Full text: St. Ingberter Anzeiger

t. Ingbherter Amzeiger 
44 F 4 4 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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N 143. 
Sonntag, 23. Juli 1882. 
iti der Engländer unmöglich zu machen da ein solches 
Politische Uebersicht. endlich ernstlich beabsichtigt scheint. Lord Beresford 
hat eine Proclamation erlassen, worauf eine große 
Anzahl Marodeure ihre Beute wieder ablieferte. 
Arabi hat in einem Aufrufe den Khedive als 
mit den Christen im Bunde hingestellt. Er fordert 
das Volk auf, sich um ihn und seine Patrioten 
zu schaaren, und die Europäer aus dem Lande 
treiben zu helfen. 
London, 21. Juli. Aus Port⸗Said trifft 
die Meldung ein, daß ein deutsches Kriegsschiff 
diele Flüchtlinge aus den Provinzen aufgenommen 
und dorthin gebracht hat. Aus Ismailia kommen 
Schreckensberichte über an verschiedenen Plätzen 
tattgefundene Massacres. Besonders gräßlich soll 
zas kaltblütige Niedermetzeln der Europäer in Tantah 
zewesen sein. In Pord-Said hegt man Besorgnisse 
wegen eines Angriffes von Seuen der Beduinen. 
Auch für den noch immer unbeschützten Suezcanal 
verden von neuem Befürchtungen laut. 
London, 21. Juli. „Daily News“ ver—⸗ 
nimmt, daß die britische Regierung die Erklaͤrung 
der Pforte, daß sie jetzt bereit sei, an der Konferenẽ 
heilzunehmen, als Ablehnung der Einladung, 
Truppen nach Egypten zu senden, ansehe. Eng⸗ 
lischerseits werde deßhalb unverzüglich ein Expe— 
ditions⸗Korps nach Egypten gesandt werden, mit der 
Aufgabe, die Autorität des Khedive herzustellen 
und die internationalen Rechte zu schützen. 
London, 21. Juli. Aus Alexandrien wird 
von heute Mittag gemeldet, daß vom General Alison 
beabsichtigt wurde, eine Detachement nach Achaflano 
abgehen zu lassen, um die Sperrung des Süßwasser⸗ 
Tanals zu sprengen. Nach Aussagen flüchtiger 
Soldaten stehen Beduinen bei Balbais. Die Massa⸗ 
res zu Damiette, Tanta, Benta, Caliub und Kairo 
verden bestätigt. 
London, 21. Juli. Eine Depesche der, Times“ 
aus Alexandrien vom Heutigen meldet: Eine Pro⸗ 
lamation Arabi Pascha's an die Gouvernerre der 
Brovinzen erklärt, den Krieg gegen die Engländer 
»is zum Aeußersten führen zu wollen. Et droh 
illen denen ernste Bestrafung an, welche das Vater⸗ 
and dadurch verrathen, daß sie die Engländer unter⸗ 
tützen. — Die Depesche fügt hinzu, daß die Massacre? 
in Kairo im jüdischen Viertel begonnen hätten. 
Ebenso sollen zu Damiette, Tookh, Benta und Caliub 
Massacres stattgefunden haben, bei denen ganze 
Familien aus den Waggons gerissen und unter die 
Räder des Zuges gelegt wurden. Das ganze Steuer⸗ 
personal zu Tantah wurde getödtet. Der Gouver⸗ 
neur in Port⸗Said bleibt dem Khedive treu, aber 
die Gesinnung der Bevölkerung ist gegen den Khedive. 
Alexandrien, 20. Juli. (Meldung von 
Reuters Bureau). General Alison in Begleitung 
seines Stabes recognoscirte bis auf drei Meilen 
Entfernung von den Positionen Arabi Paschas, 
welche stark befestigt sind. — Arabi hat den Mah—⸗ 
moudie⸗ Canal, welcher Alexandrien mit Wasser ver⸗ 
orgt, in den Mariut⸗See abgeleitet; man glaubt 
edoch, daß die Wasserbehälter der Stadt vor Kurzem 
erst gefüllt worden seien. 
