Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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M 5. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Mürnchen, 85. Jan. Der Gesetzentwurf über 
das Concubinat wurde heute in zweiter Lesung, 
vesentlich umgestaltet durch den Antrag Luthardt, 
daß die Straseinschreitung auf Antrag der Polizei 
erfolgen sollte, nach längerer Debatte mit 81 gegen 
53 Stimmen angenommen. 
Aus München meldet man dem „Nürnb. 
Forr.“ Der Abg. Bucher, der mit seinen ver⸗ 
öhnlichen in der „Donau⸗Zeitung“ erschienenen 
Artikeln so viel Aufsehen gemacht hat, ist aus der 
Fraktion der Rechten ausgeschlossen worden. 
(Bayerischer Landtag.) In der Abge— 
dnetenkammer regte bei der Beratung über das 
Zudget des Ministeriums des Aeußeren Abg. Herz 
Linke) wiederholt Beseitigung und bezugnehmend 
uuf die Angelegenheit Rud hardt, die Aufhebung 
sämmtlicher bayer. Gesandtenposten an. Abg. Schels 
Rechte) bezeichnet gleichfalls den Vorfall mit Rud⸗ 
jardt als eine tiefe Kränkung und Demüthigung 
des Landes und der Regierung; er will aber nur 
Streichung des Berliner Postens. Minister v. Crails⸗ 
jeim bezeichnet die in den Zeitungen erschienenen 
Berichte über jenen Vorfall als übertrieben; eine 
authentische Darlegung sei jedoch unstatthaft, weil 
der Vorgang nicht össentlicher, sondern persönlicher, 
ntimer Natur war; die Abberufung Rudhardt's 
ei aus freier Entschließung des Königs erfolgt; 
auch Bismarck habe Rudhardt's Patriotismus und 
guten Willen anerkannt. Abg. Schels beharrt da⸗ 
rauf, daß eine authentische Darlegung des Sach⸗ 
derhaltes bekannt gegeben werden solle, und stellt 
den formellen Antrag auf Zurückverweisung der Po—⸗ 
ition „Gesandtschaften“ an den Ausschuß. Dieser 
Antrag wurde schließlich mit schwacher Mehrheit 
ibgelehnt. 
Nach dem „Münch. Boten“ wird bei dem im 
nächsten Herbst stattfindenden theilweisen Garni 
sonswechsel der bayerischen Truppen das 11. 
Infanterie⸗Regiment von Regensburg (bezw. Strau⸗ 
»ing) nach Metz (Aushebungsbezirk Traunstein⸗ 
Wasserburg), das 6. Inf.Reg. von Amberg bezw. 
Sulzbach nach Regensburg (Aushebungsbezirk Re⸗ 
zensburg⸗Straubing), das 9. Inf.“Reg. von Würz. 
zurg nach Amberg-Neustadt), das 18. Inf.Reg. 
non Landau bezw. Zweibrücken nach Würzburg 
Aushebungsbezirk WürzburgAschaffenburg), das 
. Inf. Reg. von Mez nach Landau bzw. Zwei⸗ 
zrücken (Aushebungsbezirk Speyer⸗Landau) verlegt. 
Es besteht, wie dem „Frkf. J.“ mitgetheilt wird, 
n maßgebenden Kreisen die Absicht, vom Reichs⸗ 
tage ein Gesetz betr. die Verlängerung der Etais⸗ 
ind Legislaturperiode noch in dieser Session 
zerathen zu lassen, was wohl mit Hülfe der klerikal⸗ 
sonservativen Maiorität zur Annahme aelangen 
nüßte. 
Berlin, 5. Jan. Die Staatsregierung ist mit 
»er Ausarbeitung eines Gesetzes beschäftigt, nach 
vem ihm für allgemeine Bauverwaltung, zur Re— 
julirung größerer und kleinere Ströme, Ca— 
ralbauten, bauliche Anlagen der landwirth⸗ 
chaftlichen, der Gestüts- der Domänen- und Forst⸗ 
erwaltung auf mehrere Jahre hinaus etwa 60 
Rillionen Mark zur Verfügung gestellt werden. 
Als ein Ergebniß der türkischen Missiou nach 
Berlin wird der „Nat. Zig.“ die Thatsache be 
eichnet, daß dem Uebertritt einer Anzahl preußi— 
cher Offiziere als Instrukteure und Organisateure 
n die türkische Armee ein militärisches Hinderniß 
ticht in den Weg gelegt werden öoll. 
