Full text: St. Ingberter Anzeiger

Blieskastel, 5. Aug. Von hiesigen Ge⸗ 
werbetreibenden wurde unterm 8. ds. Mts. an den 
Stadtrath ein Gesuch gerichtet, worin- derselbe ge⸗ 
heten wird, seinen jüngsten Beschluß, die Unterrichts⸗ 
Jeit an der hiesigen gewerblichen Fortbil dungs⸗ 
schule von 753 bis 9 Uhr auf 5 bis 7 Uhr zu 
berlegen, zu annulliren und die bisherige Unter— 
richtszeit beizubehalten. (3w. 3.) 
— Die Absolutorialprüfung am Gymnasium 
in Zweibrücken wurde von 84 von 85 Schü— 
lern bestanden; nur 1 Schüler fiel durch. Es ist 
also das Resultat im Verhältniß als ein günstiges 
zu bezeichnen. Unter den 35 Schülern war auch 
ein Privatstudirender, der ebenfalls das Examen 
hestanden hat. Herr Rektor Dr. Autenrieth fungirte 
als Prüfungskommissär. 
— Aus dem Westrich. Mittelst einer 
Verfügung der hohen kal. Regierung ist der armen 
protest. Gemeinde Ol sbrücken im Lauterthale 
eine Hauscollecte bei den Protestanten der Pfalz 
hewilligt worden zum Zweck der Erbauung einer 
neuen Kirche. Die Gemeinde ist sehr arm, und 
doch hat sie neben sehr hohen Gemeindeumlagen 
eine außerordentliche Cultusumlage von 10004 frei— 
willig übernommen. 
— Ende laufenden Monats beginnend, findet 
m Germersheim eine dreiwöchentliche größere 
Mineur⸗Uebung statt, zu welcher die vier bayerischen 
Festungs⸗Pionier⸗Compagnieen (nämlich je zwei des 
T. und 2. Pionier-Bataillons), sowie die Mehrzahl 
des Ingenieur⸗Offiziercorps herangezogen werden. 
Zweck dieser Uebung soll sein, ein so viel wie 
möglich kriegsmäßiges Bild des Minenkampfes zur 
Veranschaulichung zu bringen und die Cadres in 
der interessanten Handhabung des Dienstes im 
Minenkriege zu belehren. Wie bei allen Uebungen 
des Festungskrieges, wird auch hier je eine An— 
griffs⸗ und Vertheidigungsgruppe gebildet werden 
und ist als Angriffsobject die im Süden von Ger⸗ 
mersheim gelegene Lünette 83, sogenannte Hertlings⸗ 
Lünette, in Aussicht genommen, wo zahlreiche 
Minensprengungen zur Ausführung kommen 
sollen. 
— Wolfstein, 5. August. Bei den pfälz. 
Eisenbahnen ist gegenwärtig ein Ueberfluß an 
Ingenieuren nicht vorhanden, denn bei der hiesigen 
Bahnbau⸗Sektion wurde an Stelle eines erkrankten 
Ingenieurs ber kgl. Staaisbaupraktikant Otto Frey 
bon Kaiserslautern auf die Dauer von vorläufig 
8 Monaten engagirt. (Kais. Ztg.) 
— Von den mit mangelnder Schulbildung im 
Jahre 1881 aus der Pfalz ausgehobenen Rekruten 
— 6 an der Zahl oder 0,28 Prozent — treffen 
nach der „Pf. Pr.“ je zwei auf die Bezirksämter 
Homburg und Zweibrücken und je einer auf die 
Bezirksämter Bergzabern und Landau. Die acht 
weiteren Bezirksämter der Pfalz haben keine der⸗ 
artigen Rekruten aufzuweisen. 
— An den Vorsiand des pfälzischen Ver—⸗ 
schönerungsvereins, Herrn Irhrn. Karl 
bon Gienanth, ist folgendes Schreiben gelangt: 
„New⸗Pork, 17. Juli 1882. Hochgeehrter Herr 
Ich erkaube mir, Ihnen den Erhalt Ihrer freund⸗ 
lichen Zuschrift vom 5. Juni l. Is., sowie des 
mir in derselben avisirten Ehrendiploms zu bestätigen. 
