Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert. 
TeEt. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
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M 108. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Muͤnchen, 1. Juni. Die „Augsburger Post⸗ 
aung“ veröffentlicht heute den Wortlaut einer 
n den unter Leitung des Freiherrn v. Fechenbach 
chenden Hanwerkervereinen ausgegangenen Adresse 
n'den Reichskanzler, in welcher um Berüdsichtigung 
yn sieben Punkten, darunter obligatorische Innungen, 
heschränkung des Hausirhandels, Aenderung des 
zübmissionsverfahrens u. s. w. schließlich vollständige 
dejeitigung des Kulturkampfes dringend gebeten 
dud. Die Adresse wird vermuthlich dem Magde— 
arger Handwerkerkongresse vorgelegt werden. 
die Unfall⸗ und Krankenversicher⸗ 
uinazs⸗ Commission des Reichstags begann 
u 1. ds. Mts. ihre Thätigkeit. Abgeordneter 
zreiherr von Frankenstein war anwesend und über⸗ 
ahm den Vorsitz, der ihm in seiner Abwesenheit 
hertragen worden war. Es fand die General⸗ 
ebatte statt. Zunächst beschloß man, das Kranken⸗ 
assengesetz zu erledigen. Hierzu liegt ein Antrag 
ohren vor, der die Vorlage in der größten Anzahl 
hrer Paragraphen umgestaltet. Er setzt an Sielle 
in 84 des Regierungsentwurfs acceptirten 
zrinzipß der Gemeinde⸗Krankenversicherung die Be— 
immungen, daß die Gemeinden berechtigt sind, für 
Rie in den vorhergehenden Paragraphen bezeichneten, 
nihrem Bezirk beschäftigten Personen Kranken- 
nsen zu errichten, daß sie durch Anordnung der 
woheren Verwaltungsbehörden hierzu verpflichtet 
derden können, sobald die Zahl dieser in ihrem 
geyirk beschäftigten Personen, die dem Versicherungs⸗ 
wange unterliegen, mindestens fünfzig beträgt und 
aß die Unternehmer berechtigt sein sollen, sofern 
ie Zahl der in einem Gewerbszweige oder in einer 
zetriebsart beschäftigten, dem Versicherungszwange 
nterliegenden Personen mehr als 100 beträgt, eine 
henossenschafts-Krankenkasse zu errichten. Beträgt 
ie Zahl von Personen weniger als 100, sollen 
ieselben mit den in anderen Gewerbszweigen oder 
anderen Betriebsarten heschäftigten Personen zu einer 
berbands· Krankenkasse⸗ vereinigt werden. Ferner 
et der Antrag u. A. die wöchentlich zu zahlende 
Unterstützung an den Kranken folgendermaßen fest: 
nder 1. Klasse (wo der Wochenlohn bis zu 5M. 
detxägthh 2 M., in der 2. Klasse (Wochenlohn 5 
s 10 M.) 3,60 M., in der 3. Klasse (Wochen⸗ 
ohn 10 bis 15 M.) 5 M., endlich in der 4. 
slesse (Wochenlohn über 13 M) 8.60 M. Der 
beitrag den der Arbeiter zu zahlen hat, soll da— 
egen in den oben angegebenen 4 Klassen betragen 
tbensals wöchentlich) 8, 10, 15, 20 Pf. Die 
lebeitgeber sollen halb so viel beitragen als die 
umme der Beiträge der bei ihnen beschäftigten 
luheiter ausmacht. Der Gedanke einer Zwischen⸗ 
ommission fand wider Erwarten in der Commis⸗ 
n beine Anhänger. Der Staatssekretär von 
vtticher sprach sich nicht in bindender Weise dar⸗ 
bet aus. Die Regierung berieth darüber, so er— 
n er, bisher nicht, weil ein bezüglicher Antrag 
Reichstages an sie noch nicht gestellt. Die 
allagen seien gemacht in dem Wunsche, beide 
Iines⸗ in dieser Session fertiggestellt zu sehen. 
ie Unmöglichteit zur Durchberaihung koönne zur 
nicht als erwiesen angenommen werden. Er 
De zunächst noch an der Annahme fest, daß es 
ee sei, die Berathung zu fördern, daß der Ab⸗ 
—* nicht später als in der zweiten Juliwoche 
r ge. Es sei zwedmäßig, daß mit der Discussion 
rdas Krankeniassengeset begonnen werde. Die 
Sonntag, 4. Juni 1882. 
