Full text: St. Ingberter Anzeiger

iedoezitlt vldileits 
wahrend dem deutschen Export nur das 
Inlich beschränkte Industriegebiet Oberitaliens 
dum flehen würde. Hoffentlich gelingt es trotz 
jn Echwierigkeiten, die Konkurrenz mit England 
58 aber ein völliger Sieg über das 
g ss doch nicht entfernt zu erwarten. 
Berlhin, 10. Juni. Der sozialdemokratische 
nzgeordnete v. Vollmar veröffentlicht folgende 
rung; „Die „Nordd. WMlg. Ztg.“ behauptet 
nier Nr. 261 (Morgenblatt): Ich sei gar nicht 
uch pensionirt, sondern habe nur aus kaiser— 
rGee aine sortlaufende Beihigfe . bewiligt 
rhalten. Dieser Behauptung ist die Thatsache ent⸗ 
enzustellen. daß ich in Folge schwerer Verwun⸗ 
g im Kriege 1870,71 durch bayerisches Kriegs⸗ 
Nisterial⸗Restript vom 80. Mai 1873, mitgetheilt 
irch Etlaß des bayerischen Staatsministeriums des 
dern vom 3. Juni 1873 Nr. 2453.2, auf 
und des 8 56 des Reichs⸗Militär⸗Pensions-Ge⸗ 
qes obere Beamte des Reichsheeres) mit Bezug 
BVerwundungs⸗ und Verstümmelungszulage (8 
md 18) in der gesetzlich vorgeschriebenen Form 
sne Zeitbeschränkung in den Ruhestand versetzt bin. 
d beschranke mich auf diese einfache Richtigstellung 
d überlasse die Charakterisirung des Vorgehens 
,Nordd. Allg. Ztg.“ getrost der Presse und 
n publikum. Vollmar.“ 
f Ein „Kuhball“. In Uthleben bei Nord— 
usen begehen alljährlich die Kuhanspanner ein so— 
nanntes Kuhfest zum Andenken an einen gegen Ritter 
n Rothenburg einst erfochtenen Sieg. Den Auf—⸗ 
ug beim diesjährigen Jahresfest eröffnete ein Herold, 
„olgte ein mit sechs Kühen bespannter ausgeputzter 
Hagen, in welchem der Kuhmeister mit der Statuten⸗ 
ide Platz genommen, dann kamen ein Dutzend 
peiteret bon Kühen gezogener Wagen, im letzten 
ih der Kuhdoktor. Fünfzig Jungfrauen in alt— 
utscher Tracht, geführt von der Kuhmutter, machten 
en Schluß des gelungenen Aufzuges. Später war 
Fubhball.“ 
fLondon. Der niederbayerische Herkules 
aber Semmelmann hat neuerdings hier einige 
raftproben abgelegt, die ihm gewiß ein dauerndes 
Andenken an der Themse sichern werden. Semmel⸗ 
nann hatie eben mit einem amerikanischen Agenten 
rine Weiterreise nach New-NYork vereinbart, als in 
der Rohal Music Hall zwei andere Athleten auf⸗ 
wuchten, die den Ruhm Niederbayerns gänzlich zu 
xrdunkeln drohten, da sie überdies demjenigen 
1000 Pfd. Sterl. zusicherten, der nur die von 
mu ihnen gebrauchten Gewichte heben köͤnne. Das ver⸗ 
dioß Semmelmann sehr; er gab seine New-Yorker 
feise auf, ging in den Royal Music Hall und 
haute sich vierzehn Tage erst die beiden Rivalen 
n; am Pfingstsonnabend endlich jedoch, als er 
oͤrte, daß auch sein Name von den beiden Herku— 
esen gebraucht wurde, konnte Semmelmann nicht 
nehr unthätig zusehen. Er erschien plötzlich auf 
xt Vühne und fragte die „Wonders Athletes“ 
ezene und Robini: „Here is it Semmelmann. 
Flat do you want from?“ (Hier ist Semmel⸗ 
ann; was wollt Ihr von ihm?) Die Angeredeten 
uuzten darüber; Semmelmann aber griff gleich 
aach den Gewichten und sah nun, daß diese von 
ytz, und sonach die Zuschauer gefoppt waren. 
