Full text: St. Ingberter Anzeiger

igl. Lateinschule nahm den wohlgelungenster 
Verlauf. Den Angelpunkt bildete, wie alljährlich 
die Rede des Herrn Subrektor Hellfritz sch. 
Derselbe sprach heuer über „Das Verhältniß 
zwischen Lehrern und Schülern einer⸗ 
beits und zwischen Schule und Haus 
andrerseits“ und wies nach, wie das erstere 
Verhältniß begründet wird durch die Ach— 
rung des Schülers gegen den Lehrer und des 
Lehrers gegen den Schüler, befestigt durch das 
Vertrauen, welches eine naturgemäße Folge der 
Achtung ist, verschönert durch die gegenseitige 
Liebe. Von den zahlreich anwesenden Gästen, 
worunter viele Geistliche und Lehrer, sei namentlich 
unser hochverehrter kgl. Bezirksamtmann Herr Dr. 
Schlagintweit erwähnt. 
s. Blieskastel, 10. August. (Eine Selten⸗ 
Jjeit aus der Vogelwelt.) Ein Huhn des Müllers 
d. Höh von der Breitermühle bei Niederwürzbach 
legte im Laufe dieses Sommers 25 Eier in einem 
ihm als Versteck dienenden Roggenacker. Als man 
zelegentlich der Ernte dies entdeckte, waren die Eier 
bereits angebrütet. Zum großen Erstaunen erschien 
nun gestern das Huhn in erwähntem Gehofte, be—⸗ 
gleitet von 17 allerliebsten Küchlein. 
— Homburg, 8. August. Heute Abend 
zwischen 6 und 7 Uhr stürzte zu Mittelbexbach der 
Maurer Franz Henner von Wiesbach so unglück— 
lich herab, daß derselbe sofort eins Leiche war. 
— Die Jahresversammlung der Lehrer an den 
igl. Präparandenanstalten der Pfalz ist am 
10. ds. in Edenkoben abgehalten worden. 
— Das „S. W.“ berichtet, daß in Klingen⸗ 
münster in der Nähe der Anstalt eine Frau aus 
Böcklingen, welche während des Fruchtladens vom 
Wagen fiel und unter die Räder kam, todt ge⸗ 
fahren wurde. 
— In Sttein weiler geschah, der „Sp. Ztg.“ 
zufolge, durch Kinder, deren Eltern auf dem Felde 
arbeiteten, ein gräßliches Unglück. Das älteste 4 
Jahre alte Kind des Anin Ripp nahm das auf 
einem Brette stehende Feuerzeug herunter und hielt 
die brennenden Hölzchen unter die Wiege, in welcher 
ein 4 Monate altes Kind schlief. Das Bettchen 
fing Feuer und das arme kleine Wesen darin trug 
solche Brandwunden davon, daß es nach drei Stun⸗ 
den starb. 
— Bei Gelegenheit der Würzburger Universi— 
äts⸗Jubilaumsfeier wurden u. A. auch Dr. Karl 
Risch, Professor der Jurisprudenz an dortiger 
dochschule, der mit dem persönlichen Adel verbun⸗ 
ene Verdienstorden der bayerischen Krone verliehen. 
Der Ausgezeichnete ist ein Kind der Pfalz, gebürtig 
us Rockenhausen, der Bruder des Herrn 
Zonsistorialrathes Risch in Speyer. 
— Unter den in San Francisco ausgestellten 
Entwürfen zu einem Garfield-Denkmal be— 
indet sich auch ein solche von Happersberger, 
dem Sohn eines früheren allbekannten und beliebten 
Grünstadter Bürgers und erhielt dieser Entwurf den 
ersten Preis mit 20,000 Dollars. Happersberger 
ist ein ganz junger Künstler vor etwa 23 Jahren 
und in San Francisco geboren. Er concurrirte 
mit 21 Bewerbern um den Preis und ging schließ⸗ 
lich mit noch anderen Concurrenten in engerer Wahl 
als Sieger und glücklicher Gewinner des ersten 
Preises hervor. (SFrkth. 3.) 
