Full text: St. Ingberter Anzeiger

ʒzt. Ingherter Atzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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— 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 27. Juli. An das Bureau des Reichs⸗ 
ags sind wieder Petitionen gelangt, welche den Er⸗ 
aß eines Gesetzes gegen die Weinfälschung ver⸗ 
dugen. Bekanntlich hatte der Abg. Buhl in der 
—X Session der vorigen Legislaturperiode des 
uchstags einen vollständig ausgearbeiteten Gesetz- 
aiwurf, welcher sich mit dieser Materie beschäftigt, 
ingebracht. Derselbe war auch in einer besonderen 
ommission durchberathen worden, schließlich aber 
cht mehr an das Plenum gekommen. Im Reichs- 
sundheitsamt war man damals der Regelung der 
mRKede stehenden Materie zugeneigt, und es ver⸗ 
qutet, daß unter Berücksichtigung des von der Reich— 
agekommission beschlossenen Entwurfes im Reichs— 
sundheitsamte an die Ausarbeitung einer derartigen 
zorlage gegangen werden wird. 
Aus der Umgebung des Reichskanzlers 
erlautet, daß die Nachricht, er werde sich in den 
nchsten Tagen nach Kissingen begeben, unbe— 
rundet ist. 
Berlin, 28. Juli. Der Gesandte beim Vati⸗ 
a, Hr. v. Schlozer, hat sich gestern Vormittag 
um Reichskanzler Fürsten Bismark nach Varzin 
ꝛegeben. Dem Vernehmen nach wird derselbe am 
nächsten Montag von dort hier eintreffen. Herr v. 
zchlözer steht außer in amtlichen auch in persönlich 
retreundeten Beziehungen zum Reichskanzler. 
Berlin, 28. Juli. Die Thatsache, daß die 
ir gestern anberaumte Conferenzsitzung nicht statt⸗ 
efunden, beeinträchtigt theilweise das günstige Ur— 
geil, welches sonst über die egyptische Lage zu 
len wäre. Indessen bestätigen doch alle Anzeichen, 
uß die Lage sich gebessert habe. England hat 
uugenscheinlich auf diplomatischem Gebiete einen 
rededten Rückzug angetreten und die Mächte bieten 
im bereitwillig die Hand, um ihm zu ermöglichen 
urch den Versuch, andere Mächte zur Cooperation 
etanzuziehen, aus der Isolirung herauszukommen. 
die Mächte können dies um so leichter, als seit 
ym Eintritte der Pforte in die Conferenz das euro⸗ 
näische Concert wieder hergestellt erscheint und die 
Fehandlung der egyptischen Angelegenheit wieder 
me europäische geworden ist. 
Den Ergebnissen einer Enquéête zufolge, welche 
e chambre syndicale des negociants commis- 
uires zu Paris kürzlich über die Lage des franzö— 
üchen Exports ausgestellt hat, ist die Export⸗ 
higkeit Frankreichs gegen früher nicht un⸗ 
rsentlich vermindert und zwar in Folge der er— 
Agreichen Conferenz des Auslandes namentlich 
deutschlauds, auf dem Weltmarkt. Als Länder, 
denen die deutsche Ausfuhr die französische in 
apfindlicher Weise zurückgedrängt hat, werden u. 
Brasilien, sowie die übrigen Lünder Südamerikas 
onders genannt. Bemerienswerther Weise wird 
chei die den Handel Deutschlands fördernde Thätig⸗ 
it seiner Kosuln im Gegensatz zu dem Verhalten 
er französischen Agenten rühmend erwähnt. Nicht 
uindet bemerkenswerth ist, daß das deutsche Fach⸗ 
sann welches schon durch seinen Namen seine speciell 
uf die Förderung des Erporis gerichteten Bestreb⸗ 
ngen kennzeichnet, bei Betrachtung über diese Enquète 
d deren Resultat den Aufschwung der deutschen 
wdustrie mit Ereignissen der Jahre 1866 und 
87 in Verbindung bringt und so für die eminent 
anftige vollswirthschaftliche Wirkung der nationalen 
ammenfassung und Erhebung jener Jabre Zeug⸗ 
iß abgeleqgt 
Sonntag, 30. Juli 1882. —17. Jahrg. 
