Full text: St. Ingberter Anzeiger

ðxt. Iugherter Atzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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M 54. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 14. März. In der gestrigen 
zitzung des Finanzausschusses der Kammer der 
Abgeordneten stellte bei Fortsetzung der Berathung 
es Cultus⸗Etats der Referent Abg. Dr. Rittler 
xen Antrag, den Geschichtsunterricht an den huma⸗ 
unistischen Gymnasien nach Confessionen zu theilen 
Ztaatsminister von Lutz erklärte, hier kein Zuge— 
ändniß machen zu können, dieser Gedanke sei nicht 
zugführbar und in keinem Staate bestünden ähn⸗ 
ische Einrichtungen. Für den Antrag sprachen 
Luthardt und Dr. Daller. Dagegen an Stelle des 
erkrankten Correferenten Staatsrath von Schlör und 
Frankenburger. Referent will seinen Antrag nun 
dahin modifiziren, daß, die Worte eingeschaltei 
werden „in der Regel“, so daß der Antrag lautete: 
Der Geschichtsunterricht wird in der Regel nach 
Confesffionen ertheilt.“ Staatsminister v. Lutz er⸗ 
llärt sich auch gegen diesen Antrag, da auch damit 
nichts erreicht werde. Der Minifter bemerkt, daß 
zei der Auswahl der Geschichts⸗Lehrbücher die größte 
Sorgfalt beobachtet werde. Die Diskussion war 
eine sehr animirte, schließlich nahm die Maiorität 
hen Antrag des Referenten an. 
Am 14. d. Mis. feierte der um die bayerische 
Arpee hochverdiente General Fr. Graf v. Bothmer 
sein 50jähriges Dienstjubiläum. Die hohe Stufe, 
auf welcher anerkanntermaßen die bayerische 
Artillerie steht, wird insbesondere auf das uner⸗ 
müdliche Schaffen des Grafen von Bothmer 
urückgeführt. (N. C.) 
Berlin, 14. März. Die „Kreuzztg.“ schreibt 
Die Frage Skobeleff ist ziemlich abgethan, 
iber die russische Frage ist in der allgemeinen 
bräokkupation eben an die Stelle der Frage Sko— 
xeleff getreten. Letztere hat den traurigen Zustand 
enthüllt, in welchem sich Rußland überhaupt be— 
indet, und trotz der Beruhigungs⸗Versuche, die von 
dort aus gemacht werden, will sich eben die öffent⸗ 
iche Meinung nicht darüber zur Ruhe geben, daß 
die Zustände Rußlands auch uns zur größten Wach— 
jamkeit veranlassen. Glüdlicherweise ist in unserem 
ganzen Volke die Meinung wohl ungetheilt, daf 
wit in diplomatischer wie in militärischer Beziehung 
nicht den entferniesten Grund zur Besorgniß haben 
elbst wenn es in dem Nachbarreiche noch zu groͤßeren 
Lerwirrung und Zerrüttung kommen sollte. Es 
it anzunehmen, daß die Leitung unserer auswar 
igen Angelegenheiten von langer Hand her ihre 
curopaischen Kombinationen auch auf diese Fventu⸗— 
X getroffen hat.“ 
Berlin, 15. März. Die Vorlage, den An⸗ 
anf der Anhalter Bahn betreffend, ist eingebracht. 
die Staatsregierung verlangi Ermächtigung zur 
lusgabe von77 625, 000 Park in Silameschusb 
verschreibungen zu 4 pCt. zu einer consolidirten 
Unleihe behufs Umtaufch don 31,720.000 Mart 
SEtammaktien der Anhalfer Bahn. 
Berlin, 15. Marz. Der permanente Aus— 
huß des Voilswirthichastasraihs berieth die Vorlage 
r die Krankenkasse und nahm den Antrag an— 
d auch die in der Land· und dorswirchschafi 
ndig beschäftigten Arbeiter zu versichern seien. 
— Daß die Monopolvorlage im Bundesrath 
mowohl angenommen wird, wie im Voltswirth- 
ttsrath unterliegt keinem Zweifel. Namentlich 
* aus der Erklärung des bayerischen Finanz 
ee in der Reichsrathskammer, daß die bayer⸗ 
e Regierung auf einen primipiellen Widerspruch 
Donnerstag, 16. März 1882. 
gegen das Monopol von vornherein verzichtet und 
daß ihre definitive Zustimmung nur davon abhängig 
zleibt, ob es den bayerischen Bevollmächtigten zum 
Bundesrath gelingt, die Selbstständigkeit Bayerns 
auch der Monopolverwaltung gegenüber aufrecht zu 
erhalten, d. h. die einheitliche Organisation der 
Verwaltung, welche unserer Ansicht nach von dem 
—XRVV 
zu durchbrechen. 
