Full text: St. Ingberter Anzeiger

xt. Iudberter Amzeiger. 
Vä. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
her St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerotag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
hlait und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljährlich 1/X 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 12M 60 4, einschließlich 
0 Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 Z, bei außerpfälzischen und solchen, 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt. 13 “, bei Reclamen 80 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
100.. 
Politische Uebersicht.. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 20. Mai. Der „Nordd. Allg. Ztg.“ 
vird, gegenüber anderweitigen bezüglichen Veröffent⸗ 
ichungen, aus Petersburg mitgetheilt, daß über 
die Deiails der bevorstehenden Veränderungen im 
russischen Zolltarif augenblicklich in der maßgebenden 
Instanz noch nichts entschieden sei und deßhalb auch 
die Frage offen bleibe, ob die geplanten Zollerhöh— 
ungen am 1. Juli oder später in Wirksamkeit treten. 
Als Ersatz für das Tabakmonopol macht 
ein „Nicht⸗- Tabak-Interessent“ in der K. Zig. den 
Vorschlag, die früher reichsständischen, jetzt „standes⸗ 
errlich untergeordneten fürstlichen und gräflichen 
zäuser“ zur Grundsteuer heranzuziehen. Sie, die 
Standesherren,“ die 1806 und 1815 „Media⸗ 
isirten“, sind die größten Grundbesitzer Deutschlands 
s sind mehr als 100 Familien, und eine auf 
hre Güter auferlegte Grundsteuer würde eine be— 
eutende Summe geben. In dem Gotha'schen 
genealogischen Hofkalender U. Abth. A finden wir 
ie Namen und Familien der Standesherren an⸗ 
eführt. Die früheren Herrschaften derselben wurden 
n der Rheinbundacte von 1806 Art. 24 aufge— 
aͤhlt (mit Ausnahme derer von Salm, Isenburg 
lremberg und von der Leyen), die große Stieler'sche 
darte in 25 Blatt hat alle diese Herrschaften in 
er vollen Fläche colorirt. Die Familiengüter der 
Standesherren sind natürlich viel kleiner als ihre 
tüheren Herrschaften. Nun möchte jemand ein⸗ 
venden, in der Rheinbundacte von 1806 Art. 27 
ind in der deutschen Bundesacte von 1815 Art. 
4 (auch Wiener Schlußacte 1820 Art. 63) wird 
en Standesherren zugesichert, „daß sie und ihre 
zjamilien die privilegirteste Klasse in dem Staate 
u dem sie gehören, insbesondere in Ansehung der 
besteuerung „ bilden sollen“, mit anderen Worten 
daß sie insbesondere frei von Steuern sein sollen 
doch soll dies „papierne Recht- von 1806 und 
idls ewig gelten? Es mag ja natürlich erscheinen 
daß die nicht mediatisirten Fürsten ihren früheren 
Henossen, die damals die Souveränetät verloren 
—X regierende Herrscher haben. 
aber die Zeiten und Rechtsanschauungen sind andert 
geworden. Die Standesherren haben keine außer⸗ 
otdentlichen Pflichten zu erfüllen, warum sollen sie 
außerordentliche Rechte behalten zum Vortheil für 
ich/ zum Nachtheil der andereu Unterihanen, die 
ile Steuerzahler stnd? und das deutsche steich 
vraucht Geld, viel Geld, um Ordnung im Innern 
und Schutz nach Außen und Freiheit alluͤberall 
u sichern. 
„Breslau, 20. Mai. Der Einzug des Fürst⸗ 
aischoss fond heute Nachmittags unter außerordent⸗ 
icher Theilnahme der Bevölkerung ohne Unlerschied 
net Konfession und Partei statt.“ Der Fürstbischof 
d am Bahnhofe, bei der Ehrenpforte und im 
ome in Erwiederung der Begrüßungen der Bürger⸗ 
chaft. des Kuraltlerug und des Domkqpitels. 
nü Stettin, 19. Mai. Der Kaiser, der Kron⸗ 
rinz und der Prinz Wilhelm sind heute Mittag 
eingetroffen und am Bahnhofe von der Ge— 
wralitat und den Spitzen der Civilbehörden em— 
sangen worden. Unter nicht enden wollendem 
surnt der dicht gedrängten Volksmenge begaben 
4 die Herrschaften durch die festlich geschmuͤckten 
Anen der Stadt nach dem Exerzierplatz bei 
zur Inspizirung des 34. Landwehrbataillons. 