17. Jahrg. 
Regierungen wären dankbar, wenn dasselbe zur 
Verabschiedung gelange, noch dankbarer aber, wenn 
nuch über die Unfallversicherung in dieser Session 
eine Verständigung erzielbar wäre. 
Dresden. Der Sozialistenführer Bebel ist 
zegen 1000 M. Kautionaus der Haft entlassen 
worden 
fragt. Als solche sind einzutragen Familienange— 
hörige wie Lohnarbeiter, wenn sie regelmäßig in 
dem Gewerbe arbeiten. Bei Wirthschaftsgewerben, 
auch in vielen Handelsgewerben helfen Frau und 
Kinder regelmäßig mit; sie sind deswegen als Ge— 
hilfen einzutragen. Bei darstellenden Gewerben, 
z. B. Bäcker und Metzger ist dagegen die Frau, 
die lediglich das Abzahlen und Auswiegen der 
Waare an die Kunden besorgt, nur zeitweise und 
nicht gewerbsmäßig beschäftigt, ist also keine Ge⸗ 
hilfin. Kinder wie Lehrlinge unter 14 Jahren 
ind nur da Gehilfen, wo sie, wie z. B. zuweilen 
im Baugewerbe, gegen festen Lohn arbeiten. — 
Bewerbetreibende mit Gehilfen haben die Spalte 
) des Zählbogens mit „Ja“ auszufüllen, gleichviel, 
)»b die Gehilfen im Hause wohnen oder nicht; im 
Zählbogen sind namentlich nur die in der Haus— 
genossenschaft des Gewerbeinhabers wohnenden Ge— 
ilfen über 14 Jahre einzutragen, die Zahl aller 
Behilfen macht die Gewerbekarte ersichtlich. 
leber Ausfüllung der Gewerbekarte geben die Her— 
en Zähler bereitwilligst Auskunft. Arbeitgeber für 
iine größere Zahl von Arbeitern wollen vor Aus— 
üllung die Bemerkungen auf der Gewerbekarte be— 
ichten. Bei Saisongewerben, z. B. Maurergeschäften, 
st Frage 9 zweimal zu beantworten, einmal durch 
kFintrag der Zahl von Arbeitern am 5. Juni, dann 
zurch Eintrag in der zweiten Spalte der durch— 
chnittlich im Jahre beschäftigten Arbeiter. Hier 
ei nur bemerkt, daß keine Gewerbekarte auszufüllen 
st, wenn keine Gehilfen oder keine durch Wasser— 
Ddampf-Heißluft oder Gas getriebene Maschine 
m Geschafte verwendet werden. Dagegen ist eine Ge⸗ 
verbekarte auch dann auszufüllen, wenn die Ar— 
zeiter im eigenen Hause für einen Unternehmer 
arbeiten. — Wir machen schließlich noch darauf 
aufmerksam, daß wahrheitsgetreue Ausfüllung aller 
S„palten bei Meidung einer Geldstrafe von 30 M. 
erzwungen werden kann und daß den Zählern, 
die sich zu dem übernommenen Geschäfte mit an— 
erkennenswerther Bereitwilligkeit einschreiden ließen, 
als solchen die Eigenschaft öffentlicher Beamten bei— 
vohnt. In den Zählformularien sind nur 
Fragen gestellt, die Jeder ohne Bedenken beantworten 
kann. Keine Frage bezicht sich auf Thatsachen, 
die man zu verheimlichen braucht. ia nur geheim 
zu halten vermag. 
— Zweibrücken. 2. Juni. Bei der gestern 
borgenommenen, nur schwach besuchten Versteigerung 
von 2 Tivoli- und 2 Gasaktien wurden 
erstere (MNominalwerih M. 857. 14) um M. 350. 
— und M. 380. — letztere (Nominalwerth M. 
171.42) um je M. 290. — zugeschlagen. (3w. 3.) 
— Am Pfingstdienstag trat der Lambrechter 
Baisbock, nachdem seine vertragsmäßigen Eigen— 
schaften konstatirt waren, in Begleitung des jüngsten 
Lambrechter Vürgers die Reise nach Deidesheim an. 
— Deidesheim, 1. Juni. Für die ver— 
folgten russischen Ju den sind aus hiesiger Stadt 
hei Herrn Reichstagsabgeordneten Dr. F. A. Buhl 
255 M. eingegangen und an das Unterstützungs- 
Tomitee in Berlin abgeführt worden. (D. A.) 
