Full text: St. Ingberter Anzeiger

sammenleben, werden auf Antrag der Polizeibehörde 
... bestraft) nur in folgender Fassung beizustim— 
men: „Personen, welche durch sortgesetztes häus— 
liches Zusammenleben in außerehelicher Geschlechts 
verbindung zu öffentlichem Aergernisse Veranlassung 
geben, werden ... bestraft.“ 
Berlin, 5. Febr. Auf neuere russische 
Alarmversuche macht jetzt auch die Nordd. Allg. 
Ztg. aufmerksam. Der Kronstadter Bote bringt 
einen Artikel über den bevorstehenden Ausbau von 
Danzig zu einem befestigten Lager von der Stärke 
von Königsberg und zu einem mächtigen Kriegs⸗ 
hafen. Die Angelegenheit, so meint der K. B. 
biete für Rußland ein wesentliches Interesse, denn 
die Anlage einer neuen großen Festung erscheine 
als eine übertriebene Vorsicht, da die starken Fest⸗ 
ungen Posen Thorn und Königsberg an der Ost—⸗ 
grenze schon vorhanden seien. Angesichts der 
Schaffung eines neuen Kolosses in Deutschlands 
Kriegsmacht sei es für Rußland nöthig, sich ernst⸗ 
hafter mit einer in einem künftigen Conflikt mög— 
lichen Lage zu beschäftigen. Die Nachricht des 
„Kronstadter Boten“ ist vollständig aus der Luft 
gegriffen und lediglich auf panslavische Hetzereien 
zurückzuführen, die neuerdings bedenklich um sich 
greifen. 
Ausland. 
Wiener Blättern zufolge haben am 4. Febr. 
in Lemberg (alizien) zahlreiche Haussuchungen 
bei panslavistischen Agitatoren in Gegenwart des 
Staatsanwalts, eines Untersuchungsrichters und eines 
Polizeikommissärs stattgefunden, wobei viele Corre⸗ 
spondenzen mit panslavistischen Führern in Ruß— 
land gefunden wurden. Es erfolgten zahlreiche 
Verhaftungen, u. a. des verabschiedeten Hofraths 
Adolph Iwanovic Dobreanski mit seiner verheiratheten 
Tochter, des Redakteurs und Eigenthümers des 
Journals „Slowo“, des Redakteurs Markow und 
mehrerer Akademiker. Der Statthalter von Gali— 
zien, Graf Potocki, hat sich in Folge dessen nach 
Wien begeben. 
Die ganze Provinz Yemen (Arabien) befindet 
sich im Aufstaud gegen die Pforte. Die Re— 
bellen, an deren Spitze ein Neffe des Großscherifs 
von Mekka, Scherif Suleiman, steht, wendeten sich 
an den englischen Gouverneur von Aden, damit er 
ihre Sache bei der Königin Viktoria befürworte. 
Lokale und pfälzische Nach richten. 
*St. Ingbert, 7. Febr. Unser gestriger 
Lichtmeßmarkt war, wie nicht anders zu er— 
warten, ziemlich schwach von Verkäufern besucht. 
Einige von denselben sollen mit den „Geschäften“ 
nicht unzufrieden gewesen sein, andere sollen da⸗ 
gegen kanm das Geld zur Heimfahrt eingenommen 
haben. Am meisten Kundschaft hatte, wie gewöhnlich, 
der „billige Jakob“. 
*St. Ingbert, 7. Febr. Gestern Nach— 
mittag hatten eine Anzahl Mitglieder der Saar— 
hrücker Carnevalsgesellschaft „M'r sin nit so!“ einen 
Ausflug hierher gemacht und im Café Seiter Ein⸗ 
kehr genommen, woselbst sie bis zum Abgang des 
letzten Zuges bei „Gesang und Becherklang“ ver⸗ 
weilten. 
* St. Ingbert, 7. Febr. Gestern Abend 
gegen 6 Uhr fuhr der Fuhrmann Christian Schmidt 
von Webenheim mit einem mit Kohlen beladenen 
Wagen von hier nach Hause, hinter ihm her kam 
mit seinem Wagen ein Knecht des Bierbrauers 
Karl Diehl von Zweibrücken. In der Blies— 
kasteler Straße, ungefähr 100 Schritte vons den 
letzten Häusern der Stadt entfernt, wollte der letztere 
dem ersteren vorfahren, fuhr aber dabei dem Wagen 
desselben, der bis dicht an den Straßenrand aus— 
gewichen war, mit solcher Kraft in die linke Flanke, 
daß er über die Böschung hinunterstürzte. Auf dem 
Wagen saßen in diesem Momente der Eigenthümer 
desselben, Fuhrmann Schmidt, und noch mehrere 
andere Leute, die natürlich alle den Fall mitmachten 
und dabei mehr oder weniger schwer verletzt wurden. 
