Full text: St. Ingberter Anzeiger

ðSl. Junherter Auzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
7 St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sountag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
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M 93. 
Samstag, 13. Mai 1882. 17. Jahrg. 
jfi desraths stimmten Hessen, Baden und Oldenburg 
Politische Uebersicht. — gegen den 87 * Unfallgesetzes (Reichzuschuß). 
Deutiches Reich. Schließlich sümmten sie jedoch fuͤr das gange Geseh 
Muͤnchen. Se. Maj. der König haben zu das angenommen wurde. J 
enn geruht, daß Se. königliche Hoh. Prinz Das Unfallversicherungsgesetz, wie es 
Zutpold die feierliche Eröffnung der Landes-Indu- der Bundesrath genehmigt hat, ist bereits dem 
sie, Gewerbe⸗ und Kunst-Ausstellung in Nürnberg Reichstage eingereicht worden, ebenso die Uebersicht 
n 15. d. M. im Allerhoͤchsten Auftrage vornehme. der Entschließungen des Bundesraths auf die Be— 
Se. kgl. Hoh. wird als Vertreter Sr. Maj. auf hhlüsse des Reichstages in der vorigen Session. 
der dortigen Burg eine größere Tafel abhalten. Somit ist der Reichstag jetzt im Besitz sämmtlicher 
Berlin, 10. Mai. Im Reichstag be— üür diese Session zur Erledigung bestimmtten großen 
zann heute die Berathung der Gesetzesvorlage be- Vorlagen. 
Jeffend die Einführung des Tabakmonopols. 
ẽzs sprachen Staatssekretär Scholz für, Sandtmann 
Fortschritt) gegen, Minister a. D. Hobrecht (nat.⸗ 
.) gegen, Unterstaatssekretär Mayr (Straßburg) 
cür und v. Minnigerode (kons.) ebenfalls für die 
Borlage, resp. für Kommissionsberathung. — Nächste 
Sitzung Freitag. — Die Nationalliberalen stimmen 
für die Kommissionsberathung des Monopols, ver⸗ 
werfen dieses selbst aber einstimmig. 
Berlin, 11. Mai. Die Diskussion über das 
Tabakmonopol dürfte noch Freitag und Sonn— 
abend den Reichstag beschäftigen. Zum Worte 
ind noch gemeldet, von den Konservativen ein 
äͤchsischer Abgeordneter gegen das Monopol, von 
den Sezessionisten Stauffenberg und Barth, von der 
keichspartei Leuschner (Eisleben), vom Fortschritt 
Richter, von den Sozialdemokraten v. Vollmar, vom 
dentrum Windthorst. Ferner ein Pole. Von den 
klsässern wird Zorn v. Bulach für, Simonis gegen 
das Monopl das Wort ergreifen. — An infor—⸗ 
mierten Stellen wird die Minorität des Reichstages 
für das Monopol jetzt nur auf 60 höchstens 70 
Stimmen geschätzt, da unter den Konservativen mehr 
hegner des Monopols vorhanden sind, als ange⸗ 
nommen wurde. — Außerdem gewinnt es immer 
mehr an Wahrscheinlichkeit, daß in der Kommission 
die Mehrheit sich entschließen wird nach Ablehnung 
des J 1 auf die Detailberathung der Vorlage des 
wdeiteren zu verzichten. Hierfür soll auch die Zu⸗ 
timmung des Centrums gewonnen sein. 
Petitionen an den Reichstag. Das erste 
berzeichniß der bei dem Reichstag eingegangenen 
hetitionen ist soeben veröffentlicht worden. Unter 
venselben nehmen den breitesten Raum ein die Peti⸗ 
tionen einer großen Reihe von Vorständen land⸗ 
virthschaftlicher Vereine um Einschränkung der Frei⸗ 
üügigleit bezw. Abänderung des Gesetzes über den 
Unterstützungswohnsitz, namentlich in Vezug auf den 
heginn und Erwerb der Unterstütungsberechtigung, 
die Petitionen der Vorstände verschiedener Schuh— 
nacherinuungen um Einführung obligatorischer 
Innungen und um Aufhebung der Militärwerkstätten 
und der Gefängnißarbeit, ferner 367, Petitionen 
mit 78,300 Unterschriften gegen kinfuihrung des 
Tabokmonopols und gegen jede weitere Erhoͤhung 
der Tabaksteuer, sowie für AÄufhebung der Tabak 
manufaltur Straßburg, endlich eine Reihe von Peti⸗ 
lonen gegen den Impfzwang. 
