Full text: St. Ingberter Anzeiger

Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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M 158. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 11. August. Der Kaiser von 
eestetreich ist heute früh zum Besuche seiner Toch⸗ 
x, Prinzessin Gisela hier eingetroffen und nahm 
ei derselben Wohnung; die Abreise erfolgt morgen 
bend. 
Bayreuth, 10. August. Die Handelskam⸗ 
et von Oberfranken hat sich heute mit der von 
er Frankfurter Handelskammer angeregten Brief⸗ 
rarkenfrage befaßt und den Antrag der 
rankfurter Handelskammer abgelehnt, mit der 
dotivirung, sie, die Handelskammer von Ober⸗ 
anken, setze in das bayerische Ministerium das 
Jertrauen, daß dieses die politischen und finanziellen 
uteresse Bayerns zu wahren wisse. Hinsichtlich 
es Postkartenwesens sei es ein dringendes 
zedürfniß, den bestehenden Mißständen schleunigst 
bzuhelfen. Eine offizielle Kundgebung der Han⸗ 
elskammer in der Presse soll alsbald erfolgen. 
Berlin, 10. August. In publicistischen und 
omatischen Kreisen mißt man der Begegnung 
et Kaiser von Oesterreich und Deutschland sympto⸗ 
natische Bedeutung bei, als sie gerade in einem 
lugenblicke erfolgt, wo die egyptische Angelegenheit 
zurch die angebahnte Verständigung zwischen Eng⸗ 
and und der Pforte eine günstigere Wendung 
immt, welche herbeigeführt zu haben zum großen 
Theile gerade der vermittelnden Thätigkeit Oester⸗ 
eichs und Deutschlands zugeschrieben wird. Desto 
nehr erscheint das neuerlich durch die Begegnung 
er Monarchen illustrirte österreichisch⸗deutsche Bünd⸗ 
iiß im Lichte einer europäischen Friedensbürgschaft. 
Berlin, 11. August. Der Kaiser ist wohl⸗ 
rhalten in Babelsberg eingetroffen. 
Ausland. 
Ischl, 10. August. Der deutsche Kaiser ver⸗ 
lieb Vormittags in seinen Appartements, woselbst 
tden Besuch des österreichischen Kaisers empfing 
ind von diesem um 13/12 Uhr zur Hoftafel abge—- 
olt wurde. Um 3 Uhr begab sich der Kaiser in 
Fegleitung des Kaisers von Osterreich nach dem 
zahnhofe, woselbst beide Monarchen sich in herz⸗ 
ichstet Weise verabschiedeten. 
London, 11. August. Aus Suez wird ge⸗ 
neldet, daß Oberst Jones bei seiner Ruͤckkehr aus 
zmailia berichtete, daß zwei Bahnzüge mit egyp⸗ 
schen Soldaten seewärts abgefahren seien; doch 
win der Nähe von Suez noch nichts vom Feinde 
u bemerken. Herr von Lesseps hat in Ismailia 
ne Ehrengarde von Soldaien Arabis, welche die 
lanolsiation sowie die Wachthäuser besetzt halten. 
die geflüchtelen Furopäer fangen an dorthin zu⸗ 
üczukehten, da Lesseps die Aufrechterhaltung der 
Adnung garantirt. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
»St. Ingbert, 12. August. Dem Rer-⸗ 
ehmen nach wurde die Platzfrage in Betreff des 
euen Schulhauses gestern endgiltig nicht entschieden. 
och soll man don dem Plahe hinter dem neuen 
imisgerichtsgefängniß, der vom Stadtrathe in 
iner letzten Sitzung vorgeschlagen war, abgekom⸗ 
wen sein und als Baustelle zunächst zwei andere 
Attze, der eine neben Herrn Thierarz Weigand 
m der Kaiserstraße und der andere auf der Meß 
inter dem Schwesterhause, in's Auge gefaßt haben. 
Sonntag, 13. August 1882. 
17. Jahrg. 
p. Schnappbach, 11. August. Unter den 
siesigen Glasmachern regt sich wieder mächtig die 
Luswanderungslust. Nächste Woche werden 
wei Familien von hier nach Amerika abreisen; 
indere folgen, dem Vernehmen nach, bald nach. — 
In der Grube Altenwald ereignete sich gestern ein 
Unglück. Der Bergmann Marrx aus Altenwald, 
Familienvater, wurde von einem herabstürzenden 
yelsstücke derart beschädigt, daß er in das Spital 
ach Sulzbach verbracht werden mußte. — Morgen 
Samstag) gibt die Theatergesellschaft Schroth⸗Collot 
hre letzte Vorstellung hier. 