— Am 17. ds. Mis. geht wiederum ein Ex⸗ 
razug mit bedeutend ermäßigten Preisen, von 
Straßburg nach Berlin, welcher auf den pfälzischen 
Stationen Landau, Neustadt, Schifferstadt, Lud⸗ 
vigshafen und Frankenthal Passagiere aufnehmen 
vird. Der Zug fährt hier um 2 Uhr 24 Min. 
ab und kostet das bis zum 20. September giltige 
Billet ab hier in 1. Classe 51 Mk. 60 Pf., 2. Cl. 
37 Mtk. 90 Pf. und 3. ECl. 25 Mk. 20 Pf. 
Vermischtes. 
fF Würzburg, 6. August. Die Festlichkeiten 
sind vorüber. Am Freitag bei Abgang der Züge 
waren Tausende von Fremden versammelt, die sich 
wieder in ihre Heimath begeben wollten. Die Züge 
'onnten kaum alle Passagiere aufnehmen. Das 
Freitag Nachmittag in den Etablissements des Hrn. 
denry Böttinger eröffnete Kellerfest war ungemein 
stark besucht. Um 3 Uhr wurde der Keller dem 
allgemeinen Besuch geöffnet. Um dieselbe Zeit ver⸗ 
ammelten sich die einzelnen historischen Gewerbe⸗ 
zruppen, welche sich an dem Festzuge betheiligten, 
nit ihren Fahnen und Emblemen auf dem großen 
Marktplatze und zogen auf einem kleinen Umwege 
unter Leitung der Herren Böoöttinger und Dr. 
Schäffler, über die Brücke hinaus zu dem Festkeller, 
wo die Theilnehmer von einer Deputation der 
tädtischen Collegien und des Festcomite's empfangen 
wurden. War das hier ein Leben auf dem ganzen 
Festplatze, welcher weit über 10,000 Menschen 
assen kann. Seit langer, langer Zeit, seit Men⸗ 
chengedenken war kein Lokal hier so stark besucht, 
vie dieser Platz. Am Abend fand von Seiten der 
Studentenschaft ein Fackelzug statt, welcher sich von 
iner imposanten Kundgebung für den Rector mag- 
nifiens gestaltete. Dem Letztern wurde eine Serenade 
argebracht; eine Deputation hatte sich in die 
Wohnung des Herrn Rectors begeben. Gegen 1500 
dJersonen mögen sich an dem Fackelzuge betheiligt 
aben. — Das in der Ludwigshalle während der 
dauer der Festtage consumirte Bauch'sche Festbier 
zetrug am Empfangsabend 53, am Dienstag 62, 
im Mittwoch (Abends Banket) 93 und am Donners⸗ 
ag 80 Hektoliter. 
F Köln, 7. August. Ein neuer Feind der 
Nahrungsmittel der Menschen ist gestern dahier auf 
inem Kornschiff im hiesigen Hafen entdeckt worden. 
Das Korn ist in Südrußland gewachsen und wurde 
in Rotterdam aus zwei Lagern ins Schiff geladen. 
die Schiffsmannschaft verspürte bereits, bald nach⸗ 
»em die Fracht eingenommen, ein eigenthümliches 
Fucken, das sich rasch steigerte. Man stellte eine 
UIntersuchung an und konnte nur mit scharfem Auge 
vinzig kleine Thierchen wahrnehmen, mit dem be—⸗ 
vaffneten Auge gewahrte man aber Milliarden 
milbenartiger Thierchen, der Roggen schien förmlich 
zu leben. Mehrere Autoritäten auf naturwissen⸗ 
chaftlichem Gebiete, welche man von Seiten der 
tädtischen Verwaltung zu Rathe zog, standen bei 
diesen mikroskopischen Thierchen vor einem Räthsel, 
zas sie nicht zu lösen vermochten. Da die Reb— 
aus⸗Kommission zur Zeit in Neuenahr versammelt 
st, beschloß man, sich an diese zu wenden und 
hr eine Probe zur Untersuchung zu übermitteln. 
lußerdem wurde strenge angeordnet, daß das Schiff 
nicht endladen werde. 
