vol. Junherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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F 8i.
Dienstag, 25. April 1882. 17. Jahrg.
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die Unfallversicherung der Irbeiter.
Der Entwurf betreffend die Unfallversicherung
et Arbeiter ist dem Bundesrath jetzt zugegangen.
derselbe umfaßt 123 Paragraphen. Der Zeitpunkt
des Inkrafttretens wird mit Zustimmung des Bun⸗
debraths durch kaiserliche Verordnung bestimmt
II, welcher das Prinzip des Gesetzes enthält
autet: „Alle in Bergwerken, Salinen, Aufberei⸗
ungsanstalten, Brüchen und Gruben, auf Werften
in Fabriken und Hüttenwerken beschäftigten Arbeiter
ind Betriebsbeamten, letztere sofern ihr Jahresar⸗
Jeitsverdienst an Lohn oder Gehalt 2000 Mt.
icht übersteigt, werden gegen die Folgen der beim
Betriebe sich ereignenden Unfälle nach Maßgabe der
gesfimmungen dieses Gesetzes versichert. Dasselbe
zilt von Arbeitern und Betriebsbeamten, welche von
inem Gewerbetreibenden, dessen Gewerbebetrieb sich
uf die Ausführung von Bauarbeiten erstreckt, in
iesem Betriebe beschäftigt werden, sowie von sonstigen
xi der Ausführung von Bauten beschäftigten Ar⸗
eilern und Betriebsbeamten, soweit dieselben nicht
ihne im Dienste eines Gewerbetreibenden zu stehen,
rediglich einzelne Reparaturarbeiten ausführen. Den
zorftehend aufgeführten gelten im Sinne des Ge—
ches diejenigen Betriebe gleich, in welchen Dampf
esel oder durch elementare Kraft (Wind, Wasser
Dampf, Gas, heiße Luft u. s. w.) bewegte Trieb⸗
werle zur Verwendung kommen, mit Ausnahme
derjenigen Betriebe, für welche nur vorübergehend
eine nicht zu der Betriebsanlage gehörende Kraft⸗
naschine benutzt wird. Auf Eisenbahn⸗ und Schiff⸗
ahrtsbetriebe finden die Bestimmungen dieses Ge—
seßes nur dann Anwendung, wenn sie als inte—
irende Bestandtheile eines der vorbezeichneten Be⸗
webe lediglich für diesen bestimmt sind. Für
zabriken, deren Betrieb mit Unfallsgefahr fuͤr die
autin beschäftigten Personen nicht verknüpft ist,
ann durch Beschluß des Bundesraths die Ver—
icherungspflicht ausgeschlossen werden.“ Bezüglich
des Schadenersatzes wird festgesetzt, daß derselbe
vestehen soll in den Kosten des Heilverfahtens nac
ver vierzehnten Woche nach Eintritt des Unfalls
und in einer von dieser Zeit an dem Verletzten
ür die Dauer der Erwerbsunfähigkeit zu gewährenden
dente. Diese beträgt für die Daue völliger Er⸗
derbsunfähigkeit 66218 pCt. des Arbeitsverdienstes
und bei theulweiser Erwerbsunfähigkeit einen Bruch⸗
hel davon, der jedoch nicht über 50 pCt. des
Urbeitzverdienstes betragen darf. Ferner wird ge⸗
rahrt im Falle der Tödtung Veerdigungskosten
ind füt die Hinterbliebenen vom Todestage an eine
lent für die Wittwe von 20 für jedes Kind bis
3 Lebensjahr von 10, und wenn es mutter—
weist oder wird, von 15 pCt. des Arbeitsver
denstes ; doch dürfen die Renten zusammen 50 pCt.