— Neuhäusel, 11. Aug. Nächsten Sonn⸗ 
ag Nachmittag findet dahier das Bezirks⸗Mis— 
ions-Fest für das Dekanat Homburg statt. 
häste haben von Bahnhof Lautzkirchen ab bis hier⸗ 
jer Fahrgelegenheit, und sehen wir darum einem 
ahlreichen auswärtigen Besuche entgegen. 
— Zweibrücken, 11. August. Morgen 
Samstag) früh rüctt die 4. Eskadron, welche seit 
zahren hier garnisonirt, zu den Regiments-Exerzitien 
ind Herbstübungen nach Saargemünd, resp. St. 
Uvold aus. Die Eskadron kehrt nicht mehr hierher 
uurück, sondern es wird die 1. Eskadron des k. b. 
5. Chev.⸗Regts. deren Chef Herr Major Zwickh 
st, hierher verlegt. (Zw. Ztg.) 
— Die protest. geistl. Güterverwaltung zu 
Zweibrücken hat 6 Stipendien zu je 270 Mt. 
ind 2 Stipendien zu je 180 Mk. für das Studien⸗ 
ahr 1882/83 zu vergeben. Gesuche mit den Be— 
egen und Angabe der Universität, welche der Be⸗ 
verber zu besuchen gedenkt, sind bis 1. Oktober 
inzusenden. 
— (Aktienbrauerei Kaiserslautern.) 
Dder Gesammtverlust pro 1882 beträgt 280,748 
Nk., davon 141,700 Mk. für verdorbenes oder 
ninderwerthiges Bier und 18,300 Mk. bei Ver⸗ 
auf von vorräthigem Malz und Hopfen. — Die 
Sachlage ist derartig, daß eine Liquidation unum⸗ 
zänglich erfolgen muß, wenn es nicht zum Kon⸗ 
urse kommen soll. (Pf. K.) 
— Vom Glan. Das letzte schwere Gewitter, 
velches die mittlere Glangegend so arg mitnahm, 
vird noch in Jedermanns Gedächtniß sein. Wie 
voch aber auch wieder die Hand des Allmächtigen 
iber Manchem schwebte, möge folgender Vorfall, 
der in Hundheim sich ereignete, bezeugen: Nachdem 
»as Gewitter sich verzogen hatte, eilte Alt und 
Jung aus den Häusern, um Umschau zu halten. 
rkin Greis von 74 Jahren wagte sich auf die Glan⸗ 
rücke, um dem wogenden Wasser zuzuschauen. 
Doch das Wasser stieg, das Wasser schwoll, der 
Hreis konnte nicht mehr vor- noch rückwärts. Immer 
tärker strömte das Wasser aus dem oberen Glan⸗ 
hal zu. 1140 Stunden mochte der Greis auf der 
Zrücke gestanden haben. Jetzt konnte dieselbe der 
Bassergewalt nicht mehr widerstehen: sie stürzt zu⸗ 
ammen, den Greis mit sich fortreisend. In einer 
eẽntfernung von 100 — 120 Met. wurde er von den 
Wellen zwischen die Gabelstamme eines Birnbaumes 
jeschleudert. Hier klammerte er sich fest und ar⸗ 
eitete sih an dem Baum in die Höhe. Bis das 
Wasser sich verlaufen hatte was über zwei Stunden 
auerte, saß der ermattete Mann auf dem Baume 
ind konnte dann erst später herabgeholt werden. 
Wohl mag derselbe auf sein Abenteuer stolz sein, 
vas aus seinen eigenen Worten hervorgeht: „Mach' 
nir's einmal einer nach!, (Kais. Ztg.) 
— Ein recht nettes Jagdstückchen wird aus 
dandel vom T. f. S. gemeldet: Ein dortiger 
dagdpächter durchstreift wohlgemuth sein Revier 
ind erspäht einen prachtvollen Rehbock. Bedachtsam 
iimmt er auf Schußweite Position, um denselben 
nuf's Korn zu nehmen, als es plötzlich von ent⸗ 
jegengesetzter Seite kracht und der Prachtbock nach 
inigem Wanken zusammenbricht. Vor den Augen 
es verblüfften Jagdpaäͤchters holt der Wilddieb seinen 
Fang und geht auf und davon. 
