Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Asberter Alzeiger 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
Der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
dlatt und Sonntags mit S8seitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 14 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 60 H, einschließlich 
03 Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen, 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 Z, bei Neclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M 83. 
Erhebung einer allgemeinen Verufs— 
statistis. 
Das k. bayer. Staatsministerium des Innern, 
Abtheilung für Landwirthschaft, Gewerbe und 
handel, hat betreffs der Erhebung einer allgemeinen 
herufsstatistik für den Umfang des deutschen Rei— 
hes (nach 8 1 des Reichsgesetzes vom 13. Februar 
1882), wozu als Tag der statistischen Aufnahmen 
hom Bundesrathe der 5. Juni 1882 bestimmt 
purde, Darlegungen und Anordnungen erlassen, 
welche in 9 Abtheilungen 31 Paragraphen ent⸗ 
zalten. Die für den 5. Juni d. J. angeordnete 
zlgemeine Erhebung bezweckt die Ermittelung der 
herufsverhältnisse der Bevölkerung in Verbindung 
nit einer Ermittelung der landwirthschaftlichen und 
ewerblichen Betriebe. Die allgemeine Erhebung 
er Berufsverhältnisse der Bevölkerung geschieht nach 
daushaltungen. Hiebei gelten einzeln lebende, 
elbstständige Personen als Haushaltungsvorstände 
dann, wenn fie eine besondere Wohnung und eigene 
Hhauswirthschaft haben. Innerhalb jeder Haus⸗ 
Jjaltung erstreckt sich die allgemeine Erhebung der 
zerufsperhältnisse auf die Einzelaufführung aller in 
er Nacht vom 4. auf den 5. Juni 1882 in der 
daushaltung und den dazu gehörigen Räumlich— 
eilen anwesenden Personen, die 14 Jahre alt und 
darüber sind, sowie für Lohn arbeitende oder die— 
nende Kinder unter 14 Jahren, aller aus der 
haushaltung vorübergehend abwesenden Personen, 
die 14 Jahre alt und darüber sind, sowie für 
Lohn arbeitende oder dienende Kinder unter 14 
Jahren. Die nicht für Lohn arbeitenden oder die⸗ 
nenden Kinder unter 14 Jahren sind nach dem 
Beschlechte ausgeschieden bei jeder Haushaltung nur 
der Zahl nach anzugeben. Bei der Erhebung der 
andwirthschaftlichen Betriebe wird von der Haupt⸗ 
frage ausgegangen, ob unmittelbar von der Haus— 
haltung aus Landwirthschaft betrieben, d. h. eine 
bodenfläche, wenn auch vom kleinsten Umfange, 
andwirthschaftlich -— als Acker, Gartenland (mit 
Uusschluß der Ziergärten), Wiese, Weide zum 
Wein⸗, Obst⸗, Gemüse⸗, Tabak- ꝛc. ⸗Bau — be—⸗ 
wvirthschaftet wird. Die Erhebung über die ge⸗ 
werblichen Betriebe durch Gewerbekarten erstreckt sich 
aur auf solche Gewerbebetriebe, welche a) mit einem 
»der mit mehreren thätigen Mitinhabern (Kom— 
hbagnons) oder mit einem oder mit mehreren Ge⸗ 
hilfen oder Arbeitern, oder b) mit Verwendung 
ines Triebwerkes (Kraft- oder Umtriebsmaschine), 
ꝛas durch Wind, Wasser, Dampf, Gas oder Heiß⸗ 
uft bewegt wird, oder eines Dampfkessels ohne 
draftübertragung, welcher den allgemeinen polizei⸗ 
ichen Bestimmungen über die Anlegumg von vampf— 
tesseln unterliegt, oder eine Lokomobile oder eines 
dampfschiffes ausgeübt werdenDie Erhebung 
ecfolgt gemeindeweise; die Ausführung derselben 
iegt der Gemeindebehörde ob. — Die geprüften 
hhlformulare und Kontrollisten sind nach Zähl— 
— und Nummern geordnet sobald als thunlich, 
ür Gemeinden von weniger als 2000 Einwohnern 
ber längstens bis zum 22. Juni, für größere Ge⸗ 
nden längstens bis zum 5. Juli 1882 an das 
heebte Bezirksamt einzusenden. Diese Fristen 
n nicht üͤberschritten werden. Das gesammte 
* ungsmaterial ist mit dem Amtsbogen sobald 
Ir immer moglich, shätestens bis 15. Juli 
gin I das k. statistische Bureau einzusenden. 