Eine offiziöse Notiz macht darauf aufmerksam, 
aß die Reichspostverwaltung ermächtigt sei, für 
en Postberkehr zwischen Bayern und Württem⸗ 
zerg einerseits und dem übrigen Deutschland 
ndererseits den Gebrauch gemeinsamer Frei— 
narken anzuordnen, ohne daß es hierzu einer 
ichsgesetzlichen Einschränkung der bayerischen und 
ürttembergischen Reservatrechte oder auch nur einer 
lbänderung bestehender Bestimmungen bedürfte. — 
Wenn das richtig ist, so begreifen wir nicht, weß⸗ 
zalb die Markenscheidung innerhalb Deutschlands 
ücht schon längst aufgehört hat. 
Die Nachricht, daß dem Reichstage Acten⸗ 
rüde betreffs Egypten vorgelegt werden würden, 
lingt nicht unwahrscheinlich, da durch die egyptischen 
borgunge verschiedene Ausgaben entstanden sind, 
. B. die Charterung eines Schiffes zur Aufnahme 
von Flüchtlingen aus Alexandrien, und voraussicht⸗ 
ich noch weitere Ausgaben entstehen werden, deren 
henehmigung durch den Reichstag erfolgen muß. 
die größere oder geringere „Harmlosigkeit“ der Zu⸗ 
emmenstellung wird sich jedenfalls nach der Ent⸗ 
vidlung richten, welche bis zum Zusammentritt des 
Leichstages die egyptische Frage genommen haben 
wird. 
Der Centralverband deutscher Industrieller ist 
von der Reichsregierung aufgefordert worden, die 
Frage der Revision der Handelskammern zu 
zetathen und motivirte Vorschläge zu machen. 
Ausland. 
Nom, 20. Juni. Es werden Vorbereitungen 
etroffen, um 40,000 Mann schnell mobil machen 
uu lönnen. Heute erfolgte die Entscheidung, ob 
ius Parlament einberufen wird und der Köniq 
ierhet zurückkehrt. 
London, 20. Juli. Im Unterhaus kündigte 
Kadstone für Montag eine Creditforderung zur 
derstärkung der Streitkräfte im mitielländischen 
Neere an; er will den Credit durch Steuermodifi— 
nionen aufbringen. 
London, 21. Juli. Gestern Abend erhielten 
vei Bataillone Infanterie Befehl zum Einschiffen 
ud gehen heute mit dem Euphrates“ nach Eghpten 
b. Das ganze Gros in Stärke von 20,000 Mann 
rd im Laufe der nächsten vierzehn Tage ebenfalls 
chin folgen, da weitere Transportschiffe zur sofor⸗ 
en Beförderung bereit liegen. Giadsione gedenkt, 
m Parlamente eine weitere Creditvorlage von zwei 
ia drei Millionen Pfund zu unterbreilen, die er 
audreichend für die Kosten der Expedition hält. 
dondon, 21. Juli. Es läuft die Nachricht 
Arabi dümme den Südwassercanal ab; es 
Ischt in Alexandrien die Befürchtung, es werde 
essetmangel eintreten. Arabi behauptele seine Stell 
in der Nähe der Bay von Abuktir. Lufti 
lasha ist von Kairo eingetroffen und erstattete Be— 
di über die dort herrschende bedrohliche Aufreg- 
,unter der Bevölkerung. Arabi hat den Notabein 
Art, der Khedide befinde sich in Gefangenschaft 
Englander und hat eine aus sieben seiner Anhanger 
chebende Commission zur Regelung der Situation 
int. — Aus Alexandrien wird berichtet, die 
wuichteitungen gegen die Europaer in den Pro— 
n dauert fort. 
London, 21. Jul. Der Zufluß des Trink⸗ 
ae nach Alexandrien beginnt schon jetzt merklich 
halassen. Es heißt, Arabi Vey beobfichüge, 
Land zu überschwemmen, um das Vorrtiden 
Lokale und pfaälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 22. Juli. Am 6. August 
rächsthin, als am Jahrestage der Schlacht bon 
Spichern, begeht der Gesangverein Germania“ 
in Altenwald das Fest seiner Fahnenweihe. 
Bis jetzt haben auf ergangene Einladung bereits 
a. 15 Gesangvereine der Umgegend, unler den⸗ 
elbhen-auch der Sängerchöor des hiesigen 
17. Jahrg. 
2 
Gewerbe-Vereins, ihre Theilnahme an der 
Feier, die sich voraussichtlich zu einem ansehnlichen 
Sängerfeste gestalten wird, zugesagt. 