Die Ernennung zum Ehrenmitgliede Ihres 
Vereins nehme ich mit herzlichem Danke an. Ich 
hänge so sehr an meinem Geburtslande, daß diese 
Auszeichnung seitens meiner Landsleute, wie jede 
Anerkennung aus der Heimath ein Gefübl besonderer 
Genugihuung in mir erregt. Wie in der Ver—⸗ 
zangenheit, soll es mir auch in der Zulunft eine 
besondere Freude sein, das Streben ihrer Genossen⸗ 
schaft für Erhaltung der hiftorischen Bauten und 
Hervorhebung der Naturschönheiten der Pfalz nach 
Fräften zu unterstützen. Ich kann nicht umhin, 
meiner Bewunderung der künstlerischen Ausführung 
des Diploms Ausdruck zu geben. Ich habe dasselbe 
chon vielen Freunden hier gezeigt, und kann ich 
aufrichtig sagen, daß es allgemeine Anerkennung 
findet. Es soll mich sehr freuen, mit Ihnen per⸗ 
onliche Berathung über die ferneren Ziele des 
Vereins pflegen zu köͤnnen. Mit wiederholtem Danke 
derbleibe ich mit vorzüglicher Hochachtung Ihr sehr 
ergebener H. Hilgard, gen. Villard.“ 
Vermischtes. 
4 Gelegentlich des Würzburger Univer⸗ 
sitätsjubilaums feierte das Korps, Renania“, 
dem bekanntlich viele Pfaälzer angehören, sein 
40jähriges Stiftungsfest. Auf die Begrüßungsrede 
des derzeitigen Seriors und den Toast auf die 
außerordentlich zahlreich erschienenen alten Herren, 
sowie auf die Vertreter auswärtiger Korps erwie— 
derte in einer schwungvollen Rede eines der ältesten 
Mitglieder des Korps, Notar Bolza; er erwähnte 
der längst bestandenen Sehnsucht aller der Rhenania 
rüher Angehörigen, die Festtage in den Mauern 
zer schönen und ewig unvergeßlichen Stadt Würzburg 
derleben zu können, und brachte ein Hoch der aka⸗ 
)emischen Freiheit. 
Erlangen 7. August. (Zur Nachahmung 
empfohlen.) Gestern hat die hiesige Spinnerei ca. 
100 Personen zur Ausstellung abgesendet. Jeder 
Arbeiter erhielt, wie das „E. T.“ mittheilt, freie 
Fahrt, freien Eintritt, sowie entsprechendes Handgeld. 
Der dritte Hauptgewinn der Trierer Prä— 
mien⸗Lotterie, ein Brillantschmuck im Werthe 
von 5000 Mk., ist in die Kollekte der Exrpedition 
der „Saarbrücker Ztg.“ gefallen. Der glückliche 
Bewinner ist ein Einwohner von Burbach. 
Welches Verhängniß die neuen Reichs— 
kassenscheine à 50 Mark, angefertigt von 
Faserpapier, anzurichten im Stande sind, mag fol⸗ 
jendes Vorkommniß beweisen: Der Reisende eines 
Mannheimer Hauses vereinnahmte unter anderen 
Beldsorten auch einen solch neuen 50-Mk.⸗Schein, 
velchen er an das Geschäft absandte, worauf er 
don seinem Prinzipal mit folgender Empfangsbe—⸗ 
stätigung bedacht wurde: „Der von Ihnen über⸗ 
andte 50-Mk.⸗“Schein ist viel kleiner als die andern 
ind auch so zerknittert, daß ich an seiner Echtheit 
weifeln muß. Ich werde denselben deßhalb der 
Bank zur Prüfung und Begutachtung vorlegen ⁊c.“ 
Armer Reichskassenschein! so verkannt zu werden 
ind auch noch von einem Kaufmann dazu. 
F Im Handelsblatt der „Frkf. Ztg.“ befindet 
ich folgende die in verschiedenen Blättern empfoh— 
lenen „Freiburger Loose“ (Preis 20 Mark) 
hetreffende Notiz: „Das Anerbieten des Herrn J. 
2. Vollmers in Antwerpen macht auf den ersten 
Blick einen unverfänglichen Eindruck, als ob es 
ich ganz einfach um eine der Anpreisungen handelte, 
vie sie zu Gunsten dieses oder jenes Looses durch 
zusammenstellen aller Chancen sehr häufig in öffent⸗ 
ichen Blattern inserirt werden. Daraus erklärt 
sich auch, daß das Inserat allenthalben unbean⸗ 
tandet Aufnahme fand. Bei näherer Prüfung er— 
scheint indeß das Inserat geeignet, den Leser in 
ine für ihn gefährliche Täuschung zu versetzen. 
