Full text: St. Ingberter Anzeiger

ꝓↄl. Judherter Atzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchenltich fünfmalz Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag!und Sountag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs- 
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Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Se. Maj. der König haben ein Allerhöchstes 
Handschreiben an den Herrn Staatsminister Dr. v. 
oͤutz erlassen, welches dem Gesammtministerium vor—⸗ 
gelegt werden soll und den Gegenstand eines heute 
Nitiag stattfindenden Ministerrathes bilden wird. 
Berlin, 24. Febr. Die Sekundärbahn⸗ 
Fommission hat den Bau folgender Linien geneh— 
nigt: Königsberg-Labiau, Johannisburg-Lyck 
zohenstein⸗Berent, Jatznik⸗Ueckermünde, Liegnitz— 
hjoldberg, Greiffenberg-Löwenberg⸗-Friedeberg, Ober⸗ 
oͤblingen⸗Querfurt, Wernigerode⸗Ilsenburg, Schwarz 
el⸗Lauterburg⸗ Andreasberg. In Betreff der Linie 
richicht- Probstzelle (bayrisch- meiningensche Land— 
zrenze) ist der Beschluß ausgesetzt. 
Wie das „Berl. Tagbl.“ erfährt, werden dem 
xxeußischen Volkswirthschaftsrathe dieses 
Mal vier bis funf Vorlagen zugehen, so daß auf 
ine längere Session gerechnet werden darf. An—⸗ 
eblich sollen sich darunter auch der Entwurf der 
Tabakmonopolvorlage und die Grundzüge des Un— 
all⸗Versicherungssesetzes befinden. 
Russische Blätter berichten über bedeutende Be— 
ellungen, die Rußland bei Tulager Gewehrfabriken 
emacht hat. In den Berliner nächstbetheiligten 
kreisen hat man jene Meldung durchaus ruhig auf⸗ 
enommen und ist durch dieselbe keineswegs über⸗ 
ascht worden; denn es ist hier, so wird der „K. 
Zz.“ geschrieben, wohl bekannt, daß Rußland, blos 
uim seinen Waffenvorrath auf den regelmäßigen 
zriedensbestand zu bringen, umfangreicher Ergaän— 
ungen bedarf. Die Nothwendigkeit derselben mag 
ich allerdings unter russischer Verwaltung öfters 
ühlbar machen als anderswo. 
Ausland. 
Paris, 24. Febr. Die hiesige Russen⸗Colonie 
radelt allgemein, wie „Havas“ meldet, das Ver—⸗ 
jalten Skobeleff's. Man glaubt nicht, daß 
der bedauerliche Zwischenfall die guten Beziehungen 
wischen Oesterreich, Deutichland und Rußland be— 
inträchtige. 
Petersburg, 24. Febr. Für die in und 
im Petersburg liegenden Gardetruppen und das 
Donische Kosaken-Regiment sind mehrtägige Uebungs⸗ 
Marsche verordnet. Sie sollen am'27. Februar 
beginnen und bis zum 24. Marz dauern. 
Newyork, 23. Febr. In mehreren Theilen 
des Staates Mississippi ist in Felge großer Ueber⸗ 
schwemmungen Nothstand ausgebrochen. Ein Flächen— 
taum von 150 Meilen Länge und 40 Meilen 
Breite steht unter Wasser; die Bevölkerung besteht 
Jrößtentheils aus Negern. In beiden Kammern 
wurden Resolutionen beantragt, durch welche der 
Schatzsekretär ersucht wird, Unterstützungen an die 
Nothleidenden zu vertheilen. Dieielben wurden den 
Fommissionen überwiesen. 
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Lokale und pfälzische Nachrichten. 
St. Ingbert, 25. Jebt. Herrn Pro— 
essor Wauers Faust-Recitation findet am 
tächsten Mittwoch, 29 Febr., im Saale des Herrn 
Oberhauser statt. Unsere Leser dürfen nicht 
eiwa glauben, daß der Leser immer nur „Faust“ 
tecitirtt, denn daneben hat er im Laufe der neun 
etzten Jahre noch mehr als 700 andere Vorträge 
Jehalten. Schon vor fünf Jahren schrieb der 
Bremer Courier“: „Hugo Wauer's Faust-Recita⸗ 
on ist eine bewunderungswürdige Kunstleistung 
Sonntag, 26. Februar 1882. 