*St. Ingbert, 22. Juli. Unserer Jugend 
steht für morgen Nachmitiag durch die Auffüͤhrung 
des hübschen Kindermärchens Schneewittchen und die 
sieben Zwerge“ ein gar lieber Genuß in Aussicht. 
Eines empfehlenden Wortes bedarf es sicher nicht 
und sind wir überzeugt, daß recht viele Eltern 
hren Kindern den Besuch der Vorstellung ermoöͤglichen. 
R. Neuhäusel, 22. Juli. Bei dem gestrigen 
Bewitter schlug der Blitz in das Haus des vorigen 
Polizeidieners Anstadt, wobei die Mutter und zwei 
Söhne zu Boden geschleudert wurden und von der 
Gewalt des Schlages die Besinnung verloren. Die 
Mutter kam zuerst wieder zum Leben, während der 
ilteste Sohn von 24 Jahren erst nach längern 
Belebungsversuchen wieder zu sich kam, jedoch noch 
prachlos und wehllagend darniederliegt. Der Bliß 
'uhr durch das Dach in die Küche, von wo der— 
elbe zum Wohnzimmer gelangte, in dem sich die 
Mutter, drei Söhne und eine Tochter befanden. 
die Mutter wollte gerade den Kaffee vom Ofen 
iehmen, an dem die beiden vom Blitze getroffenen 
Söhne Platz genommen hatten, um ihre durchnäßten 
fleidet auszuziehen. Der Fall enthält also wieder 
eine Mahnung, sich bei Gewittern nichl in die Nähe 
von Oefen oder Feueressen zu stellen. 
— In Edenkoben rüstet man sich bereits 
zu dem im nächsten Jahre dort stattfindenden Schutzen⸗ 
veste. Nach einer Notiz in der „Ggt.“ ist beab⸗ 
ichtigt, vom Bahnhofe bis zur Siadt einen schatt⸗ 
igen Weg anzulegen, zu welchem Zwecke an die 
Einwohnerschaft um freiwillige Beiträge appellirt 
wird. 
— Aus Rhodt berichtet die Gegenw.“ Dieser 
Tage kehrte ein junges Ehepaar, das vor einigen 
Jahren, um sein Glück zu machen, über den Ocean 
gezogen war, in die Heimath zurück. Es war 
nämlich zur Ueberzeugung gekommen — was bei 
uns leider zuwenig beachtet wird — daß man mit 
Lust und Liebe zur Arbeit in Deutschland ebenso 
gut sein Fortkommen finden könne ais in Amerika, 
wo der bereits herrschende Ueberfluß an Arbeits- 
kräften durch den stetigen Zugang von Einwanderern 
immer noch vermehrt wird. 
— Berg, 18. Juli. Nach einem heute Abend 
ringetroffenen Telegramm von dem Hrn. 8iud. 
Wilhelm in Straßburg, Sohndes Hrn. Bürgernieisters 
Wilhelm in Steinfeld, an Herrn Dr. Schweilert in 
Lauterburg, ist der gtud. Ludwig Schweifert aus 
Schaidt, der die Universität in Stratzburg besuchte, 
vahrscheinlich beim Baden im Rhein ertrunken. Ddie 
dleider wurden gefunden, die Leiche nicht. 
— Speyer. Se. Eminenz der Herr Staats⸗ 
selretär Kardinal Jacobini richtete unterm 14. 
Juni er. an den hochwürdigen Herrn Bischof Jo⸗ 
seph Georg v. Ehrler folgendes Schreiben „Die 
unaufhörlichen Beweise der Ehrfurcht und der lind 
lichen Ergebenheit, welche die Gläubigen des Bis— 
hums Speier dem hl. Vater bekunden, indem sie 
durch Darreichung des Peterspfennigs den Bedräng⸗ 
nissen des hl. Stuhles zu Hilfe kommen, erregen 
in dem Herzen Sr. Heiligken das Gefühl des leb⸗ 
haftesten Dankes. Von dem Verlangen beseelt, in 
zuverlässiger Weise denselben hiervon Kennmiß zu 
geben, wende ich mich im Auftrage des hl. Vaters 
an Eure bischöfl. Gnaden, um die dankbaren Ge— 
sinnungen und das besondere Wohlwollen des er⸗ 
habenen Oberhauptes unserer hl. Kirche durch den 
Mund ihres eigenen Hirten Ihnen auszusprechen. 
Der bhil. Vater wünscht hiebei sehnlichst 8 man