Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberter Azriger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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5— St. Ingberter Anzeiger“ erscheint woͤchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
hlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Dasz Blatt kostet vierteljährlich 1.A 40 Z einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1.4 60 —, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 16b , bei Reclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
J 
M 7. 
Montag, 17. April 1882. —— 
17. Jahrg. 
343 Verhandlungen schweben, mit denen die Berufung 
Politische Uebersicht. 22333— nach Petersburg in Zusam⸗ 
menhang stehe. 
städt. Bierpfennigs (auf den Schoppen), was bei 
einem jaͤhrlichen Bierkonsum von 4,800,000 Schoppen 
für die Stadt 48,000 Mk. abwerfen würde. Der 
Antrag kommt in nächster Sitzung zur Berathung. 
— Nachrichten aus Dürkheim besagen, daß 
der in den Weinbergen durch den Frost angerichtete 
Schaden einen Ausfall von etwa 20 pCt. ergeben 
werde; noch schlimmer lauten die Berichte aus 
Deidesheim, wo fast Alles erfroren sein soll. 
— In Speyer fand am 12. ds. unter dem 
Vorsitz Sr. Exc. des Herrn Regierungs⸗Präsidenten 
d. Braun die ordentliche Jahresversammlung des 
ofälzischen Kreis⸗-Stiftungsrathes der „Wittelsbacher 
Landesstiftung zur Förderung des bayerischen Hand⸗ 
werks in Stadt und Land“ statt, bei der sämmt⸗ 
liiche Mitglieder desselben anwesend waren. Den 
Hegenstand der Verhandlungen bildete zunächst der 
Beschäftsbericht über sdas abgelaufene Jahr 1881, 
voraus hervorzuheben ist, daß von dem zur Ver— 
fügung eingewiesenen Renten⸗Anfall (761 Mi. 53 Pf.) 
nur 25 Ml. Unterstützung verabreicht bezw. bean⸗ 
prucht wurden und darum ein Ueberschuß von 
736 Mk. 53 Pf. auf das Jahr 1882 übergeht, 
vozu der Rentenantheil pro 1882 mit 1343 Mtk. 
10 Pf. hinzukommt. Ueber die somit für das 
aufende Jahr zur Verfügung stehende Summe von 
2079 Mk. 63 Pf. wurde bestimmt wie folgt: 
1) Dem Gewerbe⸗Verein Speyer wurden auf An⸗ 
suchen behufs Prämiirung von Lehrlingen gelegent⸗ 
lich der an Ostern 1882 veranstalteten Ausstellung 
hon Lehrlingsarbeiten gemnäß 8 8 Abs. 2a des 
Stiftungsstatuts 200 Mk. bewilligt. 2) Zum Be⸗ 
suche der Nürnberger Laudes⸗ Industrie⸗, Gewerbe⸗ 
und Kunst⸗Ausstellung sollen an 20 wohlerprobte 
Handwerksgehilfen Stipendien von je 50 Mt. ver⸗ 
abreicht und zwar sollen diese Gehilfen von den 
Bezirksämtern im Einvernehmen mit den betreffen⸗ 
den Gewerbe Vereinen oder, wo folche nicht bestehen, 
mit hervorragenden Gewerbsmeistern bezeichnet werden. 
Eine öffentliche Ausschreibung zur Bewerbung soll 
demgemäß nicht stattfinden. Ein Subcomité soll 
unter den von den berufenen Organen in Vorschlag 
zebrachten Bewerbern die engere Auswahl treffen. 
3) Der Korbflechtschule in Schaidt wurden zur 
Prämiirung fleißiger und strebsamer Lehrlinge 
100 Mlk. überwiesen. 4) Dem ehemaligen Schüler 
der Kreis⸗-Baugewerkschule Kaiserslautern, Heinrich 
Bernd von Odenbach, der sich zur Zeit behufs 
weiterer Ausbildung als Modelleur in München 
defindet, wurde eine Unterftützung von 250 Mt. 
zuerkannt. Es erübrigen somit pro 1882 noch 
529 Ml. 63 Pf., über deren Verwendung in einer 
pateren Sitzung beschlossen werden soll. kinschließ⸗ 
ich der vom Landesstiftungsrath jüngst auf warme 
Befürwortung des Herrn Regierungspräsidenten 
d. Braun in seiner Eigenschaft als Mitglied des 
dandesstiftungsrathes für die Pfalz bewilligten 
Anterstützungen im Betrage von 2500 Mk. sind 
somit bis jetzt aus der,Wittelsbacher Landesstiftung 
zur Förderung des Handwerks in Stadt und Land* 
den pfälzischen Anstalten und Vereinen zur Hebung 
der Gewerbsthätigkeit und des Handwerkerstandes 
bereits 4579 Mk. 63 Pf. zugeflossen. 
