Full text: St. Ingberter Anzeiger

ʒxt. Jugherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
Der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Sontag, Dienstag, BVonnerstag, Samstag und Gonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
zlatt und Sonntags mit S8seitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 A 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1M 60 H, einschließlich 
0 ¶Zustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr fuür die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen, 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I38 Z, bei Reclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M 86. 
Dienstag, 2. Mai 1882. 127. Jahrg. 
iti 27 Werst vertheilt, angelegt. Jede Befestigung ist 
Politische Uebersicht 250 Faden lang. Zwei Werst hierdon entfernt 
verden 4 ebenso große Forts errichtet, jenseits von 
Praga, 6 Werst von der Stadt, 4 Forts von 
zrößeren Dimensionen. Zur Ausführung dieser 
Arbeiten sind für das laufende Jahr zunächst zehn 
Millionen Rubel angewiesen. 
Der russische votschafter bei der französischen 
Kepublik, Fürst Orloff, der zum Besuche des 
Fürsten Bismarck nach Friedrichsruh gereist ist, hat 
ich in Berlin über die Verhältnisse in Rußland klar 
nusgesprochen. Zunächst soll er betont haben, daß 
ein in veranwortlicher Stellung befindlicher russischer 
Staatsmann für die nächsten Jahre einen Krieg 
sußlands gegen eine europäische Großmacht für 
nöglich hält. Dann hat er weiter von der Ent⸗ 
üstung des Kaisers über die Judenhetze gesprochen, 
»eren Beseitigung der Czar von Ignatieff energisch 
»erlangt. (Mit der Petersburger Friedensversiche⸗ 
ung kontrastiert freilich die Eile, mit rꝛecher Neu⸗ 
efestigungen ins Werk gesetzt werden.) 
Deutsches Reich. 
München, 30. April. Die Blätter ver— 
ffentlichen den Landtagsabschied, mit welchem gestern 
die Kammer geschlosser wurde. Einen Schluß—- 
vassus, in welchem in den seitherigen Landtags— 
zbschieden meistens die Allerhöchste Befriedigung 
üher den Verlauf und die Ergebnisse des verflosse— 
nen Landtages ausgedrückt wurde, enthält dieser 
dandtagsabschied nicht; er schließt mit folgenden 
urzen Worten: „Indem Wir diesen Abschied er—⸗ 
— 
ind bleiben Unseren Lieben und Getreuen in kö— 
uiglicher Huld und Gnade gewogen.“ 
München, 1. Mai. Der Minister des 
duswärtigen Frhr. v. Crailsheim ist heute 
rüh zur Theilnahme an den Arbeiten des deutschen 
zundesrathes von hier nach Berlin abgereist. 
Die Motive zum Unfallversicherungs 
‚esetz, welche dem Bundesrath zugegangen sind, 
uühren aus, daß ein Reichszuschuß wenigstens so 
ange geboten sei, bis durch die Erfahrung nachge⸗ 
viesen ist, daß die Industrie die Last ohne Gefähr— 
nung ihrer Existenzfähigkeit allein zu tragen im 
jande sei; das sei aber nach unzweideutigen Kund— 
ebungen namentlich der Kohlen- und Eisenindustrie 
eht zweifelhaft. Dann heißt es: „Auch kann nicht 
inbeachtet bleiben, daß die Gewährung eines Zu—⸗ 
chusses zu den Kosten der Unfallversicherung aus 
Reichsmitteln in hohem Maße geeignet erscheint, 
ie sozialpolitische Wirksamkeit des zu erlassenden 
hesetzes zu verstärken, weil in demselben am un— 
mittelbarsten und in der dem Arbeiter verständlichsten 
WBeise die Fürsorge des Reichs für die Verbesserung 
einet Lage zum Ausdruck gelangt.“ 
Es besteht die Absicht, in diesem Herbste eine 
Fonferenz von Vertretern sämmtlicher 
sisenbahnverwaltungen des Deutschen 
deiches einzuberufen, um durch dieselbe, soweit 
igend möglich, einheitliche Grundtaxen für die Per⸗ 
onenbeförderung feststellen zu lassen. 
Wiesbaden, 1. Mai. Der Kaiser hat 
eestern Abend 8 Uhr 30 Min. unsere Stadt wie— 
rer verlussen und sich nach Berlin zurückbegeben. 
