Full text: St. Ingberter Anzeiger

Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 3. März. Sonntag, den 
12. ds Mis., Nachmittags von 1 Uhr ab wird 
in der hiesigen gewerblichen Fortbisdungs⸗ 
schule durch Herrn Professor und Rektoratsver⸗ 
weser Luremburger von Zweibrücken im Bei— 
sein des Herrn kgl. Bezirksamtmannes Dr. Schlag⸗ 
tweil die diesjährige ordentliche Jahres; 
prüfung stattfinden. 
* St. Ingbert, 3. Maͤrz. Wie wir hören, 
ist es der Polizei gelungen, einige der Jungen. 
welche in letzter Zeit mehrere Isolirglocken an dem 
von hier nvach Ensheim führenden Telegraphen 
muthwilligerweise durch Steinwürfe beschädigten. 
ausfindig zu machen. 
8 Btrestastel, 2. März. Vor einigen 
Tagen faßte der hiesige Stadtrath den Beschluß, 
eine Schülerabtheilung aus der überfüllten Schule 
des Herrn Lehrers Roth in die israelitische Schule 
einzuweisen. Sollte dieser Beschluß die höhere Ge— 
nehmigung erhalten, so würde damit eine gleich⸗ 
mäßigere Vertheilung der Schülerzahl in den ein— 
zelnen Schulen erzielt. 
Kandel?; 28. Febr. Ein blutiges Drama 
versetzte heute früh die nahe Gemeinde Büchel⸗ 
berg in heftige Aufregung. Die Eheleute 
Booßart hatten Streit mit einander, was bei 
ihnen sehr häufig der Fall war, und Booßart ver⸗ 
setzte seiner Frau mit einem Messer einen so hef⸗ 
tigen Stich unterhalb des Halses in die Brust. 
daß an deren Aufkommen gezweifelt wird. In der 
Meinung, dieselbe sei todt, entfernte er sich sofort 
don zu Hause und erschoß sich unweit der Scheiben⸗ 
hardter Straße, wo er todt aufgefunden wurde. 
Als Hohn auf die Art des heutigen Sub⸗ 
missionswesens enthält die „Pfälz. Presse“ folgendes 
Inserat: „Submission! Die Anfertigung eines 
Schemelstuhles wird auf dem nun hier nur noch 
möglichen Submissionswege vergeben. Kostenanschlag, 
sowie Plan liegen zur Einsichtnahme für die Herren 
Tüncher, Lackirer und Schreiner zur Einsicht offen. 
Hierauf Reflektirende wollen ihre Angebote bis 
hängstens den 1. April d. J. bei dem Unterfer⸗ 
tigten einreichen. Karl Enders. Seilerqasse. Kirch⸗ 
heimbolsanden“ 
Vermischtes. 
München, 1. März. Der 25jährige Raub— 
mörder Rami wurde heute Morgen im Hofraume der 
Angerfrohnfeste mittelst des Fallbeils hingerichtel. 
„ Die Zahl der im Prüfungsjahre 1880—81 
in Bayern approbierten Aerzte, Zahnärzte, Thier⸗ 
ärzte und Apotheker beträgt: approbierte Aerzte an 
der Universität München 44 und 1 Zahnarzt; an 
der Universität Würzburg 78 und an der Univer— 
sität Erlangen 29 Aerzte; die Zahl der approbierten 
Thierärzte beträgt 13, dann jene der Apotheker an 
der Unibersität München 66, an der Universitat 
Würzburg 15 und an der Universität Erlangen 
26, — demnach im Ganzen 154 Aerzte, 13 Thier⸗ 
ärzte und 107 Apotheker. 
