Full text: St. Ingberter Anzeiger

Ausgang der Sache allgemein sehr gespannt, be— 
sonders da Viele bezweifeln, daß die Verhandlung 
gegen die jetzige Direction erheblich Gravirendes zu 
Tag fördern werde. 
— Homburg; 8. Febr. Heute Morgen 
wurde an der Kaiferstraße zwischen Schelmenkopf 
und Vogelbach die Leiche eines Mannes aus Cont— 
wig aufgefunden. Derselbe ist am Montag aus 
dem hiesigen Spital entlassen worden und soll ein 
den Vranntweintrunke ergebener Mensch gewesen 
sein. Wahrfcheinlich hatte er sich berauscht nieder⸗ 
gelegt und ist erfroren. — In der Nacht von 
Dieustag auf Mittwoch braunte die bei Waldmohr 
gelegene sog. Moor-⸗Müh he total nieder. Ent— 
stehungsursache bis jetzt unbekannt. Genannte 
Mühle war gestern noch in einem Pfälzer Blatte 
zum Berkaufe ausgeschrieben. 
— Vom Haardigebirge. Erfahene Win⸗ 
zer behaupten, daß der Weinstock in jüngerer Zeit 
jehr gelitten habe infolge öfteren Wechsels von relativ 
träftiger Sonnenwärme mit starkem Frost, welch' 
erstere den Duft an den Reben des Tags über zum 
Schmelzen brachte, während in den darauf folgen⸗ 
den NRächten eine Temperatur bis —79 R, diese 
in eine förmliche Eisrinde hüllend, bekanntermaßen 
das allmälige Absterben der Rebenaugen herbeiführt. 
Sollte sich diese Ansicht bestätigen so dürfte 
für das kommende Frühjahr eine nicht unbe⸗ 
deutende Steigerung der Weinpreise um so eher zu 
erwarten sein, als sich die Weinlager im Laufe des 
Monats Januar wiederum sehr beträchtlich gelichtet 
haben. So sollen beispielsweise auf Station Freins⸗ 
heim allein während genannten Monats an 100 
Fuder Wein verladen worden sein, welche zum 
größten Teil an größete Geschäftshäuser im ien— 
seitigen Bayern spediert wurden. 
Gesellschaftoberrheinischer Geo⸗ 
logen und Mineralogen. Nach vorläufiger 
Fefisetzung findet die diesjährige Zusammenkunft 
in Dürkheim a. H. und zwar in den Tagen 
bom 13. bis 15. April statt. Hauptversammlung 
am 13., welcher sich eine Parthie nach dem Basalt⸗ 
bruch in Forst anschließt. Am 14. Excursion in 
das sich von da an dem Haardigebirge hinziehende 
Tertiärgebiet und am 15. geologischer Ausflug in 
die Umgebung des Donnersberges. 
In Germersheim starb am 8. ds. 
im Militärspitale der Unteroffizier J. Lichtenberger 
infolge eines Sturzes vom Reck in der Turnhalle 
Letztere ist im Winter in den Kellern der Kaserne, 
und es soll der gepflasterte Boden während der 
Turnübung nicht, wie üblich, belegt gewesen sein. 
Daß der Verunglückte jedoch auch Uebungen aus— 
führte, die nicht kommandirt waren. möge hier æben⸗ 
falls erwähnt werden. 
Vermischtes. 
Vom Schwurgericht in Nürnberg wurde 
der ehemalige Rentbeamte in Heidenheim 
(Mittelfranken) Ludwig Gerstner, 44 Jahre alt, 
berheirathet, wegen fortgesetzten Verbrechens der 
Unterschlagung im Amte von den Geschworenen 
schuldig befunden und vom Gexichtshof zu 7 Jah⸗ 
ren Zuͤchthaus und 5 Jahren Ehrenderlust ver⸗ 
urtheilt. 
Frankfurt a. M. Der Börsenkrach hat 
hier doch mehr Existenzen ruinirt, als anfangs an⸗ 
genommen wurde. Es stellt sich nachträglich heraus, 
daß zwei Kaufleute, welche anscheinend in sehr 
guten Verhältnissen lebten, sich vergiftet haben, 
veil der Krach ihnen unerträgliche Verluste zufügte. 
