Full text: St. Ingberter Anzeiger

ðvt. Mobherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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da „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint woͤchenltich fünfmalz Am Montag,— Dienstag, Donnerstag, Samstag‘und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
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M 43. 
Dienstag, 28. Februar 1882. 17. Jahrg 
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Volitische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 26. Febr. Der Gesetzentwurf betr. 
Abaänderung der Gewerbe⸗-Ordnung ist jetzt dem 
Bolkswirthschaftsrath zugegangen. Artikel 6 beab⸗ 
sichtigt, den Uebelständen, die dadurch entstanden 
find, daß Gewerbetreibende das Recht, selbst oder 
durch Reisende Waaren aufzukaufen oder Bestel⸗ 
lungen auf Waaren zu suchen, mißbrauchten, zu 
hegegnen, indem er an Stelle des 844 der Ge⸗ 
werbeordnung zwei Paragraphen setzt, welche einen 
Theil derjenigen Geschäfte, welche jetzt als Ausfluß 
des stehenden Gewerbes gelten, dem Hausirgewerbe 
zaweist. Der wichtigfie Artikel des ganzen Ent⸗ 
wurfs ist der Artikel 7, der den Titel 83 der Ge⸗ 
werbeordnung betreffend den „Gewerbebetrieb im 
Umherziehen“ nach wesentlich veränderten Grund⸗ 
ätzen umgestaltet. Die Gefichtspunkte, von denen 
nan ausgeht, sind wesentlich folgende: 1) Ein⸗ 
chränkung des Kreises der Gegenstände, welche im 
Umherziehen angekauft und feilgeboten und der 
deisuungen, welche dargeboten werden dürfen. 2) 
die Verschärfung der an die Konzession, geknüpften 
„ersönlichen Bedingungen und die Möglichkeit, den 
zugelassenen Personen die Erlaubniß wieder zu ent⸗ 
ziehen. 3) Behandlung der Wanderlager als Ge—⸗ 
werbebetrieb im Umtherziehen, Verbot der Wander⸗ 
berloosungen und Auktionen mit einzelnen Aus—⸗ 
nahmen. 4) Beschränkung des gewerblichen Umher⸗ 
ziehens minderjähriger Personen. Art. 8 verändert 
die Bestimmungen über die Untersagung des Ge⸗ 
werbebetriebes und verschärft die Strafbestimmungen 
der Gewerbeordnung, insbesondere auf Titel 8. 
Nach der „Nationalzeitung“ sprach der russische 
Botschafter in Berlin Saburoff gegenüber Bis⸗ 
marck das lebhafte Bedauern seiner Regierung aus 
über Tendenz und Form verschiedener Aeußerungen 
Skobeleff's, worauf Bismarck dem Ausdruck seiner 
Befriedigung über diese Erklärung beifügte, er 
glaube voraussetzen zu dürfen, daß der russische 
Botschafter in Wien sich der österreichischen Regier⸗ 
ung gegenüber in derselben Weise zu äußern ange⸗ 
wiesen sei. Unrichtig ist, daß Bismarck dem Kaiser 
über die Affaire Skobeleff Vortrag gehalten; der 
Reichskanzler, dessen rheumatisches und Nervenleiden 
wiedergekehrt ist, war seit 6 Wochen nicht mehr 
beim Kaiser; dagegen bestätigt es sich, daß auf die 
Aeußerungen Stobeleff's von hier jeder Schritt 
unterlassen wurde. 
Mannheim, 27. Febr. Die“ auf gestern 
Nachmittag in den,Badener Hof“ einberufene Ver⸗ 
jammlung von Tabakarbeitern, welche von etwa 
t00 Personen von hier sowie von den benachbarten 
dadischen, hessischen und pfälzischen Orten besucht 
war, nahm einstimmig eine Resolution gegen das 
Tabakmonopol und gegen Erhöhung der Tabaksteuer 
an, wogegen die Aufhebung der Straßburger Ta— 
bakmanuf. ktur verlangt wurde. Es sprachen die 
Stadtverordneten Ph. Mai und Dreesbach (Sozial⸗ 
demokraten) und der Redaktenr Zahn (Demokrat). 
— Bei der Gelegenheit sei bemerkt, daß dem Reichs⸗ 
tanzler aus der Rheinpfalz vor kurzem eine Zu⸗ 
chrift von etlichen d0 Tabakbauern zugegangen äst, 
welche sich für das Tabakmonopol aussprachen, ins⸗ 
esondere wegen der Chicanen der Händlet und 
hhrer Agenten, welchen sie dermalen ausͤgesetzt seien. 