von ganz absoluter Eigenart. Man fühlt es in 
jedem Worte seiner klaren Vermittelung, ersieht es 
mis jeder Nuance seiner großen Auffassung, seines 
Geberdenspiels, seiner Kraftvertheilung und Kolo—⸗ 
rirung, daß er nicht nur ein bloßer Vorleser sein, 
sondern die wunderbare Dichtung dem Hörer in 
llarster Faßlichkeit und vollster Lebenswahrheit vor 
zie Seele führen will, und für diesen unerreichbar 
cheinenden Zweck meisterhaft durchgebildet, und von 
der Natur verschwenderisch ausgestattet ist. Seine 
krscheinung ist imponirend, seine Sprache edel, sein 
Irgan sonor und mächtig und vermittelt die feinsten 
em innersten Gefühle entsprechenden Nuancirungen 
janz vorzüglich. Faust's Monologe, sein Spazier⸗ 
zang mit Wagner, die Pudel-Scene, Mephisto⸗ 
oheles' Erscheinen, seine Ironie und tückische Teufels 
natur, kurz Alles war bis in's Detail fein und 
harakteristisch gezeichnet, aber so zu sagen plastisch 
entgegen trat uns Gretchens Unschuld und hin— 
jebende, vertrauensvolle Liebe; ebenso Faust's 
Jlühende Leidenschaft, welche das unschuldige Mäd⸗ 
henherz immer fester, immer enger umstrickt und 
das liebliche Opfer seinem tragischen und doch so 
alltäglichen Schicksal unrettbar entgegenführt. Un—⸗ 
ibertrefflich jedoch war der Künstler in der Schil— 
derung der bunten Spaziergänger, der tollen Stu⸗ 
)entenzeche in Auerbach's Keller, dann des Gebets 
yor dem Muttergottesbilde, welches in jedem Wort 
ein Verzweiflungsschrei des bis zum Wahnsinn ge⸗ 
olterten Mädchenherzens genannt werden muß, dann 
)es sterbenden Valentin, ganz besonders aber der 
derkerscene. Das volle, grenzenlose Elend der durch 
Gewissensqualen umnachteten und in den Abgrund 
der Raserei gestürzten Mädchenseele, wie es mit all' 
einer Wucht verantwortungs- und schmerzvoll Faust's 
Bewissen zentnerschwer trifft, wurde mit erschuͤttern⸗ 
der Wahrheit und bewunderunqgswürdiger Meister⸗ 
chaft vorgeführt.“ 
St. Ingbert, 25. Febr. In der letz- 
ten Sitzung des Schoöffengerichts zu Saarbrücken 
wurden nach der „Saarbr. Ztg.“ drei schon oft 
bestrafte Schwestern von hier, im Alter von 17 
bis 19 Jahren, die älteste zu 6, die beiden ande— 
ren zu je 3 Monate Gefängniß verurtheilt. Die— 
selben hatten auf dem letzten Krammarkt in St. 
Johann gemeinschaftlich den Diebstahl von Schuh— 
waaren betrieben. 
*St. Ingbert. (Ordensverleihung.) 
Dem kgl. Bezirksamtmann in Zweibrücen, 
herrn Dr. Emil Schlagintweit, wurde 
das Ritterkreuz J. Cl. des kgl. württemberaischen 
Friedrichs-Ordens verliehen. 
*— In der Strafkammersitzung des kgl. Land⸗ 
zerichs Zweibrücken vom 22. ds. Mts. 
wurde u. A. ein vagabundirender Müllergeselle aus 
Rheinhessen, der an der Straße von Rodalben 
nach Biebermühle 7 Kirschbäumchen abgebrochen, 
aber darüber ertappt und dingfest gemacht worden 
var, zu 6 Monaten Gefängniß und 14 Tagen 
daft verurtheilt. — Die 17 Jahre alte Dienst⸗ 
nagd Eva Lung von Niedermiesau, welche Ende 
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jannes Kopp III. dahier getreten war und etwa 
