Il. Junberter Auzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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M 105.
Dienstag, 30. Mai 1883.
17. Jahrg.
iti Nom, 27. Mai. Einige Wichtigkeit wird
Politische Uebersicht. hier den Kundgebungen gegenseitiger Sympathie bei⸗
Deutsches Reich. zemessen, zu welchen dieser Tage die Einweihung
(Die obligatorische Civilehe.) Auf des Ossatoriums in Montebello Änlaß gegeben hat.
Abschaffung der obligatorischen Civilehe ist diesmal Besonders bemerkt wurde, daß der anwesende mili⸗
aur eine ein zige Petition beim Reichstage einger ärische Vertreter Oestreichs Oberst Ripp, der bei
jangen und zwar von einem Superintendenten a. D. diesem Anlasse auch eine für Italien sehr sympa⸗
in Hannover'schen, welcher schon in früheren Ses- hische und mit großem Beifall anfgenommene Rede
jonen um Aufhebung der obligatorischen Civilehe zehalten, Gegenstand auszeichnendster Aufmerksam⸗
zetitionirt hat. Die National⸗Zeitung knüpft daran eit gewesen.
olgende Bemerkungen: „Die Abneigung der Be— Kairo, 29. Mai. Nach einer Meldung von
yͤlferung gegen die Civilehe scheint also nicht so Reuter's Bureau scheine die Bildung des neuen
zroß zu sein, wie die Herren v. Kleist-Retzow und Cabinets momentan aufgegeben, da Cherif Pascha
henossen zu behaupten pflegen, wenn sie sich in die und andere dieser Aufgabe sich nicht unterziehen
dosten eines „Petitionssturmes“ gestürzt haben. vollen. Jufolge dessen hercscht hier förmliche Anar—
Nan soll sich übrigens in diesen Kreisen darüber hie. Das Meeting beim Sultan Pascha war sehr
teiner Täuschung hingeben, daß der Justizausschuß uufgeregten Charakters. Mehrere Offiziere schwenk⸗
»xes Bundesraths, resp. der Bundesrath selbst, den en den Degen, die Kammerdeputation destand heute
annlen Antrage von Mecklenburg-Strelißz nicht rüh bei dem Khedive Namens der Armee auf Bei⸗
ustimmen wird. Erst vor Kurzem hat der bayerische behaltung Arabis, andernfalls das Leben des Khedive
zultusminister v. Lutz in der bayerischen Kammer zefährdet sei. Der Khedive wies bestimmi das
ich auf das Entschiedenste Namens der Regierung Unsuchen zurück. Das Gerücht tritt immer be⸗
jegen die Abschaffung des Civilstandsgesetzes aus- timmter auf, England und Frankreich seien über⸗
psprochen und diesen Standpunkt vertritt auch die „eugt, die Pforte ermuthige offen den Khedive,
lehrheit der Bundesregierungen.“ während der geheimen Action die Armee zu unter⸗
(Die Gesundheit des Fürsten Bis— ktützen, um dadurch eine Intervention der Türkei
marck) soll, wie in wohlunterrichteten Kreisen ver· derbeizuführen. Frankreich und England sollen der
ichert wird, zwar in einem stetigen, aber immerhin Pforte gedroht haben, in Egypten zu interveniren,
ehr langsamen Fortschritte begriffen sein. Wie die venn sie nicht auf vollständige sofortige Unter-
„B. P. N.“ erfahren, würde sich der Fürst — verfung der equptischen Armee bestände
wenn sein Gesundheitszustand es erlaubt, Anfangs
Juli zur Kur nach Kissingen begeben.
Die friedliche Wendung in der egyptischen
krisiis wird, wie in diplomatischen Kreisen erzählt
wird, wieder einmal einem Schachzug des Fürsten
hismarck zugeschrieben, welcher Herrn Gambetta
das Fell der Lärmtrommel durchschnitten“ habe.
der Umschwung sei bereits am Freitag Abend ein
ait accompli gewesen, nachdem vorhet der deutsche
heichskanzler um seine Intervention angegangen,
n letzter kritischer Stunde eingegriffen und die
klust zwischen den Mächten und der Pforte über—
brüct hatte. Der Status quo in Eghpien scheint
ezt gesichert und jede ernste Verwicklung ausge⸗
chlossen zu sein.
