Full text: St. Ingberter Anzeiger

und zwei Lebens-Versicherungspolicen im Belaufse 
bon 3000 Mark. In den verbleibenden Rest (7) 
theilen sich die Witiwe und neun Kinder aus drei 
Ehen. Niemand wird sich klar darüber. wie ein 
Mann, der lange Jahre ein Einkommen bis zu 
10.000 Gulden pr. Jahr, in den letzten Jahren 
aber einen ständigen Gehalt von 8000 Mark hatte, 
so wirthschaften konnte, wie es hier geschehen ist.“ 
Wie uns von anderer Seite mitgeiheilt wird, soll 
Paulus von Leuten gehalten worden sein, die er 
sich durch seine agitatorische Thätigkeit bei Wahlen 
verpflichtet hatte. — Ueber die Todesursache schwe⸗ 
ben Gerüchte, denen wir vorerst keine weitere Be⸗ 
achtung schenken möchten. 
— In einigen Wochen wird der Garten der 
Bierbrauerei „zum Storchen“ (Sick) in Speher 
elektrische Beleuchtuug — wohl die erste in der 
Pfalz — erhalten. Die Anlage ist der bekannten 
elektrotechnischen Anstalt von Schwerdt in Karls⸗ 
ruhe übertragen. 
Vermischtes. 
pWürzburg. 1. Mai. Am Samstag hat 
das Schwurgericht ein Tode surtheil gefällt. und 
war gegen einen Vater, der seine zwei eigenen 
inder“ cemordet hat. Der Hüttner Heurich in 
Motten hatte drei Kinder, ein 4jähriges noch le⸗ 
bendes Mädchen, sowie den im Alter von 284 
Jahren verstorbenen Jonas und ein jüngeres Kind 
Martin. Unter den Nachbarn verbreitete sich bald 
das Gerücht, daß Heurich seine Kinder mißhandle. 
Als nun der kleine Jonas plötlich starb, wurde 
auf Anzeige des Leichenbeschauers Untersuchung ein⸗ 
geleitet und Sektion vorgenommen, welche erwies, 
daß der Tod des Kindes durch Bluterguß ins 
Schädelinnere erfolgt, durch Schläge mit einem 
stumpfen Gegenstand herbeigeführt worden sei. 
Wahrend der Untersuchung wurde auch die Leiche 
des früher verstorbenen Kindes Martin ausgegraben 
und bei der Sektion ein Bruch des Schädeldaches 
konstatirt. Der Angeklagte leugnete sowohl in der 
Voruntersuchung wie in der Haupiverhandlung jede 
Schuld. Die Geschworenen bejahten die auf Mord 
lautende Schuldfrage, worauf der Gerichtshof das 
Todesurtheil fällte. 
PwWäürzburg, 3. Mai. Eine hiesige Näherin 
wurde gestern früh in ihrem verschlossenen Zimmer 
todt aufgefunden. Dieselbe hatte Gift genommen. 
Da es aufgefallen war, daß das Mädchen seit zwei 
Tagen das Zimmer nicht verlassen hatte und das⸗ 
selbe auch, wo sie sich zum Nähen angemeldet hatte, 
nicht erschienen war, öffnete die Polizei ihre Stube. 
Es fand sich ein Brief vor, in welchem das Mad⸗ 
chenx, das vor wenigen Tagen wegen falscher Nach 
rede eine Haftstrafe erhalten hatte, erklärte, daß sie 
völlig unschuldig verurtheilt worden sei und es nicht 
ertragen könne, unter diesem Vorwurf länger zu 
leben. (N. W. 3.) 
In Neumarkt in der Oberpfalz sind am 
Montag 36 Firste, darunter 20 Wohnhäuser, a b⸗ 
gebrannt. Viel Vieh ist in der Flamme um— 
gekommen. 
Miesbach (Oberbayern), 29. April. 
Daniel heißt ein neuer Herkules welcher sich ver⸗ 
flossenen Sonntag in Wall bei Miesbach producirt 
hat; derselbe hebi einen 160 Kilo wiegenden Stein 
mit einem Finger vom Boden auf und beschwer⸗ 
ihn dann noch mit weiteren 60 Kilo, was 4 Ztr. 
und 40 Pfund Gesammigewicht ausmacht, eine 
Leistung, die ihm Wenige nachmachen werden. 