Nies ärgerte ihn natürlich sehr, und fluͤgs schlug 
teins der Holzgewichte dem nächststehenden Athleten 
af die Nase, daß dieser sich blutend zurückzog, 
iem andern gab er eine tüchtige Maulschelle mit 
xt auch dieser zufrieden sein konnte. Die Gewichte 
Ahst endlich zertrüummerte Semmelmann in seinem 
horn. Nach dieser summarischen Selbstjustiz mußte 
t. niederbayerische Held allerdings schleunigst 
üchten. Er that das aber nicht, dohne der Ver— 
msung auf englisch zuzurufen: So jetzt habt 
hr von einem baherischen Braugesellen einmal ein 
ldenken, ihr italienischen Athleten!“ — Semmel- 
iann produziert sich zur Zeit in Liverpool, Oxford 
d Cambridge, um uͤn September nach Paris zu 
vr und bis zur Kirchweih wieder zu Hause 
U sesn 
fCEine Rothschild'sche Verlassenschaft.) In 
ondon ist Baron Nathan James Eduard von 
eihschild ohne Testament gestorben und daher seine 
ttlassenschaft der Wittwe Varonin Thercse Laura 
Rothschiid eingeantwortet worden. Das in Eng⸗ 
ud befindliche persönliche Vermögen belauft sich 
530,000 Pfund Sterling. aso auf etwa 
600,000 Maͤrt. Fur einen Rothschild nicht 
au viel 
—D000— BVDIöVI * 
der Insel Ra iatea in der Südsee lebt ein Mann, 
ein wahres Original, der, um sich den dort sehr 
drückenden und hohen Steuern zu entziehen, schlauer⸗ 
weise tagaus, tagein in einem kleinen Boote wohnt 
ind sich durch Segelmachen seinen allerdings sehr 
ärglichen Lebensunterhalt verdient. Der Schlau—⸗ 
'opf ist allen Raiateanern wohlbekannt, doch können 
hm diese der Steuern wegen auch nicht das Ge⸗ 
ringste anhaben, da ja nicht das Land Raiatea, 
iondern die umliegende See seine wirkliche Heim⸗ 
tätte ist. Dieser spitzfindige Segelfertiger ist 
deutschen Ursprungs und stand in früheren Jahren 
in Diensten bei der kaiserlich deutschen Marine; 
jedesmal, wenn ein deutsches Schiff das Eiland be— 
uucht, freut er sich „königlich,.“ kann er doch dann 
vieder einmal mit deutschen Brüdern deutsche 
Worte wechseln. 
f Die amerikanischen Temperenzler 
erhalten in den Mohamedanern Arabiens eifrige 
Bundesgenossen; denn während die Wiener Brauereien 
aum genug Bier für die durstigen Kehlen ihrer 
Landsleute liefern können, wird deren Getränk in 
den Moscheen Maskats, Südarabien, öffentlich in 
Acht und Bann gethan, und Jeder, der es trinkt, 
zur Hölle verdammt. Seitdem der Lloyd nämlich 
eine Schiffslinie Triest-Aden-Bombay eröffnet hat, 
st auch die Ausfuhr von Wiener Bier nach dem 
Drient im steten Steigen begriffen. Dabei wird es 
von Aden aus nach den anderen Häfen Arabiens, 
darunter auch nach Maskat verschickt. Der Sultan 
dieser Stadt hat den Indiern und Israeliten dasselbst 
— kein Mohamedaner wagt sich, Bier zu verkaufen 
— zwar den Verkauf des Bieres gestattet, aber nur 
inter der Bedingung, daß man es blos an Kranke 
As Stärkungsmittel verabreiche. Merkwürdiger 
Weise hat infolge dessen die Anzahl der Kranken in 
Maskat erheblich zugenommen, die jetzt alle durch 
den Gebrauch des Wiener Biers gesunden wollen. 
Bei eienem Unwohlsein in jüngster Zeit soll nun 
nuch der bierfeindliche Sultan von Maskat auf ärzt⸗ 
iches Anrathen in dem Genusse des Wiener Biert 
Benesung gesucht und auch gefunden haben. Des—⸗ 
jalb dürfte sein Fanatismus gegen dasselbe nicht 
ange mehr andauern. 