der Bundesrath genehmigte den Entwurf 
nfalloersiherungagesezes nach den 
tagen der Ausschüsse, welche nur redactionelle 
nderungen vorgenommen haben. Ferner wurde 
encnnen der Gesetzentwurf betreffend die Für— 
v5 für die Wittwen und Waisen der Angestellten 
eichsheeres und der Marine. Der Antrag 
nee auf Rückvergütung des Zolls für den bei 
. Londensation von Milch verwendeten Zucker im 
al der Ausfuhr wurde an den zuständigen Aus— 
aß verwiesen. In derselben Sitzung des Bun—⸗ 
würde, nicht im Stich lassen werde. Die Pansla— 
vbisten hätten darauf eingelenkt. Ob das Grund 
hat, muß man dahingestellt sein lassen. Immerhin 
hat es sein Interesse, daß man auch in Paris die 
gegenseitige Stellung Deutschlands und Oesterreichs 
klar erkannt hat, was nur in friedlichem Sinne 
wirksam sein kann. 
Frairo, 10. Mai. Eghpten befindet sich im 
Zustande der Revolution. Das Ministerium 
oerletzt das organische Gesetz, indem es die Notabeln⸗ 
Kdammer über den Kopf des Khedive hinweg zu⸗ 
sammenberuft. Die Absetzung des Khedive zu 
Gunsten der Regierung unter Arabi Bay wird, ohne 
eine unmittelbare Intervention, schon als vollzogen 
betrachtet. Die Consuln Deutschlands, Oesterreichs 
und Italiens haben die bestimmten Instruktionen, 
sich einer Intervention zu enthalten. Die Minister 
gaben den General-Consuln die formellen Versicher⸗ 
ungen, daß das Leben und Eigenthum der Europäer 
keine Gefahr laufe, aber im Falle der türkischen 
Intervention sie entschlossen seien, das Land zu ver— 
heidigen. 
Kairo, 10. Mai. Das „Reuter'sche Bureau“ 
meldet: Das Ministerium gab den Generalconsuln 
die Versicherung, daß die Person des Khedive respec⸗ 
tirt bleiben werde. Der Khedive empfing gestern 
Abend die Korrespondenten der Reuter'schen Bureaus 
und erklärte denselben, daß er entschlossen sei, um 
jeden Preis sich den Forderungen des Ministeriums 
zu widersetzen; er rechne hierbei auf die materielle 
Unterstützung Frankreichs und Englands, weil von 
hm vorgestern ein Decret unterzeichnet worden, 
welches conform dem identischen Rathe ihrer Ver—⸗ 
treter sei. Bis jetzt herrscht Ruhe. Das Mini— 
sterium verständigte den Khedive durch Unterbeamte, 
»aß die Kammer einberufen sei. 
Paris, 11. Mai. In Elysée Montmartre 
fand gestern unter dem Vorsitze Viktor Hugo's ein 
Banket von Eisenbahnbeamten zu Ehren des unter 
dem Ministerium Gambetta decorirten Locomotiv— 
ührers Grisel statt. Gegen 1800 Personen, da— 
cunter zahlreiche Senatoren, Deputirte, auch Gam— 
hetta nahmen daran Theil. Es herrschte vollkommene 
Keuhe. Viktor Hugo, Grisel, Nacland und Gambetta 
hdielten Reden. Gambetta vertheidigte die Sacht 
»er Eisenbahnbeamten und erklärte, es sei wichtig 
eine Pflicht zu thun trotz aller Schwierigkeiten, 
Zindernisse und Verläumdungen und alles von der 
Zeit und der Gerechtigkeit zu erwarten. Redner 
jabe dem Banket beiwohnen wollen, da er stets 
einen Ehrgeiz darin gesetzt habe, ein Förderer der 
Finigkeit der Republick zu sein. 