Das Inserat spricht von „Freiburger Loosen“ und 
unter diesem Namen sind in Deutschland eigentlich 
die durch den Kanton Freiburg im Jahre 1860 
emittirten Loose von je 15 Frcs. Nominalbetrag 
bekannt. Die Loose haben aber einen wesentlich 
höheren Börsenwerth; die gestempelten Stücke no⸗ 
tiren etwa 28 Mk., Herr Vollmer kann also un⸗ 
nöglich die mit deutschem Stempel versehenen 15 
Fres⸗Loose für 20 Mk. liefern, und doch sind diese 
allein in Deutschland zugelassen. Das Inserat 
neint aber auch nicht einmal ungestempelte 15 
xIrcs.Loose, denn die darin angegebenen Ziehungs⸗ 
ermine und Prämien stimmen nicht mit dem Zieh⸗ 
ingsplane der 1860er Loose des Kantons Freiburg; 
ie Offerte bezieht sich vielmehr auf die 1878er 
Loos⸗Anleihe der Stadt Freiburg, von der noch 
ehr wenig ausgeloost ist und bei welcher die ein⸗ 
elnen Loose auf nur 10 Fres. Nominal lauten. 
leberdies gehoͤrt die Prämien-Anleihe zu denjenigen, 
velche durch das Reichsgesetz d. d. 8. Juni 1871 
vom Verkehr in Deutschland ausgeschlossen sind. 
Für ein derartiges 10 Fr.-Loos ist der Preis von 
20 Mark selbstverständlich viel zu hoch. Der letzte 
ins belannt gewordene Genfer Cours ist 1114 
Frcs. d. h. wenig über 9 Mark! Es muß somit 
aachdrücklich davor gewarnt werden, auf das An⸗ 
erbieten des Inserais einzugehen. 
Die scheußlichen Verbrechen in der Herner⸗ 
Mark aufgehellt zu sehen, ist jetzt wiederum eine 
chwache Hoffnung vorhanden. An einem der letzten 
Tage wurde nämlich in Sodingen bei Herne ein 
Individuum von mehreren Bergleuten festgenommen, 
weil es auf einem abseits gelegenen Acker einer dort 
allein beschäftigten Frau in verdächtiger Weise nach⸗ 
gestellt hatte. Ein Gendarm aus Castropp, welcher 
yon dem Vorfall benachrichtigt war, nahm später 
)en Menschen in Empfang und brachte ihn in 
etzterem Ort in sicheren Gewahrsam. Vielleich! 
»aß man hier endlich den Thäter der zahlreichen 
Mädchenmorde ermittelt hat. 
F Böoses mit Gutem vergolten. Die Passanten 
»er Moabiter Brücke in Berlin sahen am Don⸗ 
lerstag Abend einen Mann in einem Kahn, der 
inem sehr großen schwarzen Pudel einen Strich 
um den Hals band, einen schweren Stein da 
befestigte und darauf den Pudel mit einem d 
tigen Ruck ins Wasser schleuderte. Der arm⸗ * 
sank sofort lautlos unter, aber der Stein —9* 
ich von dem Stricke losgelost haben, deme 
venigen Sekunden kam der Pudel wieder zur —8 
läche und suchte schwimmend den Kahnqu 
hen. Da ergriff sein Herr die Ruderstange 
ührte mehrere kräftige Schläge nach dem sNopf n 
dundes, so daß dieser abermals untersank. Wih 
end nun die von Empdrung und WMüitleipen 
zriffenen Zuschauer dieser aufregenden Szene * 
Manne im Kahn Worte des Zornes und die Vit 
um Schonung des armen Thieres zuriefen, ken 
dieses wieder über dem Wasser zum Vorschein, um 
die großen klugen Augen angstvoll bittend auf sa 
nen Herrn gerichtet, scwwamm der Pudel auf isn 
zu. Da ergriff der unbarmherzige abermals 
Ruderstange und schlug nach dem Hunde. Dab— 
aber verlor er plötzlich das Gleichgewicht un 
ttürzte kopfüber in das Wasser. Und nun änden 
ich die Szene. Kaum sah der kluge und treu 
hund seinen grausamen Herrn im Wasser her. 
