Aus Petersburg wird der „Nationalztg.“
depeschirt: Der Generalstab erkannte die Unmög—
lsichkeit jedes Offensivkrieges an und beschloß dagegen,
gegen eine mögliche Invasion energische Vorkehr—
ingen zu treffen. Warschau und die weftlich
gelegenen Festungen zu fortifizieren.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 24. März. Heute gingen
die ordentlichen Jahresprüfungen in den
hiesigen Volksschulen zu Ende. Das Ergebniß
derselben war, wie uns mitgetheilt wird, im Ganzen
ein sehr befriedigendes.
* St. Ingbert, 24. März. Der Frühling
scheint in den ersten Tagen seines Regimentes das
nachholen zu wollen, was der Winter versäumte.
Vorgestern Schneegestöber, Nachts eine Temperatur
intet Null und am Morgen starken Reif, das ist
es, was uns der Frühling bis jetzt brachte. Hoffentlich
ritt bald eine Wandlung zum Bessern ein, denn
sonst hätte die Vegetation darunter zu leiden.
— (Landrathswahlen.) Gewählt: für Fran—
kenthal Dr. Zöller, Arzt in Frankenthal,
Ersatzmann Gutsbesitzer D. Brunk in Großtkarlbach;
für Rockenhausen⸗Obermoschel Guts—
zesitzer Carl Spises auf dem Schmalfelderhof, Er⸗
atzmann Bürgermeister Schmidt in Odernheim
1.Gl.; für Wolj stein das bisherige Landraths⸗
mitglied P. W. König in Wolsstein, Ersatzmann
Bürgermeister Reidenbach von Becherbach.
Der pfälzische Verein für sittliche
Besserung verwahrloster armer Kinder hat im Jahre
1879 (bei einer Mitgliederzahl von 650) 4869
M. 18 Ppf. Emnahmen und 3975 M. 21Pf.
Ausgaben gehabt; im Jahre 1880 (bei einer Mit—⸗
gliederzahl von 639) 4581 M. 1Pf. Einnahmen
und 3645 M. 20 Pf. Ausgaben. Im ersteren Jahre
wurden 84, im letzteren 85 Personen vom Verein
unterstützt. Der Vermögensstand des Vereins war
——
am Ende des letzteren Jahres 19,884 M. 67 Pf.
— Der Landesstiftungsrath der Wittelsbacher
Landesstiftung bewilligte dem pfälzischen Ge—
werbemuseum für die Lehrwerkstätten 700 M.,
den Korbflechtschulen in Schaidt und Roxheim je
200 M. und der Webschule in Lambrecht 1400 M.
— Kirchheimbolanden, 21. März. Gestern
Abend wurde der ledige Schreiner Karl Hauber von
hier, ein junger Mann von ewa 20 Jahren, wegen
abscheulicher Vergehen verhaftet. Heute Morgen
iand das erste Verhör statt. Als eine halbe Stunde
nach Rückführung des Arrestanten in seine Zelle
der Gefängnißverwalter nach diesem sah, bemerkte
er zu seinem Entsetzen, daß Hauber sich mittelst
eines Taschentuches erhängt hatte. Obwohl er sofort
abgeschnitten wurde und ärztliche Hülfe gleich zur
Stelle war, gelang es nicht, ihn ins Leben zurüd⸗
zurufen. Ein Bruder des Hauber hat sich vor
riniger Zeit bei Worms im Rhein ertränkt. (Pf. Pr.)
— Aus Speyer berichtet die Pf. Pr.: Der
Delberg, auf der rechten Seite des Kaiserdomes
gelegen, dieses durch die Wuth französischer Sol⸗
daten im Jahre 1689 gleich dem Dome zerstörten
Kunstwerk edler Gothik, wird nunmehr durch un⸗
seren berühmten Meister Renn dahier wieder restau⸗
rirt werden. Die Kosten hiefüc, welche sich auf
etwa 20,000 Mark belaufen, werden durch das
Domkapitel bestritten.
— Dr. Eugen Jäger in Speyer hat unter
dem Titil „Die Agrarfrager der Gegenwart“ sozial⸗
oolitische Studien bei Puttkamer und Müdhlbrecht
nn Berlin erscheinen lassen.