— Eine furchtbare EXplosion hat im Februar 
die Stadt Chester bei Philadelphia heimgesucht. 
Der Feuerwerksfabrikant, Professor Jackson, der im 
janzen Osten bekannt ist, hatte dort eine Fabritk 
einer Produkte. Er hatte in letzter Zeit wenig 
Feuerwerk fabricirt, hatte aber einen großen Vorrath 
saketen und Bomben oder Feuerkugeln. Er hatte 
zie Absicht, seine Fabrikation von Feuerwerk ganz 
nufzugeben und sich künftig nur mit Anfertigung 
von Zündern, von Signalen für Eisenbahnen zu 
efassen, wofür seit dem Eisenbahnunfall zu Spuyten⸗ 
Duyvil große Nachfrage ist. Mit Anfertigung der⸗ 
elben waren ein Vormann und zwei Arbeiterinnen 
eschäftigt; sonst waren keine weiteren Arbeiter an⸗ 
zestellt. In dem alten Steinhaus lebten eine An⸗ 
ahl farbiger Familien, die sich jedoch alle kannten. 
Es ist unbegreiflich, daß man das Publikum in die 
Nähe des Feuers ließ, da man doch wissen mußte, 
velche eine Masse Feuerwerk darin lag. Das Feuer 
entstand vielleicht durch eine Gasexplosion und erst 
pater ergriff es die Feuerwerkskörper. Nun folgten 
)rei Explosionen, die 17 Personen tödteten und 70 
verwundeten. Die auf der Unglücksstätte sich ab— 
pielenden Scenen spotten jeder Beschreibung. Hier 
agen die Leichen der Getödteten, dort schrieen 
SZchwerverwundete nach Hilfe oder lagen besinnungs 
los da. Kurzum es war das entseßlichste Unglück, 
welches die Stadt Chester seit ihrem Bestehen be⸗ 
roffen. Den Verwundeten wurde sofort allseitige 
hilfe. Boten riefen sämmtliche Aerzte der Stadt 
auf die Unglücksstätte. Die Häuser in der Nach— 
barschaft der letzteren verwandelten sich in Hospi— 
täler und nahmen die Verwundeten auf. 
Treffende Antwort. Ein amerika⸗ 
uischer Geistlicher, der einer freieren Richtung an⸗ 
gehört, hatte jüngst mehrere seiner Gemeindemit⸗ 
Jlieder veranlaßt, sich Blitzableiter an ihre Häuser 
nachen zu lassen. Ein Pietist machte ihm darüber 
Vorstellungen und äußerte schließlich: 
.Womil kann denn Gott jetzt eigentlich den 
Menschen noch strafen?“ 
„Mit Dummheit!“ war die Antwort. 
f Eine radikale Polizeistunde hat 
das Städtchen St. Paris in Ohio eingeführt. Die 
Wirthschaften müssen nämlich dort fortan schon 
Ubends um 6 Uhr geschlossen sein und alles Ap⸗ 
D 8 78 222 - * 
meint ein dortiges Blatt: Eine Polizeistunde um 
z Uhr Abends kommt dem „Beinabnehmen oben 
am Halse“ verzweifelt nahe. 
Fa Ich stehe auf dem Boden der Freiheit,“ 
rief einst ein Redner. „Das ist uicht war,“ rief 
ein Schuhmacher unter der Zuhörerschaft, „Sie 
tehen in einem Paar Stiefeln, die Sie mir nicht 
hdezahlt haben.“ 
—3— 
Dienstesnachrichten. 
Bauamtmann Giese von Kaiserslautern wurde zum 
Kreisbaurath an der Regierung der Oberpfalz, an dessen 
Stelle Bauamtsassessor Molitor von Würzburg, und auf 
etztere Stelle Baupraktikant Wolf von Speyer ernannt. 
Bezirksamtsassesssr Gresbeck von Kirchheimbolanden 
vurde nach Munchen versetzt. 
Neueste Nachrichten. 
Berlin, 12. Juni. Im Reichstage sagte 
Fürst Bismarck bezüglich des Tabak— 
monopols, das Monopol sei gewählt worden 
nicht allein zur Vermehrung der Einnahmen, sondern 
auch zur Erreichung anderer Zwecke, wie der Steuer⸗ 
erleichterung, wobei er auf die Motive hinweist. 
