Full text: St. Ingberter Anzeiger

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sf. Iugherter Anzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich füunfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
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M I27. 
Samstag, 1. Juli 1882. 
iti Zwangsversicherung als der freien Entwickelung der 
Politische Uebersicht Industrie hinderlich und als überhaupt unpraktisch 
zu verwerfen, die gesetzliche Haftpflicht entsprechend 
zu erweitern, die freie Unfallversicherung unter ge— 
etzliche Normativbestimmungen und endlich alle ver⸗ 
virkten Entschädigungssummen genügend sicher zu 
tellen seien. 
Deutsches Reich. 
Muͤnchen, 28. Juni. Se. Majestät der 
zönig hat angeordnet, daß zur Erinnerung an die 
ntwürdigen Leistungen der bayerischen Armee in 
en Kriegsjahren 1870,71 in ähnlicher Weise, wie 
olches in den übrigen deuischen Staaten bezüglich 
n Waffenthaten des Heeres geschehen ist, zwei 
große Gemälde durch den Schlachtenmaler Heinrich 
hang ausgeführt und zur öffentlichen Anschauung 
der Gemäldesammlung des Staates aufbewahrt 
verden. 
München. (Justiz-Statistik.) Die vom 
ʒiaatsministerium der Justiz unlängst veröffent⸗ 
ichten Ergebnisse der Civile und Strafrechtspflege 
m Jahre 1880 sind nicht nur als Behelf zur Be⸗ 
irtheiling des wirthschaftlichen und moralischen 
ziandes der Bevölkerung, sondern namentlich auch 
eeshalb interessant, weil sie sich über das erste Jahr 
er Geltung der Reichsjustizgesetzgebung in Bayern 
istreken. Was die Civilrechtspflege brtrifft, so 
cht aus der Berufs⸗Statistik hervor, daß, sofern 
icht etwa die Lust am Processiren wieder wächst, 
je 28 Landgerichte und 5 Ober-Landesgerichte 
haherns unmöglich genügend beschäftigt sein kön— 
en, und daß, wenn sich im letzten Budgetlandtag 
der Justizminister auch mit Recht gegen eine über— 
aille Aenderung an der erst kurz geschaffenen Or⸗ 
zmisation aussprach, schließlich doch die Vermin— 
ctung dieser Gerichte zur Nothwendigkeit werden 
ird. Die Statistik der Strafrechtspflege beweist, 
»cß gegenüber dem Vorjahre die abgeurtheilten 
handlungen überhaupt um 10,826 oder 2,8 pCt., 
ie Verbrechen und Vergehen zusammengenommen 
ine Verminderung um 17,480 oder 22.8 pEt. 
wahren haben, und auch gegenüber dem Durch- 
cuitt der letzten acht Jahre ist die Zahl der ab— 
eurtheilten Verbrechen und Vergehen im Jahre 
880 um 14,080 oder 18.7 pCt. niedriger, wäh⸗ 
end allerdings die Gesammtzahl der abgeurtheilten 
ctrafthaten (einschließlich der Uebertretungen) den 
durchschnitt der acht Vorjahre um 34,829 oder 
03 pet. übersteigt. 
Berlin, 28. Juni. Der „Kreuzztg.“ zufolge 
gtele der Kaiser ein huldvolles Schreiben an 
diter. worin er das Enilassungsgesuch genehmigt 
nd Bitter den rothen Adlerorden erster Classe und 
dang und Titel eines Staatsministers verleiht. 
Berlin, 29. Juni. Das Armee-⸗Verord⸗ 
ungsblatt publizirt eine königliche Verordnung, 
wonach von der Herbstcontrolversammlung 1882 ab 
dee Preußen die Dienstpflicht zwölf Jahre 
der Bundesrath hat, entgegen seiner 
uheren Ansicht, sich entschlossen, sich am Sonn⸗ 
dend, den 1. Juli, noch nicht, sondern vielmehr 
if im Laufe der nächsten Woche zu vertagen, um 
m noch eine Anzahl laufender Geschafte, na⸗ 
Zollangelegenheiten, zu erledigen. In der 
dsen Vorsitze des Staatsministers v. Bötticher 
n 7. Juni abgehaltenen Plenarsitzung des Bun⸗ 
gelangie zunächst gemäß, den Anträgen 
Ir uoschuge der Entwurf eines Regulativs über 
* aichterung bei der Ausfuhr von Mühlen⸗ 
laten mit einigen, nicht wesentlichen Abänder⸗ 
uen zur Annahme. 
