Full text: St. Ingberter Anzeiger

ouꝛ. Justherter Alzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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*147. Samstag, 29. Juli 1882. 
17. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
Darnach ist wohl die Annahme nicht ausgeschlossen, 
daß das Werk im nächsten Jahre zu einem ersten 
Abschluß gelangt sein wird. 
Die so viel erörterte Frage der Deutschen 
Folonieen wird in diesen Tagen wieder auf die 
Tagesordnung kommen, da auf Anregung des Barons 
‚on Maltzahn sich in Hamburg ein Comite bilden 
vird, das die Erwerbung von Colonieen seitens des 
deutschen Reiches neu beleben will. Der Plan 
ür den der Baron v. Maltzahn im preußischen 
Zandelsministerium mehrmonatliche Studien gemacht 
jat, soll fertig vorliegen. Es handelt sich nicht, 
vie man dem „H. C.“ aus Hamburg schreibt, um 
eine Reichssubvention, auch nicht um Erwerbungen, 
ondern wesentlich um den Reichsschutz in der Weise, 
daß Plätze und Landstrecken, in welchen sich bereits 
eutsche Firmen angesiedelt und festen Fuß gefaßt 
saben, erweitert und ausgebaut werden. Man will 
jersuchen, den Strom der Auswanderung zum Theil 
nach solchen Plätzen zu leiten, damit die in den 
Folonien gewonnenen Produkte direct Deutschland 
ugeführt werden, und dak andererseits die deutsche 
zudustrie erweiterte direkte Absatzmärkte auf über⸗ 
eeischen Ländern gewinne, ohne die Vermittelung 
Englands und Frankreichs in Anspruch nehmen zu 
müssen. Es gehört nicht zu den setenen Erschei⸗ 
aungen, daß Factoreien, welche durch deutschen Fleiß 
mporgekommen sind, schließlich durch Kauf an Eng— 
and übergehen, während sie in weiterem Ausbau 
der deutschen Industrie treffliche Dienste hätte leisten 
önnen Der ganze Plan des betreffenden Comites 
vird demnächst veröffentlicht werden, und befindet 
ich der oben erwähnte Baron Maltzahn, der viel— 
ach Reisen in überseeischen Ländern gemacht, augen⸗ 
zlicklich in Hamburg, um weiteres Material für 
einen Plan zu sammeln und diejenigen Handels— 
sjäuser, welche drüben bereits Faktoreien oder Fili⸗— 
ilen besitzen, für seine Ideen zu gewinnen. 
Eine Konstantinopeler Depesche des „Berliner 
Tageblatts“ bezeichnet die von der Pforte gestellten 
Kropositionen zur Vornahme einer Intervention in 
Faypten im Wesentlichen als folgende: Der 
Thedide ersucht den Sultan, die desorganisirte egyp⸗ 
ische Armee durch türkische Generale neu zu for—⸗ 
niren und reorganisiren. Bis zur Vollendung dieser 
Armee⸗Reorganisation und bis zur Herstellung der 
kuhe und Sicherheit Egyptens bleibt das Land 
urch türkische Truppen besetzt. 
Ausland. 
stairo zum Schutze der dortigen Ordnung und 
Zicherheit keinen Augenblick Halt machen könne, ob 
iun die Entschließungen des Sultans der türkischen 
Intervention zustimmen oder nicht. Der Mission 
ürkischer Trupyen, wie übervaupt der Mission der 
Türkei in Egypten solle ja nicht durch das augen— 
olickliche Handeln Englands der Boden entzogen, 
ondern vielmehr bereitet werden. 
Konstantinopel, 27. Juli. In gestriger 
Sitzung der Konferenz erklärten die türkischen Kom— 
nissäre, daß die Pforte bereit sei, unter den in ihrer 
dentischen Note vom 15 Juli angegebenen Modali⸗ 
äten unverzüglich Truppen nach Egypten zu senden. 
die Pforte stellt hierbei keine Gegenbedingungen, 
ondern spricht lediglich ihre Wünsche bezüglich der 
Behandlung einzelner Detgailfragen aus. Das erste 
ürkische Truppendetachement geht schon in den 
nächsten Tagen nach Egypten ab. 