In der Wilhelmstraße, wo in der Anlage des 
Warmen Damm die Capelle des 80. Inf.⸗Reg. 
oncertirte und welche bei der Durchfahrt des Mo— 
narchen in bengalischer Beleuchtung erglänzte, hatte 
ich eine große Volksmenge eingefunden, welche den 
0 Landesfürsten mit ihren Sympathien be— 
üßte 
eines Uhrendiebstahls überführt, welchen derselbe 
uuf dem Fröhnerhof verübte. Im hohen Grade 
verdächtig ist derselbe ferner eines Uhrendiebstahls, 
den derselbe in Hochspeyer verübt haben soll; wenig⸗ 
tens hat der Bestohlene bei der Confrontation des 
Wuttge diesen als jenen ihm unbekannten Mann 
wiedererkannt, der in seinem Hause war und nach 
dessen Verschwinden eine Taschenuhr dn —8 
(K. 3. 
Oaardt, 29. April. Die berühmten 
Wolf'schen Anlagen sind durch Schenkung der 
Frau Wittwe Wolf in den Besitz des badischen 
Oberschulraths Dr. Bürklin, Anverwandter der Frau 
Wittwe Wolf, Ehemann ihrer Nichte, ügergegangen. 
— Deidesheim, 27. April. An dem Baue 
des Herrn Reichstagsabgeordneten Herrn Dr. F. 
A. Buhl dahier wurde eine beträchtliche Anzahl 
ilter Gold- und Silberminzen gefunden, die aus 
dem 12. Jahrhundert stammen sollen. 
— In Albers weiler bei Landau feiert 
iach der „Pf. Pr.“ das Ehepaar Gehrhard das 76. 
Jahr in der Ehe. Der Mann ist 102 Jahre alt 
ind die Frau zählt 98 Jahre; beide noch gesund. 
— Am verflossenen Sonntag fand in Ger— 
nerbheim der Turntag des Pfäalzischen 
Turnerbundes statt. Vorsitzender war der 
auvertreter, Herr Dochnahl. Vertreten waren 
27 Vereine, nicht vertreten 4 Vereine, darunter 
St. Ingbert. Dem Bunde gehören jetzt im 
Hanzen 81 Vereine an mit 2522 Turnern. Als 
vichtigster Beschluß kann die Annahme des Antrags 
»on Speyer gelten: „Der Turntag wünscht, daß 
ʒei Abhaltung von lokalen Preisturnen Wettpreise 
nicht mehr gegeben werden. Als Preis soll ein 
Zranz oder Diplom bestimmt werden, auf deren 
fünstlerische Herstellung Gewicht zu legen ist. Ein 
jür den ganzen Bund giltiges Weitturnge'etz ist 
zurch den Turnrath festzustellen, der das Recht hat, 
ich zu cooptieren.“ Der nächste Turntag wird in 
dürkheim abgehalten. 
- Frankenthal, 1. Mai. Sicherm Ver— 
iehmen nach wurde Herr cand. theol. Jakob Muüller 
»on hier für die Lösung einer von der Universität 
Straßburg gestellten wissenschaftlichen Preisaufgabe 
iuch in diesem Jahre preisgekrönt. 
(Frkth. Tgbl.) 
— Haßloch, 30. April. Wie derlaulet, be⸗ 
ibsichtigt die Tabatfabrik Rilter K Cie. in Mann⸗ 
jeim für den Fall, daß das Monopol im Reichs⸗ 
age zu Fall kommt, hier eine große Tabakfabrik 
u errichten, in welcher einige hundert Personen 
Beschäftigung finden sollen. Es wäre dies für 
ansere ärmeren Klassen eine wahre Wohlthat. (Pf. Pr.) 
— Ludwigshafen, 80. April. Die gestern 
zier abgehaltene Generalversammlung der Pfälzischen 
Bahnen hat die Vorlage betreffs Vinculirung von 
Aktien und Prioritäten genehmigt. 
Lokale und pfaälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 2. Mai. Gestern Nach— 
nittag entwendete der als Langfinger bekannte, 
33 Jahre alte Jakob Stauch von Einöd von zwei 
nit Mehl beladenen Wagen vor dem Mehlmagazin 
der Knappschaft zum Nachtheil zweier Dienstknechte 
bei Gebr. Frank in Saargemünd 2 Paceete Tabak, 
JSacktuch, 1 Wurst und 1 Kittel. Derselbe wurde 
aber nach der That verfolgt und gelang es Polizei⸗ 
diener Steinfels unter Mitwirkung, des Metzger⸗ 
hurschen Mathias Scheiner, denselben in den Groß⸗ 
zärten einzufangen. 