— Die Genehmigung zum Bau der beiden
Thürme an der kath. Kirche in Ludwigshafen
ist jetzt eingetroffen. Mit dem Bau soll nach Ostern
hegonnen werden.
— Auf dem Hemshof bei Ludwigshafen
ijel ein Kind in das Abtrittsloch und erstickte
ämmerlich in dem Pfuhl.
———— —
Vermischtes.
— Zur Errichtung eines Landesdenkmals
für die im Jahre 187071 in Frankreich gefallenen
Bayern zu Wörth⸗Fröschweiler im Elsaß, hat das
Präsidium des bayerischen Veteranen, Krieger⸗ und
ampfgenossen⸗-Bundes zu Munchen einen Aufruf
in das baherische Volk erlassen. Wie aus diesem
Aufruf ersichtlich, soll zu erwähntem Zwecke in ganz
Bayern eine Sammlung von Geldmitteln veran—⸗
taliet und zunächst zur Bildung von Kreis⸗ und
dann Bezirks- und Lotal⸗Comite's geschritten wer⸗
den. Wir sind überzeugt, es wird die Initiative
der genannten Münchener Centralstelle in den Be—
vohnern aller Gaue Baierns ein einmüthiges Volk
inden, gilt es doch das Andenken seiner für Va⸗
erland und Freiheit auf der Wahlstatt gebliebenen
Zöhne zu ehren, und dem wiedergewonnenen deut—
chen Boden ein Merkmal baierischer Waffenthaten,
inen mahnenden Denkstein für spätere Geschlechter
erstehen zu lassen.
Aus München wird geschrieben: Heinrich
ind Therese Vogel haben vom Könige einen
iebenmonatlichen Urlaub erhalten, um unter Angelo
sdeumann's Leitung in Norddeutschland und Ruß-⸗
and als Lohengrin und Elsa, Tristan und Isolde,
Siegfried und Brunhilde aufzutreten. Neumann
zat dem genialen Künstlerpaar die exorbitante Summe
hon 220,000 Mk. geboten und bereits einen größeren
Theil davon deponirt.
— Der Ueberschuß der Stuttgarter Lan—
desausstellung beträgt etwa 800,000 Mark,
vobei das Erträgniß der Lotterie mit 80,000 Mark
igurirt. Gegenwärtig wird in Württemberg die
Frage der Verwendung dieses Ueberschusses erörtert.
FIn Frankfuürt prügelten sich vor der
Börse zwei Börsianer herum und richteten sich arg
zu. Funf Droschkenkuischer hatten alle Hände voll
ju thun, um eine weitere Ausgleichung der Diffe—
renzen auf diesem Wege zu verhindern.
Weimar, 22. März. Heute vor 50 Jahren
tarb Goethe. Zum Gedächtniß daran fand in
er Fürstengruft eine stille Feier statt. An dem
grabe Goethes wurden Lorbeerkränze niedergelegt
m Namen der Stadt Weimar, des weimarschen
Theaters, des Deutschen Schriftstellerberbandes, der
Concordia“ zu Wien. der Deutschen Schillerstift⸗
ing, des Vereins „Berliner Presse', des „Sym⸗
vosion“ zu Leipzig, der deutschen Frauen Prags
ind der Cotta'schen Verlagshandlung.
Berlin, 21. März. Eine sensationelle
Heschichte beschäftigt seit Sonntag Abend die Be—
vohner in der Nähe der Brüderstraße. Seit ca.