F zur Arbeiter⸗Unfallversicherungs⸗ 
ge hat der Verband deutscher Muüller in seiner 
. Juni zu Stettin abgehaltenen Generalver— 
suung einen Beschluß gefaßt, demzufolge die 
Ausland. 
Paris, 29. Juni. Frankreich sucht, um eine 
Truppenausschiffung in Egypten vornehmen zu 
önnen, mit einer der Ostmächte, wahrscheinlich mit 
Desterreich, in ein Bundesverhältniß zu treten! 
In England werden die Rüstungen zu 
Wasser und zu Lande auf das Eifrigste betrieben. 
Im Woolwicher Arsenal traf der kriegsministerielle 
Befehl ein, binnen 8 oder 4 Tagen 20,000 Ge⸗ 
vehre und andere Bewaffnungsgegenstände fertig zu 
tellen. Man folgert aus dieser Bestellung, daß 
zie Regierung die Armeereserve mobil zu machen 
neabsichtige, damit dieselbe die nach Egypten beor⸗ 
erten Regimenter ablösen könne. Der Dampfer 
Stanley“ nimmt gegenwärtig in Woolwich eine 
zroße Anzahl Torpedos, 2000 wasserdichte Decken, 
ine Menge Korkbetten und sonstiges Ambulanz- 
naterial, sowie 30,000 Fuß Bauholz für das Genie— 
»epartement an Bord, welche Artikel für das englische 
Beschwader vor Alexandrien bestimmt sind. Wie 
der „Times“ aus Calcutta gemeldet wird, soll die 
ndische Regierung die Weisung erhalten haben, ein 
tarkes Kontingent von Sepoytruppen aller Waffen⸗ 
jattungen für sofortige Einschiffung in Bereitschaft 
zju halten. — Die öffentliche Meinung wendet sich 
cheinbar mehr und mehr der Ansicht zu, daß in 
der Suezkanalfrage eine entschlossene Politik zu ver⸗ 
'olgen sei; Meetings sind in diesem Sinne angeregt 
vorden, an welchen Mitglieder beider Häuser theil⸗ 
nehmen werden. Unterdessen sind Nachrichten ein⸗ 
jetroffen, welche die gerühmte Ruhe in Irland 
—X— 
daß „Kapitän Moudschein“ nicht schläft. In Ro— 
wels Langford, unweit Kandurk, drang eine Rotte 
»ermummter und bewaffneter Männer in das Haus 
eines Gerichtsvollziehers. In der Abwesenheit des⸗ 
elben ergriffen sie dessen Tochter, schnitten ihr die 
daare ab, verwundeten sie und ließen sie besin—⸗ 
dungslos am Boden liegen. Dann steckten sie das 
daus in Brand. Das Mädchen kam indeß recht⸗ 
eitig zum Bewußtsein und rettete sein Leben. Ein 
Zächter wurde auf dem Heimwege von Claremmorris 
»on „Mondscheinlern“ überfallen und durch einen 
Bewehrschuß schwer verwundet. Das Haus des 
dapitäns Costellon unweit Ballaghadereen wurde 
rbrochen und geplündert. Die Anarchisten hatten 
s hauptsächlich auf Waffen abgesehen. Fast gleichen 
Schritt mit den Gewaltthaten scheinen die Pächter⸗ 
rustreibungen zu halten. Es wird gemeldet, daß 
250 Austreibungsbefehle gegen kleine Pächter in 
)er Grafschaft Galway erwirkt worden, durch deren 
Durchführung nahezu 2000 Menschen obdachlos 
verden dürften. Allerdings eine merkwürdige Maß— 
cegel für Herbeiführung friedlicher Zustände. 
London, 29. Juni. Telegramme aus Aler⸗ 
indrien melden, Arabi habe den Suezcanal blockiren 
und unpassirbar machen lassen. 
Wie man aus Rom schreibt, ist die 
Strike-Epidemie jetzt auch bis nach Parma und 
eine Umgebung gedrungen. Die Landarbeiter ver⸗ 
veigern jede Arbeit, solange man ihnen nicht ihre 
Forderung bewilligt. In einigen Orten kam es 
u ernsten Tumulten, und um weiteren Ausschrei⸗ 
ungen gegen die Grundbesitzer vorzubeugen, mußte 
17. Jahrg. 
Militär requirirt werden. Man befürchtet, und 
zielleicht nicht ganz mit Unrecht, daß diese Unruhen 
nur ein Vorspiel zu einer allgemeinen socialen 
Agitation sind. 