9 rstreckung dieser Frist verbietet sich mit Rück— 
den für den Abschluß der Bearbeitung 
aterials vorgesetzten Termin. Unter „Ge⸗ 
windedehörde“ ist in den Landestheilen rechts des 
Samstag, 29. April 1882. 
—17. Jahrg. 
Rheines a) mit Gemeinden mit magistratischer Ver⸗ 
fassung der Magistrat, b) in den übrigen Ge— 
meinden der Gemeindeausschuß, in der Pfalz der 
Bemeinderath begriffen. 
Ausland. 
Paris, 26. April. Die „Agence Havas“ 
erklärt die Nachricht von der Verhaftung eines 
ranzösischen Offiziers in München mit Namen 
Braillie für falsch; dieser Name käme in der franzö— 
ischen Armeeliste nicht vor. Wenn Jemand ver—⸗ 
jaftet worden, so sei es kein französischer Offizier; 
»em Vernehmen nach sei es Jemand von belgischer 
Nationalität. 
Aus Paris wird berichtet: Der Rekrutirungs⸗ 
zesetz⸗ Ausschuß hielt am Mittwoch unter dem Vor—⸗ 
itz Gambetta's seine erste Versammlung. Das 
Zrinzip der dreijährigen Dienstzeit wurde nahezu 
instimmig angenommen. Gambetta setzte in längerer 
Rede auseinander, daß es nothwendig sei, den 
Finjährig-Freiwilligendienst zu unterdrücken und 
zerade die gebildeten Elemente der Nation drei 
Jahre lang in der Armee zu erhalten. 
Aus Rom wird die ernstliche Erkraukung 
des Papstes gemeldet, welche sich seit Sonntag 
o verschlimmert haben soll, um Besorgnisse einzu— 
lößen. Seine Umgebung sagt zwar, der Zustand 
Sr. Heiligkeit sei nicht augenblicklich gefährlich; 
aber seine lange Eingezogenheit im Vatikan zerrüttet 
jeine Gesundheit und verursacht, weil er immer an 
diel Bewegung gewöhnt war, merkliche Schwäche. 
Er habe seinen sonst so guten Appetit verloren und 
eine Verdaulichkeit sei ernstlich gestört. Früher an 
rühzeitiges Aufstehen gewöhnt, vermöge er jetzt nicht 
»or 9 oder I0 das Bett zu verlassen, uͤnd im 
shanzen klage er außerordentlich uͤber Mattigkeit. 
kine große Anzahl von wichtigen Audienzen müßte 
aher auf unbestimmte Zeit hinaus vertagt werden. 
Seine Aerzte dringen auf unverzügliche Luftver⸗ 
inderung in einer hochgelegenen Gegend. Der Papst 
ragte seinen Leibarzt: „Ist das unumgänglich, 
Ddoktor?“ und von demselben eine bejahende Ani— 
vort erhalten, äußerte der Papst: „Wir wollen 
ehen, ob unsere Pflichten es erlauben.“ Am 
Dienstag hielten die Haupt⸗-Cardinäle eine Con⸗ 
erenz, um zu berathen, wie das Kirchenoberhaupt 
am besten zu überreden ist, den Vatikan zu ver— 
assen; aber es wird befürchtet, ihre Bemühungen 
verden vergeblich sein und an der Weigerung des 
Papstes scheitern. 
London, 26. April. (Strike.) Auf der 
ennbahn bei Wrexham hielten vorgestern etwa 
3000 strikende Bergleute von Nord-Wales eine 
hersammlung, in welcher einstimmig beschlossen 
vurde, die Arbeit nur zu den alten Lohnsähen 
vieder aufzunehmen. Sollten die Grubenherren bei 
hrem Entschlusse, die Lohne um 5 pCt. herabzu⸗ 
etzen, stehen bleiben, so werden neue Ruhestörungen 
efürchtet. Mittlerweile wird von allen Punkien 
Dilitär herangezogen, um die Ordnung aufrecht zu 
rhalten. 