35 Jahren wohnte in dem Hause Brüderstraße 7
esp. Mühlgraben 2 die 7 1Ijährige Wittwe des im
Jaͤhre 1866 verstorbenen Hausdieners S. Dieselbe
sielt, wie es heißt, aus religiösem Wahnsinn, seit
twa 10 Jahren ihre einzige Tochter, welche die
Nachbarn längst für todt glaubten, vollständig von
iller Welt abgeschlossen in einer entlegenen Dach—
ammer. Seit Sonntag, den 12. d. M. war es
den Nachbarn aufgefallen, daß Frau S. nicht mehr
zesehen wurde. Der Miteigenthümer des Hauses,
herr Z., veranlaßte in Folge dessen die polizeiliche
Deffnung der Wohnung. Man fand von Frau
5. keine Spur, wohl aber die todtgeglaubte Tochter
zoch lebend, jedoch in einem entsetzlich verwarlostem
Zustand auf der Dachkammer. Auf die Frage der
Jeamten nach der Mutter, erklärte die Unglüdliche,
»aß ihre Mutter vor circa neun Tagen angeblich
rach Potsdam zu Verwandten gereist sei, und ihr
ils Nahrung nur einen Eimer Wasser zurückgelassen
‚abe. Sie verfiel darauf in Krämpfe, scheie be⸗
tändig nach ihrer Mutter und bat um einen Eimer
Wasser. Ein hinzugerufener Arzt konstatirte, daß
vie Unglückliche geisteskrank sei, und ordnete ihre
leberfuhrung nach der neuen Charitee an. Ihr
zustand ist ein nahezu hoffnungsloser. Die Recherchen
iach der Wittwe S. sind bisher ohne allen Erfolg
zeblieben.
FGeurer Prozeß.) In Soest hatte ein
derr, der am vorigen Freitag einen Gerichtstermin
un Lüdenscheid anstehen hatte und zu diesem Zwecke
zie Bahn benutzen wollte, das gewiß nicht beneidens⸗
verte Malhör, den betreffenden Bahnzug zu ver—
äumen. Die zu verhandelnde Sache muß gewiß
ehr wichtig gewesen sein, denn sonst hätte der Ver⸗
pätete schwerlich einen Extrazug bis Hagen ge⸗
iommen, der ihm 265 M. gekostet haben soll.
(GOpernsanger und Kaufmannsfrau.)
—
ẽrzählung: Vor einigen Tagen folgte einer unserer
eliebtesten Opernsanger der Einladung zu einer
Soiree im fürstlich uusgestatteten Palais eines
iesigen Geldaristoktraten. Als Jeder in der Gesell⸗
chaft sich behaglich amüsirte, trat die Frau des
dauses mit dem liebenswürdigsten Lächeln auf den
Zänger zu, um die unvermeidliche Bitte, um ein
Lied“ an ihn zu richten. Der Sohn Appolos
ntschuldigte sich mit einem Hinweis auf seine
Indisposilion. Als aber die Bitte trotzdem immer
ringender wiederholt wurde und die schöne Frau
hmollend ausrief: „Wenn ich eine Konigin wäre,
ann würde ich Ihnen befehlen zu singen!“ ging
er Sänger ans Klavier, absolvirte sein Pensum,
derbeugte sich, dankte für den obligaten Beisa,
chritt zur Thür hinaus und ward nicht mehr'g
ehen. Aber das Erstaunen der Frau vom Hais
ollte noch größer werden. Am andern Tage em
ofing sie vom Sänger folgendes Schreiben: Gnädig
Frau, Sie zogen es gestern aus Bescheidenheit
Zweifel, eine Königin zu sein. Ich lieferte Ihneß
safür den Beweis, indem ich Ihrem Befehle nach—
tam, wie ich einst that, als die Königin von ..
zeruhte, mich zur Abendunterhaltung heranzuziehen
und mir späterhin — 100 Louis senden ließ. Ih—
ergebenster unterthänigster Diener . ..“ Zwe—
Slunden später überreichte ein reichgalonnirter Diene
dem Sänger ein nach Carmen duftendes Couvert
aus welchem ein Briefchen, zwei Tausendmarkscheine
und der Brief des Sängers herausfielen. In dem
Billet standen nur die wenigen Worte: „Ich bin
leine Königin, denn einer solchen schickt ein Sänge
eine Rechnung. Als Kaufmannsfrau bitte ich gegen
5ẽmpfangnahme der 2000 Mark zu — quittiren!“
Tableau. Ob der Sänger das Geld zurückgeschick
dem Diener als Trinkgeld geschenkt, einer wohl
hätigen Stiftung überwiesen, oder für sich behalten
sat, verschweigt die Fama.