Fuhrmann Schmidt trug im Gesicht (am rechten 
Backen) eine tiefe Fleischwunde und eine erhebliche 
Verletzung des linken Auges davon. Einer Frau 
von Hassel war das eine Bein im Knie ausein⸗ 
andergesprungen; eine Frau von Niederwürz— 
bach wurde stark am Kopfe beschädigt, unter A. 
ist ihr das Trommelfell in einem Ohr gesprungen. 
Ein Mann von Webenheim wirde ebenfalls so 
schwer verletzt, daß er anfangs besinnungslos war. 
*St. Ingbert, 7. Febr. Gestern wurde 
der arbeitsunfühige Tegeel von Nie derwürz— 
bach, eine seit Jahren hier bekannte Straßenfiqut. 
nach seiner Heimathgemeinde verbracht, damit dies 
für seine fernere Unterhaltung Sorge trage. 
— *St. Ingbert, 7. Febr. Der am Frei— 
tag Abend in St. Johann festgenommene Raub— 
mörder Lorenz wurde gestern durch die beiden 
Sicherheitsbeamten, denen seine Verhaftung gelungen 
war, nach Zabern (Elsaß) gebracht, um an das 
dortige Untersuchungsgericht ausgeliefert zu werden 
— Wegen des starken Frostes wurden die Ma— 
terialfahrten zwischen Zweibrücken, St. Ingber! 
Schwarzenacker und Homburg bis auf Weiteres 
eingestellt. 
— Unserem pfälzischen Landsmann Herrn Musik⸗ 
director Vierling ist die Auszeichnung zu Theil 
zeworden, zum Mitglied der Berliner Akademie der 
ünste gewählt zu werden. 
— Für das Jahr 1882 werden nachstehende 
Beschälstationen bestimmt und mit der beige— 
rügten Zahl von Beschälhängsten des pfälzischen 
Landgestüts bestimmt: Wallhalben 4, Pirmasens 4 
Bergzabern 8, Langenkandel 4, Offenbach 4, Speyer 
3, Mutterstadt 3, Lachen 3, Lambsheim 4, Kirch 
jeimbolanden 8, Winnweiler 2, Landstuhl 4, Wein 
zarten 2, Kichelscheiderhof 4 und 1 Reservehengst 
Summa 58 Hengste und 2 Reservehengste. Die 
Beschälzeit beginnt am 15. Febr. und endigt mit 
dem 1. Juli l. Is. 
— Die Abgeordneten Jul. Müller, Kuby 
und Gen. haben bei der bayerischen Abgeordneten⸗ 
kammer den Antrag eingereicht, S. M. den König 
zu ersuchen, er wolle nachstehendem Gesetzentwurs 
die königliche Sanktion ertheilen: „In der Pfalz 
hdegründen die im Mahnverfahren erlassenen Voll— 
treckungsbefehle (98 689, 640 der Reichs-Civil- 
rozeßordnung) richterliche Unterpfandsrechte (Art 
2123 des bürgerlichen Gesetzbuches). Diese Be— 
timmung erstreckt sich auch auf die seit dem J. 
Oktober 1879 bereits ergangenen Vollstreckungs⸗ 
hefehle.“ 
Die erste Mittheilung von einem bevor— 
tehenden Wechsel einiger ba ye rischen Garni— 
sonen war bekanntlich dementirt worden. Die 
„Pf. Z.“ bringt nun einen Artikel aus München, 
wonach zufolge einer Bekanntmachung des Kriegs⸗ 
ministers folgende Garnisonsveränderungen bevor⸗ 
stünden: Das 11. Inf.-Reg. wird von Regensburg 
und Straubing nach Metz, das 6. Inf.⸗RKeg. von 
Amberg und Sulzbach nach Regensburg, das 9. 
Inf.⸗Reg. von Würzburg nach Ämberg, das 18. 
