Full text: St. Ingberter Anzeiger

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st. Iugherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inagbert. 
qn St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmalz: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
dlait und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 14 40 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 60 , einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt. 15 , bei Neclamen 30 4. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M 120. Dienstag, 20. Juni 1882. 
17. Jahrg. 
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Politische Uebersicht. — 
Lagerscheine (Warrants), die Frage der Rückzölle 
und eine Diskussion über die Frage der Hausir—⸗ 
reiheit in Aussicht genommen. 
Der Kanzler beabsichtigt in Bälde (wahr⸗ 
cheinlich heute oder morgen) Berlin zu verlassen 
im die Varziner Waldeinsamkeit aufzusuchen. Daß 
complikationen der auswärtigen Politik, wenn es 
nicht solche von sehr schwerwiegender Natur sind, 
den Kanzler von seinem Tuskulum nicht fernzuhalten 
oflegen, ist bekannt; er erledigt dieselben von Varzin 
uus und die Botschafter und Diplomaten fremder 
Mächte kommen, wie die Erfahrung lehrt, sehr gern 
nn sein gastliches pommer'sches Haus. 
Berlin, 17. Juni. Den Morgenzeitungen 
ufolge legte der Staatsanwalt die Revision gegen 
zas freisprechende Urtheil Mommsen's ein. 
(Vertretung der deutschen Marine.) 
die kürzlich erfolgte Abcommandirung eines kaiser⸗ 
ichen Corvettenkapitäns als Militäratitaché bei der 
Botschaft in London dürfte noch weitere ähnliche 
AUnordnungen zur Folge haben. Man wünscht 
X 
chen Marine bei den größeren Seemächten, um in 
serselben Weise wie über die fremdländischen Ar—⸗ 
neen auch über den Stand der Marine fremder 
Mächte auf dem Laufenden erhalten zu werden. 
kngland, Rußland, Spanien und Brasilien haben 
Marine⸗Attachés in Berlin, während Deutschland 
iur in Newyork einen Marinebevollmächtigten be—⸗ 
glaubigt hat. 
* St. Ingbert, 20. Juni. Nach dem Re—⸗ 
sultate der am Samstag beendigten Gerichts— 
dollzieherprüfung am konigl. Landgerichte 
Kaiserslautern haben von 20 Bewerbern, welche sich 
der Prüfung unterzogen hatten, 17 bestanden, unter 
diesen u. A. auch Herr Ernst Graf von hier. 
* St. Ingbert, 20. Juni. Der gestrige 
Jahrmarkt dahier war stärker mit Buden und 
Verkaufsständen besetzt, als zu erwarten war. Eine 
inliebsame Störung für die fremden Verkäufer 
zrachte gegen 2 Uhr ein heftiger Regen, mit Schlossen 
jemischt. Doch entwickelte sich nach demselben bis 
um Abend wieder ein recht lebhaftes Treiben auf 
der Straße zwischen den Buden. 
St. Ingbert. Bei der durch die Herren 
Bebr. Krämer von hier am 15. Juni arrangirten 
Treibjagd auf Wildschweine in den Waldungen des 
stteviers Jägersburg wurde, wie die „Zw. 
Ztg.“ meldet, durch den Herrn Fabrikanten Roth 
ius Zweibrücken ein beinahe 2 Zentner schwerer 
deuler und außerdem durch andere Herren noch 2 
Frischlinge erlegt. 