Samstag, 7. Januar 1882. 
Die Berliner „Kreuzzeitung“ schreibt: Das 
Frankfurter Journal“ will von der Behauptung 
ines Diebstahls im Generastabsgebäude 
zurchaus nicht lassen. Jetzt bringt es folgende 
ßrivatdepesche aus London vom 3. d. M.: Der 
stame des der Entwendung aus dem Generalstabs⸗ 
ebäude zu Berlin verdächtigen Individuums ist 
voldschmidt. Hierzu ist zu bemerken, daß der 
ithograph Goldschmidt von der Landes-Aufnahme 
em Generalstabe nichts entwendet haben kann, weil 
ichts abhanden gekommen ist. Goldschmidt, auf 
wöchentliche Kündigung angestellt, hat am 1. No⸗ 
ember Berlin heimlich verlassen, nachdem er vor⸗ 
er seinen Gehalt für den Monat November erhoben 
jatte. Die hinter ihm ergangenen polizeilichen 
dachforschungen bezweckten lediglich die Wieder⸗ 
rlangung des Gehaltes, um die Staatskasse vor 
ieser Schädigung zu bewahren. Dies ist die ganze 
Beschichte. 
Straßburg. 4. Januar. Der E. at der Straß⸗ 
urger Tabak⸗Manufaktur wurde von der Commission 
ꝛes Landesausschusses nach achtstündiger Berathung 
ingenommen, so viel ich höre, einstimmig. Die 
Unnahme im Plenum gilt als zweifellos. (F. 3.) 
Fulda, 5. Jan. Dem Vernehmen nach soll 
nehreren älteren Priestern unserer Diöcese wegen 
angjährigem Gehaltsausfall eine Extra-Sub⸗ 
ention aus Staatsmitteln gewährt werden. 
Nach dem „Westf. Volksbl.“ soll die Ernennung 
es Kapitular⸗Vikars Dr. Höting in Osna 
»rück zum Bischof von Osnabrück nabe bevor⸗ 
tehen. 
Die „Prov.⸗ Corresp.“ bezeichnet den 14. Ja⸗ 
iuar als Termin für den Zusammentritt des 
preußischen Landtages und nennt neben dem 
Ftat eine kirchenpolitische Vorlage, Verstaatlichung 
nehrerer Bahnen, die Kreis⸗und Provinzial⸗Ord⸗ 
iung für Hanover als Hauptberathungsgegenstände 
ver Session. 
Aussslanb 
Am 23. d. M. beginnt in Prag ein Monstre⸗ 
Zozialisten⸗Prozeß, der eine ganze Woche dauern 
vird. 31 Sozialisten erscheinen wegen Hochverrath. 
herbreitung von aufrührerischen Schriften ⁊c. auf 
er Anklagebantk. 
Die italienische Regierung greift zu Maßre⸗ 
eln, einem übermäßigen Abfluß von Auswanderern 
orzubeugen. Der Minisier des Innern brachte in 
krfahrnng, daß Mitte Januar zwei Dampfer mit 
luswanderern von Genua nach Mexilko abgehen 
vürden, und verfügte, daß die Behörden die Ab⸗ 
ahrt nur jenen Personen zu gestatten hätten, welche 
ich mit Mitteln zur allfälligen Rückreise auszu— 
veisen in der Lage wären. 
Petersburg, 4. Januar. „Nowostni? er⸗ 
ahren, aus hohen Verwaltungskreisen sei die Frage 
ingeregt. von dem in's Ausland auszuführenden 
getrete 3 Kopeken Steuer per Pnd zu erhebea. 
Der Ueberschuß der Waarenausfuhr wähtend der 
hereinigten Staaten Nordamerikas über ihre 
Vaareneinfuhr während der am 30. November 
881 schließenden Jahresperiode beträgt 195 Mill. 
