wvird anscheinend das Signal zu turbulenten Kund—
zebungen, Zusammenrottungen und Ausschreitungen
zjeben, die der italienischen Regierung große Ver⸗
egenheiten bereiten dürften. Die republikanische
Partei will den willkommenen Anlaß zu revolu—
uonären Putschen ausnutzen, deren Vorläufer sich
schon jetzt vielfach auf Sicilien und auch ander⸗
wärts in Italien zeigen. Der patriotische Charakter
der Feier ist hierbei nur Mittel zum Zweck; die
zu erwartenden Kundgebungen werden bald eine
franzosenfeindliche, bald aber auch eine antimonar⸗
—X Unruhen,
die jchon jeit mehreren Tagen in Messina herrschen,
nichts mit der Mißstimmung gegen Frankreich zu
hun; sie richten sich gegen die heimische Regierung
und sind der Ausdruck einer von republikanischer
Seite genährten allgemeinen Unzufriedenheit. Zu
blutigen Zusammenstößen zwischen den tobenden
Volkshaufen und der bewaffneten Macht ist es dort
bisher nicht gekommen, aber nur darum, weil die
Behörden nicht ernsihaft einzuschreiten wagten.
Auch in Palermo, dem eigentlichen Schauplatze der
zevorstehenden Säcularfeier, wird der Ausbruch von
Unruhen befürchtet; die Unternehmungslust der Re—
publikaner wird durch die Anwesenheit des alten
Garibaldi, den sie als ihren Ehrenpräsidenten an-
sehen, nur noch gesteigert werden. Die italienische
Regierung triffi bereits Vorsichtsmaßregeln und hat
die Absendung von Kriegsschiffen angeordnet. Das
rann betuhigend wirken, kann aber auch Oel ins
Feuer gießen. Jedenfalls wird die Feststimmung
unter solchen Umständen eine ganz eigenthümliche
werden und ist der ganzen Feier nicht ohne Be—
sorgniß entgegenzusehen. — Daß es sich bei den
hereits ausgebrochenen oder noch zu erwartenden
Unruhen nicht etwa nur um patriotische Erregung,
ondern um eine republikanische Gährung handelt,
heweist die Thatsache, daß es nicht nur auf Sici—
lien, sondern auch anderwärts, in Bologna, in
Rimini, Forli, Ravenna und vielen andern Orten
der Romagna zu Excessen und Tumulten gekommen
ist, bei denen die republikanische Partei ihre Hand
im Spiele hatte und verschiedene ihrer Rädelsführer
derhaftet werden mußten. Die Radikalen planen
ffenbar einen größeren Handstreich. zu dessen Ab⸗
vehr die Regierung sich mit Kraft und Besonnen—
Jeii rüsten muß. (Trib.)
Nicht genug, daß die Bevölkerung Irlauds
unter sich mit den Grundherren und den Beamten
der Königin in wildester Fehde lebt, auch unter den
zur Aufrechterhaltung der Ordnung abgesandten
Truppen find gegenseitig blutige Reibereien ausge⸗
hrochen. So wird aus Galway, der Hauptstadt
zer irischen Grafschaft gleichen Namens, berichtet:
Es herrscht hier große Aufregung in Folge eines
Zwistes zwischen zwei Regimentern der hiesigen
Garnison, dem 84. und 88. Seit dem St. Pa—
ridsabend (St. Patrick ist der Nationalheilige Ir⸗
lands) haben die Schlägereien zwischen den Sol⸗
daten nicht aufgehört. Am Donnerstag Abend
mußlen die Läden geschlossen werden. Pickets mit
aufgepflanzten Bayonetten säuberten die Straßen.