inken, als er in beschleunigtem Tempo auf ihn 
juschwamm, ihn am Rockkragen faßte und mil ihm 
ans Ufer schwamm. Hier streckten sich Aller Hände 
nach dem edlen Thiere aus und die gerührten Zu⸗ 
chauer dieser wahrhaft bewegenden Szene hänn 
aun und nimmermehr geduldet, daß der Pide 
vieder in die Hände seines mörderischen Besiten 
zurückkehrte, der brummend und mürrisch erklaͤte 
ꝛx wolle das alte und häßliche Thier los sein 
xin Herr bot ihm sofort 5 Mark und führt 
zum Jubel aller Umstehenden den Pudel mit sih 
ort. 
f Für die preußische Armee sollen wr 
nächster Zeit 53000 neue Proviantwagen hergestell 
verden, so beschaffen, daß sie gleichzeitig je naq 
Bedürfniß auch zum Transport von Kranken und 
herwundeten benutzt werden können. Nach Be— 
chaffung solcher Wagen fallen die bis jetzt in Kriegs 
eiten benutzten Privatfuhren fort, durch deren 
Zenutzung, namentlich. durch das Umpacken der 
rdadung von einem Wagen auf den anderen, viele 
Unzuträglichkeiten geschaffen wurden. Sind die 
neuen Wagen erst fertig, dann sind nur die Pferde 
zu requirieren nöthig, welche die Wagen fortzu⸗ 
chaffen haben; an den Wagen, wie er einmal ge⸗ 
zackt ist, braucht nicht gerührt zu werden. 
F GMatrosenwettkampf auf Helgoland) 
Fin Leser des „Verliner Tageblaits“ schreibt dem⸗ 
elben aus Helgoland: Am Dienstag, den 1. de. 
Mts., wurde den Helgoländern Badegästen wie dea 
delgoländern selbst das Vergnügen bereitet, die 
räfte der deuischen Matrosen gegenüber der Kraft 
der auf Helgoland stationirten englischen Coaft 
Buard zu messen. Von jeder Seite mußten neun 
Mann an einem Stricke ziehen, und welcher Partei 
es gelingen würde, die Gegner zu sich zu ziehen, 
zie sollte Sieger sein. Unsere deutschen Mancsen, 
ingefeuert durch den Kommandeur des „Drachen', 
doitzhauer, wie die Offiziere Graf Bernstein, Broeler 
— auf englischer Seite durch den Gouberneur 
D'Brin — siegten bei fünfmaligem Versuche vier 
nal, und unier stürmischen Zurufen von sammt. 
ichen deutschen Badegästen wurde der Sieg problla⸗ 
niert, indem die Badekapelle einen Tusch er⸗ 
oͤnen ließ. 
4 (Das Bier als Spion.) Einer de 
acherlichsten Deutschenfresser in der französischen 
Presse, Herr Alexandre Hepp, giebt im „Voltaire 
olgenden ergötzlichen Seufzer zum Besten: 
Ja, das Bier selbst spionirt gegen uns! Man 
eichi uns einen Boc, aber der Keüner, der un⸗ 
Hedient, ist ein Prussion, aber der Wirth ist ein 
grussien, aber die Bierstube, in der wir uns garf 
uhig niederlassen, ist nur ein Beobachtungspunh 
ine große Bude, in der man unsere Sitten fludith 
Deutschland will uns 'in seinem Biere ertränken 
as Lowenbrau hat Augen und der Salvator ha 
Ohren. Man kann nur mit Entsetzen an d 
leberschwemmung denken. Ueberall ringsum breite 
er Germane fich aus und will von der Fahn 
eben, die er in Blut und Koth geschleift hat. 
ʒeutschen Worte, die deutschen Schilder pflanzen in 
n Menge auf und, was man nur mit e 
oonstatiren kann, es finden sich Pariser, welche s 
nit ihrem Gelde an diesen unler den Schut r 
ʒeutschen Geographie gefstellten —A 
heiligen. Hier die Taverne de Carlsruhe, 
grasserie de Munich, an einem anderen Orte 7 
ie Halle de Francfort. das Faubourg Montmarutt, 
9, 
Ab