(Ueber die Berliner Polizei und
die nihilistische Conspiration) werden der
Osnabr. Ztg.“ aus besonders gut unterrichteten
kreisen die Nachrichten für vollinhaltuich korreti
etlrt, nach denen nicht nur von Berlin und
anderen Haupistädten officiös Warnungen vor er⸗
ruten nihilistischen Anschlägen nach Petersburg
rerichtet worden find, sondern nach denen auch die
Polijeibehdrden in Berlin und London den Ange⸗
drigen ihrer Fürstenhäuser entschieden abgerathen
Aben, die Reise zu den beabsichtigten Moskauer
dronungsfeierlichkeunen anzutreten.
Ausland.
— Wien, 27. Mai. Einer Meldung des Tag⸗
pr aus Gravosa zufolge streckten sämmtliche
anden in der Crivoscie, qußer derjenigen Vute—
pies, zusammen 546 Piann die Waffen. Des
ptauartier in Ragusa wird aufgelöst und die
servisten werden demnächst zurückbefördert werden.
y „baris 27 »Mai. Der Rücktritt des egyp ·
F n Ministeriums Mahmud · Arabi wird offizios
Didger Fortschritt zur Lösung der Ver—
ung begrüßt.
q, London, 27. Mai. Graf Bismardist gestern
nd zum Besuch des Lord Saffield in VYarmouth
maekommen.
en, auf dieselben hinzuweisen, indem wir von dem Ab⸗
rucke des Schreibens seinem Wortlaute nach absehen.
* Nicht allein in St. Ingbert, auch in anderen
Stadten scheinen die Häufer in letzter Zeit merk⸗
ich im Werthe gesunken zu sein. So wird der
„Saarbr. Ztg.“ aus Neunkirchen berichtet, daß
aselbst vor einigen Tagen ein Haus zu 5000 M.
ugeschlagen wurde, obgleich die ersie Hypothek
21000 M. beträgt.
—t Blieskastel. An der am Freitag statt⸗
jehabten Synagogen-Ausschuß-Wahl betlheiligten sich
ämmtliche 31 Wahlberechtigte. Aus der Urne
jingen hervor die Herren Michael Levy mit 25
fstimmen, Nathan Levy mii 25 Stimmen und
Leopold Ullmann mit 18 Stimmen. Zum
Vorstande wurde wieder Herr Michael Levy gewaͤhlt.
Als Ersatzleute wurden gewählt die Herren Abra—
jam Leviy und Zacharias Oppenheimer. —
Unsere Präparandenschule macht Pfingstdienstag
ihren Maiausflug. Derselbe wird sich auf
Bitsch, Lemberg und Umgegend (othringen) er—
trecken. (War sür die vor. Nr. leider zu spät
eingetroffen. D. R)
! Breitfurt, 28. Mai. Gestern Nachmittag
wischen 12 und 1 Uhr ertrank der protest. Schul⸗
derweser Otto Rödel aus Mörzheim zwischen
hier und Bliesdalheim beim Baden in der Blies.
Derselbe war Abends vorher mit seinem Freunde,
»em Schulverweser D. Espenschied aus Bosen⸗
bach, zum Besuche bei den Eltern des Letzteren in
Bliesdalheim ringetroffen. Beide, des Schwimmens
aicht ganz kundig, geriethen der Annahme nach in
Löcher. Espenschied gelangte nur nach hattem
dampfe wieder aus den Flushen. Jedermann wird
den Schrecken und Gram der beiderseitigen Fami—
ien zu würdigen wissen. Der Verunglückte wurde
ogleich aufgefunden und geht sein Leichnam heute
bend in seine Heimaths- und Geburtsgemeinde
dandel. Seine Eltern sind Bäckersleute dorten;
ie haben an ihm einen braven Sohn und eine
„tütze im Alter verloren. (Rödel war, wie wir
inem zweiten Berichte, der uns über das Unglück
uuging, entnehmen, erst 22 J. a. Er wurde 1879
ius dem Seminar zu Kaiserslautern entlassen und
var seit einigen Monaten in Märzheim bei Landau
ingestellt. Im Anschluß an das fraurige Ereigniß
Ilaubt der Berichterstatter auf das trügerische Beit
der Blies aufmerksam machen zu müssen. Dasselbe
erändere sich jedes Jahr und wer es nicht kenne
ind in der Blies bade, der habe doppelte Vorsicht
anzuwenden.)