Inf-Reg. von Landau nach Würzburg und das 
4. Inf.⸗Reg. von Metz nach Landau. 
— Herbitzheim, 8. Febr. Nachdem der 
in Saargemünd arbeitende Fabrikarbeiter Fohannes 
Zimmer genannt Frohn von hier im Jahre 1879 
die Tochter eines Schiffers, welche unvorsichtiger— 
veise in die Herbitzheimer Schleuße fiel, vor dem 
richeren Tode rettete, zog er im verflossenen Mo— 
nate wieder einen Mann aus dem Wasser, welcher 
in tiefer Dunkelheit der Nacht von der Bahnstation 
Willerwald kam. Derselbe dient in Remelfingen 
als Knecht und wollte zum Begräbniß seines Groß⸗ 
zaters nach Dehlingen gehen; er war des Weges 
mkundig und hielt den Kanal für die Chaussee 
und schritt hinein. Auf sein Schreien kam Zim⸗ 
ner herbei, scheute das eisige Wasser nicht und zog 
den Unglücklichen, welcher schon mehrmals unker— 
zegangen war, heraus. Nachdem der halbertrunkene 
Mann von der wohlbekannten mildthätigen Hand 
der Frau Bürgermeister Roesch die nöthige Pflege 
erhalten hatte und hergestellt war, konnte er getrost 
wieder seines Weges gehen. Die mit so großer 
Lebensgefahr verbundenen Thaten des Zimmer sind 
icher der öffentlichen Anerkennung werth. 
— Das „A. W.“ meldet von Dahn, es solle 
noch in diesem Jahre mit dem Bau der prote— 
ttantischen Kirche begonnen werden. 
— Lauterthalbahn. Der erste Spaten⸗ 
stich sollte am 1. Februar vorgenommen werden; 
daß es nicht geschah, hat darin seinen Grund, daf 
die Arbeiten am Badweiher beginnen sollen, welchen 
aber vorerst abgelassen werden muß. Nach Stadt. 
rathsbeschluß soll derselbe erst nach dem 15. Febr 
entwässert werden, damit inzwischen noch Eis ge⸗ 
vonnen werden kann. sirsl. 3.) 
— Aus Neustadt berichtet die „N. 3.“ 
Wie wir hören, haben sich auf einmal 64 Gewerb⸗ 
treibende von hier zur Aufnahme in den Gewerbeberein 
angemeldet, aus Interesse und Liebe zur Vereinssache. 
— Der Verwaltungsrath des pfälzischen Leh— 
rerwaisenstiftes hielt am 5. ds. Mis in 
Neustadt eine Sitzung, um die Vertheilung der 
Anterstützungen pro 1881 vorzunehmen. Es waren 
nach der „Pf. Pr.“ zu diesem Zwecke statuten⸗ 
gemäß M. 6006.70 verfügbar, von welchen Mb 
5975,50 an 135 einfache und Doppel-Wane« 
aus 67 Familien in der Art vertheilt wurden, da 
der höchste Betrag (für 7 Waisen) 266 Ma, de 
niederste (für 1 Waise) 88 M. ausmacht. De 
Rest von M. 31,20 wurde dem Direktor zur event 
nachträglichen Verwendung überlassen. Das ren 
tirende Vermoöͤgen des Waisenstiftes beläuft sich jetz 
auf ca. 70,000 Mt. 
— In Grünstadt wurden vor einigen Ta 
gen nicht weniger als 80 Hauseigenthümer wege 
Nichtbeachtung des 8 32 des Ortspolizeibeschlusses 
Streuen von Sand, Asche ꝛc. bei Glatteis betr. 
durch Strafbefehl mit je 1 M. bestraft. Begreif 
licherweise rief die Protokollirung große Aufregunt 
hervor; die Betroffenen beabsichtigen sich beim kgl 
Bezirksamt zu beschweren. 
— Einen für Pferdebesitzer interessanten Fa 
theilt die „Pf. Bztg.“ aus Kaulbach mit 
Das dreijährige Pferd des Ackerers Johannes Scheid 
III. von Kreimbach litt kürzlich an Kolik (Verstopfung 
und wendete sich Scheidt um ärztliche Hilfe au 
Herrn Thierarzt Reinhardt von Wolfstein. Da⸗ 
Uebel hatte jedoch das Pferd so ergriffen, daß desser 
Verenden jeden Augenblick zu erwarten war. Rasch 
entschlossen führte Herr Reinhardt eine kühne Operation 
aus, indem er das wie leblos im Stalle liegend 
Pferd in die Scite stach und dadurch der im Innern 
des Pferdes zusammengepreßten, blähenden Luft eint 
Oeffnung verschaffte. 4 Stnnde nach der Operation 
tand das Pferd wieder auf und hatte sich innerhall 
einiger Tage ganz erholt. 