Von der Saar wird der „Nordd. Allg. Ztg“ 
geschrieben: „Das durch die neue Wirthschafts⸗ 
poliiik hervorgerufene rege Leben auf den meisten 
Gebieten der Indufstrie zeigt sich in höchst erfreulicher 
Weise auch in dem diesseitigen sehr bedeutungs⸗ 
vollen Industriebezirk, von dessen Wohl und Wehe 
die Lage vieler Tausende von Arbeiterfamilien ab⸗ 
—X——— auf der königl. Saar⸗ 
hrüder Bahn ist in allen Geschäftsbranchen ein sehr 
bedeutender, dazu kommt der Kohlenverkehr, der 
mit dem Wiederaufblühen der Industrie 
ain erheblicher geworden ist. Im abgelaufenen 
Quartal hat das königl. Bergamt zu Saarbrüchen 
78376 Tonnen mehr aoͤgesetzt, als im gleichen Zeit⸗ 
raume des Vorjahres. Dieser Absatz würde ein 
noch stärkerer gewesen sein, wenn nicht infolge des 
Wassermangels der Schiffverkehr auf dem Saaor⸗ 
tangi unmd vielen französischen Kanalen so außer⸗ 
ordentlich beeinträchtigt worden wäre. Die ver⸗ 
schiedenen industriellen Etablissements im Saar⸗ 
Blies⸗ Nahe⸗Revier, insbesondere auch diejenigen 
für Glas, Steinqut und Leder, fabrizieren in ver⸗ 
starktem Maße und finden nach allen Richtungen 
hin gesteigerten Absatz; der Steinverkehr an der 
Saar und Nahe hat die Grenze des Binnenver. 
—D selbst am Rhein, 
wo doch Steinbrüche verschiedener Art in regstem 
Betriebe sich befinden, hat sich für Steine aus der 
Saar⸗ und Nahe⸗-Gegend ein lohnendes Absatzge⸗ 
biet erschlossen. Die Eisenindustrie ist reichlich be— 
ischäftigt und muß ihre Leistungsfähigkeit, um der 
Nachfrage genügen und die eingehenden Bestellungen 
ausführen zu konnen, stark ausnutzen und sich er⸗ 
weitern. Die Eisenhütte Burbach, auf welcher 52 
Puddelöfen in Betrieb sind (4 neue kommen noch 
hinzu) baut noch große Hochöfen von 100 Tonnen 
Kohlen täglichem Bedarf. Die Hütte, deren Eisen⸗ 
fabtikate einen ausgezeichneten Ruf haben, liefert 
T-⸗Eisen auch nach Frankreich, der Westschweiz und 
bia Mont Cenis nach Italien. Ihre Eisenerze be— 
zieht sie aus mit ihr verbundenen Bergwerken im 
dutemburgischen. In Neunkirchen sind 6 Hoch⸗ 
ofen in Betrieb und einer im Bau; das neue Stahl⸗ 
werk daselbst wird bald fertiggestellt sein. Die 
eine Reihe von Jahren außer Betrieb gewesene 
Völklingerhütte ist wieder in Aktivität; sie verar— 
heitet noch fremdes Roheisen, will aber jest, um 
jelbst Eisen herzustellen, 2 Hochöfen errichten. Das 
Dillinger Hültenwerk erfreut sich auch außerordent— 
lich vieler Aufträge und arbeitet mit der größten 
Anspannung; ihren Hauptverkehr hat diese Hütte 
nach Norddeutschland (Spezialität Panzerplatten) 
und Belgien; neuerdings hat sie auch Aufträge in 
Panzerplatten von der chinesischen Regierung er⸗ 
Falten, und weilt in Dillingen gegenwärtig ein 
höherer chinesischer Militärbeamter. Und dieser so 
Jöchst erfreuliche, für die Bevolkerung unserer In⸗ 
zustriebezirke so sehr bedeutungsvolle Aufschwung 
ist wesentlich dem Schutze zu verdanken, welcher der 
Fisenindustrie, nach langem Siechthum derselben, zu 
heil wurde. Auf den allgemeinen geschäftlichen 
Kerkehr übt diese Bessergestaltung einen wohlthuenden 
Finfluß aus, der hoffentlich noch wahrnehmbarer 
sein wird, wenn der neue Schienenweg durch den 
St. Gotthard-Tunnel die leichtere Verbindung 
wischen Deutschland und Italien als wesentlick 
zünstig wird erscheinen lassen.“ 
'Mahrungsmittelfälschung.) Der Wein— 
händler Ruckgaber von Offenburg GBaden) if 
wegen mehrfachen Betruges und Vergehens gegen 
das Nahrungsmittelgesetz zu 6 Wochen Gefängniß 
100 fl. Geldstrafe, ev. 20 Tage weitere Haft, ver— 
artheilt worden. 
