Full text: St. Ingberter Anzeiger

zt. Jugherter Anzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Iccert. 
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Et. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich füufmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs- 
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—„ 
Montaa, 14. Auqaust 1882. 
17. Jahrg. 
—* 
Zur allgemeinen Lage. 
der völlige Umschwung in der Stellung der 
fotte zu jenem meuternden General, den sie noch 
zu Kurzem lohnte für die Auflehnung gegen seinen 
niegsherrn, und mit ihrem höchsten Orden zierte, 
ein so bedeutsamer, daß es der Mühe werth ist, 
was länger dabei zu verweilen. 
Was wir jüngst rein akademisch auszuführen 
„sreht waren, hat heute mit der Wandlung am 
idenen Horn nicht nur seine thatsächliche Unter⸗ 
ge, sondern auch volle Bestätigung erhalten. Die 
cchältnisse haben sich dort merklich geklärt, und 
ollen wir nur hoffen, daß damit zugleich die Be⸗ 
chungen aller Großmächte zu einander entsprechende 
estigung gewinnen. 
Wir meinen nämlich, daß eine etwaige Beein⸗ 
usung der Entschlüsse des Sultans allerdings 
urch das europãische Friedensbedürfniß hervorge⸗ 
tfen ward, für dessen Gefährdung schon bei den 
sten Anzeichen Niemand feineres Gefühl haben 
inn, als der Staat, der als Herz und Mittel⸗ 
untt unseres Erdtheiles jeden veränderten Puls— 
hlag sofort empfindet, und der sich immer in 
schet Lage sieh. daß alle, aus irgend welcher 
immelsgegend abgeschossene Pfeile um ein Gleich⸗ 
ß des alten Turnervaters Jahn zu gebrauchen — 
etz über Deutschland hinfliegen müssen und gar 
icht treffen konnen. — Wir vermuthen, daß im 
eutschen Reichskanzleramte der Gradmesser für eu⸗ 
mhäische Blutswärme, in Folge der jüngsten Vor— 
inge bei unserem ewig unruhigen westlichen Nach⸗ 
r, einige Bewegung anzeigte. Das Ende des 
linisteriums Freycinet, die Aussicht wiederum auf 
r Schwelle einer gambetta'schen Aera zu stehen, 
ͤrfte wohl dahin geführt haben, daß unsere Vot⸗ 
zaft zu Konstantinopel, mit Hintansetzung minder 
ihtiget Erwägungen, die guten Dienste Deutsch⸗ 
nds in verstäͤrktem Maße und dringender dem 
altan zur Beseitigung mancher Bedenken ange⸗ 
uen haben möchte. Denn wir glauben allerdings 
Wees wesentlich auf Rechnung des deutschen en⸗ 
uses gesezt werden muß, wenn mit rascher Ab— 
idelung der Dinge am Nil ein Sfein des Anstoßes 
Wege gergumt wäre, bebor die augen— 
am Gestaltung etwa durch stärkere 
e ranzösischen Staatskörbers ge⸗ 
In solcher mögli i indseli 
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haben, liegt überhaupt die einzig denkbare 
tahr jenet fernen morgenländischen und afrika⸗ 
ihen Wirren für den europaischen Frieden. An 
wd für sich durften die dortigen Vorgänge uns ja 
gleichgiltig lassen; so weit nicht Handel * 
lundel in Mitleidenschaft gezogen würden, dürft 
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—E dinder ginstetigen inneren Gestaltung 
ineen dußlands, die Spannung der 
* sich in einem Gewitter entladen zu 
Welche Coalitionen alsdaun aber durch 
aurenblicliche Nothlage eschaffen werden mo 
wanen Fed ge geschaffen wer en mochten, 
ichen Nutzen der Völker ent— 
prächen, das ist eine Frage, die sich jeglicher vor- lI einer Hoffnung die Vermuthung ausgesprochen, daß 
zreifenden Erörterungen entzieht. das Vorgehen Englands in Egypten auch den eng⸗ 
Es ist dies die Signatur der Zeit, die hiernach lisch-russischen Gegensatz verschärfen werde. 
