Full text: St. Ingberter Anzeiger

ↄu. Inslherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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M 145. Dienstag, 25. Juli 1882. 
17. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Khedivieh‘“ wurde bei seinem Eintreffen sofort 
aisirt und mehrere Verhaftungen an seinem Borde 
orgenommen. Dabei sind wichtige Documente be⸗ 
chlagnahmi worden, welche speziell Ragheb Pascha 
tark compromittiren. Derselbe soll eingestanden 
jaben, daß er den Vermittler zwischen Arabi Bey 
imnd den türkischen Scheiks, den Agenten des Sul—⸗ 
ans, abgegeben habe. Es soll sich auch eine Liste 
mit Namen der egyptischen Parteigenossen Arabi's 
dorgefunden haben. Arabi's Position ist fast nur 
don Abukir aus angreifbar. Da sich eine Bewegung 
unter den egptischen Truppen bemerkbar machte, 
o wurde der „Invincible“ dorthin stationirt, um 
ein Abrücken Arabi's nach dieser Richtung zu ver⸗ 
zindern. 
London, 24. Juli. Die Infanterie des 
gyptischen Expeditionscorps wird am 4., die Ca⸗ 
ballerie am 9. August eingeschifft werden; die Trup⸗ 
pen gehen direct nach Alexandrien. General Willis 
wird die erste und General Hamley die zweite 
Division, Generalmajor Drurylowe die Cavallerie, 
Oberst Goodenough die Artillerie und Oberst Nugent 
die Gemeintruppen befehligen. 
Die englische Armee-Reserve wurde theilweise 
einberufen; die Mannschaften müssen sich bis spätestens 
im 2. August bei der Fahne einfinden. 
Konstantinopel, 24. Juli. Außer Assym 
Pascha wurde unmehr auch Said Pascha zum Ver—⸗ 
reter der Pforte auf die Conferenz ernannt. Es 
»erlautet, die Conferenz würde am Montag bei dem 
talienischen Botschafter Grafen Corti tagen. Said 
Pascha würde das Präsidium führen. 
Die Wiener „Neue freie Presse“ meldet aus 
tonstantinopel, die Pforte mobilisirte ein 
18,000 Mann starkes Armeekorps. 
Alexrandrien, 24. Juli. Das Truppen⸗ 
ransportschiff „Malabar“ ist mit 1100 englischen 
Truppen angekommen. Die englischen Panzerschiffe 
Agincourt“ und „Orion“ begaben sich nach Port⸗ 
Zaid, wo sie bis auf Weiteres verbleiben. Neun 
nglische Kriegscorvetten befinden sich im Suezkanal. 
Den letzten Nachrichten aus Kairo vom Freitag zu—⸗ 
'olge, herrscht dort Ruhe, aber ein großer Theil 
der Bevölkerung ist ohne Unterhalt. Die Sterblich— 
keit hat stark zugenommen. Arabi stellte gestern bei 
der Pumpstation, welche Ramleh mit Wasser ver—⸗ 
sorgt, 700 Mann und ein Feldgeschütz auf; die Zer⸗ 
ttörung dieser Pumpstation wird befürchtet. Es heißt, 
die Stellung Arabi's bei Kafr-ed-Danar werde 
täglich stärker. Entgegen den anderweitigen Mel— 
dungen wäre seine Armee seit dem 12. Juli auf 
das Doppelte gewachsen. Das Wasser des Mah— 
nudie-Canals ist während 48 Stunden 14 Zoll 
gefallen. 
todte Mäuse, Maulwürfe u. s. w. findet. Infolge 
der Verwesung dieser Thiere, welche durch die heiße 
Witterung sehr begünstigt wird, entwickelt sich im 
Körper derselben das sogenannte Leichengift. Dieses 
wird aber mit großer Begierde von gewissen Fliegen 
aufgesogen. Wird man nun von einer solchen Fliege 
zestochen, so erfolgt Blutvergiftung, deren Folgen 
hekannt sind. — Zweck dieser Zeilen ist, zur großen 
borsicht in dieser Hinsicht zu mahnen; besonders 
möge Niemand, der einen solch' todten Thierkörper 
indet, im Interesse seiner Mitmenschen versäumen, 
denselben zu verscharren. (Anm. der Red.: Wie 
wir hören, erkrankte vor einiger Zeit hier, in St. 
