Full text: St. Ingberter Anzeiger

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u St. Lorenz-Strom anreihen. Von 
t in Canada ausgehend, erhält er folgende 
Die Gesammtlänge beträgt 21.700 
* offenen Einschnitte an der Hochalaga⸗Seite 
ns sind 2500 Fuß, die auf dem Longuruil⸗ 
20 Fuß lang. Die eigentliche Länge des 
heträgt uͤnter Wasser 14980 Fuß, innen 
au 56 Fuß breit und 23 Fuß hoch. Er wird 
deh l Ziegeln ausgemauert. 
—— Frage der Solidarhaft der Genossen⸗ 
. ist neuerdings vom Reichsgericht eroͤrtert 
und zwar fiel die Entscheidung gegen die 
e Rechtsprechung aus. Der 8 63 des Ge—⸗ 
aftgesethes besagt, daß Klagen gegen einen 
aschafter aus Anspruchen gegen die Genos⸗ 
gt Unerhalb zwei Jahren nach Auflösung der 
uichaft oder nach seinem Ausscheiden aus 
enosenschaft verjühren. Diese letztere Be⸗ 
nuug war eine harte, denn bei jedem größeren 
zh einer Genossenschaft wurden auf Grund des 
oulle chemaligen Genossenschafter, die nicht 
2 Jahre vorher ausgeschieden waren, von den 
sͤligern in Anspruch genommen. Die Wohl⸗ 
gdsten wurden herausgegriffen und ihr späterer 
an an die mitiellosen Leidensgenossen war oft 
slbs. Das Reichsgericht hat nunmehr ent— 
en, daß die Haftpflicht der ausgetretenen Mit⸗ 
r erst dann beginnt, wenn sämmtliche noch 
n Mitglieder der Genossenschaft vergeblich in 
pruch genommen worden find. Die Solidarhaft 
urch in eine gewöhnliche Bürgschaft umge— 
n wahrend sie bisher eine selbstichuldnerische 
üchtung darstellte. Die Gründe dieser wich— 
dutscheidung liegen noch nicht vor; die Recht— 
hung wird sich naturgemäß der milderen Auf⸗ 
ing des Reichsgerichts anschließen. Mag immer⸗ 
die jetzt veründerte Rechtsauffassung den Kredit 
henossenschaften etwas vermindern, so werden 
ich dafür jetzt mehr Freunde in den mittleren 
gllasen erringen. Die Entscheidung des Reichs— 
ats zeigt, daß unser Genossenschaftsrecht nicht 
clossen ist, sondern eine Verminderung der 
en der Solidarhaft recht wohl verträgt. 
verrölkerung, Auswanderung, Kolonisation. 
(Von Ernst O. Hopp.) 
4. 
die Frage, ob in Deutschland eine Uebervöl⸗ 
m heteits vorhanden und darum eine Koloni—- 
in fremder Länder anzustreben sei, ist durchaus 
wnneu, sie ist in den letzten Jahren in allen 
Feten Blättern, in zahllosen Broschüren und 
ninen lebhaft besprochen worden. Das „Für“ 
d „Gegen“ wurde scharfsinnig erwogen; doch 
alademische Erörterungen ist man nicht hin— 
gelommen.“ Wir wollen den Werth derselben 
ddas Vortheilhafte reiflicher Berathung nicht 
werschätzen; wir wollen auch nicht verkennen, daß 
gtoßen Fragen des Geschickes einer Nation 
üctlich nimmermehr gelöst werden können, wir 
uhen, daß der souveräne Volkswille sich stets 
üt zu machen pflegt, sobald die rechte Zeit ge— 
nmen ist. Trotzdem halten wir es für eine 
sücht, die oben beregten Themata in den Kreis 
ner Betrachtung zu ziehen, insofern es Aufgabe 
wPresse ist, nicht nur zu unterhalten und zu 
ehren, sondern auch das heilige Herdfeuer deuisch⸗ 
rionaler Gesinnung zu pflegen und zu schüren, 
wie anregend einzuͤwirken, damit der Same für 
utige Ernten ausgestreut werde. 