(Als Kuriosum) mag erwähnt sein, 
daß in Helmbrechts (Unterftanken) dieser Tage in 
ciner Auͤktion ein sechs Wochen altes Kalb für 
20 Pf. zugeschlagen wurde. 
— Ueber die Spielerbande, über deren 
Festnahme in Metz und deren Einlieferung in 
Saarbrücken infolge Requisition der Staatsan⸗ 
waltschaft daselbst wir bereits berichtet haben, kann 
die „Metzer Ztg.“ folgendes Nähere mittheilen 
„Die saubere Gefellschaft bestand aus drei Personen, 
und zwar 1) dem angeblichen Rentner Samuel 
Fuchs, 67 Jahre alt und aus Möoppen in Hol⸗ 
sand gebürtig, der in Dresden, Berlin ꝛc. seinen 
Wohnsitz haben will; 2) dem 43jährigen Chemiker 
Beruhatd Heinemann, angeblich Chemiker, aus 
Kassel; 3) dem Ferdinand Varadi aus Groß 
wardein (Ungarn), angeblich in Paris domiziliert 
Das würdige Trifolium hat zuletzt in Saarbrücken 
in einer groößeren Offiziergesellschaft Macao gespielt 
und daben ein schönes „Geschaft“ gemacht. In 
den Koffern der Herren fanden sich bei deren Ver— 
haftung hier vor: 20,000 Mark in baar, ca. 
10,000 Mark in Juwelen, ca. 40,000 Mark in 
Schuldscheinen, ferner ein Instrument zum Kopieren 
resp. Signieren der Spielkarten. Die Gauner, 
wenigstens ihr Senior Fuchs, können sich rühmen, 
in ihret langen Laufbahn bereits mit hohen und 
höchsten Personen gespielt zu haben; Fuchs, der 
auf keinem Rennpiatz fehlte, vielmehr überall mit 
einem „Pänkchen“ bei der Hand war, hat u. a. 
schon einmal mit dem Vrinzen p. Wales sein Glück 
dersucht, dasselbe jedoch nicht gefunden; denn der 
englische Thronfolger nahm ihm dabei 40,000 Thlr. 
ab. Unter den Wechseln, die Fuchs bei sich führte, 
»efand sich auch einer über 26,000 Mark Spiel— 
chulden, ausgestellt unterm 14. Februar ds. Is. 
durch einen Offizier in Saarbrücken, dessen plötz⸗ 
licher Tod unlängst von dort gemeldet wurde.“ 
F Mainz, 27. Febr (Weinfälschungs— 
prozeß.) Heute Abend endeten die Verhand— 
lungen gegen den wegen Weinfälschung angeklagten 
Weinhändler und Weinkommissionär Julius Kahn. 
Der Staatsanwalt beantragte gegen den Beschul— 
digten eine Gefängnißstrafe von 6 Wochen, ferner 
I1000 M. Geldbuße und Publikation des Urtheils; 
den Antrag, die Konfiskation des Weines auszu— 
sprechen, überließ der Staatsanwalt der Weisheit 
des Gerichtshofes. Das Urtheil ist auf acht Tage 
ausgesetzt. 
F Köln, 1. März. Heute früh ist in der 
Nähe des Güterbahnhofs Deutzerfeld, zwischen Mül— 
jeim und Deutz, der Berliner Courierzug entgleist, 
vodurch indessen keinerlei Betriebsstörung einge— 
reten ist, da die Züge über das Rangir-Geleise 
geleitet werden. Das Fahrmaterial ist erheblich 
beschädigt worden, dagegen bestätigt sich glücklicher⸗ 
weise, daß von den Passagieren nur eine Dame, 
diese allerdings durch einen Beinbruch, erheblich 
derletzt wurde, während das Zugpersonal mit un— 
»edeutenden Verletzungen davon kam. 
F Duisburg. Ein im hiesigen Vincenz⸗ 
jospital gestorbener Mann wurde zur letzten Ruhe— 
tälte gebracht. Als einziges Gefolge und einziger 
Leidtragender ging das achtjährige Söhnchen hinter 
dem Leichenwagen her. Es regnete heftig, und das 
Kind kletterte endlich, um sich dador zu schützen, 
auf den offenen, jedoch mit einem Dache versehenen 
Wagen und setzte sich auf den Sarg. Ta der 
rriedhof sehr entfernt von der Stadt liegt und die 
Fahrt in üblicher Langsamteit vor fich ging, so 
vurde der Knabe allgemach ungeduldig und klopfte 
endlich dem nichts ahnenden Kutscher mit der ge— 
müthlichen Frage auf den Rücken: „Sind wir bold 
»o“ (bald da)? Der Mann glaubte im ersten 
Entsetzen, der Todte sei auferstanden und stürzte 
bewußtlos vom Sitze zur Erde. Zum Glück geschah 
das in der Nähe des Friedhofes; der bereits am 
Fingange wartende Todtengräber konnte also mit 
seinen Gehilfen den Wagen an Ort und Stelle 
dringen, um sein trauriges Amt zu vollziehen, und 
dann den armen Kutscher zur Stadt zurück zu trans— 
portiren. Derselbe liegt noch krank darnieder. 