Er sei nie im Zweifel darüber gewesen, daß das 
Monopol ein Uebel sei; es frage sich aber, ob nicht 
indere Uebel größer wären. Dem Landtage liege 
die Verwendung der Mittel, dem Reichstage die 
Beschaffung dieser Mittel ob. Es sei nothwendig, 
daß die Absicht einer Steuerreform ausgeführt 
werde. Das Bedürfniß der Steuerreform werde 
er im Landtage feststellen und dann vom Reichstage 
ofort berathen lassen. „Wir sind ja überzeugt — 
erklärte der Reichskanzler weiter — daß das Mo—⸗ 
aopol abgelehnt wird; aber wir brauchen diese Ab⸗ 
ehnung, um nicht die Verantwortung zu tragen, 
als hätten wir nicht unsere Pflicht gethan, wenn 
zine nachfolgende Regierung das Monopol fordert 
und bewilligt erhält.“ Hierauf erörtert der Reichs⸗ 
sanzler näher das Bedürfniß einer Steuerreform, 
exemplificirt von der Aufhebung der Kopfsteuer in 
Rußland die Ungerechtigkeit der directen Besteuer— 
uing und zählt aus den Motiven zum Verwendungs⸗ 
zesetz die Executionen auf. Solch hohe Zahl von 
AVV 
drückend eine directe Steuer gerade auf der untersten 
Tlasse laste. Es kämen im Durchschnitt 1,000,000 
Pfändungen auf's Jahr. Wie Staat und Gemeinde 
uinter dem jetzigen Steuersystem litten, beweise die 
Auswanderung. Die Auswanderer entziehen sich 
diesem System und wenden sich einem Lande zu, 
vo Klassen- und Einkommensteuer nicht bestehen. 
In Frankreich, England und Amerika ist solches 
System beseitigt. Man redet bei uns dem Volke 
ein, die Regierung wolle nur neue Steuern. Bei 
der ungeheuren Verlogenheit gelingt dies leider zu 
»ft (Hört!) Man stellt die Regierung als Feindin 
des Volkes dar (Oho! — Unruhe. — Sehr wahr!), 
man redet den Wählern ein, sie müßten nicht ser—⸗ 
zile Leute wählen, ja solche, die dem Kanzler Op⸗ 
zosition machen. Als ob dieser für sich stehe und 
nirklich gegen die Interessen des Volkes. — Der 
danzler berührt dann die späte Session. Es handle 
icch um ein Gesetz, betreffend die Nothdurft unserer 
Mitbürger. Daß trotz der Einkommensteuer und 
onstiger direkter Comunalsteuern die Gemeinden in 
Röthen seien, beweisen die Eingaben solcher Ge—⸗ 
meinden, die er hier verlese. Eine indirekte Steuer 
ei leichter aufzubringen. 
Der Reichskanzler (auf der Tribüne schwer ver⸗ 
tändlich) erörtert dann die drei Punkte des Ver— 
wendungsgesetzes: Grundsteuer, Schule, Erhöhung 
der Gehälter ꝛc. Dem Landtage werden noch ein⸗ 
mal Vorlagen über die Verwendung zugehen, welche 
m Interesse des Volkes gemacht werden. Diejenigen, 
velche solche ablehnen, verdienen nicht den Namen 
yon Volksvertretern. Eingehend auf das Monopol, 
»edauert der Reichskanzler, daß die Commission gar 
nicht die Bedüfnißfrage beantwortet habe. Die 
Straßburger Manufactur ist nicht maßgebend, es 
iegen ja Ergebnisse aus Frankreich und Oesterreich 
yor, die für das Monopol sprechen. (Der Reichs⸗ 
anzler bittet um Erlaubniß, sich zu setzen.) Er 
»eschäftige sich mit dieser Frage seit 1867. Die 
zeit sei nicht mehr fern, wo das Monopol bei den 
Tabakbauern populär werden würde. Charakteristisch 
ei es, daß die Abgeordneten des Elsaß ihre Ab⸗ 
ehnung vor ihren Wählern mit politischen Gründen 
u motiviren suchten.