(Englands Lage in Süd-Afrika.) .Die 
dreuzzeitung, welche von deutschen Missionären in 
Züdafrika gewöhnlich über die dortigen Vorgänge 
zut orientirt wird, beschäftigt sich sehr eingehend 
nit der Lage der Engländer daselbst und kommit zu 
'olgendem Schlusse: Es erwächst den Engländern in 
Züdafrika von drei Seiten her, von den Portugiesen, 
»en europäischen Holländern und den Amerikanern, 
eine neue Concurrenz. Die alte Afrikanerpartei 
ieht in diesen willkommene Bundesgenosse gegen 
den verhaßten Nationalfeind und rafft sich zu solcher 
knergie auf, daß in Heidelberg (Transbaal) bereits 
ine nationale Handelsvereinigung zu Stande ge⸗ 
ammen ist und daß nicht zu zweifeln ist, daß das 
igliche Regiment in Südafrika auf dem durch den 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 26. April. Wie wir vernehmen 
chreitet die Untersuchung in der bekannten Landes⸗ 
derrathsaffaire, welche allenthalben großes Aufsehen 
erregt und vor dem Reichsgerichte zur Verhandlung 
ommen wird, rasch vorwärts und soll das bereits 
erhobene Beweismaterial ein ziemlich ergiebiges sein. 
Baron de Graillier soll zur Zeit der Wagner⸗ 
Tyclus⸗Vorstellungen, welche im vorigen Jahre am 
viesigen königlichen Hoftheater gegeben wurden, 
hierher gekommen sein und seit dieser Zeit in München 
derweilen. Wie man sich erinnert, sind zu den er— 
vähnten Vorstellungen zahlreiche Fremde aus Frank— 
reich nach München gekommen, und soll nunmehr 
zegründeter Verdacht bestehen, daß unter denselben 
sich mehrere Emmissäre befunden haben. Der mit⸗ 
verbündete Brunner, welcher als ein Schweizer be— 
bezeichnet wurde ist keineswegs aus der Schweiz, 
sondern ein geborener Münchener, der Sohn eines 
ZStrohutfabrikanten dahier; der weitere Genosse 
Baron Kreittmayer, ein Nachkommen des bekannten 
zayerischen Gesetzgebers gleichen Namens, dessen 
Vonument am Promenadeplatz steht. 
Aus München wird dem „Pf. K.“ unterm 
26. d. geschrieben: Prinz Luitpold, welcher den 
Landtag am 18. September vorigen Jahres als Be— 
oslmächtigter S. M. des Königs feierlichst eröffnete 
st auch mit der Schließung desselben betraut worden, 
velche kommenden Samstag mit dem üblichen großen 
Leremoniell im Sitzungssaale der 2. Kammer statt⸗ 
inden wird. Beide Kammern wollen am Freitog 
hre Schlußsitzung abhalten. Zur Berathung der 
von den Kammern erzielten Gesammtbeschlüsse und 
uur Berathung des Landtagsabschiedes wird am 
Freitag eine Sitzung des Staatsrathes ftattfinden. 
München, 27. April. Die Abg.⸗Kammer 
nahm in ihrer gestrigen Abendsitzung den Etat der 
hirekten Steuern nach dem Vorschlag des Finanz⸗ 
russchusses, wonach ein minimaler Zuschlag bei 
illen direkten Steuergattungen eintritt, ferner die 
einzelnen Artikel des Finanzgesetzes an. Die 
)efinitive Abstimmung über das letztere erfolgt heute 
Was den Steuerzuschlag betrifft, so wird derselbe, 
da das jetzt festgestellte Budget mit nur einem kleinen 
Defizit abschließt, kaum nennenswerth sein.) 
Berlin, 26. April. (Fürst Bismarch) soll 
sich, dem Vernehmen nach, auch in diesem Jahre 
vieder zur Cur nach Kissingen begeben. 
(Die Verwendung giftiger Farben.) 
leber den Entwurf einer Verordnung betr. die 
Verwendung giftiger Farben hat der Bundesrath 
beschlossen, daß als giftige Farben im Sinne der 
Lerordnung alle diejenigen Farbstoffe und Zube— 
eitungen angesehen sein sollen, welche Antimon 
Spießglanz), Arsenik. Baryum, ausgenommen 
Zchwerspat (schwefelsauren Baryt), Blei, Chrom, 
uusgenommen reines Chromoxyd, Caunium, Kupfer, 
Quecksilber, ausgenommen Zinnober, Zink, Zinn, 
Bummigut, Pikrinsäure enthalten. Ein Antrag 
Sachsens, den im Verordnungsentwurf vorgesehenen 
Termin in Bezug auf das Verkaufen und Feilhalten 
von Spielwaaren bis zum 1. April 1884 hinaus⸗ 
uschieben, war abgelehnt worden.