r. Waldmohr, 19. Juni. Gestern Nach⸗ 
mittag fand dahier sdas Gustav-Adolph-Fest 
für das Dekanat Homburg statt. Wie hatte sich zu 
dieser Feier unser sonst so stiller und prosaischer 
Ort verändert! Die letzten Tage hindurch, wie hatte 
nan da gerüstet und gearbeitet! Und gestern war 
jast kein Haus, das nicht im lieblichsten Festschmuck 
prangte. Von Nah und Fern waren die Gäste 
herbeigeströmt. Diejenigen, die von Homburg her⸗ 
kamen, gewahrten mit Ueberraschung wie auch un⸗ 
ere Nachbargemeinde Jägersburg mit Fahnen und 
dränzen sich sinnig zu unserem Feste geschmückt 
jatte. Gegen 2 Uhr nahm der Festzug vor dem 
Bfarrhause Aufstellung und bewegte sich dann, die 
Berglapelle von Mittelbexbach an der Spitze, in 
»as mit Blumen aufs Schonste gezierte Gotteshaus, 
das die große Zahl der Besucher nicht zu fassen 
»ermochte. Herr Pfarrer Jun g von hier begrüßte 
nit herzlichen Worten die Andächtigen; Herr Pfar—⸗ 
er Ferckel von St. Ing bert hielt die Festrede 
ind Herr Vikar Walther von Glan-Münch— 
vpeiler erstattete den Jahresbericht. Die kirch⸗ 
iche Feier wurde erhöht durch zwei recht hübsch 
orgetragene gemischte Chöre des unter Leitung des 
Herrn Lehrer Klen tsch stehenden Kirchenchores. Aus 
»em Jahresberichte heben wir hervor, daß der 
Bustav⸗Adolph⸗Verein in der Zeit seines 50jährigen 
Bestehens in Deutschland, Oesterreich, Frankreich, 
Italien und Spanien 2875 bedrängte Gemeinden 
mit 163 Mill. Mark unterstützt hat; doch sind 
zur Zeit noch zu bauen 93 Kirchen, 44 Schul⸗- 
jäuser und 31 Pfarrhäuser. In der Pfalz 
zingen im Jahre 1881 ein 18,000 Mark, in den 
etzten 30 Jahren 390,000 Mark. In dieser Zeit 
ind der Pfalz vom Hauptvereine zugeflossen 260, 000 
Mk. Im Dekanate Homburg sind im lau—⸗ 
enden Jahre eingegangen 1830 M., davon in 
St. Ingbert von 300 Mitgliedern 226 Mk. 
835 Pf. (40 Mtk. mehr als im Vorjahre) und in 
Ensheim von 35 Mitgliedern 30 Mark. Von 
diesen 1830 Mark ist dem Bezirksvereine Homburg 
ein Drittel mit 610 Mark zur Vertheilung ver— 
»lieben. und erhielten davon zugewendet Ensheim 
100 Mk., Blieskastel 100 Mk., Mittel— 
bexbach 150 Mk., Neuhäusel 125 Mk., 
Mackenbach 49 Mk., die bei Austheilung der 
zroßen Liebesgabe seitens des Hauptvereins unbe⸗ 
ücksichtigt gebliebenen Gemeinden 30 Mk., die 
Fvangelisation in Syanien und Italien je 28 M. 
Deutsches Reich. 
München, 18. Juni. Die am kgl. Landge— 
icht München J1 geführte und unmehr geschlossene 
untersuchung gegen Baron de Grailler, Baron Kreitt⸗ 
mayhr und Privatier Brunner wurde aus dem Ge— 
chispunkte des 8 92 des R.Str.«G.⸗B. (Landes- 
xetrath) geführt. Wenn die Verweisung wegen 892 
.Str.G.⸗ B. erfolgt, so hat die Hauptverhandlung 
or zwei vereinigten Senaten des Reichsgerichts in 
reizig stattzufinden; wenn dagegen wegen eines gerin⸗ 
eren Reates, nach F492 und 8 360 Ziff. 1 des R. 
Zir.vG.⸗B. (Aufforderung zur Begehung eines Ver⸗ 
rechens oder zur Theilnahme an einem Verbrechen 
ꝛezw. Annahme einer solchen Aufforderung; Auf—- 
nahme von Rissen von Festungen oder einzelnen 
zestungswerken ohne Erlaubniß) Verweisung statt⸗ 
inden würde, so würde die Hauptverhandlung beim 
andgericht München J durchgeführt werden. Ueber 
uus Ergebniß der Uutersuchung verlautet zur Zeit 
noch nichts. Die Vertheidigung der oben genannten 
vird von den Rechtsanwälten Graf Arco, Wimmer 
ind Siegel dahier geführt. (Pf. K.) 