F Von einem hundertjährigen Raben 
weiß die „N. d. Jagd-⸗Ztg.“ Folgendes zu erzählen 
In der Nähe von Metg zeigte sich kürzlich ein 
Rabe von seltener Größe, bei dem man, nachdem 
er erlegt war, einen metallenen Ring am Fuß 
fand, der die Inschrift trug: „Geboren zu Cour— 
iray 1782“. Gerade hundert Jahre hätte demnach 
der schwarze Vogel durchlebt; er war Zeuge der 
Revolution und ihrer Kriege, um schließlich miß 
Metz wieder in deutsche Hand zu fallen. (Voraus⸗ 
gesetzt, daß dieser seltene alte Rabe nicht bloß eine 
der häufigen „Jagdgeschichten“ vorstellt.) 
Gtkobelew⸗Dosen.) Die „Straßb. P.“ 
schreibt: In einem weithin bekannten Etablissement 
der Pfalz werden gegenwärtig eine große Menge 
Tabakdosen für französische Rechnung hergestellt 
SZoweit wäre an dieser Mittheilung gewiß nichts 
onderlich interessantes, wenn die betreffenden Dosen 
aicht sammt und sonders mit dem Bilde des großen 
Redners Skobelew geziert werden müßten. Nun 
asse man den Bestellern dies kindliche Vergnügen! 
56 geht eben nichts über den guten Geschmack 
selbst wenn es sich dabei auch nur um Tabak. 
osen handelt. 
Zu den neuesten Erfindungen gehört 
die drehbare Hacke an Schuhen und Stiefeln, wo⸗ 
durch das „Schieflaufen“ verhindert werden soll. 
Luremburg, 1. Mai. Der Lithograph 
Wilhelm Frahne hier und der Haarschneider Michael 
dauff zu Esch a. d. Alzeite sind heute jener zu 15 
Fahren Zwangsarbeit und dieser zu 5 Jahren Ge— 
ängniß vom hiesigen Schwurgericht verurtheil 
vporden, weil sie eiwa 4000 Stück deutsche 
Reichskassenscheine zu 5 M. nachgemach 
und zur Hälfte meist in Elsaß-Lothringen ausge— 
zJeben haben. In Frahnes Reisekoffer, der in Die⸗ 
denhofen stand, waren noch 2000 Stück vorhanden 
jewesen. Die dunkelblaue Farbe der Verzierungen, 
'owie die weiße Grundfarbe der Schauseite war 
heller als bei den echten Kassenscheinen. Auf der 
Nückseite waren links unten die Seriennummer 
rechts oben die Litera und links unten die 
Nummer mangelhaft. 