* St. Ingbert, 2. Mai. In der Nacht 
jon Sonntag auf Montag wurde einem hier in 
Dienst stehenden Knechte. von auderen Burschen so 
übel mitgespielt, daß er mehrere Wunden am Kopfe 
davon trug und ärztliche Hülfe nöthig hatte. 
— Aus dem Rechenschaftsberichte des Pfal⸗ 
ischen Jagdschutzvereins über die Thätigkeit und 
Leistungen pro 1881,82 entnehmen wir der „Pf. 
P.“ Folgendes: In der Zeit vom 1. Februar 1881 
dis 1. Februar 1882 wurden für hervorragende 
Thätigkeit im Jagdschutzdienste 127 Prämien von 
e 5 bis 30 Mark im Gesammibetrage von 1866 
Nark vertheilt. Die Prämien vertheilen sich auf 
73 Protokollanten und treffen hievon auf die kgl. 
hendarmerie 101 Personen, auf den Gemeinde— 
hutzdienst 31 Personen, auf den Privatjagdschutz 
5 Personen, auf den Staatsjagdschutz 11 Per— 
onen und die Privatanzeiger 15 Personen. Rechts⸗ 
räftig bestraft wurden in der Pfalz innerhalb des 
stechnungsjahres 189 Personen. Nach dem Rech— 
iungsabschlusse vom Jahre 1881/82 betragen die 
finnahmen a) Saldo vom Jahre 1880 414.37 M. 
) Beiträge pro 1881 1418 M. Summa 1832.37 
Nk. Ausgaben 2256.68 M., mithin ergiebt sich 
in Defizit von 423.96 M. Dieses Defizit hal 
einen Grund darin, weil die im abgelaufenen 
sechnungsjahre zuerkannten Prämien jene des Vor⸗ 
ahres um 637 M. übersteigen. 
— Pirmasens, 29. April. In der heutigen 
Sitzung des Amtsgerichts wurde der Handelsmann 
Mayer von Rodalben wegen Verdachts des Meineids 
n einer Handelssache verhaftet und soll derselbe noch 
)jeute in das Landgerichtsgefängniß nach Zwei— 
zrücken überführt werden. (P. A.) 
— Kaiserslautern. Der wegen des 
Ittentats auf den Lohnsfelder Schneider verhaftete 
Buttge (aus Berlin) wurde seit seiner Verhaftung 
Ausland. 
Paris, 30. April. Die „Agence Havas“ 
neldet: Nach Londoner Nachrichten haben England, 
fußland und Oesterreich die frangöfischen Vor⸗ 
lage bezüglich der Donauschiffföhre im Prinipe 
anc ommen, die Zustimmung der anderen Mächte 
cheine gesichert, nur Rumänien erhebe betreffs ein⸗ 
jelner Detalls Schwierigkeiten. 
Die (deutsche) . Petersburger Zeitung“ meldet, 
daß das russische Kriegsministerium Details für 
ie im Prinzip beschlossene Erbauung neuer Forts 
n Warschau, Kowno und Gonionz (Gonvernement 
Hrodno), im Gesammtkostenbetrag von 60 Millionen 
manschlagt, ausarbeitet Die“ Arbeiten sollen in 
ehn Jahren beender sein. In diesem Jahre sollen 
„Forts bei Warschau in Angriff genommen 
taen. Sechs Werst von Warschau, auf der linken 
Abseite, werden 7 Foris, auf eine Strecke von 
Vermijschtes. 
F München, 29. April. Fürst Otto von 
Dettingen⸗Spielberg, Mitglied der Kammer der 
steichsräthe, ist heute in Folge eines Schlaganfalles 
ier gestorben. 
F München, 29. April. Gestern war eine 
Anzahl Pfälzer und anderer liberaler Abgeordneten 
n der „Rheinpfalz“ bei fröhlichem Mahle versam— 
nelt und wurden besonders dadurch erfreut, daß 
iber den Gesundheitszustand der feit langer Zeit 
hrer parlamentarischen Thätigkeit entzogenen Abge⸗ 
rdneten K. H. Schmidt und Hert sehr günstige 
dachrichten eingelaufen waren. Die Versammlung