Hier hätte sich also die Börse in der That als 
Giftbaum“ erwiesen! 
Adele Spitzeder befindet sich in Stutt⸗ 
gart. Mit einer aus 15 Personen bestehenden, 
großentheils in Wien angeworbenen Damenkapelle 
ritt sie in verschiedenen Etablissements als Konzert- 
dirigentin auf, und sollen ihre Konzerte allenthalben 
Beifall finden. 
Koburg, 3. Febr. Die „Kob. Zig.“ 
bringt nachstehende kaum glaubliche Mittheilung: 
Heute sind drei ehemalige deutsche Krieger, die in 
den Verlustlisten des 18707 ler Feldzuges als 
„Vermißte“ figuriren, nach Koburg zurückgekehrt. 
Dieselben waren in französische Gefangenschaft ge⸗ 
cathen und, anstatt bei dem Abschlusse des Friedens 
nach Deutschland zurückgeliefert zu werden, nach 
Algier deportirt worden. Der eine derselben soll 
aus Hambach bei Koburg, der andere aus der 
Eisfelder Gegend, der dritte aus Schalkau stammen. 
PIneinem Fremdenbuche des Thüringer 
Waldes hatte ein sentimentales Damchen folgenoe 
Verse hinterlassen: 
„Unter diesen schönen Bäumen 
Möcht mein Dasein ich verträumen.“ 
Auguste N. 
Ein Praktikus hatte darunter geschrieben: 
„Unsinn, Auguste, 
Heirathen mußte!“ 
F Aus Zotzenbach, i. Odenwald schreibt das 
„M. T.“: Durch die Blätter ging in den jüngsten 
Tagen eine gar sonderbare Spuckgeschichte, 
vonach in einem hiesigen Hause allnächtlich ein 
nysteriöses Klopfen gehört ward, und waren Hun— 
derte von teils gebildeten, teils ungebildeten Leuten 
tundenweit herbeigeeilt, um das Wunder anzustaunen. 
Während nun die Einen dies Klopfen auf eine 
übernatürliche Einwirkung resp. auf einen dort 
spuckenden „Geist“ zurückführen wollten, versuchten 
Andere, die Erscheinung auf „wissenschaftliche“ 
Weise, als durch „unterirdische Quellen“ ꝛc. ent⸗ 
tanden, zu erklären. Dieser Tage ist nun die Lö— 
ung des Räthsels auf höchst heitere Weise erfolgt. 
Der Küfermeister Janson von Heppenheim, ein re— 
oluter Mann, wußte sich unbemerkt in das Haus 
zu schleichen und machte da die Entdecknug, daß 
in einim kleinen Kämmerchen unter alten Kleidern 
derborgen die etwa neunjährige Tochter des Haus— 
zesitzers den „Spuck“ verursachte. Anfangs mag 
wohl keine Absicht zu Grunde gelegen haben, da⸗ 
gegen darf mit größter Wahrscheinlichkeit ange— 
nommen werden, daß das Kind spüter zu einem 
cecht plumpen Schwindel benutzt wurde, der bard 
das Gericht beschäftigen dürfte. Der biedere Haus— 
herr hatte sich nämlich durch den „Spuck“ eine 
janz hübsche Einnahmequelle zu verschaffen gewußt, 
indem er von den zahlreichen Besuchern des Hauses 
ein Eintrittsgeld und zwar von Personen mit Kap⸗ 
»en 50 Pf. dagegen von Personen, welche ihr 
daupt mit der theureren Kopfbedeckung eines Hutes 
»or den Einflüssen der Witterung jchützen, 1M. erhob 
F Eine Wache die auf Kinderschießt. 