Ausland. 
London, 28. Juli. Einer Depesche des 
Daily Tel. zufolge telegraphirte Arabi heute Morgen 
dem Khedibe Friedensvorschläge. Er erbietet sich 
sich in ein Kloster zurückzuziehen unter Beibehaltung 
der Bezuüge und des Ranges eines Obersten. Die 
zleiche Gunst verlangt er für Ali Fehmy, Abdullah 
Toulba und Mahmud Samhy, sowie 5 andere Collegen. 
Der Khedive unterbreiteie diesen Vorschlagdem General 
Alison und frug ihn um seine Ansicht. Capitän 
Hatton und 2 Adjutanten Alison's haben sich heute 
nach Mihalla begeben, um mit Reouf Pascha und 
zwei Ulemas von Kafr⸗el-Douvar zusammenzutreffen, 
um die Vorschläge Arabis zu discutiren. 
London, 28. Juli. Aus Alexandrien wird 
um 12 Uhr 45 Min. gemeldet: Man hört schweres 
Geschützfeuer beim Fort Ahukir. In militärischen 
Kreisen glaubt Niemand an die Friedensgerüchte, 
welche durch Arabi's Schreiben entstanden find. 
Ueberdies liegt auch im hiesigen (Londoner) Kriegs- 
departement noch gar keine Bestätigung vor; wahr⸗ 
ccheinlich will Arabi nur Zeit gewinnen. 
Aus Petersburg wird gemeldet, daß die 
Truppenkorper, welche für den Dienst bei der 
serönung des Kaisers Alexander III. designirt sind, 
den Befehl erhalten haben, am 1./13. August nach 
Moskau abzugehen. 
Alexandrien, 27. Juli. Arabi Pascha 
hat die Proklamation des Khedivs mit einem in 
Kairo veröffentlichten Schreiben beantwortet, worin 
er erklärt, daß der Khediv unter demn Befehlen der 
Engländer handle und daß die Armee das Land 
gegen eine englische Invasion bis auf's Aeußerste 
bertheidigen werde. Wie es heißt, hätte Arabi 
Pascha in einem an den Sultan gerichteten Schrei⸗ 
hen die Hoffnung ausgesprochen, daß das Gerücht 
von der zu erwartenden Ankunft türkischer Truppen 
sich nicht bewahrheiten werde, weil er sonst genöthigt 
sein würde, denselben bewaffneten Widerstand ent— 
gegenzusetzen. 
Alexandrien, 28. Juli. (Meldung von 
Reuter's Bureau.) Es heißt, die Englander be— 
absichtigten die Forts von Abukir zu bombardiren, 
weil die Garnison sich weigert, nach Alexandrien 
urückzulehren. Arabi soll sich mit dem größien 
Theile seiner Truppen auf Damanhur zurückgezogen 
und die Vorposten in Kafrel⸗Douwar zurückge— 
lassen haben. 
zum Leben gebracht habe und er nun die entsetz⸗ 
lichsten Schmerzen aushalten müsse. 
— In dem 1 Stunden von der Stadt 
Kusel gelegenen Orte Langen bach haben es nach 
der „Kais. Ztg.“ dir Weiber durchgesetzt, daß keiner 
der Männer im Orte einen Bart, Backen- oder 
Schnurrbart, tragen darf und es ist factisch, daß 
nan in diesem Orte nicht einen einzigen Mann mit 
einem Barte sieht; ja selbst junge Leute, denen 
diese Zierde des Mannes, beim Militär gewachsen 
ist, lassen sich denselben, bevor sie ihre Heimath be⸗ 
treten, abnehmen. 
— Der Pfaälzische Schreibgehiöilfen— 
verein hält am 13. August l. Is., Vormittags, 
zu Kaiserslautern in der Wirthschaft B. Mar⸗ 
hoffer, gegenüber der Fruchthalle, die elfte ordentliche 
Generalversammlung ab. 
— Die Direktion der pfälzischen Eiseubahnen 
hat mit bekannter Liberalität den sich legitimirenden 
Besuchern des in den Tagen vom 15. bis 17. 