F CGEin vorsichtiger Wohlthäter.!) 
kin reicher Kaufmann in einer großen Stadt am 
shein fühlte sich gedrungen, seinen Namen durch 
rine Stiftung zu verewigen. Er offerirte deshalb 
)er Stadt eine Schenkung von einer Million Mark, 
ügte jedoch die vorsichtige Bedingung hinzu, daß 
zie Stadt erst in Besitz dieser Summe kommen 
olle, wenn seine ganze Familie resp. deren Nach⸗ 
ommenschaft vollständig ausgestorben sei. Da mit 
Rücksicht auf die zahlreichen Angehörigen des groß- 
müthigen Gebers es nicht zu erwarten war, daß 
die Schenkung in diesem oder vielleicht auch im 
nächsten Jahrtausend fällig würde so verweigerte 
der Stadtmagistrat rundweg die Annahme 
derselben. Die edle That wird an Ort und Stelle 
diel besprochen, wenn auch wahrscheinlich nicht in 
dem von den Urhebern gewänschten Sinne. 
f In Hirschberg Echlesien) ist in der Nacht 
»om 4. zum 5. Aug. 8 Zoll hoher Schnee gefallen. 
f(Ueber Land und Meer.) Aus der 
Provinz Sachsen wird folgendes Geschichtchen be— 
ichtet. Ein wegen seiner geselligen Talente allge⸗ 
nein beliebter junger Kaufmann war für seine 
rreunde eines Tages nicht mehr zu Hause; an der 
Thüre seines Bureaus waren die Worte „über 
zand“ zu lesen. Als die Thüre einige Tage ver—⸗ 
chlossen blieb, wurde dieselbe erbrochen und an der 
Innenseite der Thüre stand geschrieben „und Meer“. 
derzliches Lachen auf der einen, lange Gesichter 
auf der anderen Seite. „Ah famos! feiner Witz! 
iber wie geistreich!“ bemerkten Viele. Einer von 
den Nichtlachern aber meinte: „Ja, Geist hatte er, 
iber reich war er nicht, „denn er hat mich mächtig 
angep....“ 
fFGarte Strafe.) Bei einem Fest, das 
am Sonntag im Tuileriengarten zu Paris stattfand, 
vurden zwei Männer, die, um das Eintrittsgeld 
zu ersparen, über die Mauer klettern wollten, duͤrch 
die Berührung der Leitungsdrähte für das elektrische 
dicht getödtet. 
f In einer Pariser Zeitung ist folgende 
Anzeige in englischer Sprache zu lesen: 
„Mehrere Prinzen, Herzoge, Grafen und 
Barone wünschen reiche, junge Amerikanerin⸗ 
nen zu heirathen. Man wende sich an — 
(folgt die Adresse eines Zwischenmannes in 
Paris). Strengstes Geheimniß zugesichert.“ 
Die jungen Amerikanerinnen, die an der Titel⸗ 
euche leiden, werden gut thun, die Adelstitel, die 
ie heirathen wollen, erst gründlich untersuchen zu 
lassen, ehe fie anbeißen. Diese Grafen und Vo 
entpuppen sich bei näherer Besichtigung —* 
hzie gemeinsten Schwindler, Lumpen und Abenn 
(Ein Zwerg als Thierbändige 
Vor einigen Monaten kaufte ein — 
samens Lumeau, den Landleuten Troublet in —* 
Südfrankreich) ihren Sohn ab, einen Burschen 
17 Jahren, der nicht mehr als 54 Zentimeler 
var. Bei einem schwächlichen zarten Körper 
derselbe unverhältnißmäßig lange Hände und * 
ind eine sehr große Nase, dazu ein kleines laden 
Hesicht. Der Zwerg Joseph — das war von 
uin sein Name — hatte auf den Jahrmärkten 
nan ihn zeigte, einen außerordentlichen eie 
Aber der Gaukler wollte für sein Schaustüt 
neue Anziehungskraft gewinnen, und so verwandelh 
er denn eines Tages seinen Zwerg in einen Thie 
bändiger. Allerdings in keinen Lowenbaͤndige 
aber in einen Bändiger von Miniaturtigern, die 
aichts anderes waren, als Katzen mit hefüchnn 
Fell. Er suchte ein halbes Dutzend großer gohen 
aus, denen er schwarze und gelbe Streifen ma 
und richtete sie zum Schrecken des improvisite 
kleinen Thierbändigers darauf ab, um diesen hetum— 
uspringen, während der Zwerg die Hetzpeitsch 
chwingen mußte. Nur nach vielen Schlägen konm 
der arme Bursche, der sich vor den Katzen fürchtete 
bewogen werden, seine Rolle zu spielen; endlich sajt 
ex Muth und gab wirklich einige Vorstellungen, hi 
eine große Menschenmenge herbeizogen. Aml? 