— Aus Laumersheim schreibt man dem 
„Fr. T.“: In unserer Pfalz wird wohl kaum mehr 
ein Ort sein, welcher Alles so paarweise hat, als 
unser Laumersheim. Es hat eine große, schöne 
Simultankirche, zwei Geistliche, zwei Kanzeln, zwei 
Lehrer, zwei Orgeln, zwei Pfarr⸗ und zwei Schul⸗ 
häuset, zwei Mühlen, zwei Bäcker, zwei Metzger, 
wei Krämer, zwei Schmiede. zwei Maurermeister 
Deutsches Reich. 
Müuͤnchen, 15. April. Die Abgeordneten— 
ammer nahm einstimmig den Militäretat für 188283 
m, lehnte dagegen die von der Kammer der Reichs⸗ 
athe in's Budget wiederum gestellten zwei Postulate 
a. beim Bergwerksetat Beförderung des Gruben— 
rerwalters in Mittelbexbach, b. Casernenbau in 
Amberg ab. Dem Beschlusse, den von der Abge— 
ordnetenkammer abgestrichenen Betrag von 62, 693 M. 
dei „Betriebslöhnen“ in Bergwerken wieder einzu⸗ 
ietzen, wurde beigetreten. 
Berlin, 15. April. Der Kaiser beabsichtigt 
ich am 18. d. M. nach Wiesbaden zu begeben 
und bis zum 3. Mai dort zu verweilen. Die Aerzte 
dringen jedoch auf einen längeren Aufenthalt da⸗ 
selbst, etwa bis zum 18. Mai. 
Der Reichstag ist auf den 27. April ein— 
zerufen. 
Die Nachricht des „Badischen Beobachter,“ daß 
er Mainzer Domecan Dr. Heinrich für den er— 
edigten bischhöflichen Stuhl von Mainz in Ausficht 
gzenommen sei, wird auch aus anderen gut unter— 
richteten Kreisen bestätigt. 
Ausland. J 
Aus Rom wird gemeldet, daß König Humbert 
dem König Karl von Württemberg, der ihn gleich— 
jalls besuchte (was auch Prinz Heinrich von Preußen 
chat) den Annunciatenorden verlieh. 
Aus Petersburg erhält das „Frkf. Journ.“ 
olgendes Privat⸗Telegramm: „Aus Moskau lie— 
gen so betrübende Nachrichten vor, daß die Krö— 
uungsfeier fast unmöglich ist. Es sind abermals 
jahlreiche Verhaftungen dorgekommen. Unter an⸗ 
derem wurden achtzig bei der Reparatur der Us— 
penski'schen Krönungskathedrale beschäftigte Arbeiter 
mit verhafiet. Mit Rücksicht hierauf hat sich sogar 
der Metropolit Makarius geweigert, den ssolennen 
Auferstehungsgottesdienst am Osterfeste zu celebriren. 
Besondere Wichtigkeit legt man ferner dem Um⸗ 
tande bei, daß ein Beamter verhaftet ist, welcher 
m Ausstellungsgebäude angestellt war. Derselbe 
st von Nihilisten eingeschmuggelt worden, um dorit 
uͤber die Ankunft der hohen Persönlichkeiten genau 
nformirt zu werden und den Nihilisten die nöthigen 
Winke ertheilen zu können.“ 
In Rußland bereiten sich ohne Zweifel be— 
eutsame Dinge vor, wie die verschiedenen Gerüchte 
iber Ministerveränderungen und mehr 
ioch die Erkenntniß von dem mächtigen Anwachsen 
des Nihilismus beweisen. Zunächst kann aber ent⸗ 
schieden bestritten werden, daß Loris Melikoff 
wieder in Amt und Würden eingesetzt werden soll. 
Die Staatspolizei hat erst jetzt unumstößliche Be— 
weise dafür erlangt, daß das Hauptkomité der 
Nihilisten sich seit längerer Jeit in Moskau befindet, 
daher in Petersburg vergebens gesucht wurde. Auf⸗ 
efangene Briefschaften deuten an, daß im Haupt⸗ 
omité Differenzen ausgebrochen sind. Die Mos— 
lauer machen den augenblicklich im Auslande weilen⸗ 
den Mitgliedern den Vorwurf der Feigheit, weil sie 
nicht wagen, mit Thaten für ihre Gesinnungsgenossen 
einzustehen, ferner den Vorwurf des Parasüenthums, 
weil sie die eingesammelten Gelder anstatt für die 
Lariei für eigene Zwecke verwenden und so auf 
losten der Partei angenehm leben. 