August l. Is. in Ludwigshafen stattfindenden 
30. Jahresfestes des pfälzischen Hauptvereins der 
Bustav⸗Adolph⸗Stiftung eine Fahrpreisermäßigung 
von 50 pCt. in der Weise gewährt, daß die am 
15. und 16. August nach Ludwigshafen gelösten 
einfachen Fahrbillete durch Aufdruck des Stations⸗ 
tempels auf der Rückseite, in der entsprechenden 
Zugs-⸗ und Wagengattung, bis einschließlich 17. 
August zur Rückfahrt benutzt werden können. 
Vermischtes. 
F München, 28. Juli. Der hochverdiente 
Generalsstabsarzt der bayerischen Armee, Dr. v. 
Feder, ist vergangene Nacht im Bade Ragatz ge⸗ 
torben. 
Schon wieder verlautet von einer neuen 
Unterschlagung in einem Münchener Verein. 
Diesmal ist der Renten⸗ und Unterstützungsverein 
sür Frauen und Mädchen betroffen worden. Die 
döhe des Deficits wird auf 60,000 M. beziffert. 
Man uuß sich nur wundern, daß die Häufigkeil 
olcher Fälle nicht zu größerer Vorsicht und schärferet 
Tontrole geführt. 
F Die Kosten der Rürnberger Ausstellung 
sind gedeckt. Es sind nunmehr 960,000 Mark 
pereinahmt und aus den folgenden Eingängen nur 
noch die laufenden Betriebskosten zu zahlen. Gewiß 
ein großartiges finanzielles Ergebniß mit Rücksicht 
auf den Umstand, daß noch nicht die Hälfte der 
Zeit verstrichen ist. 
F Hinsichtlich der Herbst-Uebungen der im Ver⸗ 
hande des XV. Armee⸗Corps stehenden baye t 
ischen Truppentheile wurde Nachstehendes 
angeordnet: Die Regimenter der Besatzungs⸗Brigade 
in Metz, nämlich 4. und 8. Inf.“Reg., vollziehen 
dom 26. mit 31. August Regimenis⸗Uebungen, 
dom 2. mit 6. September Brigade-Uebungen bei 
Metz; vom 8. mit 13. September sind Detachements⸗ 
lebungen bei Vigy mit 3 Bivouaks der Vorposten; 
den 16. mit 23. September betheiligt sich die Be⸗ 
atzungs⸗Brigade an den Mandvern der 80. Division 
an der Straße Chanville-⸗Pange⸗St.⸗Barbe⸗Vigy mit 
2 Bivouaks der ganzen Division und 2 Bivouaks 
der Vorposten; am 22. und 283. September sind 
Manöver gegen einen markirten Feind. Das ver⸗ 
einigte 5. Chev.⸗Regt. hat vom 13. mit 24. August 
Regiments-Uebungen bei Saargemünd, vom 28. 
August mit 4. September Brigade⸗ und Divisions⸗ 
debungen füdlich St. Avold. Vom 8. mit 13. 
Zebtember betheiligt sich das 5 EChep⸗Reat an 
— 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 29. Juli. Die gestrige 
Benefizvorstellung in unserm Saison⸗Theater war 
erfreulicher Weise sehr gut besucht. Und da auch 
das zur Aufführung gekommene Stück: „Stadt und 
Land oder der Viehhändler aus Oberösterreich“ zur 
zroßen Zufriedenh it des Publikums über die Bretter 
zing, so darf man sagen, daß es der ersten Bene⸗ 
izvorstellung nach jeder Hinsicht an dem gewünschten 
Erfolge nicht fehlte. 
*St. Ingbert, 29. Juli. Wenn es un⸗ 
eren Wetterpropheten nachgeht und sich dieselben 
richt irren, so bekommen wir jetzt eine steigende 
Temperatur und sommerliche Witterung. Willkom⸗ 
men wären diese schon längst gewesen!“ 
—R. Neuhaäusel, 28. Juli. Gestern Abend 
erlag der vor acht Tagen vom Blißzstrahl getroffene 
Bergmann Johannes Anstadt von Kirkel seinen 
Verletzungen. Derselbe hatte vor seinem Tode 
ichwer zu leiden und forwährend beklagte er sich 
Arüber. das man ihn aus seiner Betäubung wieder