— Weisenheim a. S. Unser Kartoffel⸗ 
narkt wird immer lebhafter. In ganz kurzer Zeit 
ind ca. 50 Waggons Kartoffeln à 200 Centner 
njach Rheinland, Westfalen und Holland verladen 
vorden. Von den Nachbarorten Gerolsheim, Laumers⸗ 
jeim, Freinsheim, Großkarlbach und Erpolzheim 
ommen täglich frische Fuhren, abgesehen von den 
Weisenheimern. Der Doppelzentner steht 6 M. 
is 6 M. 28 Pfg. je nach Qualität und Nachfrage. 
Die Neunwochenkartoffeln fallen sehr gut dahier 
ius nach Qualität und Quantität. Es ist schon 
orgekommen, daß der Morgen 100 Centner lieferte, 
ind somit einen Erlös von 300 Mk. rund abwarf. 
Vermischtes. 
F Die Nachricht, Richard Wagner habe 
ürzlich seinen „Parsifal“ an die Musikalienhand⸗ 
ung B. Schott' s Söhne in Mainz für 190,000 M. 
erkauft, wird von der „Mainzer Zig.“ dahin rich⸗ 
ig gestellt, daß das Honorar nur etiwa ein Drittel 
zer angegebenen Summe beträgt, die genannte Firma 
zas Verlagsrecht schon seit Jahren besitzt und das 
Textbuch bereits im Jahr 1879 und der Clavier⸗ 
nuszug im Mai l. J. erschienen ist. Das Auf⸗ 
ührungsrecht des „Bühnenweihfestspieles“ verbleibt 
»em Dichtercomponisten. 
fGerfehlte Vorsicht.) Aus Mainz 
vird berichtet: Einige hiesige Wirthe hatten, um 
u verhüten, das Wirthschaftsmesser abhanden kämen, 
ämmtliche Messer mit der Aufschrift: „Gestohlen 
m Brauhaus zum u. s. w.“ versehen lassen. Da 
iun der Wolf auch die gezeichneten Schafe frißt, 
o halfen die Aufschriften nicht viel. Was machten 
iber die Langfinger mit solchen Messern? Sie 
ießen sich in andern Wirthschaften für einige 
gfennige Brod und ein Messer geben und ver—⸗ 
auschten in einem unbewachten Augenblicke das 
nit der Aufschrift versehene gestohlene Messer mit 
dem ihnen verabreichten Messer. Auf diese Weise 
am ein Wirth binnen Kurzem in den recht unan⸗ 
enehmen Besitz von einem halben Dutzend solcher 
Messer, die alle die Aufschrift trugen: „Gestohlen 
m Brauthaus zum u. s. w.“ 
fEisenbahnradscheiben aus Papier. 
der Firma Friedr. Krupp in Essen sind, wie die 
Elberfelder Zeitung“ berichtet, seitens der Berlin⸗ 
Inhalter ⸗ Bahn Eisenbahnräder in Auftrag gegeben, 
eren Radscheiben aus Papiermasse bestehen. Bei 
zer vorgeschriebenen Konstruktion ist die Nabe aus 
Bußeisen, an welcher die Radscheibe befestigt ist, 
vährend der Radreifen durch Ringe und Schrauben 
nit der Radscheibe aus Papiermasse verbunden wird. 
dem Fabrilanten ist vorgeschrieben, daß die Papier⸗ 
nasse ebenso fest wie Holz sein und den Witte⸗ 
ungsverhältnissen widerstehen muß. Die Bergisch⸗ 
Märkische Eisenbahn hat solche Räder seit längerer 
zeit versuchsweise in Gebrauch. Dieselben sind 
on der bekannten Firma v. d. Zypen u. Charlier 
n Deutz hergestellt, welche die Radscheiben aus 
Japiermasse von der Fabrik der Herren Gebr. 
1dt in Forbach und Ensheim beziehen. 
Wie aus Eisenbahnkreisen verlantet, haben sich 
niese Räder auf das Vortrefflichste bewährt. Es