die Einfuhr an Gold, Silber und Barren über⸗ 
teigt die Ausfuhr in der gleichen Periode um 
33 Millionen. 
New-Pork. Wie englischen Vlättern von 
sier telegraphirt wird, werden über die Gesammt— 
dinwanderng in die Union im Jahr 1881 
erschiedene Angaben gemacht. So viel ist aber 
scher, daß die Anzahl der eingewanderten Personen 
sehr als 500.000 beträat und fast die Zahl von 
17. Jahre 
300,000 erreichen dürfije. Die Einwanderung über 
New⸗-York im Dezember v. J. betrug 23,963 Per⸗ 
onen gegen 16,593 im Dezember 1880. Die Ge—⸗ 
ammt⸗-Einwauderung über New-PYork im Jahr 1881 
hetrug 440,000 Personen gegen 327,371 im Jahr 
1880. Die in New-VYork Angekommenen vertheilen 
ich bezüglich ihrer Nationalität folgendermaßen: 
Deutsche über 198,000, Irländer fast 65,000, Eng⸗ 
änder 45,000, Schotten 11,000, Schweden 37, 000, 
Norweger 13,000, Italiener 14,000, Schweizer 
12,000, Russen 10,000, Oesterreicher 4500, Fran⸗ 
osen 4400, Spanier 1600. Die meisten Einwan⸗ 
)erer sind nach dem Süden und Westen weiterge⸗ 
zangen. Die Emigrations⸗Commissäre nehmen an, 
»aß von den Einwanderern 11 Mill. Doll. in das 
dand gebracht worden sind. Die für den Trans— 
zort der Einwanderer nach dem Süden und Westen 
bezahlten Summen berechnet man auf 5 Mill. Doll. 
Ungefähr 20,000 Einwohner sind in der Stadt 
New⸗Nork geblieben. 
Lokale und pfälzische Nachrichten 
„* St. Ingbert, 6. Jan. Die Activen der 
Gesellschaft, Gemüthlichkeit“ wählten gestern Abend 
als Dirigenten Herrn Schlaudecker, als 
Archivar Herrn Just, Schuhmacher. 
* St. Ingbert, 6. Jan. Unsere hiesigen ge⸗ 
ehrten Leser verweisen wir hiermit auf die ander⸗ 
seitig folgende Bekanntgabe in Betreff des Vereins 
gegen Bettelei. Der genannte Verein besteht 
hier seit 1. April v. J. Derlelbe zählt 159 Mit⸗ 
zlieder, die insgesammt einen Jahresbeitrag von 
705 M. 90 Pf. leisten. Eine Geldunterstuͤtzung 
vird den zureisenden Handwerksburschen bekanntlich 
nicht gewährt. Diese haben sich auf dem Polizei- 
hureau anzumelden; nach der Prüfung ihrer Legi⸗ 
imation empfangen sie einen Bon, gegen den sie 
auf der Herberge ein Mittagessen oder Logis mit 
Nachtessen erhalten. Für ersteres werden vom 
Verein 25 Pf., für letzteres 35 Pf. vergütet. In 
der Zeit vom 1. April bis 1. Januar wurden unter⸗ 
tützt 1641 Handwerksburschen, 300 mit Mittag- 
essen und 1345 mit Logis und Nachtessen, was 
usammen für den Verein eine Ausgabe von 544 
M. 35 Pf. verursachte. Am meisten wurde die 
Bereinskasse im letzten Quartal in Anspruch ge⸗ 
iommen. Vom J. April bis 1. Juli wurden unter⸗ 
tützt 481 Handwerksburschen, vom 1. Juli bis 1. 
Okt. 453, im letzten Vierteljahr aber 712. Ab— 
jewiesen wurden im Ganzen etwa 150. Die 
vohlthätige Wirkung des Vereins zeigt sich vor 
illen Dingen darin, daß seit seines Bestehens der 
Hausbettes seitens der Handwerksburschen gänzlich 
nufgehört hat. Wie schlimm es damit bestellt war, 
st ja noch frisch genug in Erinnerung. Es ist 
arum im allgemeinen Interesse dem Appelle des 
borstandes an die Opferwilligkeit der Mitbürger, 
ie bisher dem Verein nicht angehörten, recht dringend 
»er beste Erfolg zu wünschen. 
— Kaiserslautern, 4. Jan. Dem Director 
Schön, welchem Se. Maj. der Konig den Titel 
ines Commerzienrathes verliehen hat, wurde aus 
iesem Anlaß gestern Abend von dem Personal 
der Kammgarnspinuerei ein Fackel- bezw. Lampion⸗ 
ug mit Serenade gebracht. 
— Edenkoben, 4. Jan. Die Schöffenge⸗ 
ichts⸗Sitzungen finden im Jahre 1882 am hiesigen 
Berichte nicht mehr allwöchentlich, sondern nur an 
den drei letzten Mittwochen jeden Monates statt. 
— Zum Prorector der Universität Erlangen für 
das Studienjahr 1881182 (Rector dieser Universi—