.Die „Deutsche Petersburger Zeitung“ erfährt, 
gegenwärtig zwische Rußland und Eng—⸗ 
and auf die centralasiatische Frage bezügliche 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 17. April. In der Sitzung 
dom 14. ds. Mtis. bewilligte die Abgeordnetenkammer 
nach dem Vorschlage des Finanzausschusses die von 
der Regierung geforderten Mittel zum Neubau 
rzines Amtsgerichtsgefängnisses dahier 
Der projectirte Neubau soll bekanntlich an die alte 
Bahnhofsstraße zu stehen kommen und wird der 
Bauplatz von der Gemeinde gestellt. 
* St. Ingbert, 17. April. Gestern, als 
am weißen Sonntage fand in der katholischen Kirche 
ekanntlich die Feier der ersten h. Kommunion statt 
Die Zahl der Erstkommunikanten aus der hiesigen 
Pfarrei (Gem. St. Ingbert, Rohrbach und Hassel 
»etrug heuer 225, 112 Knaben und 113 Mäödchen. 
*— (Treue Liebe.) Aus einem Dorfe des 
Bliesgaues berichtet ein hiesiger Correspondent der 
„Saarbr. Ztg.“ nachstehendes schönes Beispiel treuer 
rdiebe: „Vor nahezu 50 Jahren hatte ein zwanzig⸗ 
ähriger Bursche aus E. mit einem jungen Mädchen 
ein Verhältniß. Beide wären wohl durch die Hand 
des Priesters vereinigt worden, wenn nicht der Vater 
des jungen Mannes den Entschluß gefaßt hätte, 
mit seiner ganzen Familie nach Amerika auszu— 
vandern. Das Verhältniß wurde dadurch gelöst, 
iber nicht vergessen. 50 Jahre hatte der ehemalige 
Bräutigam im fernen Lande zugebracht, hatte dort 
zeheirathet und sich durch Fleiß und Sparsamkeit 
ein artiges Sümmchen erworben, als ihm seine 
Frau durch den Tod entrissen wurde. Da wurde 
die Erinnerung an seine frühere Geliebte in ihm 
mächtig und in einem Briefe an einen Jugendfreund 
erkundigte er sich nach den Schicksalen derselben. 
Als ihm die Nachricht zu Theil wurde, daß sie 
noch lebe und in dürftigen Verhältnissen sei, schickte 
er ihr einige hundert Mark und frug sie, ob fie 
geneigt sei, zu ihm nach Amerika zu kommen, wenn 
nicht, so wolle er für ihr Alter sorgen. Sie zog 
es vor, in ihrem Heimathlande zu bleiben. Da 
machte er sich auf, kehrte nach Deutschland zurück 
und der 70jährige führte die nun 68 Jahre zählende 
Braut zum Altar. So ungefähr bemerkt der Be⸗ 
richterstatter der „Saarbr. Ztg.“, wurde uns die 
Geschichte von unserem Gewährsmann erzählt und 
von vielen Seiten bestätigt. Lob und Anerkennung 
aiber dem Manne, den weder Raum naoch Zeit 
hinderte, eine alte Ehrenschuld auszugleichen.“ 
S Ensheim, 16. April. Nachdem in un⸗ 
serem Orte das Bedürfniß nach einem Wochen— 
narkte von Jahr zu Jahr fühlbarer wurde, be— 
cchloß der Gemeinderath, daß vom 11. Mai an 
eden Donnerstag der längst ersehnte Wochen⸗ oder 
giktualienmarkt hierselbst abgehalten werden soll. — 
Seit 1. April besteht hier für die Bewohner unseres 
Bürgermeistereibezirkes eine Sparkasse, die hin⸗ 
ichtlich ihrer bequemen Einrichtung (Anwendung 
des Markensystems) wohl die einzige im Bezirksam 
Zweibrücken, wenn nicht in der ganzen Pfalz, ist. 
— Neustadt. In der Stadtrathssitzung vom 
12. April wurden die Voranschläge der städt. 
finnahmen und Ausgaben pro 1882 aufgestellt. 
Jene beziffern 207,085 Mtk., diese 200,752 Mti 
1852 betrugen bei einer Bevölkerung von 7000 
Seelen, die ordentlichen Ausgaben 34,962 Mk., 
jeute dagegen bei nur 3000 Seelen mehr, 142,765 
Mk., haben sich also in 30 Jahren vervierfacht 
Stadtrath Völcker beantraate die Einfübhrung eines