(Pf. K.) 
Ausland. 
Bie das Auftreten Sko beleffs in Paris von 
dortigen Presse mit Mißfallen aufgenommen 
wurde, so wird jetzt dessen Abreise mit Mißfallen 
begrüßt. Man sieht in der Rückberufung des Gene⸗ 
rals einen Act unzweideutiger Desavouirung; zu⸗ 
zleich aber kann man sich des Verdachtes nicht 
rwehren, daß Skobeleff beauftragt gewesen sein 
önnte, einen Versuchsballon steigen zu lassen und 
der öffentlichen Meinung in Frankreich an den 
Puls zu fühlen. In diesem letzteren Falle würde 
das Resultat der Mission Skobeleff's so negativ 
sein, wie nur möglich. Der „Figaro“ constatirt 
dieses „Fiasco“, welches zeige, daß Frankreich fich 
nicht gern „für fremde Interessen“ erhitze. „Sich 
»en rein lokalen Zorngelüsten der panslavistischen 
Partei anzuschließen, deren Dolmetsch General 
Zkobeleff ist; eine Politik zu unterstützen, die durch 
zleichzeitigen Angriff auf Deutschland und Oester— 
eich dieie nur fester an einander schließen und die 
deutsche Einheit unter den furchtbarsten Bedingungen 
vollenden würde —, das wäre ein Abenteuer, das 
Frankreich ohne Nutzen compromittiren müßte. Das 
lavische Reich, wie die Russen von der Schule des 
General Skobeleff es träumen, würde kein Hemm⸗ 
niß für den Bestand des Deutschen Reiches sein, 
sondern dieses vielmehr nur stärken.“ Solche 
Aeußerungen des Pariser Boulevardblattes find im 
orliegenden Falle charalteristischer für die französi⸗ 
schen Stimmungen und Instinkte als die wohl⸗ 
zurchdachten und gemessenen Artikel eines, Temps“, 
„Journal des Debats“ und anderer vornehmerer 
Blätter, die natürlich gleichfalls ein Bündniß mit 
dem Panslavismus zurückweisen. — Der wilde 
Schlachtruf Skobeleff's hat übrigens auch in anderen 
omanischen Landern eine Wirkung gehabt, die der 
»eabsichtigten ganz entgegengesetzt ist. Von Italien 
zu schweigen, will man auch in Spanien von dem 
Pansiavismus nichts wissen. So sieht sich Emilio 
Castelar, einer der populärsten Politiker und Volks— 
redner in Spanien, der bisher nur wenig Sym⸗ 
pathien für Deutschland gezeigt hat, jetzt zu der 
Erllärung gedrängt, daß die Ueberfluthung Euro— 
pas durch die Slaven eine Gefahr sei, in deren 
Bekämpfung alle Culturvölker, romanische wie ger⸗ 
nanische, zusammenstehen müßten. So hat Sko— 
beleff, wenn auch sehr gegen seinen Willen, anstatt 
sür Rußland nur für Deutschland agitirt. 
In Südfrankreich drohen große Streils. 
In Besseèges bei Marseille durchzogen Freitag und 
SZamstag hunderte von Grubenarbeitern mit rothen 
Fahnen, die Marseillaise singend, verschiedene Quar— 
ziere, ihre Kameraden zur Einstellung der Arbeit 
wingend. Die Fabriken, in welchen sie arbeiten, 
vurden von den Ruhestörern mit Steinwürfen an—⸗ 
gegriffen und besetzt. Aus Nimes sind Truppen 
requirirt, welche mit aufgepflanztem Bajonnet durch 
zie verschiedenen Quartiere patrouilliren. Die 
Arbeitseinstellung wurde am letzten Sonntag be— 
chlossen, nachdem der Pariser Sozialistenführer 
Fourniere die Arbeiter durch Brandreden aufge⸗ 
viegelt hatte. 
