Full text: St. Ingberter Anzeiger

lich in Abnahme begriffene Liebschaft als Thatver⸗ 
anlassung bezeichnet wird. (Pf. K.) 
— Höheinöd, 21. Juni. Heute starb dahier 
der pensionirte Förster J. Müller. Derselbe war 
am 15. August 1797 in dem Dorfe Mölschbach, 
wo sein Valer Oberförster war, geboren. Im 18 
Lebensjahre trat er in den Staatsdienst, war zuerss 
Gehilfe seines Vaters, kam dann nach Otterberg, 
Greten, Münchweiler, Beckenhof, Hohenlist und Höh⸗ 
einöd. Im Jahre 1867 wurde er pensionirt. Er 
war ein beliebter Gesellschafter und erzählte beson— 
ders gern Jagdabenteuer, gewürzt mit lustigem 
Jägerlatein. Er war. ein Mann ohne Falsch. Möge 
ihm die Erde leicht sein! (P. Anz.) 
— In welcher Weise heutzutage durch Hau— 
sirhandel Schwindel getrieben wird, dafür 
liefert Folgendes ein Beispiel. Vor noch nicht 
langer Zeit machten einige Individuen mit Muster— 
paketen die Gegend von Landau umsicher, welche 
angaben, auzß Rußland,. Frankreich oder aber haupt⸗ 
sächlich aus Belgien zu sein, dortselbst ein in Gant 
gerathenes großes Etablissement ausgekauft zu ha— 
den und in Folge dessen zu fabelhaft billigen 
Preisen verkaufen zu können. Zur Bewahrheitung 
führien sie eine Masse Muster jeder Gattung und 
Qualität mit sich, welche sie bei irgend einem Kauf⸗ 
mann, der dieselben ausrangirte, erstanden. Nach 
diesen Mustern nun verkauften sie Seidenzeuge, 
Kleiderstoffe, Kattune, kurzum Alles zu solchen 
Spottipreisen, daß selbst der harmäckigste und ab— 
gesagteste Feind dieses Gewerbes auf die Leimruthe 
ging. War der Eingang des Geschäftes auf diese 
Art gemacht. so kam zum Schlusse erst die Quint⸗ 
essenz des ganzen Schwindels. Die Hausirer offe— 
ritten nämlich nun noch eine Art bedruckten 
Bucdskins, kolossal dick und schwer in die Hand 
fallend (dessen eigentlicher Werth höchstens M. 10 
ist), den Stoff zu einem ganzen Anzug zu M. 100, 
bietet nun der gutmüthige Hausvater oder aber die 
noch bessere Hausmutter, welche vorsorglich denkt 
für ihre Lieben ja recht billige Anzüge zu bekom— 
men, die Hälfte oder noch weniger des geforderten 
Betrages, so wird ihm der Anzug sofort — mit 
Futter sogar — zugeschlagen. Diesen Stoff nun 
führen diese Leute, abgepaßt für Anzüge, Ueber— 
zieher ꝛc.. mit sich und übergeben denselben den 
hetreffenden Kunden natürlich nur gegen baar, wäh— 
renddem versprochen wird, die andern vorher be— 
stellten Sachen recht baldigst zu liefern. Wann 
nun diese VLieferfrist abläuft, ist nicht festgestellt 
die Leute aber, welche auf diese Offerte eingingen, 
haben's heute noch abzuwarten. Daß die Käufer 
dieser Stoffe nun furchtbar geprellt sind, entpuppt 
sich schon nach kurzer Zeit, aber zu spät, denn die 
jauberen Herren haben schon längst das Weite ge— 
jucht, um in anderen Gegenden ihr Geschäft mit 
gleichem Erfolge zu betreiben und vielleicht nach 
rinigen Jahren wieder zurückzukehren und das gleiche 
Manöver zu wiederholen. — Mögen diese Zeilen 
hauptsächlich unsere Landleute, auf welche es das 
Gesindel meistentheils abgesehen zu haben scheint, 
für die Folge vorsichtiger machen, damit solchen 
Herren zur rechten Zeit die Thüre gewiesen werde 
(L. A.) 