Berlin, —18. Juni. Die „Nordd. Allg. Ztg.“ 
chreibt: Wie wir hören, ist mit Genchmigung der 
wiserlichen Regierung auf den Antrag des laiser⸗ 
ichen Generalkonsuls für Egypten in Konstantinopel 
in Lloyddampfer gemiethet worden, um den Reichs⸗ 
mgehörigen, welche unter den obwaltenden Verhält⸗ 
nissen Egypten zu verlassen, beabsichtigen, hierzu die 
Röglichkeit zu gewähren, da das kaiserliche Kanonen⸗ 
vot „Habicht“, welches sich augenblicklich auf dem 
bege von Malta nach Alexandrien befindet, nur 
eschränkte Raumlichkeiten bietet. Der Lloydampfer ist 
m 16. d. M. von Konstantinopel in See ge⸗ 
Angen und soll mit Anwendung größter Fahrge- 
thwindigleit Montag Abend in Alexandrien ein⸗ 
reffen. Aus ebenso authentischer Quelle erfahren 
vit, daß der Reichsangehörige, welcher leider bei 
n Excessen in: Alexandrien um das Leben kam, 
m aus Straßburg gebürtiger Herr Scheuter 
pon isi. Andere Verluste an Menschenleben oder 
— — sind deutscherseits nicht zu beklagen. 
„Ferlin, 19. Juni. Die deuische Regierung 
ahm den Vorschlag der Westmächte an, die Con— 
in gen in Kostantinopel berufs Ver⸗ 
er die egyptische Frage zusammentreten 
uu lassen. Eingegan i 
—386 gene telegrapische Nachrichten 
In —3 durch die Cabinette von Rom, 
8 urg sicher —A Die Con⸗ 
un mn emnachst nach Maßgabe ihrer Resultate 
ni der Pforte in Verhandlung neten. In Aegypten 
allärte der Khedive“ Derni 
——Sꝛ dpid Pascha, Arabi Bey 
ur —8 der —— —— 
em be * 1 * 2 
ender — Meimetag ree 
—38 onopolfrage beseitigt 
deen. trotz mancher Hoffnungen, welche 
un reisen der Monopolfreunde noch genährt 
3 todt zu betrachten, und eine neue An⸗ 
Ine Mae seitens der Gegner des Monopole 
— echt als ein Zweifel an der Wirk⸗ 
—* Paramentsbeschlusses betrachtet werden. 
9 — wie dem „Berl. Tgbl.“ mitge⸗ 
h nd, der Ausschuß des volkswirihschaftli 
ongresses bes * *— 7 f chen 
uane d eschlossen, die Diskussion über das 
—* ie für die September⸗Versammlung in 
—* senommen war, von der Tagesordnung 
unn — ist als Ersatz dafür die Frage der 
g des Verbrauchs, die Angelegenheit der 
Ausland. 
Trieft, 19. Kuni. Der Lloydampfer Espero 
st mit 238 Passagieren gestern Nachmittaq von 
Alexandrien hier eingetroffen. 
London, 19. Juni. „Reuter's Bureau“ 
neldet, daß die Stadt Ismailia durch das Eintreffen 
iner großen Anzahl Beduinen, welche sich der Stadt 
nähern und an den nichtbewachten Ufern des Suez⸗ 
anals umherstreifen, beunruhigt wird. 
London, 19. Juni. Die Polizei verhaftete 
inen Irländer Namens Thomas Walsh, welcher 
ingeblich Miether der Räumlichkeit war, worin am 
S„amstag die Waffenbeschlagnahme erfolgt ist. Die 
Ddurchsuchung seiner Wohnung führte zur Entdeckuug 
veiterer Munitionsvorräthe. 
Die Londoner VPolizei soll ernste und be— 
timmte Nachrichten bezüglich eines bewaffneten 
Aufstandes in Irland erhalten haben. In 
Folge dessen hat der Kommandant von Dublin die 
nilitärisch wichtigsten Punkte dieser Stadt besetzen 
assen und alle Vorsichtsmaßregeln getroffen, um 
einem etwaigen Aufstande sofort entgegentreten zu 
önnen. In Londog soll die Polizei eine beträcht⸗ 
iche Anzahl Gewehre, Revolver und Patronen mit 
Beschlag belegt haben. Alle diese Mittheilungen 
edürfen zwar noch der Bestätigung, sie beweisen 
iber, daß man in England auf das Schlimmste ge⸗ 
aßt ist. 
Alexandrien, 19. Juni. Die Auswanderung 
dauert fort. Die Zahl der Ausgewanderten wird 
auf 95,000 geschätzt. Derwisch Pascha empfahl dem 
Khedive an, auf einige Tage nach Kairo zu gehen. 
uim die Bevölkerung zu beruhigen. 
Lokale und vfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 20. Juni. Bei der Samm— 
lung für das bayerische Landesdenkmal 
auf dem Schlachtfelde von Wörth Fröschweiler ging 
in unserer Stadt der ansehnliche Betrag von 297 M. 
75 Pf. ein