— Wie das „Pf. J.“ hört, steht die Besetzung
des Postens eines Oberpostmeisters der Pfalz
durch den bisherigen Postmeister in Landshut, Herrn
douis Weber, unmittelbar bevor.
— Der Landrathsabschied der Pfalz
ist erschienen. Danach beträgt die Kreisumlage
328410 pCt. — Der Beschluß des Landraths, nach
welchem an den sämmtlichen 4 Kreislateinschulen
die Remuneration der Nebenlehrer nach den Hono⸗
rarsätzen der 1. Klasse zu bemessen sind, wird ge—
nehmigt. — In Bezug auf den Antrag des Land⸗
rathes, die Frage der Reorganisirung der Immo—
iliar⸗ Brandversicherungsanstalt einer nochmaligen
Prüfung zu unterstellen, zu diesem Behufe mit Be—
aützung der Verwaltungsergebnisse der pfälzischen
und anderer Anstalten statistische Erhebungen mit
Rücksicht auf die verschiedenen Bauarten und Ge—
verbebetriebe veranlassen zu wollen und das Er⸗
ebniß der angestellten Prüfung — eventuell unter
dorlage eines Entwurfes auf das Klassensystem sich
Lokale und pfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 30. Mai. Gerüchtweise ver⸗
autet, daß Verhandlungen im Gange sind, die
Maschinenfabrik und Kesselschmiede von Weyland,
Heuth u. Comp. wieder in Betrieb zu setzen. Im
Interesse unserer Stadt wollen wir wünschen, daß
has Gerücht auf Wahrheit beruht.
*St. Ingbert, 30. Mai. Gestern Nach⸗
nittag hatte der hiesige Kriegerverein in einer
Stärke von 63 Mann einen Ausflug nach Wol—
ersheim gemacht, um sich hier an der feierlichen
kinweihung der „Ludwigs-Allee“ (nach S.
. König Ludwig II. so genannt) zu betheiligen.
Die Einweihung nahm mit schwungvoller Rede der
gl. Bezirksamtmann Dr. Schlagintweit vor.
Zugegen war auch der Landwehrbezirkskommandant
derr Oberstlieutenant von Amend aus Zwei—
xrücken. Eine äußerst zahlreiche Menschenmenge,
arunter eine große Anzahl Kriegervereine und
onstige Corporationen, hatte sich zu der Feier ein⸗
zefunden, und wohl noch nie war das sreundliche
Bliesdörfchen so belebt als gestern.
*St. Ingbert, 30. Mai. Im Wald—⸗
zistrikte Au wurden dieser Tage die Reste einer
Brieftaube, die jedenfalls durch einen Raubvogel
jetödtet worden war, gefunden. Eine uns gezeigtt
Schwungfeder derselben trug den Stempel einer
ranzösischen Station.
*St. Ingbert, 30. Mai. Aus Ant—⸗
verpen geht uns mit der Bitte um Veröffent⸗
ichung von einem hiesigen Auswanderer
damens Peter Berrang ein längeres Schreiben
u, in welchem der Genannte bittere Klage führt
iber das Treiben der Agenten der,, White Gross
ne“ in Antwerpen. Auch sei die Einrichtung
uuf den Schiffen nicht besonders zu loben. Wir
önnen natürlich nicht wissen, in wie weit die
klagen des Briefschreibers berechtigt sind oder nicht.
Wir halten es aber für unsere Pflicht und im Interesse
inserer auswandernden Landsleute für dringend gebo⸗