Mehrere Mannschaften auf beiden Seiten trugen
zurch Hiebe mit Schnallgurten und Stöcken Kopf⸗
wunden davon. Am Freitag Abend mußte das
publikum von den Straßen flüchten. Die 88er,
wa 100 an Zahl, griffen ein Picket des 84
Regiments unter dem Rufe: „Es lebe Irland!“
in. Der Sergeant befahl seinen Mannschaften,.
sich ihrer Bayonette zu bedienen, und sie griffen
sofort die 88er an, welche nur Schnallgurte und
Stöcke für ihre Vertheidigung hatten. Die 88er
jielten den Bajonettenangriff furchtlos aus, und es
jelang ihnen, den Soldaten mehrere Bayonette zu
ntreißen. Viele Soldaten auf beiden Seiten trugen
Stichwunden davon. Die Civilisten wurden von
den Konstablern zurückgehalten, welche die Soldaten
ich selbst überließen. Gegen 8 Uhr langten Ver⸗
tärkungen an. Jeder Siaditheil war eine Scene
des Aufruhrs uud Blutvergießens. Hundert Mann
om 84. Regiment langten unter dem Kommando
ines Lieutenants mit aufgepflanzten Bavonetten an
und wurden von dem Poͤbel, der, wenn ihn die
Polizei nicht daran verhindert hätte, Partei für die
Z8er genommen hätte, mit höhnischen Zurufen und
Steinwürfen empfangen. Ein Soldat des 88.
Kegiments erhielt eine Wunde in die Brust und
sein Aufkommen wird bezweifelt. Andere Soldaten
vurden an Armen und Beinen verwundet. Es
verden jetzt seitens der Behörde Schritte gethan,
im das Militär in den Kasernen zu consigniren.
Neueren Berichten zufolge ist die Ruhe in Galway
pieder hergestellt, nachdem höherer Anordnung zu—
'olge die Soldaten nach 7 Uhr Abends die Kasernen
nicht mehr verlassen dürfen. Aus dem Munde der
ur Ordnung hinberufenen Soldaten klingt der Ruf:
Es lebe Irland!“ ziemlich fatal.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 31. März. Heute schloß
in der kgl. Lateinschule hier das erste Semester des
-„chuljahres. Damit verläßt auch Herr Assistent
Simon die Anstalt. Der genannte Herr hat sich
vährend seines Aufenthaltes in unserer Stadt durch
ein freundliches und liebenswürdiges Auftreten
ahlreiche Freunde erworben, die ihn ungern
cheiden sehen.
* St. Ingbert. Seinem ersten Obst⸗
baubüchlein hat der als ausgezeichneter Kenner
und eifriger Förderer der Obstbaumzucht auch über
die Grenzen der Pfalz hinaus bekannte Herr Arn.
Rütter, Pfarrer im nahen Erfweiler, vor
Zurzem ein zweites, wie schon aus diesem
Blatte bekannt, folgen lassen. Vielseitiges Wissen
ind reiche Erfahrung auf dem Gebiete der Obst⸗
aumzucht berechtigen den Genannten wie wenige
mndere dazu, in dieser Angelegenheit das Wort zu
ergreifen. Dabei weiß er sein Thema in einfacher
ind gemeinverständlicher und doch anziehender und
zeschickter Weise zu behandeln. Sein zweites Obst⸗
aubüchlein, das uns zur Einsichtnahme vorliegt,
Jeht dem ersten in keiner Hinsicht nach; wir glauben
»ielmehr mit dem Herrn Verfasser, daß dasselbe
achlich größeres Interesse zu beanspruchen berechtigt
st, als das erste. Auf 39 Seiten gibt es über
z2 Fragen Aufschluß über Obstbauzucht
ind Veredelung der Bäume. In einem Schluß—
vorte bittet. der Herr Verfasser, sein Büchlein
richt als etwas Schönes zum Lesen, sondern als
Züchlein zum Lernen betrachten zu wollen; zugleich
tellt er auf nächstes Jahr das Erscheinen eines
ritten Büchleins („Obstbüchleins“) in Aussicht, in
»em er dem Obstzüchter zu sagen gedenkt, was er
nit seinem Obst machen und anfangen kann. —
lus dem Vorstehenden ersieht der Leser die Reich—
altigkeit des zweiten Obstbaubüchleins.