v. M. produzirte sich der Zwerg auf dem Jahr— 
narkte in Beaupresur⸗Saone; eine Weile ging Alle 
zut; aber plötzlich sprang eine der Katzen dem kleine 
Bändiger an die Kehle und riß ihn zu Boden. In 
Nu fielen auch die übrigen improvisirten Tige 
über den Unglücklichen her, und bevor man ihn 
noch zu Hülfe eilen konnte, lag er mit zerfleischten 
Besichte erwürgt da. Als man endlich den Leichnam 
der mit Stulpenstiefel und einem Sammtanzuge be 
kleidet war, aus dem Käfige hervorzog, war er budh 
täblich in Stücke gerissen. Das Publikum woll 
den Taschenspieler steinigen, doch gelang es ihn 
zu entkommen; er wurde, vom Gerichtshof von Lyoy 
teckbrieflich verfolgt, dieser Tage in Lille verhafte 
und wird fich nunmehr wegen fahrlässiger Tödtum 
zu verantworten haben. 
F Ein Colossalprozeß, wie er sich woh 
selten vor einem modernen Assisenhofe abgespiel 
hat, wird aus Rom gemeldet. Es figuriren darin 
naicht weniger als hundertelf Angeklagte, welche 
don fünfundvierzig Anklagepunkten belastet werden. 
Der Haupitenor ist Rebellion gegen die Staatsge 
valt. Sämmtliche Angeschuldigte haben sich nämlih 
einer Zeit an der Emeute betheiligt, die in Sanlur 
hei Cagliari auf Sardinien stattfand. Zur Ver— 
eidigung sind circa hundert Advocaten angemelde— 
vorden. In Surdinien gibt es keinen einzigen 
Anwalt, der nicht ein diesbezügliches Mandat em⸗ 
pfangen hätte. Da es an einem geeigneten Raun— 
fehlt, so hat man eine Kirche zur Verhandlung eir 
gerichtet. Die Zeugenzahl beläuft sich auf ein halbes 
Taufend. Auf den Verlauf dieses Riesenprozeses 
darf man wirklich gespannt sein. Gesetzt, jeder 
vocat plaidirt nur eine Stunde, so könnte darüber 
mindestens ein Quartal verfließen! 
FGEröten als Erportartikel.) Eng 
lische Agenten kaufen gegenwärtig, nach der „Wiene 
andw. Ztg.“, Kröten, 1000 Stüdk zu 60 und 
30 Mk. zusammen und befordern dieselben in 
zurchlöcherten Kistchen, in Moos verpackt, nach Eng 
and und Holland. Ein Herr Krelage in Harlen 
einer der bedeutendsten Garlenbesißer Hollands, und 
ein Herr Smilh in England iaufen Kröten fir 
ihre Verwahrungs- und Waarenhäuser zur Vertilgunt 
der für die Vorrathe äußerfi gefahrlichen Kelleraß ein 
tEchnelle Fahrt) Ein schwedisch 
Ingenieur, Lundberg, hat mit einem New ⸗ Horhe 
Hause einen Vertrag abgeschlossen, durch welchen 
aäch verpflichtet, eine Floite von Dampfern nad 
einem neuen Modell zu erbauen, mittelst welche 
nan die Reise von Liverpool nach —J 
der unerhört kurzen Zeit von fünf Tagen n 
legen kann. Jedes der Schiffe wird durch 4 Damp 
maschinen, jede zu 4500 Pferdekräften, in Bewegn 
gesetzt; jedes Schiff soll zwei Schrauben und n 
Sieuerruder erhalien. Die Raumeintheilung 
zerart, daß 600 Passagiere erster und 1000 
lasse auf einem dieser Seeungethüme untergehten 
werden können; außerdem ist eine Belastung *. 
2700 Tons Kohlen, sowie 600 Tons Waa 
yorgesehen.