— Edenkoben. Bezüglich des hier ver— 
hreiteten Gerüchts betreff. den Verkauf der Villa 
Ludwigshöhe schreibt die „Süddeutsche Presse“ 
aus München: Die Nachricht, daß S. k. H. Prinz 
Ludwig Ferdinand die k. Villa Ludwigshöhe käuflich 
erworben habe, ist nicht richtig. Wie uns in dieser 
Angelegenheit mitgetheilt wird, wurde die Villa 
Lrudwigshöhe, welche durch Testament weiland Sr. 
Maj. Köniad Ludwias J. Sr. k. Hoh. dem Prinzen 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*Si. In gbert, 3. Juni. Die Berufs— 
tatistische Erhebung vom 5. Juni (nächsten 
Montag) bezweckt die Ermöglichung der jetzt, vor 
ieser Statistik, von Niemand zu beantwortenden 
vichtigen Frage, wie viele Personen sich von Land⸗ 
virthschaft, wie viele von Gewerben nähren und 
dei wie vielen Personen Landbau oder Gewerbe⸗ 
hätigkeit helfen müssen, den Lebensunterhalt zu 
derdienen. Der Begriff „Landwirthschaft“ ist in 
zieser Statistik sehr weit gegriffen und umfaßt auch 
den Gartenbau; ja selbst der Rentner, Beamte und 
dausbesitzer, der eigenthümlich, als Dienstland oder 
zachtweise eine „Bodenfläche vom kleinsten Umfange? 
nit Gemüse u. dgl. für die Haushaltung bestellt, 
Jat sich als Landwirth einzutragen, aber nicht auf 
5. 2, sondern auf S. 3 und 4 des Zählbogens. 
kntscheidend für den Eintrag als Landwirth ist 
nicht der Besitz, sondern der Vetrieb von Land⸗ 
ind Gartenbau. Der Grundbesitzer, der seinen 
zanzen landwirthschaftlichen Grundbesitz verpachtet, 
rägt sich nicht als Landwirth ein, sondern dies 
hut sein Pächter unter Angabe des Flächeninhaltes 
»es gepachteten Landes. Dasselbe gilt vom Dienst⸗ 
ande, das verpachtet ist. Wird dagegen Wiesen⸗ 
and (eigenes oder Dienstgrund) nur auf die Schur 
ersteigert, so ist der Eigenthümer oder Nutznießer 
er Bewirthschafter, dann der Ersteigerer des Heues 
iur Käufer des Gewächses auf dem Halme. An⸗ 
ererseits ist zu beachten, daß nach der bewirth 
chafteten Fläche nicht blos auf dem Banne gefragt 
bird, in dem man wohnt, sondern daß aller Be⸗ 
itz (eigener und erpachteter) anzugeben ist, den 
nan bewirthschaftet; viele müssen deshalb die Fläche 
jus verschiedenen Urkunden (Grundsteuerkatastern, 
Bachtkontrakten ꝛc.) zusammen stellen. — Die Zähl⸗ 
ogen machen sodann einen Uunterschied zwischen 
»auptbernf und Nebenberuf; der Zählbogen fragt 
jach Beiden, aber verlangt Antwort in besonderen 
S„palten, wünscht jedoch in beiden Fällen bestimmte 
Ulngaben. So wäre es ungenügend, wenn ein 
Spezereie und Schnittwaarenhändler seinen Beruf 
ils Kaufmann angeben würde; es muß heißen 
„Spezerei⸗ und Schnitwaaren⸗Handel“ und wolle 
zas Wort „Handel“ in Spalte 9, die genauere 
Bezeichnung in Spalte 8 eingetragen werden. Dies 
zilt von allen Beschäftigengen; es genügt nicht 
inzutragen „Dienstmagd“, sondern es muß beige— 
ügt werden „für häusliche Arbeit“ oder „für 
andwirthschaftliche Zwecke“; es genügt nicht „Fa⸗ 
rikarbeiter“, sondern es muß die Fabrikation mit 
ingetragen werden und also heißen „Kesselschmied⸗ 
zabrikarbeiler'; „Kohlen-Bergwerksarbeiter“. — 
Zehr häufig ist die Verbindung eines Haupt- und 
debenberufes in einer Haushaltung; ja selbst zwei 
dauptberufe sind nicht selten. So arbeitet der 
Nann als Maschinen⸗-Fabrikarbeiter und die Frau 
st Wäscherin im Taglohn (dann Nebenberuf) oder 
olt schmutzige Wäsche und reinigt, bügelt sie im 
dause (dann Hauptberuf); dasselbe gilt vom Er— 
verb durch Nähen; der Betrieb eines Bandkrams 
purch die Frau eines Arbeiters u. dgl. — Bei 
slen Gewerbetreibenden ist nach den Gehilfen ge—