Der Frühling, der so frühzeitig zärtlich heuer 
hienen ist, gibt dem Dichter Stoff, uralte Ge⸗ 
ihle in so sehr beliebten Reimen wie „Schmerz 
id Wonne, Herz und Sonne“ zu besingen; da— 
then ruft er aber auch allerlei wehmüthige Ge— 
inlen hervor, die dadurch nicht schlechter werden, 
qj man sie mit dem Ausdruck „sentimental“ be— 
qnet. Es gibt auch eine wohlberechtigte Wehmuth, 
id zu der wird man unwillkürlich gedrängt, wenn 
m von dem starken Auswanderungsfieber liest, 
wieder einmal in Deutschland grassirt und so 
sendfache Opfer fordert. Wer Gelegenheit ge— 
gisen auf den Bahnhofen oder in den Seehäfen 
— angen Züge Europamüder zu betrachten, wie 
nn ihrer Habe beladen unter ernsten und ge— 
unen Mienen fortziehen, der wird mit mir darin 
ienen daß es ein unsäglich schmerzlicher 
id ist, dessen Bitterkeit durch den Gedanken 
Wwarft wird, daß alle diese Landsleute dem alten 
lend verloren gehen, daß ihre Kinder Ameri⸗ 
net. Brasiltaner, Äustralier und wer weiß was! 
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teine Entschädigung für den Verlust ihrer Arbeits— 
traft und ihres Kapitals erhält. 
„O Gott, warum zogt ihr von dannen?“ 
ingt Freiligrath und fügt hinzu: „Das Neckarthal 
hzat Wein und Korn“, leider aber nicht mehr genug 
für seine Bewohner, und ganz gewiß dann nicht, 
wenn dieselben seit 1848 alle in der Heimath ver— 
blieben wären. Die Uebervölkerung Deutschlands 
ist thatsächlich bereits eingetreten. Die Statistik 
ist eine hochbedeutende Wissenschaft, aber sie kann 
auch zu Trugschlüssen veranlassen; denn wenn der 
gelehrteste Statistiker es auch noch so genau aus— 
echnet, daß gar viele Gaue unseres Landes noch 
lange nicht übervölkert sind, so wird damit ja noch 
nicht bewiesen, daß trotzdem nicht doch schon ein 
hhwerer Druck eingetreten ist. In unsern östlichen 
Provinzen, aus denen augenblicklich besonders zahl— 
eiche Auswanderer herstammen, koͤnnte per Qua— 
zratmeile gerechnet eine weit größere Einwohnerschaft 
eben. Das mag in der Theorie richtig sein, in 
der Praxis ist es grundfalsch. Der Boden ist nicht 
ehr ertragsreich, hier und da sogar dürr und küm— 
nerlich; der Winter ist hart, und der Frühling 
sewöhnlich nur eine poetische Floskel: wie oft, 
»as wird jeder hinterpommersche, preußische und 
»osensche Landwirth bezeugen, erfrieren im Wonne— 
nonat die Obstgärten und die Roggenschläge! In 
den öden kleinen Städten herrscht bittere Armuth 
die Industrie ist sehr schwach entwickelt; Ostdeutsch 
land hat nach Sonnenaufgang zu kein Hinterland, 
zer russische Grenzwall verkümmert sein aufblühen 
das Zerschlagen der Latifundien, das Zerlegen der 
großen Güter in viele kleine, das Parzelliren der 
Domänen, das man von manchen Seiten lebhaft 
befürwortet, wird vorläufig nichts nutzen, es mach: 
aur die „Poverteh“ anwachsen, vermehrt das Pro— 
etariat und bevölkert die Gefängnisse. Der kleine 
ßrundbesitzer kann selten existiren, der Büdner und 
— 
deren Erirag er auch am Rhein und in der Pfalz 
hei intensiver Wirthschaft kaum leben kann, ergibt 
'iich in unseren Ostprovinzen so häufig dem Feld— 
und Walddiebstahl, um Hunger und Kälte zu be— 
wingen! 