Ingbert, ein Kind in Folge eines Fliegenstiches. 
dasselbe war auf die Wange gestochen worden und 
chwoll ihm nach kurzer Zeit das ganze Gesicht in 
edenklichem Grade an, so daß die Hilfe des Arztes in 
Anspruch genommen werden mußte.) 
— Im Glanthale haben am 21. und 22. 
ds. Mis. heftige Gewitter großen Schaden ange— 
richtet. Auf den Gemarkungen von Theisbergstegen, 
stutsweiler, Mühlbach und Friedelhausen zerstörte 
Zagelschlag die Früchte. Die Eisstücke waren an 
manchen Siellen nach einem Berichte der Kais. Ztg. 
dis zur Fußhöhe zusammengeflötzt und geben der 
kandschaft ein trauriges, fast winterliches Ansehen. 
An anderen Stellen hat das Wasser Wiesen und 
Aecker überfluthet und mit Schutt bedeckt. Zu 
Oberweiler im Thal riß dasselbe u. A. eine Ger⸗ 
»erei total nieder und führte fertiges Leder und 
hyiele Häute mit fort. 
— Kusel, 22. Juli. Preisevertheilungen 
ür Rindvieh finden in diesem Jahre Statt auf 
'olgenden Märkten: Zu Kusel am 16. August und 
26. September, zu Quirnbuch am 23. August, zu 
dauterecken am 11. September. Zu Baumholder 
vird am 15. August ein Preismarkt abgehalten, 
nit welchem eine Verloosung von Vieh und Acker⸗ 
geräthschaften verbunden ist. 
— Aus Kerzenheim berichtet die „Kais. 
Ztg.“: Die Nachricht, daß der junge Mann, welcher 
n München Bediente bei General Muck war und 
ich dort erschossen hat, aus Kerzenheimsein solle, 
jat sich bestätigt. Es ist der Sohn einer hiesigen 
Wittwe, deren zweiter Sohn gleichfalls im altiven 
Nilitärdienst steht. Der Verstorbene war ein spar—⸗ 
amer Mensch. Unter seinen beim hiesigen Bürger— 
neisteramt angelangten Effekten befand sich ein 
igenhändig von ihm geschriebenes Zettelchen des 
Inhalts: Er könne nicht mehr leben, sein Ver— 
nögen vermache er seiner Mutter. Zu letzterem 
gehören 455 M. erspartes Geld, das er in einer 
Münchenener Sparkasse angelegt hatte, und 25 M., 
die seine Börse enthielt. Das Motiv der That 
soll unglückliche Liebe gewesen sein, Gram darüber, 
daß die Eltern seiner Erkorenen aus konfessionellen 
Gründen ihre Zustimmung zu einer Verbindung 
durchaus verweigerten. 
— Wie die „Sp. Zig.“ ans bester Qnelle er⸗ 
fährt, ist die von uns der „Pf. Pr.“ entnommene 
Notiz über die Gabe des Herrn Hilgard in New— 
Hhork zu einem neuen Diakonnissenhaus mit Kranken-— 
Jaus und Badeanstalt in Speyer nicht ganz richtig. 
