick meinen Aerger
nit die Blaumänner (Schutzleute). — Richter:
Ilso deshalb. Ihrem Wunsche kann nicht ent⸗
prochen werden, es wird auf 14 Tage Haft er⸗
annt. — Angekl. Det paßt mir nicht; ick will
zei die Schöffen. — Der gesetzkundige Angeklagte
jat damit seinen Zweck erreicht. Er wird in Unter
uchungshaft genommen und hat Aussicht, erst Mitte
zanuar k. J. vor dem Schöffengericht zu erscheinen.
FZur Nachachtung. Der Staatssekretär
es Reichs⸗Postamts hat unterm 13. ds. Mis. eine
Berfügung erlassen, welche davon ausgeht, daß nach
eueren Wahrnehmungen einzelne Beamie in amt.
ichen Berichten und Bescheiden ihren Namen so
chreiben, daß die Unterschrift ihnen selbst zwar als
lusdruck desselben gelten mag, für andere indessen
inverständlich bleibt. Unter Bezugnahme auf die
zurch Verfügung vom 15. Juni 1878 ergangene
Mahnung, sich einer deutlichen Namensunterschrift
zu befleißigen, werden die Beamien eindringlich auf⸗
jefordert, ihren Namen stets so zu schreiben, daß er
auf den ersten Blick geläufig gelesen werden kann.
FParis, 18. Dez. Eine offizielle Depesche
nis Oran konstatirt 160 Opfer, welche bei der
leberschwemmung von Perregaux aufgefunden wurden.
In Folge eines Dammbruches fand nämlich bei
dieser Stadt eine bedeutende Ueberschwemmung statt;
die wie sich nachträglich zeigt, von viel schädlicherer
Wirkung war, als es anfangs scheint.)
F Ein großartiges Verkaufsgeschäft) hat
soeben der Prinz Roland Bonaparte, der Gemahl
der jüngsten Tochter der Madame Blanc abgeschlossen;
erselbe hat, dem „Figaro“ zufolge, seinen Antheil
in dem Etablissement von Monaco, welches in der
Zpielbank seinen Glanz⸗ und Mittelpunkt hat, für
23 Millionen Francs an eine englische Kapitalisten—
Jesellschaft verkauft.
F (Gabaksmonopolin Frankreich.) Der
Moniteur des Intèrôts mateériels gibt nach offi⸗
ziellen Publikationen die Rein-Erträgnisse des Ta—
baksmonopols in Frankreich wie folgt an: 1815
32 Millionen, 1820 42 Millionen, 1830 46
Millionen, 1840 70 Millionen, 1850 80 Millionen,
1860 143 Millionen, 1869 197 Millionen, 1880
284 Millionen Francs.
(üßwasser im Atlantischen Ocean.) Eine un⸗
jeheure, starke Süßwasserquelle im Atlantischen
Dzean, deren Sprudeln im Meere deutlich wahr—
iehmbar ist, macht neuerdings viel von sich reden.
Seeleute und Fischer haben dieser merkwürdigen
Erscheinug schon vor mehreren Jahren erwähnt, aber
hren Berichten wurde kein Glauben beigemessen,
»is Commodor Hitschcok von der Marine der Ver—
inigten Staaten durch eine dem Sieden des Wassers
nn einem Kessel nicht unähnliche Bewegung des
Meeres aufmerksam gemacht, jene Stelle näher
intersuchte und das Vorhandensein einer mächtigen
-Süßwasserquelle feststellte. Dieselbe befindet fich
sast 4 Meilen südlich von St. Augustina (Ostküste
»on Florida) aus der Höhe von Matanzas Inlet,
ind nur 34 Meilen von der Küste. Das mächtig
vallende Wasser nimmt einen Raum von 0,2 Hekt.
in. Das Loth zeigt unmittelbar neben der unge—
jeuren Quelle nur sechs Faden Tiefe, während die
Quelle selbst für „unergründlich“ gehalten wird.
7 GDas dankbare Vaterland.) Ein
Fall, wie er vor Kurzem im Kongreß von Mexico
uur Verhandlung gelangte, dürfte einzig in seiner
Art dastehen. Frau Agustina Ramirez verlor am
3. April 1859 ihren Mann, welcher als Soldat
»em Heere angehörte, beim Angriffe der Stadt
Mazatlan. Später fochten ihre zwölf Söhne unter
)en Fahnen der Republik in dem Kriege gegen die
Franzosen, und alle zwölf fielen in verschiedenen
Schlachten und Treffen. Der Congreß von Mexico
jat nun für diese unglückliche Frau eine lebens⸗
ängliche Pension von 150 Pesos monatlich — et⸗
wa 370 fl. ö. W. — decretirt.
Gemeinnuütziges.
Rauchfleisch. Ueber die zweckmäßigste Art, Fleisch
zu räuchern, so daß sich dasselbe lange Zeit hält,
jiebt die „Allgemeine Schlächter⸗FZeitung“ folgende
eachtenswerthe Vorschriften: Um ein recht wohl⸗
chmeckendes Rauchfleisch herzustellen, wird das zu
äuchernde Fleisch dem frisch geschlachteten Thiere