Petersburg, 11. Mai. Das „Journal de 
St. Petersbourg“ sagt, das Projekt Barroͤre be— 
wecke nicht die einfache Frage der Regulirung der 
Donauschifffahrt, sondern eine Modifikation der 
Stipulationen von Paris, London und Berlin; es 
nüsse daher zwischen den Mächten verhandelt wer⸗ 
den, da das Project Aenderungen der internationalen 
Arrangemenis involbvire. 
Ueber die Gründe, die seiner Zeit auf die fried⸗ 
iche Wendung in Rußland mit eingewirkt haben 
vurde damals mancherlei vermuthet. Anscheinend 
yiffiziöse Stimmen hatten hier gegen Mitte März 
zu verstehen gegeben, falls Oesterreich von Rußland 
angegriffen werden sollte, so würde man Deutschland 
an Oesterreichs Seite finden. Man machte alsdann 
zarauf aufmerksam, das deutsch-österreichische Bünd⸗ 
niß sollte nach früheren unbestrittenen Meldungen 
unächst seine Wirkung äußern, wenn einer der Ver⸗ 
hündeten sich gegen eine Koalition und einen dop⸗ 
pelten Angriff zu vertheidigen hätte. Das schließe 
aber selbstverständlich thatsächlich nicht aus, daß 
der eine Theil, wenn seine Interessen oder seine 
—A 
Abschluß einer gegen die Verbündeten gerichteten 
Toalition oder eines Doppelangriffs abwarten, son⸗ 
dern in diesem Falle die rechtzeitigen Vorkehrungen 
zu seinem und des andern Schutz und Unterstützung 
treffen werde. Man wurde an das alles wieder 
durch eine angebliche Enthüllung in der politischen 
Thronik der neuesten Revue des „Deux Mondes“ 
ꝛrinnert. Das in politischen Dingen vorsichtige 
Blatt will erfahren haben, die russischen Panslavisten 
jätten Oesterreich durch allerlei unterirdische Um— 
riebe und Auͤfstände zu einem Angriffe gegen 
stußland drängen wollen, weil sie spekulierten, daß 
Desterreich kraft des deutsch-österreichischen Bündnisses 
nur zu seiner Vertheidigung, nicht bei einem An— 
zriffskrieg auf Deutschlands Hülfe rechnen könne 
Fürst Bismarck habe indessen in Petersburg, wenn 
8 anging, wissen lassen, daß Deutschland jedenfall 
)esterreich, wenn es zu einem Kriege gedräng 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 12. Mai. Gestern Nach— 
nittag wurde unter zahlreicher Begleitung der am 
Dienstag Abend nach längerem Leiden in einem 
Alter von 52 Jahren verstorbene Bierbrauer Herr 
Peter Heusser zur Erde bestattet. Durch das 
Bertrauen seiner Mitbürger war er bei der letzten 
Stadtrathswahl in den Stadtrath berufen worden; 
rüher schon begleitete er einmal das Ehrenamt eines 
bresbyters der protest. Kirchengemeinde. Die große 
Zahl der Freunde und Bekannten aus allen Schichten 
er Bevölkerung, die dem Verstorbenen das letzte 
Beleite gab, bekundete, daß derselbe eine allgemein 
geachtete Persönlichkeit war. Mit ihm schied ein 
Biedermann, dem in gesunden Tagen die Arbeit 
der größte Genuß war. Möge ihm die Erde 
eeicht sein! 
*St. Ingbert. Am Mittwoch Morgen 
wvurde durch die hiesige Gendarmerie der Krämer 
frühere Bäcker) Kun z von Rohrbach als der 
Brandstiftung verdächtig verhaftet und nach Zwei— 
hrücken abgeführt. Derselbe soll vor etwa 6 Jahren 
ein in seinem Hause ausgebrochenes Feuer selbst 
ingezündet haben. 
*St. Ingbert, 12. Mai. Der heutige 
erste der drei gefürchteten „Eismänner“ zeigt sich 
uns von seiner lobenswerthesten Seite. Hoffentlich 
werden seine zwei Nachfolger an der prächtig ent⸗ 
wickelten Vegetation ebenso gnädig vorüber gehen 
wie er. 
— Gahyerische Landes-Industrie-, Ge— 
verbe- und Kunst-Ausstellung in Nürn— 
berg.) Vom 13. d. Mts. und während der Dauer