leber ein trauriges Ereigniß, das gegenwärtig das 
Stadtgespräch in Berlin bildet, verlauten nach— 
folgende Einzelheiten: Der Platz an der Invaliden— 
äule zu Berlin dient von jeher der lieben Jugend 
als Spiel-⸗ und Tummelplatz. Auch Sonntag 
Abend in der sechsten Stunde belustigten sich hier 
drei Knaben mit allerlei Spielen. Es waren der 
ehnjährige Hermann Büttner, der zwölfjährige 
Fritz Pätzold und der fünfzehnjährige Wilhelm 
Lehmann. Der Posten an der Invalidensäule, der 
Füsilier Werner von der 9. Compagnie des Garde— 
Füsilier⸗-Regiments, forderte die Knaben wiederholt 
auf, sich von den eingezäunten Rasenplätzen zu ent— 
fernen. Die übermüthigen Jungen achteten jedoch 
der Mahnungen nicht, verhöhnten sogar den Sol— 
daten. Als dieser nun zu schießen drohte, wenn 
ie nicht die Rasenplätze räumen würden, und als 
er sein Gewehr vor den Augen der Knaben lud, 
iefen diese zwar ein paar Schritte nach der Kessel⸗ 
traße zu davon, doch nur, um dann stehen zu 
leiben, den Posten auf's Neue zu verhöhnen und 
ogar mit Steinen zu bewerfen. Der eine der 
dnaben rief dabei: „Der schießt ja doch nicht!“ 
Nun feuerte der Posten in der That sein Gewehr 
ab. Die Kugel dieses einzigen Schusses — denn 
deren mehr will der Soldat nicht abgegeben haben 
— nahm einen so verhängnißvollen Lauf, daß sie 
alle drei Knaben getroffen hat. Der 
Pätzold erhielt den Schuß in die rechte Bruftseite, 
so daß er bereits nach etwa fünf Minuten eine 
Leiche war; Büttner wurde gleichfalls in der 
rechten Brustseite schwer verwundet und brach nach 
venigen Schritten zusammen, während Lehmann 
nur einen leichten Streifzug am linken Arme da— 
»ontrug. Nach der Aussage des schnell herbeige— 
jolten Dr. Arnheim ist der Zustand des schwer 
»erwundeten Büttner ein sehr ernster, wenn auch 
nicht absolut hoffnungsloser. Werner wurde sofor— 
n Haft genommen. — Nach dem „Berl. Tgbl.“ 
st der Knabe Büttner nun auch gestorben. Nach 
emselben Blatte ist die Mutter des Pätzold (eine 
Wittwe) gänzlich mittellos und mußte darum in 
hrer Nachbarschaft kollektirt werden, um nur die 
Mittel für ein anständiges Begräbniß ihres Sohnes 
usammen zu bringen. In nicht minder bedrängter 
Lage ist der Vater des Dritten bei der Affaire be— 
heiligten Knaben Lehmann. (Wie die „Frankf. 
ztg.“ hört, ist der Militärposten, welcher einen 
kKnaben erschossen und zwei andere Knaben ver—⸗ 
vundet, freigesprochen worden, weil er gemaäß seiner 
Instruktion gehandelt hat) 
Eine Berrtiner Hücheufee) 
gegen das Verbot ihrer Herrin ihren Gefreiten von 
Alexanderregiment in der Küche empfangen. Froa 
o. K. hielt ihr deswegen eine Strafpredigt, ka 
aber übel an. „Mein Jotteken doch,“ fuhr Rp 
los, „Sie duhn ja jrade, als ob Unsereine nie 
och 'mal „jnädige Frau' werden könnte! We 
Wilhelm?“ — „Na allemal!“ erwiederte dies 
wobei er beide Arme nach dem Kragen, nach se 
ner Gefreiten-NAuszeichnung, hinaufdirigirte, 
Knöppe haben wir schon dazu!“ 
F. In Wernegitten bei Heilsberg in P 
hat eine Frau Palm ihre 5 Kinder im Alter vor 
2 bis 7 Jahren vergiftet. Die Mörderin wurd, 
in Königsberg verhaftet. Motiv der That ist un 
bekannt. 
F Ein gestohlener Nachtwächer ist der Nachtran 
»on Vangenöls in Schlesien. Auf einem vor den 
Wirthshaus stehenden Wagen eingeschlummerk, en 
vendeten ihn die Besitzer des Wagens und fuhren mi 
hm so sanft davon, daß dieser „Schrecken der Diebe 
erst am nächsten Morgen in einem ziemlich entfern 
sen Dorse liegend wieder das Licht dieser Welt en 
»lickte. Nach zwei Tagen Verschobenheit erst kehrt 
rwmit Spieß und Tuthorn in sein heimatliché 
Dorf heim. Nun, ein Wächter, welcher gestohlen 
werden kann, das ist in der That ein Wächter, welche 
einer Stadt gestohlen werden kann! 