Alexandrien, 26. Juli. Die englischen 
Truppen befestigen die Position bei Ramleh. In 
Folge des Gerüchts, einige Soldaten hätten einen 
Theil des Palais Ramleh geplündert, ging General 
Alison gestern selbst an Ort und Stelle, um eine 
strenge Untersuchung vorzunehmen. Derselbe be— 
richtete heute dem Khedive, indem er sich dahin 
aussprach, daß es seine Ueberzeugung sei, daß die 
Plünderung durch Palaisbedienstete oder Beduinen 
verübt worden sei. 
Port-Said, 26. Juli. Gestern sind 25 
Mann vom deutschen Kanonenboot „Möwe“ zum 
Schutze des Consulates gelandet. — Lesseps erklärte 
in einer von ihm einberufenen Versammlung, er 
habe von Arabi Pascha die bestimmteste Zusicherung 
erhalten, daß derselbe die Gerechtsame des Suez⸗ 
kanals respektiren werde. 
Deutsches Reich. 
Muͤnchen. Die einheitliche Bewaffnung der 
antlichen Infanterie des deutschen Heeres ist nun 
ich die angeordnete Bewaffnung des II. bayerischen 
meekorps mit dem Infanteriegewehre M 71 (Mau—⸗ 
ewehr) vollständig geführt, so daß im Bedarfs- 
alle Abtheilungen sich sowohl mit Waffen als 
»Munition aushelfen können. Es besteht nun—⸗ 
iuür nur noch der einzige Unterschied, daß die 
uüßischen Jägerbataillone eine Büchse führen, welche 
er in der Konstruktion, Handhabung, Munition 
d Gebrauch mit dem Gewehre genau übereinstimmt. 
· nun gleichheitliche Bewaffnung des ganzen 
ischen Heeres ist in taktischer und administrativer, 
iweise auch strategischer Beziehung von nicht zu 
erjchätzender Bedeutung. 
nerlin, 27. Juti. Der preußische Gesandte 
Hatican, Dr. Schlözer, begab sich heute nach 
rankfurt, 27. Juli. Eine von den satt⸗ 
ekannten sogenannten Londoner Privatdepeschen 
rankfurter Zeitung enthält folgende sensatio— 
Meldung: 
rürst Bis marck hat den deutschen Botschafter 
Konstantinopel angewiesen, zu erklären, Deutsch— 
ind betrachte die Intervention Englands als das 
nzige Mittel, einen europäischen Conflict zu ver— 
ten. 
Vir versagen uns zu untersuchen, wer von der 
iuung eines solchen politischen Unfugs wohl pro— 
ren sollte, obschon dies jedenfalls ein sehr interes⸗ 
ues Resultat ergäbe. Möglich auch, daß es nur 
frankfurter Zeitung Bedürfniß war, endlich auch 
der einmoal mit einer Meldung zuerst an der 
cie zu erscheinen, nachdem sie uns, namentlich 
hrem famosen Londoner *-Wippchen, (der Ham⸗ 
3Nauern nie verlassen hat) —. wochenlang 
nintte. Aber die Leichtfertigkeit, mit welcher 
Frankfurter Zeitung Humbug, an den sie selbst 
aöglich glauben kann, in die Welt hinaus —X 
hert eine ernste Warnung heraus, damit nicht 
haden gestiftet werde durch das, was vielleicht 
end ein internationaler radikaler Cirkel in Deutsch⸗ 
deqlaubt sehen möchte. (Frankf. Journ.) 
dassel, 25. Juli. Heute treten die Vor—⸗ 
v der statistischen Bureaus sämmtlicher Bundes⸗ 
en hier zu einer mehrtägigen Conferenz zu⸗ 
nen, um über die Resultate der Berufsstatiftik 
etathen. Bis jetzt sind erschienen: Geh. Ober⸗ 
ungsrath Dr. Becker und Geh. Regierungsrath 
nt aus Berlin, Ministerialrath v. Blessen aus 
werin, Geheimrath Welcker aus Darmstadt, 
inztath Dr. Kull aus Stuttgart, Geh. Legations 
dr. Hardeck aus Karlsruhe, Geh. Regiernungs⸗ 
angerfeld aus Braunschweig, der Vorstand 
atistischen Bureaus der Siadt München, Pröbst, 
or im bayerischen Staatsministerium Rasp, 
ngsrath Krause aus Weimar, kais. Regier— 
rath Stieda aus Berlin, Geh. Regietungsrath 
g aus Dessau, Geh. Regierungsrath Dr. 