bend trat der Kaiser wieder die Rückreise 
u Berlin an 
Montag, 22. Mai 1882. 
n Jahrg 
Straßzburg, 19. Mai. (Der Kaiserpalast 
in Straßburg.) Der Vertrag zwischen der Stadt 
Straßburg, als Eigenthümerin des Terrains, auf 
welchem der Kaiserpalast gebaut werden soll, ver⸗ 
treten durch den Bürgermeisterei⸗Verwalter Stempel, 
und dem Reich, als Erbauer des Palastes, ver⸗ 
tzreten durch den Hülfsarbeiter im Ministerium des 
Reichslandes, Staatsanwalt Mandel, ist am 27. 
April d. J. abgeschlossen und hat vor einigen Ta⸗ 
zen die Genehmigung von Berlin erhalten. Dar⸗ 
nach verkauft die Stadt Straßburg dem Reich einen 
Bauplatz von 13,474 Quadratmetern um den 
Preis von 531,985 Mark (39.40 Mark pro Qua⸗ 
)ratmeter.) Der Betrag wird in elf jährlichen 
Raten am 30. Juni, von 1882 einschließlich bis 
1891 einschließlich, bezahlt, also jedesmal 48,360 
Mark. Zinsen werden nicht berechnet; Voraus⸗ 
ahlungen vergütet die Stadt mit 4 Procent Dis⸗ 
onto. Außerdem zahl, das Reich zu den Kosten 
der Straßenanlagen um den Palast herum die 
Summe von 127,888 Mark. Der Kaiserpalast 
vird bekanntlich auf dem durch die Stadterweiterung 
zewonnenen sehr großen Kaiserplatz erbaut werden, 
nit der Vorderfronte der Stadt und mit der 
dinterfronte dem Stadtpark „Contades“ zugekehrt 
Der Bau wird nunmehr sofort in Angriff genom⸗ 
nen werden. 
werden in ausländischen Schiffen außer Landes 
geschafft. 
Aus Wasßhington wird gemeldet: Der oberste 
Berichtshof des Distrikts Columbia hat in letzter 
Instanz das Todesurtheil Guiteaus bestätigt. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 22. Mai. Gestern Mittag 
vurde die Familie des Herrn Hüttenbeamten Karl 
Seyb dahier durch einen schmerzlichen Unglücksfall, 
er allgemeine Theilnahme hervorruft, in tiefe Trauer 
dersetzt. Das Zjährige Söhnchen desselben hatte 
ich vom ellterlichen Hause entfernt und 
iel ganz in der Nähe desselben in den vorbei 
ließenden Rohrbach. Als es gefunden wurde. war 
s leider schon ertrunken. 
* St. Ingbert, 22. Mai. Dem Vernehmen 
nach sind aus den einzelnen Gemeinden des Kan— 
ons fämmtliche Herren, welche bei der Erhebung 
der allgemeinen Berufsstatistik am 5. Juni nächst⸗ 
hin als Zähler mitzuwirken haben, auf morgen 
Dienstag) Vormittag in den Stadthaussaal dahier 
heschieden, woselbst ihnen durch den kgl. Bezirks⸗ 
aimtmann Herrn Dr. Schlagintweit die näheren 
krläuterungen und Aufklärungen über das Zählge—⸗ 
chäft gegeben werden. 
* St. Ingbert, 22. Mai. Wie wir hören, 
wird die hiesige kgl. Lateinschule morgen einen 
Maiausflug nach dem Spicherer Schlachtfelde 
machen. Zu Mittag soll auf dem Schanzenberg 
bei Saarbrücken Einkehr gehalten werden. 
*St. Ingbert, 22. Mai. In Fried— 
zichzthal wurde dem in der Schmidborn'schen 
dütte beschäftigten Glasstrecker Julius Martin, 
28 Jahre alt und verheirathet, beim Verladen von 
Blas durch einen heranrollenden Eisenbahnwaggon 
die Brust eingedrückt, so daß er bald darauf starb. 
*— Gestern war der Chef der pfälzischen 
Bendarmerie-Kempagnie, Herr Major Breyer, 
zur Inspektion der Gendarmerie hier anwesend. 