— Landau, 21. Juni. Eine am 20. Juni 
durch einen kgl. Regierungsbeamten vorgenommene 
Verifikation des Rentamtes Germersheim führte 
zur Entdeckung von Unterschlagungen, welche 
fich der zweite Rentamtsgehilfe B. daselbst zu Schul⸗ 
den kommen ließ, so zwar, daß dessen Verhaftung 
und Abführung zur Untersuchungshaft hierher bereits 
erfolgte. (L. A.) 
— Am Sonntag, 18. ds. entschlief zu Wein— 
heim an der Bergstraße der Bildhauer Wilhelm 
dornberger, gebürtig aus Ilbesheim bei Landau. 
Schon längere Zeit brustleidend, hatte er sich von 
Mannheim aus, wo er im Schloß sein Atelier hatte, 
vor einigen Wochen an die Bergstraße begeben, um 
in der dortigen milden Luft Heilung zu finden. 
Er fand sie nicht, wohl aber einen sanften Tod, 
betrauert von allen, die Gelegenheit hatten, ihn in 
seiner Herzensgüte kennen zu lernen, und die mit 
ihm beklagten, daß sein Lieblingsgedanke, dem er 
sozusagen sein ganzes Leben opferte, „Die Wacht 
am Rhein“, nicht zur Ausführung kam. Gerade 
in dem Augenblicke, wo sich die Aussicht zur Ver⸗ 
wirklichung seiner Lieblingsidee eröffnete, wurde er 
vom Schauplatz dieses Lebens abgerufen. Mochte 
es seinen Freunden gelingen, zur Ehre des Dahin⸗ 
gegangenen und zur Verherrlichung des vaterlän⸗ 
dischen Gedankens ein Werk zu errichten, das viel⸗ 
leicht in keiner Zeit bedeutungsvoller erscheinen dürfte 
als in der jetzigen. (Pf. K.) 
— Neustadt, 21. Juni. Nach den in 
üngster Zeit in's Werk gesetzten statistischen Auf— 
nahmen und nach den an der Hand dieser durch 
die hiesige Stadtschreiberei vollzogenen Aufnahmen 
sat unsere Stadt gegenwärtig 11,497 Einwohner, 
somit seit der letzten Zählung eine Mehrung von 
31 Seelen. 
— Neustadt, 22. Juni. Der ledige Gg. 
Hoffmann von Speierdorf, der am 29. Mai seine 
beiden Eltern gefährlich verletzte, ist gestern Nacht 
in die elterliche Wohnung zurückgekehrt. Derselbe 
st krank und leidet an intensiver Gesichtsrose, so 
)aß seine Festnahme vorerst unterbleiben muß. Er 
vill sich seitdem fortwährend im Freien umherge 
rieben haben, besonders im Kantone Edenkoben. 
uind gibt an, er habe vom Bettel das Leben ge— 
rristet. Dieser Mensch verursachte der Gensdarmerit 
eit 3 Wochen kolossale Anstrengungen, umsomehr, 
als sich Riemand dazu hergeben zu getrauen schien, 
virksame Unterstützung zu bieten. Seine Mutter 
iegt jetzt noch lebensgefährlich darnieder. 
B.⸗3.) 
— Vom oberen Gebirg, 19. Juni, wird 
dem „Pf. K.“ geschrieben: Das anhaltend nasse 
ind kühle Wetter zur Zeit der Heuernte und 
Traubenblüthe versetzt unsere Winzer in ganz mise— 
abele Stimmung und macht die Wetterpropheten 
u Schanden, die von dem sonnigen, trockenen März 
inen heißen trockenen Sommer und insbesondere 
inen schönen Juni prophezeiten. Die Lügenpro— 
»heten! Das Klee- und Wiesenheu ersäuft im 
Regen, die herrlichen Feldfrüchte lagern sich und 
erkümmern, und die in seltener Fülle prangenden 
Traubenscheine benagt der Wurm! Zur Trauben⸗ 
;lüthe gehört warmer Sonnenschein und wenn dieser 
roch lange ausbleibt, dann — ja dann ist der 
zute 1882er schon getrunken, es blüht dann noch 
der Essinger! Indessen ist bis jetzt noch wenig ver⸗ 
orben; tritt jetzt noch, aber recht bald und schnell— 
zünstige Witierung ein, dann können sich noch 
Scheunen und Fässer und in kurzer Zeit den Sor⸗ 
gen um „Brod und Wein, um Futter und Streu⸗ 
werk“ abgeholfen werden. 