Ausland. 
In Petersburg hat am 13. d. anläßlich 
des Todestages des Kaisers Alexander I. in der 
Peter⸗Paul⸗Kathedrale ein feierlicher Trauergottes⸗ 
dienst stattgefunden. Kaiser Alexander UIJ. war 
vpon Gatschina am Morgen nach Petersburg ge— 
fahren, um dem Gottesdienste beizuwohnen: Olb 
er auch in der Hauptstadt bleibt? Auf die Nach— 
richt, daß der Kaiser nach Petersburg übersiedeln 
und dort reformkräftig in die Regierungsmaschine 
eingreifen werde, ist mittlerweile durch einen russi— 
schen Brief in der „Nordd. Allg. Ztg.“ das eiserne 
Dementi ergangen: Gatschina bleibt Residenz. Mit 
anderen Worten; Ignatieff bleibt Herr der Situa 
tion. Kein Wunder, daß sich in Berlin am Sonn 
'ag sofort die Annahme festpflanzte, der Besuch des 
daisers beim Reichskanzler habe in Meldungen aus 
Rußland seine Begründung gehabt. 
Der Senat der Vereinigten Staaten von Nord 
Amerika nahm am 9. d. M. die Vorlage an, welch 
die Einwanderung von Chinesen in die Ver— 
inigten Staaten einschränkt. 
— 
Lekale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 16. März. (Stecnadel 
»erschluckt. Vor einigen Tagen verschluckte ein 
Zjähriges Mädchen von hier eine Stecknadel mit 
„iemlich dickem Kopfe, welche dasselbe von der Jack 
osgelöst und unvorsichtigerweise in den Mund ge— 
nommen hatte. Die Nadel befindet sich noch im 
dörper des Mädchens, verursachte jedoch diesem bis 
jetzt noch nicht die germgsten Schmerzen. Uebrigens 
ist dieser Fall wieder eine eindringliche Warnung 
vor der gefährlichen Unsitte, Nadeln und dergl 
egenstände in den Mund zu nehmen. 
*St Ingbert 16. März. Am Dienstag 
ereignete sich in dem benachbarten Rohrbach ein 
bedauerlicher Unglücksfall. Zwei Kinder 
des Bergmannes Joh. Gehring, ein Mädchen, 
Namens Sarah, von 912 J. und ein Knabe von 
7 J., waren in der sog. Spieser Flur damit be⸗ 
chäftigt, aus einer Sandgrube Sand zu holen. 
Plotzlich stürzte die Grube ein und verschüttete das 
Mädchen. Der Bruder desselben lief zwar sofort nach 
Hause und rief seinen Vater herbei. Als es diesem 
aber gelang, sein Kind unter der Sandmasse heraus 
uziehen, war dasselbe bereits todt. 
*— Die Pfälzischen Eisenbahnen tru— 
zen im Monat Februar ds. Is. 52672 M. 60 Pf 
mehr ein als im gleichen Monat des Vorjahres. 
00 Erfweiler, 14. März. Vom schönsten 
Wetier begünstigt, fand gestern die statutengemäßt 
Beneralversammlung des Obstbauvereines 
für den Bliesgau in Beisein der Ehrenmitglieder 
desselben, der Herren Bezirksamtsassessor Dilg und 
Gutsbesitzer Freudenberg, Vorstand des land⸗ 
virthschaftlichen Bezirkscomitéͤs, statt. Herr Pfarrer 
Rütter gab zunächst im Namen des Vereines der 
Freude Ausdruck, daß erwähnte Herren die Ver⸗ 
ammlung mit ihrer Gegenwart beehrten und er— 
tattete sodann den Jahresbericht. Der Verein be— 
teht zur Zeit aus 166 Mitaliedern, von denen 
17. Jahrg. 
edes 50 Pf. per Jahr als Beitrag entrichtet. Die 
Beredlung der Bäumchen in der Baumschule wurde 
eifrig betrieben, so daß gegenwärtig in derselben 
unter 2200 Stammchen 1150 veredelie sich befinden. 