Petersburg, 29. Juni. Der „Regierungs⸗ 
inzeiger“ schreibt: Die nach der Verhaftung mehrerer 
vichtiger Staatsverbrecher in Petersburg und Mos— 
au angeordnete Ueberwachung einiger, der Zuge⸗ 
yjörigkeit zu einem Geheimbund verdächtiger Per— 
onen ergab, daß die Petersburger Gruppe energische 
dorbereitungen neuer Verbrechen betrieb. Nach 
rruirung des Personalbestandes des Vorbereitungs- 
juartiers sind 18 Personen am 17. Juni verhaftet 
vorden, wovon 7 falsche Pässe hatten. Eine Be— 
ichtigung des Quartiers führte zu der Entdeckung 
»er Werkstatt zur Fabrikation von Dynamit und 
inderer Sprengstoffe. Die mit der Moskauer Ge⸗ 
jeimpolizei angeknüpften Beziehungen führten auch 
yort zu einigen Verhaftungen, während welcher aus 
Moskau drei Personen mit falschen Pässen ent— 
chwanden unter Zurücklassung von Druckerei⸗-Uten- 
ilien in ihrer Wohnung, wo offenbar revolutionäre 
Schriften gedruckt worden sind. 
Alexandria, 28. Juni. Die Suezkanal⸗ 
eamten bewachen den Canal ängstlich auf das 
verücht hin, daß Torpedos gelegt seien und ver— 
ächtige Boote bei Ismaila sich gezeigt hätten. 
Das Ministerium ist sorgenvoll wegen 30,000 
)rodlos sich herumtreibender Arbeiter. 
Alexandria, 29. Juni. Die Straßen sind 
»de und die Läden meist geschlossen, es herrscht 
Panik, weil der französische Consul den französischen 
Interthanen sofortige Abreise rieth. Auf das Ge— 
ücht, Arabi wolle die Engländer als Unterpfand 
irretiren, sind diese sämmtlich auf die Schiffe ge— 
lüchtet mit Ausnahme des Consuls, der Correspon⸗ 
»enten und des Ottoman-Bank-Personals. Ein 
ürkischer Aviso, welcher neue Instructionen für 
Derwisch bringt, wird erwartet. Arabi kehrt mor⸗ 
jsen von Kairo hierher zurück. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 30. Juni. Für unsere 
Leser zu Schnappbach und im Sulzbachthale 
vird es angenehm sein, zu hören, daß Frau Theater⸗ 
irektorin Schroth beabsichtigt, mit ihrer Gesell— 
chaft einige Vorstellungen in Schnappbach zu geben. 
Wir haben uns hier von den vortrefflichen Leist⸗ 
ingen der Gesellschaft überzeugt und können daher 
nit dem Vorhaben der Frau Schroth den Theater⸗ 
reunden zu Schnappbach und Umgegend genußreiche 
und angenehme Abende in Aussicht stellen. 
*St. Ingbert, 30. Juni. Wie aus dem 
Inseratentheile dieser Nr. zu ersehen, hat der Ge— 
verbe⸗Verein für nächsten Sonntag Nachmittag die 
reffliche Kapelle der Grube Altenwald unter Leitung 
hres Dirigenten, Herrn Lindner, zu einem Con— 
erte engagiert. Hoffentlich ist die Witterung 
»em Vergnügen nicht ungünstig. 
x. Ensheim, 29. Juni. Nach der Zusam⸗ 
nenstellung der Berufsstatistik belauft sich die Be— 
»olkerungszahl von Ensheim auf 1780 
Seelen, demnach Zunahme seit der Volkszählung 
om Jahre 1880 um 37 Seelen. — Eschringen 
jat nach der Berufsstatistik 401 Einwohner, somit 
im 6 abgenommen seit der letzten Volkszählung. — 
Innerhalb von wenigen Tagen kamen hier drei 
eltene Todesfälle vor; selten sowohl in Bezug auf 
Alter, wie auf Namensverwandtischaft der Gestorbenen. 
ẽs starben nämlich am 23. Juni Anna Barbdara 
dlein, geb. Blaes, 65 Jahre alt und Anna