letteren nicht übersteigen. Aszendenten des
sorbenen erhalten, wenn dieser ihr einziger Er—
p war, bis zu ihrem Tode oder bis zum
—58 der Bedürftiakeit 20 pCt. des Arbeitsber⸗
istes. Im 87 wird festgesetzt: „Die Versicher—
erfolgt durch die Unternehmer der unler d1
Aeden Betriebe auf Gegenseitigkeit, und zwar in
“t 36 daß die zu leistenden Entschädigungen
ae zug von 25 PCt. welche vom Reiche ge⸗
i en 1) mit 60 pCt. der Gesammtheit
* nternehmer derjenigen Gefahrenklasse, welcher
on ‚dem Unfall betroffene Betrieb angehort,
nit 15 pCct. der Betriebsgenossenschaft, welcher,
yrm Betriebsverbande, welchem der von dem
n detroffene Betrieb angehört, zur Last fallen
Im Uebrigen ordnet der Gesetzentwurf die Bestim⸗
mungen über die Gefahrenklassen, Betriebsgenossen⸗
schaften und Verbände, deren Leitung und Ver—⸗
voltung u. s. w. Motive sind nicht beigegeben.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
Müunchen, 22. April. Der Finanzausschuß
der Abgeordnetenkammer beschloß für die Budget—
periode 1882 und 1883 im Ganzen 40,300 M
facultative Cultusbeiträge für Kirchen⸗,
Pfarr- und Thurmbauten zu bewilligen. Hiervon
reffen auf die Pfalz: A. Für Katholiken und
war für 1) die katholische Kirche in Enkenbach
1000 M., 2) Hornbach 1000 M., 3) Mittelber⸗
»ach 1000 M., 4) Otierbach 1000 M., 5) Rech⸗
enbach⸗Schweigen 500 M., 6) Fehrbach 500 M.,
7) Imsweiler 500 M., 8) Rödersheim 500 M.
Annweiler 500 M., 10) Obermohr 300 M.—
1) Kirchenarnbach 200 M., 12) Kusel 1000 M.;
3. für Protestanten und zwar für 1) Altleiningen
1000 M., 2) Nünschweiler 1000 M., 3) Ols-
zrücken 1000 M., 4) Ruppertsweiler⸗ Münchweiler
000 M., 5) Seebach 500 M...6) Trippstadi
500 M., 7) Homburg 300 M.,“8) Erfenbach
300 M., 9 Fehrbach 500 M.
Müuͤnchen, 283. April. “. Der Rückkehr des
Finanzministers v. Riedel aus Berlin wird bie
morgen entgegengesehen; die baldige Anwesenheit
esselben dahier ist wegen des im Laufe der Woche
rfolgenden Abschlusses des Budgets in beiden
dammern erforderlich. Dieser Abschluß wird ein
Defizit von einigen hunderttausend Mark ergeben
ind es wird vorgeschlagen, behufs Deckung desselben
entweder das Verlagskapital um so viel zu kürzen,
»der die Kosten der Flußcorrectionen durch ein An⸗
ehen zu decken; eine Erhöhung der direkten Steuern
vird jedenfalls nicht eintreten.
Nach der „Nordd. Allg. Zig.“ wünscht Fürst
Bismarck die Eröffnung des Reichssstages vorzu⸗
iehmen, falls er bis dahin nach Berlin zuruͤck
ommt. Die Reichsregierung, sagt sie, werde dem
Reichstage die Novelle zur Gewerbeordnung, die
Besetzentwürfe über Unfallversicherung und Kranken⸗
ersicherung der Arbeiter und über das Tabakmonopol
vorlegen; ob noch andere, sei zweifelhaft, da sie den
Reichstag so wenig als möglich mit anderen Auf—
gaben zu belasten wünsche. — Was das Tabak—
monopol vbetrifft, so wird die grundsätzliche Frage,
ob es eingeführt werden soll, wahrscheinlich erst im
Plenum des Bundesrathes entschieden werden
Hestern, Montag, wollten die Bundesrathsausschüsse
nit ihrer Berathung darüber zu Ende kommen
velche sich auf die Einzelheiten des Gesetzentwurfes
»ezieht unter der Voraussetzung, daß der Bundes
'ath sich für die Einführung entscheidet. Die „N.