Aus London wird dem „Berl. Tagebl.“ 
nitgetheilt: Als durchaus authentisch erfahre ich, 
»aß General Skobeleff trotz aller Ableugnung die 
anslavistische Mission hatte, eine französisch-russische 
Allianz zu ermöglichen. Er hatte — das ist zwei—⸗ 
ellos — eine Unterredung mit Gambetta und dem 
Heneral Gallifet, denen er zu beweisen versuchte, 
die Franzosen könnten jetzt mit Rußlands Hilfe 
xlsaß⸗Lothringen zurück erlangen, sie würden eine 
Weigerurg in wenigen Jahren bereuen. Doch 
zredigte Skobeleff tauben Ohren, zumal jetzige of⸗ 
izielle Persönlichkeiten Frankreichs vollständig die 
J 
russische Zumuthung abwiesen. Ferner höre ich 
bestimmt: Skobeleff besuchte incognito London und 
oerkehrte mit irischen Führern der vorgeschrittenen 
Richtung, mit welchen „gewisse Eventualitäten“ be⸗ 
prochen wurden, falls die Russen doch gegen Herat 
narschiren und dadurch England zum Feinde Ruß⸗ 
lands machen sollten. Eine ähnliche Politik be— 
'olgte Frankreich im Jahre 1795, und die Fenier 
im Jahre 1867. 
Petersburg. Am Freitag wurden die Re— 
dakteure der vier Blätter „Golos“, „Strana“, 
„Nowoja Wremja“ und „Herold“ zu einer vertrau⸗ 
iichen Besprechung zum Fürsten Wjasemski, Chef 
der Oberpreßverwaltung, berufen, welcher sie er⸗ 
suchte, in Sachen Skobeleff's die allgemeine Be⸗ 
mruhigung zu beschwichtigen; das Streben der 
XV 
daß gegen Skobeleff das Disziplinarverfahren ein⸗ 
geschlagen werde. (Tel. d. Ikf. Zig.) 
Die Türkei verstärlte, wie die K. Z. meldet, 
im Einverständniß mit dem österreichischen Com⸗ 
mandanten die Besatzung des Limgebiets um zwei 
Bataillone, um allen moͤglichen Aufstandsversuchen 
bon vornherein vorzubeugen. Diese militärische 
Maßregel befriedigt die Wiener Regierung sehr. 
Der Sultan hat laut Telegramm aus Kon⸗ 
stantinopel seine Minister und hohen Würden⸗ 
träger in feierlicher Audienz empfangen, um deren 
Blückwünsche aus Anlaß seiner Dekorirung mit dem 
scchwatzen Adler⸗Orden von Seiten des deutschen 
Zaisers entgegen zu nehmen. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Si. Ingbert, 28. Febr. Die diesjähr. 
ordentlichen Prüfungen finden in den 
hiesigen protestantisschen Schulen wie 
folgt statt: 
Untere Schule, Abtheilung A, (Hr. Lehrer 
Günther) 20. März, Nachm. 2 Uhr; 
Untere Schule, Abtheilung Bund Sonn⸗ 
tagsschule (Hr. Lehrer Günther) 21. 
März, Vorm. 8 Uhr; 
Mittlere Schule (Hr. Lehrer Kaufmann) 
22. März, Vorm. 8 Uhr; 
Obere Schule (Hr. Lehrer Drumm) 23. 
März, Vorm. 8 Uhr. 
* Si. Ingbert, 28. Febr. Bei der gestrigen 
Verpachtung der hiesigen Felde und Waldjagd 
wurde diese um den jährlichen Pachtpreis von 
M. 182 von den Herren Gebrüder Krämer 
ꝛrworben. 
* St. Ingbert. Herr Bezirksamtmann Dr. 
Schlagintweit in Zweibrücken wurde für sein 
gelehrtes und interessantes Werk „Indien“ vierfach 
dekorirt. Außer dem in der Sonntags⸗-Nr. ge⸗ 
nannten württembergischen Orden erhielt er auch 
einen bayerischen, österreichischen und preußischen 
Orden. 
St. Ingbert, 28. Febr. Herrn Professor 
Wauers Faust-Recitation beginnt morgen 
Mittwoch 1. März ganz pünktlich um 8 Uhr 
Abends. Im allseitigen Interesse bringen wir 
rachstehend noch einige Aussprüche bedeutender 
Zeitungen zur Kenntniß unseres Leserkreises. Es 
berichte die „Bre slauer Zeitung“: „... 
Besonders unserer kunstsinnigen Damenwelt müssen 
wir auf das Allerwärmste empfehlen, sich diesen 
eltenen und hohen Genuß nicht entgehen zu lassen. 
Hugo Wauer ist ein Künstler, dessen ungewöhnliche 
Figenart es dem Kunstkenner gewissermaßen zur