— Der Gemeinderath von Rhodt hat den bei 
der Aufnahme der Berufsstatistik beschäftigten Zählern 
als Zeichen seiner Anerkennung ein Abendessen in 
der Wirthschaft „jum Lamm“ veranstaltet. 
— Zwei strebsamen, in der Pfalz einheimischen 
Aünstlern ist eine Auszeichnung zu Theil geworden. 
Der Pianist Karl Wendling erhielt nämlich einen 
ehrenvollen Ruf an das Conservatorium zu Leipzig 
und der Baritonist Karl Perron einen solchen an 
das Hoftheater nach Kassel. 
Vermischtes. 
F (Statistisches.) Die Pfalz besitzt aus— 
weislich des soeben erschienen „Gemeinde⸗-Verzeich— 
nisses für das Königreich Bayern, auf Grund der 
Volkszählung vom 1. Dezember 1880“, herausge— 
zeben von dem kgl. statistischen Bureau, von den 
38 unmittelbaren Städten des Königreiches bekannt⸗ 
lich keine, da in der Pfalz nur eine Form der 
Bemeindeverfassung besteht; von den 148 Bezirks— 
ämtern des Konigreiches besitzt die Pfalz 12, von 
den 28 Landgerichten 4, von den 270 Amtsge— 
richten 30, von den 216 Rentämtern 24, von den 
70 Forstämtern 8, von den' 24 Landbauämtern 2, 
bon den 24 Straßen⸗ und Flußbauämtern 2, von 
den 22 Hauptzollämtern 2, von den 460 Ein— 
nehmereien 29, von den 380 Notaren 65, von den 
39 Verificatoren 12, von den 37 Brandversicher⸗ 
ungs⸗Inspektoren keinen, von den 32 Landwehr— 
ezirks-Commandos 4, von den 6283 Standesämtern 
1415 (und zwar von den 1115 sog. combinirten 
127); es giebt sodann in der Pfalz 28 Städte 
nit Landgemeindeverfassung (Städte mit städtischer 
Verfassung, wie im diesseitigen Bayern giebt es 
richt), von den 7368 übrigen Gemeinden des 
dönigreiches mit Landgemeindeverfassung besitzt die 
Pfalz 683, von den 8028 Gemeinden Bayerns 
iberhaupt 711 und von den 46,016 Ortschaften 
1909 mit 144,563 Haushaltungen und eine 
Wohnbevölkerung von 680,282 Seelen. Am 1. 
Dezember 1880 waren aber nur ortsanwesend 
677,281, davon 331,883 männlich, 345,398 weib⸗ 
lich; nach dem Civilstand 408,122 ledig, 225,799 
derheirathet, 43015 verwittwet und 351 geschieden, 
nach der Confession 293,3099 Katholiken, 368,996 
Protestanten, 28 Reformirte, 2634 Mennoniten, 
3 Wiedertäufer, 1 Irvingianer, 3 Anglikaner, 11 
Deutsch⸗Katholiken, 58 Freireligiöse, 11, 990 
liten, 14 Confessionslose und 133 Angehörige 
stiger Sekten; nach der Staatsangehörigkeit örd 
Bayern, 16,847 des übrigen Deutschen Re 
1118 Ausländer (davon 5093 —e 
aktive Militärpersonen). in 
Die Gesammtbevölkerung des Königreiches zihh 
am 1. Dezember 1880 5,284,778 Seelen. d! 
betrug sie nur 3,707,966, mithin betraͤg 
Mehrung 1,576,812 Seelen oder 42,5 pe & 
jährlich 0,7 pCt. Diese Bevolkerung schied 
in 3,222,550 Ledige, 1,765,821 Verheiratha 
293,299 Verwittwete und 83108 Geschiedenen 
der Confession ergaben sich 3,748,032 Kesho 
1,477,312 Protestanten, 53,526 Israeliten we 
—5908 Anhänger sonstiger Bekenntnisse. Von I8. 