*— Das gestrige schöne Wetter hatte unserer 
—A 
landen zahlreichen Besuch gebracht. In größeren 
Gesellschaften waren besonders vertreten St. Wendel 
und Saargemünd. 
*— Als eine Seltenheit wird uns mitgetheilt, 
daß Bergmann Friedrich Schuff dahier eine Ziege, 
Erstling, besitzt, deren Euter, gleich dem einer Kuh, 
Strichen hat, aus denen sie Milch gibt. 
— Zweibrücken, 20. Mai. Von der aus 
den Herren Rittmeister v. Schacky, Rittmeister v. 
Pechmann, Premier⸗Lieutenant Dingler und Stabs- 
„eterinär Schneider bestehenden k. bayer. Remont e⸗ 
Ankauf-Kommission wurden in Landstuhl 
don ca. 60 vorgeführten Pferde 4 (3 von Martins⸗ 
höhe und 1 von Waldfischbach) angekauft. In 
domburg waren nur wenige Pferde zur Muster⸗ 
ung gebracht und konnte Nichts gekauft werden. 
. (Zw. 3.) 
— In die Reichstags⸗Kommission zur Vorbe⸗ 
rathung des Arbeiter-Unfallund Kranken-Versicher⸗ 
ungs⸗Gesetzentwurfes wurden die beiden pfälzischen 
Abgeordneten Petersen und Dr. Buhl gewählt. 
Ausland. 
Rom, 20. Mai. Wegen des westmächtlichen 
Vorgehens in Egypten herrscht große Aufregung. 
Die Kluft zwischen Italien und Frankreich erscheint 
aahezu unüberbrückbar. Alle Stimmen sind darüber 
einig, daß Italien Hand in Hand mit den West— 
mächten zu gehen habe, von welchen man annimmt, 
daß ihre Haltung eine dem westmächtlichen Vor⸗ 
gehen entschieden gegnerische sein werde, falls Eng⸗ 
and und Frankreich nicht auf der betretenen Bahn 
dalt machen sollten. Anzeichen sprechen sogar da⸗ 
für, daß sich Italien für eine eventuelle Action 
rüste. 
Nach einem Londoner Telegramm der „V. 
3.“ sollen sich die Mörder von Lord Cavendish und 
Bourke auf dem Cunarddampfer Scytion befinden 
welcher Liverpool am 6. d. verließ und am 17. d. 
in New⸗York fällig ist. Amerikanische Polizei ist 
dem Dampfer entgegengefahren, um die Verhaftung 
ju bewirken. 
(Die Haltung des russischen Militärs.) 
Ein Telegramm der „V. Z.“ meldet aus Peters⸗ 
burg: „Gerüchtweise verlautet hier, General 
Gurko habe Ignatieff auf telegraphischem Wege von 
der in Odessa erfolgten Verhaftung dreier Artillerie— 
Offiziere Meldung gemacht. Zwei Offiziere, so 
heißt es ferner, haben sich, nachdem sie die Inhaft⸗ 
nahme ihrer Kameraden erfahren, erhängt. Ueber— 
haupt soll das Gurko'sche Telegramm die Zuver— 
ässigkeit der dortigen Artillerie arg bezweifeln und 
ronstatiren, daß unter dem Militär vielfach Wünsche 
zach konstitutionellem Regime bemerkt würden. Von 
inderer Seite wird berichtet, daß in den Kasernen 
Betersburgs, besonders denen der Artillerie, zahl⸗ 
eiche plötzliche Polizeirevisionen, haufig nach Mitter⸗ 
nacht vorgenommen würden. Auch sollen besonders 
die Einjährig-Freiwilligen polizeilich streng über⸗ 
wacht werden. Die Revisionen erfolgen stets gänz⸗ 
lich unvermuthet. 
Alexandrien, 20. Mai. Das französische 
und englische Geschwader sind hier eingetroffen und 
auschten mit den Forts Salutschüsse aus. Die 
Hauptpunkte des Canals werden von französischen 
danonieren bewacht. Die tscherkessischen Offiziere 
Vermischtes. 
F Nürnberg, 20. Mai. Wie der „Corresp. 
o. u. f. D.“ meldet, hat Geheimerath Reuleaur 
die hiesige Ausstellung besichtigt und sich sehr schmeichel— 
haft über dieselbe geäußert. Sie sei hervorragend 
in Beziehung auf die ausgestellten Objekte und 
orzüglich in der Schaustellung derselben, eine höchst