14 Tage nachher aus der verschlossenen Kommode 
hrer Dienstherrschaft, die sie mit einem nicht dazu 
zehörigen Schlüssel geöffnet, einen Trauring und 
iin Paar zerbrochene goldene Ohrringe gestohlen 
jatte, wurde deshalb mit einer Gefängnißstrafe von 
5Monaten bedacht. — In der gleichen Sitzung 
zatte sich der Kaufmann J. W., früher hier, we— 
zen des Vergehens des einfachen Bankerutts z 
17. Jahrg. 
berantworten. Ihm war besonders zur Last gelegt, 
Handelsbücher, wie es ihm gesetzlich oblag, nicht 
zgeführt zu haben, die geführten so unordentlich 
zeführt zu haben, daß fie keine Uebersicht des Ver⸗ 
mögensstandes gewährten, ferner es unterlassen zu 
haben, ein Inventar zu errichten und die Bilanz 
seines Vermögens in der vorgeschriebenen Zeit zu 
iehen. Der Angeklagte gibt zu, nur unvolsständig 
Buch geführt zu haben und entschuldigt fich damit, 
nicht gewußt zu haben, daß ihm die Führung der⸗ 
selben in dem Umfange oblag, wie ihm zur Last 
jelegt sei. Das Gericht verurtiheilte ihn, dem An⸗ 
rage der k. Staatsbehörde entsprechend, zu einer 
Befängnißstrafe von drei Tagen. (Nach der Zw. 3.) 
— Vom 1. März l. J. an gelangen bei den 
Postanstalten neue Gebührenmarken 
zu 10, 20, 30, 40 und 50 Pf. zur Ausgabe. 
Dieselben sind in weißem Hochdruck auf farbigem 
Antergrund (für die erwähnten Marken in grüner 
Farbe) ausgeführt, während bei den Marken zu 1, 
2, 3, 4, 5, 10 und 20 M. der Untergrund hell⸗ 
coth ist. Der Verkauf der Gebührenmarken erfolgt 
durch die Postanstalten zu dem Preise des Gebühren⸗ 
zetrages auf welchen sie lauten. Der Verkauf der 
zisherigen bayerischen Stempelmarken wird seitens 
d»er Postanstalten mit dem 28. Febr. l. J. geschlossen. 
Die im Privatbesitze befindlichen älteren Stempel⸗ 
narken dürfen noch bis einschließlich 20. Juni L. J. 
aeben den neuen Gebührenmarken zur Entrichtung 
)er Gebühren und Landesstempelabgaben verwendet 
verden. Dieselben konnen außerdem, sofern sie 
noch volständig rein und ungebraucht sind, in der 
Zeit vom 1. März bis einschließlich 20. Juni l. J. 
auch bei den Postanstalten gegen Gebührenmarken 
von gleichem Nennwerthe (per Stüch) umgetauscht 
verden; und zwar findet dieser Umtausch bis ircl. 
30. April el. J. bei sammtlichen Postanstalten, welche 
Hebührenmarken zu dem betreffenden Nennwerthe 
borräthig haben statt, wogegen derselbe vom 1. Mai 
. J. an nur noch bei den Briefpostexpeditionen am 
Sitze der k. Oberpostämter zulässig ist. Mit dem 
20. Juli l. J. wird auch bei diesen letzten Post⸗ 
anstalten der Umtausch geschlossen und verlieren 
die etwa noch im Verkehre befindlichen älteren 
Stempelmarken jede Giltigkeit. Eine Baareinldsung 
der Stempelmarken findet in keinem Falle stati. 
— Aus der Pfal;. Der Jahresbericht des 
ofälzischen Kreisausschusses des bayerischen Lan— 
deshilfsvereines, zugleich Organ der Kaiser— 
Wilhelms⸗Stiftung, für 1881 ergiebt folgendes 
Kesultat: An Kapitalzinsen wurden vereinnahmt 
1710 M., an Unterftützungen an 93 Invaliden 
oder Wittwen und Waisen gegeben 3700 M. die 
Kasse hat einen Ueberschuß von 4800 M., das 
Besammtvermögen beträgt 120,000 M. Außer 
dem Kreisverein existiren noch 18 Lokalvereine mit 
zusammen 613 Mitgliedern und einem Vermögen 
»on 70,000 M. diese verabreichten gleichfalls über 
3000 M. an Unterstützungen. Die Mitgliederzahl 
der Vereine geht seit einigen Jahren rapid herunter, 
und wenn dieselde so fortfährt abzunehmen, so 
werden in wenigen Jahren die meisten Hülfsvereine 
der Pfalz zum großen Nachtheile der armen In⸗ 
oaliden aufhören zu existiren. Und doch sind diese 
Vereine gegenwärtig nöthiger als je; da siechen noch 
diele dahin an Krankheiten vom Kriege her, und 
biele Wittwen und Waisen von Kämpfern für das 
Paterland betteln um Brod. Möge die Thatigkeit 
der Hilfsvereine nicht erlahmen! Wir lassen die 
Namen der Zweigvereine der Pfalz nach der Zahl 
hrer Mitglieder in absteigender Ordnunag mit An—