In den gebirgigen Theilen Deutschlands, im 
Erzgebirge und im thüringer Wald, im Spessart, 
in den Bergen der Rhön und Eifel herrscht eine 
raurige Armuth; man behaupte doch nicht, daß 
die überwiegende Mehrheit ihrer Bewohner ein 
nenschenwürdiges Dasein führe! Zehntausende ve— 
getiren dort nur, sie befinden sich nicht im ein— 
maligen Nothstand, etwa wie die Ostpreußen und 
Oberschlesier ihn erfahren haben, sondern in fort— 
währendem Ringen um das Allernöthigste. In 
nanchen Fabrikdistrikten herrscht gleicherweise ein so 
rasses Elend, daß vielen braven Menschen nicht 
nur die Freude am Leben gänzlich verkümmert wird, 
ondern daß ihnen auch die Fähigkeit schwindet, 
in der Tafel des Geistes mitzuspeisen, die unser 
Zeitalter für die Menschheit gedeckt hat. Lenau 
agt: 
„Woher der düstke Unmuth unsrer Zeit, 
Der Groll, die Eile, die Zerrissenheit?“ 
Hinzuzusetzen wäre: woher die immer mehr um sich 
zreifende Unzufriedenheit mit dem Lose, die sozial— 
zemokratischen und andere sociale Verirrungen, die 
Irreligiosität, die Zunahme des Lasters, der Mangel 
an idealen Stützpunkten? und die Antwort lautet: 
vweil die Frnähruͤngsfrage der Uebervölkerung halber 
mmmer schlimmer auf die Gemüther drückt. 
Man frage doch die Auswanderer, warum sie 
'ortziehen! Unter hundert werden neunzig dieselbe 
intönige Litanei singen. „Ja, Herr,“ sagte mir 
ein mecklenburger Tagelöhner, den ich nach dem 
Grunde frug, warum er fort wolle, „wir alten 
önnten es wohl noch aushalten, aber die Kinder, 
derr, meine neun Kinder! Die werden hier nit 
vieder etwas anders werden, als wieder Tagelöhner 
und vielleicht noch ärmer als wir; aber da „drüben“ 
soll es doch anders sein.“ 
Und hiermit gerathen wir in einen zweiten 
Beweis der Uebervölkerung, und das ist der Man— 
gel an „Ellenbogenraum!“ Es wird in Deutschland 
ür den einzelnen immer schwerer, sich aus der 
Masse zu erheben, und das lähmt die Schwingen 
des Strebens. Wer hätte nicht schon so manchen 
räftigen, gesunden juugen Mann, der z. B. die 
raufbahn als Subalternbeamter eingeschlagen, mit 
Bedauern und Theilnahme angesehen! In den 
Schreibstuben zu altern bei einem Gehalt, das zum 
Verhungern zu viel und zum Leben zu wenig be— 
sagung, das ist ein yartes Looo. Und wir toanen 
doch nicht alle Philosophen oder Genies sein! Die 
Regierenden köunen unter den jetzt bestehenden Ver⸗ 
hJälinissen beim besten Willen nicht viel helfen. 
die Konkurrenz der Stellensuchenden ist überall 
eine maßlose. Hat eine Behörde oder ein Privat- 
mann bekannt gegeben, daß für ein elend dotirtes 
Pöstchen eine Vakanz eingetreten ist, so meldet sich 
ofort eine unglaubliche Zahl Beschäftigungsloser, 
und wollte der Arbeitg'ber das durftige Gehalt um 
zehn oder zwanzig Prozent herunterfetzen, immer 
noch würden sich Bewerber genug finden. Ganz 
besonders unter den des Baufaches beflissenen, den 
Juristen, den Elementarlehrern hat sich in den letze 
ten Jahren ein großer Ueberfluß von Stellen⸗ 
suchenden herausgestellt; bei der Post ist es nicht 
besser, und die Zahl der brodlosen Handlungsgehilfen 
st Legion. Es existirt ein wahrer Wetteifer, immer 
noch billiger zu arbeiten — das wirkt die Ueber— 
völkerung; und dabei muß die Entsittlichkeit unseres 
Volkes zunehmen. 