Eine besondere Leistung des Vereines war im Laufe 
des Jahres die Veranstaltung einer Obstausstellung 
in Ensheim, von der wir seinerzeit in diesem Blaue 
berichteten. Nach Erstattung des Jahresberichtes 
und Verlauf einer kleinen Pause ergriff Hr. Pfarrer 
Rütter wiederholt das Wort, um über das Thema 
„Warum gehen so viele Veredlungen nicht an?“ 
zu sprechen. Nachdem er verschiedene Einwürfe, die 
gegen die neueren Veredlungsarten gerichtet, nieder— 
gelegt, zeigte er, daß es Nebensache sei, ob der 
Baumzüchter viele Veredlungsarten kenne; Haupt⸗ 
jache bleibe es, daß mit Verstandniß und Vorsicht 
heim Veredlen verfahren werde. Hierin aber würbe 
pielfach gefehlt, welches zeige, daß noch manches zu 
verbessern sei. Die Verloosung der Obstbäume 
bildete den Schluß der Verhandlungen. Daß die 
Mitglieder den Bestrebungen des Vereines entgegen⸗ 
ommen, ersah man aus der überaus aahlreichen 
detheiligung. 
ꝙ0 Aus dem Bliesgau— Soeben bekomme 
ich das II. Obstbaubüchlein des Hrn. Pjfarrers 
Rütter von Erfweiler zur Hand. Dasselbe reiht 
sich an Werth ebenbürtig dem ersten an. Die viei⸗ 
achen Erfahrungen, die Hr. Pfarrer Rütter in der 
Obstbaumzucht macht, sind hier niedergelegt und 
gereicht die Lektüre dieses Büchleins dem Obsnüchter 
gewiß zu großem Vortheile. 
— Zweib rücen, 13. März. Schwurgericht.) 
In der heutigen Sitzung des Schwucgerichts wurde 
Jakob Pirung, 26 J. a. Aderer von Latersweilet der 
borsätzlichen Körperverietzung mit nachgefolgtem Tode 
zines gewissen Ludwig von Saal (Beurlsam Kusel) 
schuldig gesprochen und zu sechs Jahren Zuchthaus, 
der mitangeklagte Jacob Jene von Leiltersweile 
wegen zweier mit genanntem Pirung gemeinschaftlich 
verühter schwerer Korberverletzungen ebenfalls schuldig 
gesprochen und zu fieben Ronalen Geiananit ver 
urtheilt. J 
— Zweibrücen, 14. Maäxz. (Schwurge⸗ 
richt.) Heute früh begaun die Verhandlung gegen 
Andreas Ruffing. 27 J. a. Acerer von Nodet 
bexbach — des Meineids angeklogt. Ruffing wurde 
vom Schwurgericht freigesprochen, nachdem die 
Beschworenen den Walspruch „Nichtschuldig“ abge- 
geben hatten. —V—— *4 
— Otterberg, 13. Maͤrz. Soeben wird 
uns ein tragi⸗komischer Vorfall mitgetheilt· Tra⸗ 
zisch ist Folgendes: Gestern Nachmittag wurde kine 
sraelitische Frauensperson zwisjchen Schallodenbach 
ind Niederkirchen überfallen und ihrer Baarschaft 
yon 25 Mk. beraubt. Der Attentäter, ein Indi⸗ 
»iduum, mitten der vierziger Jahre und mit einer 
Herrücke versehen, wurde bald nauch der That von 
rei handfesten Arbeitern aus Schnecenhausen fest⸗ 
jenommen und nach Otterberg in das Local der 
hensdarmerie transportirt. Run kommi das Ko— 
mische: Bei Ankunft des Gefangenentransportes ift 
zufällig sämmtliche Mannschaft der Gensdarmerie 
abwesend. Um dieselbe aufzufinden, begaben sich 
aun unfere biedern Schneckenhäuser auf die Suche 
und lassen ihren Gefangenen in dem unverschlosse⸗ 
nen Stationszimmer allein zurück Dieser scheint 
nun Zeit und Gelegenheit füt einsame Meditation 
nicht günstig gefunden zu haden, denn er entfernte 
sich eiligst da hinaus, wo der Zimmermann das 
Loch gelassen und ist seine Spur auch bis dato 
richt gefunden worden