F Von einem amüsanten Mißverständniß
veiß die „Kön. Hart. Ztg.“ zu erzählen. Ein—
hesellschaft Königsberger Bürger beschloß dieser Tage,
im die durch den Weststurm anfgewühlte See zu
ehen, eine Reise nach Pillau zu unternehmen. Vor
»em Beginne der Fahrt ließen die Theilnehmer
iine Depesche an einen der dortigen ersten Hotelier
ib, welcher die Worte enthielt: „Groß, Fürf,
Alexander treffen mit dem Nachmittagszuge ein.“
der Hotelier hatte nichts Eiligeres zu thun, alz
ich in die Kleider zu werfen, die weiße Halsbinde
inzulegen und, nachdem er die Flagge seines Hotels
jatte hissen lassen, sich nach dem Bahnhofe zu be—
Jeben. Der Zug langte an, Groß, Fürst und auch
Alexander trafen pünktlich ein, aber — der erwar
ete Großfürst Alexander blieb natürlich aus, und
die bereits zu Hunderten angewachsene Menge ver
ieß unbefriedigt den Bahnhof.
Grandunglück.) Aus Polen kommt di
stachtricht von einem furchtbaren Brande. In dem
ine halbe Meile von Augustowo gelegenen Dziernow
rach am vergangenen Donnerstag Feuer aus, das
is sieben Uhr Abends wüthete und etwa 80 Be—
itzungen mit weit über 400 Gebäuden in Asche
egte. Bei dem heftigen Sturme griff das Element
o rapide um sich, daß die Einwohner nur das
iackte Leben zu retten vermochten. Zwei Menschen.
ziele Vorräthe und viel Vieh sind in den Flammen
uu Grunde gegangen und gegen 1000 Menschen
ind ohne Obdach. Im Augenblicke der größten
hefahr kamen vn Augustowo drei Sotnien Kosaken
ahergesprengt und retteten den Rest des Dorfes,
»as übrigens nahe an 2000 Einwohner zählt.
F Die Wiener Med.Blätter bringen einen
chier unglaublichen, aber thatsächlichen „Fall von
Fremdtörpern im menschlichen Leibe“, der alles bis
jer auf diesem Gebiete Beobachtete weit hinter sich
äßt. Ein armseliges, in verschiedener Hinsicht er
ranktes, schwächliches Frauenzimmer von 49 Jahrer
var in der Klinik zu Jena aufgenommen worder
ind wurde, weil sie über Verdauungsbeschwerder
lagte, daraufhin untersucht. Man befoörderte nad
ind nach aus dem Körper des Weibes, hauptsächlih
»em Verdauungstrakt nicht weniger als 235 Pflaumen
erne heraus! Nach vierzehnutägiger Behandlunt
rat bei der Patientin eine wesentliche Besserung ein
F Ein furchtbarer Brand hat in Emöd
Ungarn) stattgefunden. Das Feuer hat 858 Häuser
zerstoͤrt. Bisher ist der Verlust von neun Menschen—
eben constatirt.
F Extrazüge nach Paris. Die Direckior
der französischen Ostbahngesellschaft gibt die Lift
hrer diesjahrigen Extravergnügungszüge bekannt
inter denen wir vier Extrazüge don Nanchy nadh
Zaris mit je fünftägigem Aufenthalte in Paris
zufgezeichnet finden. Die Züge werden an den
rachfolgenden Tagen von Nanch abgelassen: am
29. April, am 10. Juni, am 26. August und am
23. September. Ein fünfter Extrazug wird waht·
cheinlich gelegentlich des französischen Rationalfeste⸗
14. Juli) arrangirt werden.
Aus Flüelen, dem kleinen Ausgangspunt
im Vierwalostälter See, schreibt man“ dem,,
M.⸗Bl.“: „Dem Vernehmen nach beabsichtigt Köni
Ludwig von Bayern, welcher im vergangenen Somme
ängere Zeit in dem unweit von uns gelegene
Hruͤnnen weilte, sich an den Gestaden unseres Set
mzukaufen und, sobald ein passender Grund ar