Von 1871 bis 1880 ergab sich für Deutsch— 
'and ein Ueberschuß von füuf Mitlionen Geburten 
uber die Sterbefälle. Die dadurch hervorgerufene 
Mehrbelastung der nationalen Wirthschaft berechnet 
Rümelin auf eintansendzweihundertvierzig Millionen 
Mark jährlich. Viebahn ermittelte als Mehrbedarf 
an fünfzehn Millionen Zentner Getreide, weit über 
zwei Millionen Zentner Fleisch ꝛc. Bei der Wende 
des Jahrhunderts würde Deutschtand, falls seine 
Bebölkerungszahl in gleichen Proportionen wächst 
— und warum das nicht geschehen soll, läßt sich 
nicht auffinden — siebenundfünfziqg Millionen Ein⸗ 
vohner zählen. Ein amerikanisches Blatt führt 
us, daß der einzige Staat Wisconsin in drei 
Jahren einen Reingewinn von mehr denn dreinnd— 
echzig Millionen Dollars durch die meist deutsche 
Finwanderung gehabt habe, indem es den Werth 
der Arbeitskraft auf eintausendzweihundert Dollars 
per Person beziffert. Das ist vielleicht eine etwas 
zu kühne Aufstellung; aber daß sie ganz hattlos 
sei, läßt sich nicht behaupten. In dem Lustrum 
von 1875 bis 1880 ist Deutschland fast um zwei 
und eine halbe Million Einwohuer gewachsen, 
Frankreich dagegen in dem gleich langen Zeitraum 
»on 1876 bis 1881 nur um kaum vierhundert 
Tausend. Frankreich hatte 1820 dreißig Miltlionen 
echshundert Tausend Einwohner, heute besitzt es 
iebenunddreißig Millionen dreihundert Tausend, 
vas, selbst wenn man das inzwischen abgetrennte 
Elsaß⸗Lothringen mit eine Million fünfhundertsiebzig 
Tausend Einwohner berücksichtigt, eine Zunahme 
yon nur siebenundzwanzig Prozent ergibt, während 
Dentschland innerhalb eines gleichen sechzigjährigen 
Zeitraums von 1820 bis 1880 sich von sechsund— 
zwanzig Millionen zweihunderteinundneunzig Tau— 
send Einwohnern auf fünfundvierzig Millionen ein— 
hundertvierundneunzig Tausend, also um zweiund⸗ 
iechzig Prozent, vermehrt hat. 
(Deutjich. Familienbl.) 
Gemeinnütziges. 
(Kariöse Fußgeschwüre.) Gegen dieses hart— 
räckige Leiden, in der Volkssprache das „Offene Bein“ 
genannt, empfiehlt nach der Fogr. Dr Windelbrand 
n Berlin die Tinktur des Mariendistelsamens 
Carduus Mariannus.) Unter 200 Fällen sollen 
150 geheilt worden sein, ohne daß die Personen 
hre täglichen Beschäftigungen und Gewohnheiten 
zu untecbrechen brauchten. Die Mariendistel wird 
wegen ihrer hübschen weiß panachirten Blätter häufig 
ils Ziergewächs in den Gärten gebaut, weshalb 
man frischen Samen in allen besseren Handelsgärtner— 
eien erhalten kann. Die Tinktur bereitet man, indem 
man 1Gewichtstheil Samen mit 10-12 Gewichts- 
theilen Weingeist übergießft und das Glas einige 
Tage warm stellt. Man nimmt davon täglich 2—53 
Tropfen in etwas Wasser oder auf Zucker. Aeußer— 
ich thut man nichts weiter, als daß man ein ein—⸗ 
aches, mit Fett bestrichenes Läppchen auflegt. Das 
Zuheilen solcher Schäden durch Pflaster-Salben und 
dergleichen Mittel ist eine gefährliche Sache, da da— 
zdurch nicht selten Zufälle mit tödlichem Ausgange 
entstanden sind. Der Samen der Mariendistel ist 
übrigens auch ein vielfach bewährtes Mittel gegen 
Leber⸗ und Milzkrankheiten. 
Als Anstrichmasse für feuchte Wände in Kellern 
und andern feuchten Orten wird ein Anstrich aus 
50 Theilen Pech, 30 Harz, 6 Englisch Roth 
und 12 Theilen Ziegelmehl empfohlen. Diese 
ZStoffe werden zum Schmelzen erhitzt und gut durch-