»is 1880 ist die Gesammtbevölkerung um 20,9 vp 
zestiegen; in dem gleichen Zeitraum haben sich 
datholiken um 26,6 pCt. und die Protestanten 
23,0 pCt. vermehrt, dann die Israeliten 
9,9 pCt. vermindert. Die letzteren zeigen übrign 
seit 1867 wieder ein stetiges Wachsen und u 
hon 1867 bis 1880 um 7,4 pCt. Werdend 
jüngsten 5 Jahre von 1875 bis 1880 für sichh 
crachtet, so ergiebt sich — bei einem Wachsen du 
Besammt-Bevölkerung um 5,2 pCt. — eine relat— 
Mehrung der Katholiken um 4,9 pCt., der Prus 
testanten um 6,1 pCt., der Israeliten um 43 phh 
und der Angehörigen anderer Bekenntnisse me 
2,0 pCt. Nach der Staatsangehörigkeit theille— 
sich die Bewohner in 5,144,538 bayerische Unten- 
thanen, 83,975 Angehörige der übrigen deutscho— 
Staaten und 56,265 Ausländer. 
Das Königreich hat zur Zeit, wie bereitz 
Nr. 120 erwähnt, 8028 Gemeinden. Von dien 
haben 74 bis 100, 4974 von 101 bis 56 
2111 von 501 bis 1000, 815 von 100160 
5000, 29 von 5001 bis 10,000 und 25 ih 
10,000 Einwohner. Von diesen letzteren giebt 
in der Pfalz 6, nämlich Kaiserslautern mit 2632 
Einwohnern, welche den 8., Speyer mit 15536 
Einwohnern, welche den 12., Ludwigshafen afsh 
mit 15,0 12, welche den 15., Pirmasens mit 12,039* 
NReustadt asH. mit 11,411 und Zweibrücken m 
10,382 Einwohnern, welche drei letzten den 
bezw. 24. und 25. Platz einnehmen. In Prozenin 
drückt sich das Wachsthum der 6 Städte währen 
der 40 vorausgegangen Jahre, wie folgt au— 
Ludwigshafen a/Rh. 16,580 pCt., Kaiserslauten 
219 pCt., Pirmasens 87,8 pCt., Neustadt aih 
69,7 pCt., Speyer 39,8 pCt., und Zweibrüde 
37,0 pCt. — Außerdem hat die Pfalz noch ve 
den 242 Städten des Königreiches folgende: An— 
weiler 2945, Bergzabern 2395, Blieskastel 175 
Deidesheim 2744, Dürkheim 6089, Edenkobn 
1898, Frankenthal 9043, Germersheim 6449 
Grünstadt 3810, Homburg 4030, Hornbach izn 
St. Ingbert 9811, Kirchheimbolanden 3895, Kujt 
3091, Landau 8749, Landstuhl 3667, Lauteredt 
1387, Obermoschel 1318, Oggersheim 3780 
Dtterberg 2611, Wachenheim 2460 und Woliftenr 
1195 Einwohner. 
4 Im großen Saale zum „Münchener Kind 
beging am Samstag, 17. Juni Abends die Münch— 
ner Buchdruckergenossenschaft unter Mitwirkung uf 
Gesangvereine , Typographia“ und „Gutenbeig, 
die 400jährige Jubiläumsfeier der Gründung F 
ersten Buchdruckerei in München. Anwesend ur 
ren u. A die Minister Dr. v. Luß und dit 
v. Crailsheim. 
p Das Ergebniß der Berufsstatih 
Saarbrücken am 5. Juni 1882 ist nach 
Saabr. Ztg. folgendes: Es wurden gezählt: 1Oh 
Daushaliungen mit 9607 anwesenden Personn 
worunter 277 nicht ortsangehörige, 234 abwejen 
Personen excl. Kinder unter 14 Jahren, 482 Han 
haltuingen min Landwitthschaftsbetrieb, 847 Sehht 
ständig⸗ Gewerbtreibende mit Gehülfen. — 
Volkzzählung vom 1. Dezember 1880 ergab 
anntuch 1953 Haushaltungen, 9514 ortsanwefen 
Personen, binnen 18 Monaten also eine Vermehltunl 
don 93 Personnen. inle 
Shargemund, 20. Juni. Den Eins 
der St. Gotthardbahn auf den de 
Handel kann man hier an den durchgehenden Gun 
dagen deutlich erkennen. Wahrend einerseits sre 
tauenische Wagen zu bemerken sind, so find r 
nach Italien deklarirte Kohlenzüge, sowie desglei 
zanze Wagenladungen von Meitlacher und Sarh 
münder Fahence ⸗ Waaren tagtäglich zu sehen. — 
Neunkirchen, 17. Juni. Ein b 
Inkermezzo trug sich heute Morgen auf dem obe