Herr Hilgard hat wohl seine weitgehendste Unter⸗ 
tützung zur Errichtung einer solchen Anstalt zuge— 
agt und auch die Weisung gegeben, daß ein Archi— 
eekt die neuesten Finrichtungen in Krankenhäusern 
zrüfen solle, doch hat er zur Zeit weder eine 
Summe bestimmt, noch bereist Herr Pfarrer Scherer 
nit einem Architekten die größeren Städte Deuschlands 
In zahlreichen Handelsberichten wird von Ge— 
erbetreibenden über die empfindliche Concur— 
enz Klage geführt, welche durch die Herstellung 
eichartiger Fabrilate in den Strafanstalten 
id Gefaͤngnissen zu niedrigen Arbeitslöhnen ihnen 
ceitet wird. Es wird von keiner Seite verkannt, 
j die Insassen der Strafanstalten beschäftigt 
eden müssen und zwar, um den Zuschuß zu ihrer 
interhaltung nicht allzusehr anschwellen zu lassen, 
alichst durch Herstellung marktgängiger Waare, 
er ebenso vermögen die Handelskammern den 
ewerbetreibenden nicht Unrecht zu geben, welche 
übermächtige Concurrenz solcher Anstalten als 
e Unbilligkeit empfinden. Es wird u. A. ange— 
irt, daß die Gefängnißverwaltung eines Landge— 
cuts Couverts und Düten zu Preisen anbietet, 
elche von den Gewerbetreibenden, welche freie Ar— 
er haben, nicht eingehalten werden können. Bei 
er Schwierigkeit, die Frage zu lösen, hat die 
ndelskammer zu Hildelsheim sich umgesehen, wie 
nderwärts die Arbeitskräfte der Gefangenen ver— 
oerthet werden können, ohne der freien Arbeit Con⸗ 
uttenz zu machen, und ewpfiehlt die Nachahmung 
es von England gegebenen Beispiels, weil dadurch 
ex Conflikt widerstreitender Interessen am sichersten 
eloͤst werde. „Dort, schreibt sie, haben die Straf⸗ 
mstalten ein factisches Monopol auf Bearbeitung 
et Cocosfaser; gelänge es auch bei uns, diesen 
ustituten eine solche Alleinherrschaft zu erobern, 
mne damit bestehende Industrien zu schädigen, so 
ͤte wahrscheinlich diese schwierige Frage gelöst. 
ind vielleictt ist die Brennnessel geeignet, für 
inz die Rolle der Cocosfaser in England zu über— 
ehmen. Es würde sich verlohnen, wenn die Staats— 
tdierung und Provinzialverwaltung diese Frage 
mer ernstlichen Prüfung unterziehen wollten.“ 
Auslaud. 
Man nimmt in Berliner politischen Kreisen an, 
aß die französische Regierung fich entschließen 
rerde, auch ohne europaisches Mandatmit England 
ereint in Egypten vorzugehen. Die Frage, ob 
dnoch eine dritte Macht den Westmächten an— 
düeßen werde, erscheint in Berlin ohne Bedeutung. 
Ar Charakter der Intervention würde dadurch nicht 
wändert werden, und dieselbe würde auch in dieser 
jorm auf keinen Widerstand seitens Deutschlands 
oßen. Der europäische Friede und die Interessen 
Zutschlands erscheinen durch ein Einschreiten zu 
Aeien ebensowenig gefährdet wie durch Einschreiten 
Zweien. 
London, 24. Juli. Aus Alexandrien wird 
en Sonntag Abend gemeldet: Gestern ging eine 
atke Recognoscirungs⸗Abtheilung unter dem Schutze 
ner Kriegscorvette vor; Pioniere sprengten dabei 
r Eisenbahn in der Nahe der eghptischen Siellung, 
daß Alexandrien jetzt nur noch von der Rosetta— 
9 angegriffen werden kann. Es fand ein kurzes 
nt statt, das mit Zurückwerfen der Egypier 
cle. Arabi hat soeben ein starkes Detachement 
In Rahmleh entsandt und befürchtet man die 
orung der dortigen Wasserwerke. Der Malabar 
beben mit Truppen eingelaufen; dieselben wer⸗ 
morgen ausgeschifft und zur Besetzung von 
e verwandt. 
London, 24. Juli. Der Khedive hat eine 
umation erlassen, die die Absetzung Arabi Bey's 
richt. Letzterer soll ein neues Ministerium 
uulenberufenn haben. Der türkische Postdampfer 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 25. Juli. Dem Vernehmen 
nach wird im Verein gegen Hausbettelei 
nächstens eine General-Versammlung behufs Erstat⸗ 
ung des Rechenschaftsberichtes einberufen werden. 
Wir halten dieses für sehr zweckmäßig und wollen 
nicht verfehlen, einstweilen darauf aufmerksam 
zu machen. 
*— Die diesjährige Prüfung zur Auf— 
rahme unter die protest. Pfarramts— 
rdandidaten der Pfalz wird am 20. Sept. 
nächsthin am Sitze des igl. prot. Konsistoriums ihren 
Anfang nehmen. 
— t. Blieskastel, 24. Juli. Es kommt 
nicht selten vor, daß man in der jetzigen heißen 
Jahreszeit auf den Straßen und an anderen Plätzen