8 aus Dresden, Geh. Staatsrath Heim 
einingen. 
e Reichscommission zur Ausarbeitung des 
„Frlichen Gesetzes für das deutsche 
'm hat zur Zeit Ferien; man vernimmt jedoch, 
bedeutsame Werk auch in letzter Zeit er— 
efördert worden ist und auch in der Folgezeit, 
es nur angeht, vorwärts kommen wird. 
— 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert. (Extra⸗Zug.) Nach 
einer soeben erschienenen Bekanntmachung wird Sams— 
tag, den 5. August ein Extrazug nach Nürn— 
berg von Homburg über Kaiserslautern— 
Neustadt-Ludwigshafen-Mainz-Darm— 
stadt-Aschaffenburg-Würzburg abgefer— 
tigt, zu welchem Retourbillete II. und III. Classe, 
ziltig zur Rückfahrt bis incl. 14. August, zu er— 
mäßigten Preisen verausgabt werden. Die Abfahrt 
erfolgt in Zweibrücken (Anschluß mit Zug 40) 
1Uhr 25 Minuten, Nachm, Homburg 5 Uhr 
10 Min. Ankunft in Nürnberg 7 Uhr Vorm. 
Die Fahrpreise der Retourbillete betragen in lI. 
bezw. III. Classe von Zweibrücken 21 Mk. 40 pf. 
resp. 13 Mk. 70 Pf., von Homburg 20 Mt. 90 Pf. 
resp. 13 Mk. 40 Pf. Die Rückfahrt, welche milt 
Ablauf des 14. August beendet sein muß, kann 
mit jedem die betreffende Wagenklasse führenden 
fahrplanmäßigen Zuge der obenbezeichneten Route 
erfolgen. Bei Benützung von Schnellzügen sind 
jedoch Ergänzungsbilletezu lösen. Die Rückreise 
darf einmal unterbrochen werden, in welchem Falle 
das Billet dem Vorsteher der betreffenden Station 
zur Bescheinigung vorzulegen ist. Kinder unter 
10 Jahren werden unter folgenden Bedingungen 
befördert: je zwei Kinder auf 1 Billet der betref— 
fenden Wagenclasse, ein Kind mit einem Erwachsenen 
in II. Classe auf ein Billet !I. Classe und ein Billei 
III. Classe, in III. Classe auf ein Billet II. Classe. 
Reisende von anderen Stationen der 
Pfälzischen Bahnen habenbis zu einer 
der obengenannten Zugangsstationen 
des Extrazuges einfache Billete der 
Paris, 27. Juli. Die Kommisson der 
Deputirtenkammer, welcher die Vorberathung der 
dreditforderung von 9 Millionen Franken für die 
ẽXpedition nach Egypten oblag, hat die Forderung 
nit 6 gegen 5 Stimmen abgelehnt, obgleich Minister 
rzreycinet in der gestrigen Vormittagssitzung die 
dothwendigkeit der Kooperation, d. i. des gemein⸗ 
chaftlichen Vorgehens mit England, zum Schutze 
»es Suezkanals betont hatte. (Es kommt nun 
»arauf an, was die Kammer selbst thun wird.) 
das „Siècle“ sagt, Freycinet werde die Ver— 
rauensfrage stellen; Ferry und die andern Minister 
vpürden in die Verhandlung eingreifen. Die öffent— 
iche Meinung, sagt das „Siecle“, mißbillige die 
Intriguen gegen das Kabinet sehr und betrachte die 
Auflösung der Kammer als nothwendig, wenn das 
dabinet gestürzt werde. 
London, 26. Juli. Die Regierung ließ er— 
llären, daß England in seinem Vorgehen gegen 
Arabi Bey zum Schutze der Stadt Alexandrien und 
des Khedive eventuell auch in der Occupation von