— Im Anschluß an eine Aufforderung de 
deutschen Hochstifts veröffentlicht Herr Pfarrer Bäh 
ring in Minfeld, ein ehemaliger Schüler Fröbels 
einen Aufruf zur gemeinsamen Feier des hundert— 
jührigen Geburtstages dieses großen Pädagogen ir 
der Pfalz. 
Vermischtes. 
F Von der kgl. preußischen Bergin 
spection VVI Geinitz) werden zur Anliefer 
ung auf Grube Heinitz folgende Materialien au 
dem Submissionswege vergeben: 500 ebm Bruch— 
steine, 500,000 Stück Backsteine, 450 chm grauet 
Kalk, 1000 ebm Mauersand, 170 cbhm Lehm 
200,000 Kilogr. gemahlener Traß, 15 cebm Weiß 
kalk, 15 ebm Streusand, 800 ebm Dioritkleinschlag 
200 ebm Dioritpflastersteine, 600 ebm grober um 
550 chm feiner Kies, 2200 Stück Bickelstiele 
5000 Stück Schippenstiele, 2400 Stück Hannen— 
stiele, 250 Stück Beilstiele, 800 Stück Feilen— 
büchsen. Termin: 23. Februar, Vormittags 10 
Uhr. — Zur Lieferung für Grube König— 
Wellesweiler schreibt die Berginspec— 
tion VIII zu Neunkirchen aus: 500 cbw 
Bruchsteine, 350 cbm Sandsteinpflastersteine 
510,000 Stück Backsteine, 245 cebm grauen Kalk 
11 ebm weißen Kalk, 1000 cbm Sand, 40,000 
Kilogr. Traß und 9500 Kilogr. Bettstroh. Sub— 
missions⸗Termin: 15. Februar, Vormittags 11 Uhr 
St. Avold, 4. Febr. Vorgestern ereig 
nete sich der höchst traurige Fall, daß in der Nähe 
des Bahnhofs Beningen das siebenjährige Söhnchen 
des an der Bettinger Barriere postirten Barrieren⸗ 
wärters G. von der Locomotive eines vorbeifahrenden 
Güterzuges erfaßt und derart am Kopfe verletzt 
wurde, daß eine Stunde darauf der Knabe den 
Geist aufgab. Dies an und für sich bereits un⸗ 
heilvolle Ereigniß erscheint noch trauriger und für 
die Eltern noch trostloser, insofern als einestheils 
der Vater des Knaben im Eisenbahndienst vor 
langen Jahren ein Bein verloren hat und mit dewr 
Stelzfuß seinen Dienst versieht, anderntheils di— 
Mutter, deren Warnungen zum Trotz der kleine 
ungehorsame Bube sein Leben leichtsinniger Weise 
verspielt hat, mehr oder weniger Augenzeugin det 
Unglücksfalles gewesen ist und eventuell noch wegen 
Vernachlässigung des Barrierendienstes vor Gerich' 
sich zu verantworten haben wird. 
FMainz, 4. Febr. Heute Vormittag schnit 
ein Soldat des 27. Feld⸗Artillerieregimentes mittels 
eines Rasirmessers in der Caserne sich den Halt 
ab, — der dritte Selbstmord, welcher sich binner 
kurzem in der hiesigen Garnison ereignete. (Fr. J. 
FIn Frankfurt a. M. ist eine Eheschei 
dungsklage bei dem Gerichte anhängig gemacht, di⸗ 
ihrer Sonderbarkeit wegen von Interesse ist. Die 
zu scheidende Ehe, welche nun 36 Jahre besteht, 
war bis vor einigen Jahre eine glückliche. Die 
Ehefrau, welche geschieden sein will, ist 71 und 
hr Mann 75 Jahre alt. Sie klagt wegen schlechter 
Behandlung, die ihr von ihrem Gatten zu Thei! 
werde, in Folge dessen sie eine große Abneigung 
gegen denselben habe. Er behaupiet der liebens⸗