F Bei der nächsten preußischen Klassew 
Lotterie wird außer der Vertheuerung der Loose 
noch eine andere Veränderung eintreten, nämli 
die, daß der niedrigste Gewinn in der 2. Klass 
don 90 auf 95 M. und der niedrigste Gewinnin 
der 8. Klasse von 135 auf 140 M. erhöht wird 
während in der 4. Klasse der Gewinn von 6600 
auf 550 M. reduzirt wird. 
x Geh. Admiralitätsrath und Direktor de 
deutschen Seewarte, Prof. Neumayer in Hamburg, 
ist zum Vorsitzenden der deut chen Polarkommissich e 
ernannt worden. (Frkth. Ztg.) Zu 
f In Wien wurde am Samstag in seine n 
Wohnung der 52 Jahr alte Rentner Joseph bv. 
Streinsberg und seine Bedienerin Marie Hillinge die 
ermordet. Die That geschah mittelst eines Hand W. 
beiles. Da der Ermordeie ein notorischer Wuchere 
var, so vermuthet man, daß die That von einen jm 
Opfer desselben aus Rache ausgeführt worden sei 6— 
cFine Spur des Thäters hat man noch nicht. so 
F GEGeebäder im Januar. Aus Fiume jp 
(Croatien) sendet ein Freund der „Deutschen Ztg. W. 
das Lokalblatt „Bilanzia“, in welchem man eine d 
Stelle findet, welche werth ist, festgehalten zu were 
den. An der Käüste herrschte danach an vielenee 
Tagen des Januar eine wahrhaft sommerlich zu 
Witterung, so daß die liebe Straßenjugend du all⸗ 
Bedürfniß nach Seebädern zu empfinden anfing W. 
Man konnte denn auch häufig badende Knäblein ab 
in den Stellen des Meeres an der Straße nad der 
Abbazzia sich herumtummeln sehen. es 
F Aus Preßburg wird unterm 4. Februat der 
geschrieben: Der derzeitige Wasserstand der Donaun mü 
ist hier so niedrig, daß es möglich ist, dieselb ma— 
oberhalb des sogenannten „Pötschenarmes“ zu durch unt 
vaten. — Auch der Rhein hat gegenwärtig einen and 
o niedern Wasserstand, daß die Ponlons der Kehlet fich 
Schiffibrücke bis auf ein Drittel im Trockenen au win 
dem Kies stehen. nu 
6G83 Opfer.) Wie das Wiener „Centraß ein 
dlatt“ erfährt, erschien am 8. ds. Mts., also zwei niss⸗ 
Monate nach der Fatastrophe am Schottenring, das Ein 
udgiltig festgestellte Verzeichniß der Opfer vom 8 noch 
December. Der mit der Feststellung der Liste bee Dol 
raute Offizial Nemetschek hat bis heute ununtet den 
brochen die Erhebungen geleitet, um festzustellen, Selt 
ob die angemeldeten bermißten Personen auch wirk die 
lich im Ringtheater waren, und es mußte fernn dach— 
die Aufgabe dieses Beamten, der das schwierigt Mitn 
Werk ganz allein vollführte, sein, auch das volß ertra 
tändige Nationale der Verunglückten zu erheben. brine 
Nach dieser Liste beläuft sich die Zahl der in mit 
Ringtheater verunglückten Personen auf Dreihun⸗ dvela 
dertdreiundachtzig. pitil 
F Die sialistische Erhebung über die deus hand 
schen Turnvereine vom 1. Januar 1881 ines 
al ein recht günstiges Resultat geliefert. In 192 ist 
fArten des deutschen Vaterlandes existiren 2380 
Turnvereine mit 186,514 Vereinsmitgliedern, von gion 
»enen über die Hälfte, nämlich 95,920, praktische der 
Turner sind. Wenn diese gewaltige Schaar rüstiget ersa 
Maänner und blühender Junglinge einmal beisam— welia 
nen wäre und Heerschau über dieselde gehalten wuͤrde Pra 
es müßte Dies einen erhebenden Eindruck gewähren Uch⸗ 
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