F Göttingen, 27. Febr. Heute Morgen, 
rüh, sind die beiden Kinder des hiesigen Banquiers 
Fritz Beckmann, ein Knabe und ein Mädchen im 
Alter von 5 und 7 Jahren, in der Wohnung ihrer 
Eltern erschossen aufgefunden worden. Die letzteren 
elbst waren verschwunden; gegen Mittag hat man 
ie eine halbe Stunde vor der Stadt, ebenfalls 
erschossen, gefunden. Die Ursache dieser grauen— 
vollen That sollen die zerrütteten Geschaftsverhält 
risse des Beckmann sein. ann. Kur.) 
F Ein Branntweinverein. In dem 
bus Stunden von' Nordhausen entfernten Dorfe 
Weffleben hat sich, wie als Kuriosum mitgetheilt 
zu werden verdient, ein Consumverein, Eingetragene 
Benossenschaft, gebildet, der lediglich den Zweck hat 
seinen Mitgliedern den zu ihrem Haushalt erfor— 
derlichen Branntwein in unverfälschtem Zustand- 
zu verschaffen. 
4 Zwei Majorate soll Furst Bismarck für 
eine beiden Söohne, die Grafen Herbert und 
Wilhelm, gegründet haben. Das eine mit dem 
Fürstentitel verbunden, umfaßt, wie die Berliner 
Montagszeitung wissen will, den großen Grund— 
hesitz in Lauenburg, in dessen Genuß ein Gras 
Herbert gelangen wird, und das zweite für Graf 
Wilhelm, besteht aus den Pommerschen Gütern 
und ist mit dem Erbamte eines Oberlandiäger⸗ 
meisters verbunden. 
FKronprinzen-Anekdoten find jetzt 
vieder stark im Schwunge. Berliner Blätter er 
ählen u. A.: Von der Einschränkung des Luxus 
n der preußischen Armee war in diesen Tagen im 
Ubgeordnetenhause die Rede. Ein hübsches Stück⸗ 
hen zur Bekämpfung desselben hat auch der Kron— 
Arinz geleistet. Nach einer Besichtigung lud ihn 
das Offizierkorps eines Berliner Garde-Kavallerie⸗ 
tegiments zum Frühstück ein, welches höchst lururiös 
jergerichtet war. Als der Kronprinz diese Anstalten 
sah, sagte er: „Nein, meine Herren, so bin ich 
nicht gewohnt zu frühstücken“, machte Kehrt und 
ließ die Offiziere mit langen Gesichtern stehen 
Etwa ein Jahr war verflossen, als sich wieder 
solche Gelegenheit bot und das Offizierkorpe 
Folge dessen eine abermalige Einladung zum Froa 
stück ergehen ließ. Dies Mal befand sich auf 
Tafel nur kalter Aufschnitt. Der Kronprinz 
trat wohlgemuth den Speisesaal, griff kräftig 
und meinte, so sei er gewohnt zu frühstücken. 
Die Lehre, welche er den Herren gegeben hatt 
war nicht auf unfruchtbaren Boden gefallen. 
F (Von einer Lawine verschüttet 
In Hinterstein im Allgäu wurden 8 Personen bei d 
Willersalpe von einer Lawine erfaßt und verschütte 
Einem der Männer, Thomas Lipp, gelang es, sp 
herauszuarbeiten und den andern Hülfe zu bringen 
Sämmtliche Verschüttete, wenn auch aus Maum 
und Nase blutend und gänzlich erstarrt, wurds 
dem eisigen Grabe entrissen. 
F Der französische Artilleriehauptmann Gd 
Pistor, dessen Name unlängst in der Presse o 
genannt wurde und der seither beim großen Generaꝑ 
tab kommandirt war, wurde, wie das „S. W. 
erfährt, zum Ordonnanzoffizier des franz. Krieg 
ministers, General Billot, ernannt. Hauptmam 
Pistor ist der Sohn des Advokatanwaltes Pistor— 
baillet (eines geborenen Bergzaberners) in Mez 
F (Duellunfug in der Schweiz. Eir 
Studenten-Duell in Zürich, das zu einer wahr. 