Möge dasselbe allseitige, freundliche Aufnahme
inden. Moöge es in allen Schichten der Bevölkerung
rust und Liebe, Kenntniß und Verständniß für die
Ibstbauzucht, diesen so lang vernachlässigten Zweig
er Landwirthschaft, erwecken; möge insbesondere
asselbe in unserer Stadt Leser finden, die sich durch
eine Lektüre angeregt fühlen, der Obstbaumzucht
nehr Aufmerksamkeit zu schenken, als es bisher
zier geschah.
—Als Vertreter der protest. Geistlichen der
Bfalz im Landrath wurde Herr Decan Krieger
jon Kirchheimbolanden, als Ersatzmann Herr Decan
Ir. Leyser von Neustadt gewählt. Herr Decan
crieger gehörte schon in der vorigen Periode dem
—XX
— Eine Deputation der pfälzischen Buch—
inder und Buchdrucker gedenkt morgen (Sams⸗
ag, 1. April) eine Eingabe gegen die Monopol-⸗
ersuche des Zentral⸗Schulbücher⸗Verlags Sr. Excel—
enz dem Herrn Regierungspräsidenten Staatsrath
». Braun zu überreichen. (Pf. Pr.)
— Zweibrücken, 80. März. Hr. General⸗
najor Frhr. v. Gumppenberg ist zur Inspektion
»es Landwehrbezirkskommandos hier eingetroffen;
ibermorgen nimmt derselbe Kommandeur die In⸗
pektion des hier garnisonirenden Bataillons des
(8. Inf.«Regts. vor. — Heute trifft die von Ger⸗
nersheim wieder zu ihrem Regiment nach Saar⸗
jemünd zurückkehrende 5. Escadron des kgl. 5.
Thevaurlegers⸗Regts. hier ein, um bis morgen hier
einquartiert zu werden; vorgestern übernachtete sie
n Annweiler, gestern in Pirmasens. Nach Mit—⸗
heilung des „Pirm. Anz.“ wäre in Annweiler
in in einer Scheuer eingestellt gewesenes Pferd der
xScadron während der Nacht ausgebrochen und bis
um Abmarsch der Reiter noch nicht wieder einge—
racht gewesen. Zw. Zig.)
— Neustadt. Das hiesige Schöffengericht
at am 28. März den Brauereibesitzer Louis Geisel
vegen durch die (fortschrittliche) „Neue Bürger-Ztg.“
ꝛegangener Beleidigung des Verlegers der national⸗
iberalen „Neustadier Ztg.“ Dl. Kranzbühler,
u 150. Mark Geldbuße verurtheilt und die Ver—
ffentlichung des Urtheils in der „Neuen Bürger—
zig.“ angeordnet. Die Parteigegensätze haben in
deustadt schon zu den allerunangenehmsten Reibereien
leführt, da Person und Sache dort leider nicht
Aseinandergehalten zu werden pflegte.
Vermischtes.
In Würzburg hat sich in der Glachs
Anlage ein PremiereLieutenant des 2. Feld-Art.
stegiments erschossen.
F Ingolstadt. Das dahier garnisonirende
10. Inf.⸗Reg. „Prinz Ludwig“ feiert am 29. Jum
). J. sein 200-jähriges Regiments-Jubiläum. Am
29. Juni 1682 wurde das Regiment aus den 3
alten Kompagnieen Berlo, Mercy und Nodtthafft
uind drei neu formirten Kompagnieen als Regiment
Zerlo zu Fuß errichtet. In diesem Jahrhundert
eichnete sich das Regiment in den Schlachten von
Möskirch, Biberach, Neuburg und Hohenlinden
(1800), Brienne, Bar sur Aube und Arcis sur
Aube (1814), Beaumont und Sedan (1870) und
pielen anderen⸗ Treffen besonders aus. Das erst
Zataillon des 10. Inf.Regts. gehörte zu dem
im Jahre 1832 nach Griechenland entsendeten
dayer. Hilfskorps.
Am Mitwoch Morgen entstand auf dem
reizend gelegenen Hallberger Schlosse des
Herrn Geheimen Kommerzienraths Stumm Feuer.