Berlin. Ein moderner Rhapsode. e 
mir gegrüßt, Holdselige hinter dem Tischen 
Ladens, — reich' eine Gabe dem Armen, der 
ne Dich binet.Mn diesen Worten bettet 
einigen Tagen Nachmittags ein etwas reduziert 
ehender Mann eine Konditorei in der K. su 
Die anwesenden Herren wurden durch diesen * 
onderbaren Gruß in ihrer Zeitungslektüre gesu 
ind schauten lachend den bescheiden an der 
tehenden Sprecher an. Diesen schien dies dinß 
nus nicht zu genieren und mit einer tiefen Wa 
zeugung nahm er die ihm von der Mamsell gereich⸗ 
dyabe in Empfang. „Hab' Dank, Du holde up 
schönste des Weber⸗Geschlechtes, für die so schneh 
Frfüllung der Bitte des alternden Mannes 
Ift auch die Gabe gering, die Du drüchst ind 
dand mir, die rechte, — macht sie doch voll de 
Feld; das ich brauch' zum Schlaf für den Abend 
der Mann sprach alles in Hexametern, die als 
dings ebenso reduziert waren, wie seine Kleidun, 
die anwesenden Herren, die sich über den sonde 
haren Menschen amüsierten, winkten ihm zu, nah⸗ 
zu treten und beschenkten ihn ebenfalls. Nu 
feinem Stand und seiner Beschäftigung befrag 
antwortete er: „Vor mehreren Jahren noch lehi 
ich das mensa die Knaben der Serta. — Dim 
den Geist, den man Fusel auch nennt, verlor r 
die Stellung, die gute. Jetzt bin ich Nichts im 
Alles, wie es nehmen wollen die Herren.“ 
Wollen Sie eine Tasse Kaffee auf meine Rechnun 
irinken?“ fragte ein anderer Herr. „Nicht verahh 
ich der schwarzen Trank der Levante — dodh den 
ich sprechen die Bitte, die ruhet versteckt mir in 
derzen, — geben das Geld mir der Herr, das he 
sahlen Sie müssen, wenn ich trinke. — Ich lan 
heute Abend dafür stillen den Hunger, den großen. 
Lachend zogen die Anwesenden ihre Börsen und 
ergab die Sammlung ein so gutes Resultat, di 
sich der Sonderlmg schmunzelnd und freudeste 
senden Bligs mit tiefen Verbeugungen gegen 
Geber empfahl. 
Berlin, 2. Mai. Eine getanzn 
Reise⸗Beschreibung, das wird das neu 
sein, was die schaulustigen Berliner zu sehen hen 
ommen. Gestern ist hier der Contract unterzeich 
worden, durch welchen Augustus Harris, der d 
rektor des Drury-Lane-Theaters zu London sich der 
pflichtet, mit dem gesammten Apparat: Maschinerien 
Decorationen, Lichteffecten ꝛc., sowie seinem ganzi 
Balletcorps, mit welchem die Pantomime Robinsor 
Crusoe“ Ende vorigen Jahres von ihm in Scent 
zesetzt und mehrere hundert male gegeben woneh 
ist. in das Victoriatheater hierher überzusiedeln m 
das nach Campe frei bearbeitete abenteuerliche Lebt 
Robinson's dort pantomimisch darstellen zu lassn 
Zum erstenmale wird Berlin nun auch eine d 
deliberutmten Londoner Christmas pantomime 
zu sehen bekommen, welche noch immer, X 
für die kleinen, sondern auch für die großen Kind 
der „Sity“ daß Ereigniß des Jahres sind und d 
bom ‚boxing äay? angefangen, bis tief ind 
Winter hinein, fast jede Bühne Londons beherrjchr 
Gnternationaler Congreß der Impfgegne 
Im Laufe des Sommers soll in Berlin ein intt 
Jationaler Congreß von Gegnern des Impfzwan 
zattfinden, für welchen sich schon jetzt ein Of 
tomité gebildet hat. 
Giesenschlangen im Berhir 
Aquarium.) Unter Hagenbec's eigener Leitn 
sind Montag früh die von demselben eingefangen 
Riesenschlangen i16 an der Zahl, im Aquen 
aingetroffen. In 16 starken hanfenen Säden laye 
die Ungetüme machtlos über dem für sie bestimn 
Glaskafig da, die noch vor 3 Monaten sich in 
dien um Palmenstämme und Bambusrohte wander 
Scchs der großten dieser Rebtilien sind schon 
Anicata umermegs, wohin sie Hagenbecks dorh 
Agent telegraphisch bestellt hat. Noch auf.d 
Dampfer gelang es einigen von ihnen, die Hanen 
welche sie bergen, mit ihrer riesigen Muslelu 
zu sprengen. Doch Hagenbec weiß mit die 
Bestien fertig zu werden, besser als der wel 
Trojanische Oberpriester Laokoon. Das bewie⸗ 
beim Einsetzen der Thiere in das Bassin. 
Arbeiter öffnete einen Sack nach dem and⸗ 
Hagenbeck packte das sich herauswindende Ungel 
ast'an der Kehle und geleitete es durch Stuen 
und Schieben auf einer schmalen Leiter 
Kaͤtig hinab. Biß einmal eine der Bestien 
dnd 'ihr rasch der Hanfsack vorgehalten 
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