Metzgerei ausartete, indem das Duell auf Schläge 
rrotz der zweimaligen, ziemlich schweren Kopfpeb— 
letzung des einen —E fortgesetzt wurde, bi⸗ 
demselben die Nase und ein Stück der Oberlippe 
ibgehauen war, hat zur Einschreitung der Saatsan— 
valtschaft geführt. Der schwer verletzte, in der 
irztlichen Behandlung anfangs unglaublich vernach— 
ässigte Student liegt jetzt im Spital in der Be— 
jandlung des Professors Krönlein. Es soll ihm 
ieuester Zeit wider Erwarten gut gehen. 
Das Schweizer Strafgesetz verbietet das Duell, es 
untersagt auch Verbindungen, welche dem Duel 
Vorschub leisten. Da nun die Hausdurchsuchung 
bei dem verwundeten Studenten, der dem Corp⸗— 
der Liguriner angehört, darthat, daß diese Ver— 
dindung den Duellzwang vorschreibt, so wird daß 
ganze Corps strafrechtlich gemaßregelt werden und 
die Untersuchung wird sich auch gegen die Verbin 
dung der Helveter ausdehnen, der der Gegenduellam 
angehört. Es liegen volle Geständnisse vor. It 
letztet Zeit hat das Scandalsuchen und Pauken 
unter den Verbindungsstudenten dermaßen überhand 
jgenommen, daß man hätte meinen konnen, di 
Studenten seien nur um zu Pauken auf die Hoch— 
chule geschickt worden. Auch der Senat der Züriche 
Hochschule hat über das Duellunwesen Berathun 
gehalten und will mit Disciplinarstrafen gegen die 
debelthäter einschreiten. 
fFGur deutschen Schulfrage in Up 
zarn. Das Züricher Schulblatt „Schule un 
haus“ veröffentlicht einen Aufruf zu Gunsten der 
deutschen Schulen in Oesterreich-Ungarn. In Un— 
zarn ist die Zahl der deutschen Volksschulen ir 
einem Jahre von 953 auf 867 herabgesunken 
In Ofen-Pest sind die 2 noch vorhandenen Schulen 
mit deutscher Unterrichtssprache unterdrückt worden 
und die Zahl der magyarisch-deutschen ist von d 
auf 6 herabgesunken. Und doch weist die Wiener 
„Rundschau für Geographie und Statistik“ für 
Ofen⸗Pest eine Bevölkerung von 360551 Ein 
vohnern auf, worunter 119902 Deutsche. Die 
»edeutensten magyarischen Zeitungen zählen zusammer 
15000 Abonnenten, die zwei deutschen 32000 
Im Pester Landkreise sind 15515 deutsche, schulbe 
uchende Kinder und nur eine einzige deutsch 
Volksschule. Im Temescher Landkreise besteht fir 
22949 deutsche Schulkinder keine einzige rein deutsch 
Schule, während die 45661 Magyaren 27 rein 
nagyarische Schulen haben. Im Turoczer Land 
reise gibt es für 303 magyarische Kinder 20 magp— 
arische Schulen, während für 905 deutsche Kinde 
nur 5 deutsche Schulen bestehen. Aehnliches kamn 
in Böhmen und Wälschtyrol vor. 
(Schauderchronik aus Ungars 
Aus dem Schütt wird gemeldet, daß die dorng 
Brundbesitzerin Frau Molnar durch ihren Kutschet 
ermordet wurde. Am 13. v. M. befahl sie ihren 
tutscher Michael Visi, Dünger auf das Feld zu 
'ahren; dabei war sie, wie gewöhnlich grob mi 
hmuund als sie gar mit dem Peitschenstiel einen 
Streich gegen ihn führen wollte, da gerieth er in 
Zorn und versetzte ihr mittelst einer Haue einen 
solchen Schlag auf den Kopf, daß sie sofort leblo⸗ 
zusammenstürzte. Den Leichnam hob er auf den 
Düngerwagen. fuhr damit auf das Ackerfeld hinaus