Es sollte das im Wasserthurm daselbst befindliche
Reservoir mit einem neuen Anstrich versehen werden,
und war man gerade daran, dasselbe zu diesem
Zzwecke auszutrocknen. Durch irgend eine Unvor⸗
ichtigkeit gerieth dabei das Dach des Wasserthurmes
n Brand. Da sich das Feuer auf das Dach be—
chränkte, so ist der Schaden ein unbedeutender.
(Nach der „S. u. Bl. Zig.“)
F Am Mittwoch Abend stieß im Bahnhof⸗
Neunkirchen ein von der Pfalz kommender
Büterzug auf in dem Einfahrtgeleise stehende Wagen,
vobei einem Bremser dieses Zuges ein Bein ab—⸗
zefahren wurde.
F Am 24. ds. ereignete sich in der Nähe von
Dettingen ein nettes Jagdstückchen. Ein Jäger
zing mit seinem Freunde, einem Sonntagsjäger
auf die Schnepfenjagd und wies ihm einen günstigen
Stand an, während er sich auf einen anderen Stam
zegab. Wie groß war aber sein Erstaunen, alf
er von seinem Freunde her Schuß auf Schuß fallen
hörte, während er selbst gar keine Schnepfe zu Ge—
sicht bekam. Er begab sich also zu diesem zurüd
velcher ihm gleich zurief: »O Freund, da gibt
Schnepfen, sie bringen mich schier um!“ der Jäger
erkannte aber die vermeintlichen Schnepfen sofor—
als — Fledermäuse.
„Tausend Küsse hast Du mir — dutzeno
weis gegeben“, klingt das alte Studentenlied
„Tausend Küsse!“ schreibt der harmlose Backfisch
dem der Liebesgott noch kein Privatissimum übe
das Kapitel „de basiis“ gegeben, am Schlusse ihrer
Briefes an die Busenfreundin; „Tausend Küsse!“..
der Verliebte spricht es so hin ohne jeden statistischer
HDintergedanken und küßt und küßt .. lieber zwer
nal als einmal — wer aber hat es je unternommen
ausend wohlgezählte Küsse mit aller Gewissenhaftig'
eit eines Oberrechnungsrathes der Geliebten zu
zeben! Ein Gedicht Hamerling's in „Sinnen und
Minnen“ schildert uns den tragischen Ausgang eines
olchen Versuchs: was des Dichters Phantasie ge—
chaut mit Grauen, in Kelkheim ist es, wenn
vir dem „Taunusboten“ trauen dürfen, nunmehr
ur grausen Wirklichkeit geworden. Wir lesen darin
olgende Korrespondenz aus dem bezeichneten Ort:
Vor Kurzem wurde hier eine sonderbare Wette
irrangirt, die beinahe einen üblen Ausgang ge—⸗
nommen hätte. In einer kleineren Gesellschaft von
derren und Damen kam nämlich u. A. auch die
stede auf das Küssen. Ein Herr warf dabei die
Frage auf, wieviel Küsse man wohl in einem ge⸗
vissen Zeitraum zu geben im Stande sei. Nach
dem darüber verschiedene Ansichten laut geworden
nachte sich ein feuriger junger Mann anheischig
nit seiner Verlobten innerhald zehn Stunden ohne
Interbrechung zehntausend Küsse zu wechseln, und
)roponirte dieserhalb eine Weite von 200 Marlb.
Als Bedingung stellte er, nach jeder halben Stunde
ine kleine Erfrischung nehmen zu dürfen. Die
Wette wurde angenommen und alsbald begann die
üße, anscheinend leichte Arbeit. In der ersten
Stunde wechselte das Paar 2000 Küsse, in det
weiten 1000, in der dritten 750 — dann aber
einen mehr, denn ihre Kräfte waren erschöpft.
der jnnge Mann bekam den Lippenkrampf und fiel
n Ohnmacht, seine Verlobte verlor ebenfalls das
Bewußtsein und erkrankte noch am selben Abend am
Rervenfieber. Nur mit vieler Mühe wurde dieselot
vieder hergestellt. Auch der Bräutigam wurde nog
ängere Zeit hindurch von erwähntem Krampfe —