I. Zta.“ rechnet, daß im Bundesrath mindestens
32 Stimmen für und nur 26 gegen das Tabak—⸗
nonopol sein werden. Anders verhält es sich da⸗
zegen mit dem Reichstag; Berechnungen über das
vahrscheinliche Stimmenverhältniß lassen annehmen,
»aß nicht mehr als höchstens 100 Stimmen im
Reichstag für das Monopol eintreten werden. Was
iber dann? Der Berliner M-Correspondent des
„Pf. K.“ antwortek auf diese Frage: „Wir hörten
zeute eine Frage von einem namhaften liberalen
Abgeordneten, welche wir wiedergeben wollen, weil
sie für die Lage der Dinge außerordentlich bezeich⸗
nend ist. Jener Herr meinte: Fürst Bismarck leg—
das Monopolgesetßz dem nächsten Reichstage wieden
vor mit der Aenderung, daß er die Abfindungs⸗
summe erhöht, und er kann dann versichert sein,
das er die Majorität erhält.“ Die Bemerkung isi
pitzig, sehr spitzig, aber sie trifft den Nagel in so
ern auf den Kopf, als allerdines die mit allerlei
chönen Phrasen, wie .Volkswohl“, „blühende In⸗
huftrie“ und dergleichen verbrämte Opposition gegen
das Tabakmonopol wesentlich doch nur in der Sorge
gewisser Kreise von Betheiligten um ihren Geld
»eutel wurzelt. Anderen reden sie natürlich etwas
Anderes vor und Leichtgläubige, die auf den Leim
zehen, giebt es immer. So bemerkt der „Pf. K.“
zu der Mittheilung seines Correspondenten.
Dem Kommandeur des 2. schlesischen Hufaren⸗
Regiments Nr. 6, Oberft Kähler, ist vom
Kaiser ein sechsmonatlicher Urlaub nach der Türkei
bewilligt worden, um in Konstantinopel die leichten
Tavalerie⸗Regimenter nach preußischem Muster orga-
nisiten zu können. Oberst Kähler hat seinen Namen
purch literarische Arbeiten, namentlich durch die
Schrift „Ueber den Nutzen der leichten Cavalerie
im letzten Feldzuge“ als Militärschriftsteller bekannt
gemacht. Andere Offiziere sollen ihm später nach
der Türkei nachfolgen.
Emden, 22. April. Das deuisch⸗amerikanische
abel wurde vom Staatssekretär Sephan heute dem
Verkehre übergeben, nachdem es durch ein Glück—
vunschtelegramm des Kaisers an den Präsidenten
Arthur von Nordamerika inaugurirt worden. Das⸗
elbe lautet: „Es gereicht mir zur Freude, Ihnen,
derr Prasident, mittels der heuie eröffneten direkten
elegraphischen Verbindung zwischen Deutschland
ind Amerika meine Befriedigung über die Voll⸗
endung des Werkes auszudrücken, welches den
freundschaftlichen Beziehungen beider Nationen zur
weiteren Förderung dienen wird. Die Antwort
Mr. Arthurs an den Kaiser lautet: „Ich habe mit
dieler Genugthuung die erste Depesche auf der neuen
Telegraphenlinie zwischen Deutschland und Amerika
erhalten. Gemeinsam mit dem ganzen Volke der
Vereinigten Staaten, wovon so diele die deutsche
Sprache sprechen, vernehme ich Euer Majestät
reundliche Botschaft mit der Freude, welche Ew.
Majestät über die Eröffnung ausdrücken und im
Vertrauen, daß die neue Linie die freundschaftlichen
Beziehungen weiter fördern wird, welche wir leb⸗
haft wünschen und welche zu erhalten und inniger
zu gestalten mein Bestreben sein wird.“
Ausland.
Petersburg, 283. April. Wie der „Golos“
neldet, hat der Kaiser auf eine bezügliche Vorlage
des Justizministers vom 19. d. M. befohlen, alle
xxceßverhandlungen, welche mit Mißhandlungen
on jüdischen Einwohnern verknüpft sind, sowohl
hei den Friedensgerichten als auch bei den allge—
neinen Gerichtshoͤfen als außer der Reihe stehende
and dringliche zu behandeln.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 25. April. Dem Vernehmen
nach wird sofort nach erfolgtem Lantagsabschiede
mit dem Bau des neuen Amtsgerichtsgefängnisses
dahier, also voraussichtlich in nächster Zeit, be—
gonnen werden.
*St. Ingbert, 25. April. Unsere Polizei
ist gegenwärtig scharf hinter den Stromern und
fechtenden Handwerksburschen her. Gestern wurden
von derselben 3 von der genannten Sorte einge⸗
dracht. Zwei davon, junge und gut gekleidete Leute.