eine gesunde genannt werden kann; und wir müs—⸗ 
en immer und immer wieder uns gestehen, daß es 
vesentlich die französischen und russischen Zustände 
ind, die den Erdtheil nicht zu gedeihsamer, ihm so 
iothwendiger Ruhe gelangen lassen. Beide Reiche 
uchen instinktmäßig ein Ablagern ihrer inneren 
Schwierigkeiten auf die äußere Politik, wie solches 
ich erst jüngst wieder bei ihrem Verhalten in Kon⸗ 
tantinopel zeigte und gewiß der deutschen Regier⸗ 
ing so lange als möglich ihre allseitige Zu⸗ 
ückhaltung auferlegte. Die versuchte westöstliche 
zühlung erscheint dann auch alsbald schemenhaft 
m Hintergrunde, um die Umrisse dessen errathen 
u lassen, was allenfalls zu unserem Nachtheile ge⸗ 
lant werden möchte. 
Deutschland muß wünschen, jenen unbequemen 
gann, der es bei jeder neuen Gelegenheit zu um⸗ 
angen drohet, endlich durchbrochen zu sehen. Das 
oerthvolle Bündniß mit Oesterreich hat für etwaige 
Fälle doch vor allem die Bedeutung der Abwehr; 
s wirkt aber auf die Dauer erschlaffend und läh⸗ 
nend, wenn man nur in steter Erwartung mwöglicher 
infreundlicher Gesinnung des Nachbarn verharren 
auß. Wenn Franzosen und Russen rüsten, so ist 
as ihr freier Wille; sie wissen, daß sie von uns 
nicht „leichten“ Herzens angegriffen werden. Hin⸗ 
vider müssen wir die schwere kostspielige Kriegs⸗ 
üstung tragen; mögen wir wollen oder nicht. 
Ganz anders lägen die Dinge. wenn Spanien 
jus seiner Jahrhunderte langen Erstarrung sich 
llmaälig wieder zu einer Großmachtsstellung zu erheben 
ermöchte. In freundlicher Beziehung zu Deutschland⸗ 
Desterreich würde es Frankreich dann auch einmal 
as unangenehme Verhältniß empfinden lassen, was 
olch unbequemer Nachbar im Rücken einem Staate 
uf die Dauer zu bereiten vermag. 
Unter diesem Gesichtspunkte haben wir den 
Anlauf freudig begrüßt, den Spanien gelegentlich 
»er Sicherung des Canales von Suez nahm. 
Wir stehen nicht an, auch hierin die weisen und 
vohlmeinenden Rathschläge unseres Kanzlers zu 
ermuthen. (Frankf. Journ) 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 14. August. Zwei Buben 
don 9 und 12 Jahren nahmen gestern das fünf⸗ 
ährige Söhnchen des Schneiders Schlegel von 
hier mit auf das Bergmannsfest nach Sulzbach, 
ehrten jedoch am Abend ohne dasselbe zurück. 
Natürlich befanden sich die Eltern über das Aus— 
hleiben ihres Kindes in großer Sorge und betrübt 
machten sie sich heute am frühen Morgen selbst auf 
die Suche nach demselben. Zu ihrer großen Freude 
fanden sie den Kleinen wohlbehalten auf der Straße 
in Dudweiler. Die Nacht über hatten ihn Leute 
yon Sulzbach zu sich genommen, und war er am 
Morgen von dort nach Dudweiler weiter marschiert. 
e. Ensheim, 13. Aug. Zu dem ersten 
hiesigen Wochenmarkte am letzten Don⸗ 
aerstag fanden sich aus den benachbarten Ort⸗ 
schaften ziemlich viele Verkaufer resp. Verkauferinnen 
ein, denen man die Aengstlichkeit, ob sie wohl ihre 
Waaren auch an den Mann bringen werden, auf 
den Gesichtern ablesen konnte. Bald jedoch wurden 
sie zu ihrer Ueberraschung gewahr. daß es ihrer, 
jegenüber dem sich eingefundenen kauflustigen Pu— 
zlikum, viel zu wenige waren, daher sie denn auch 
hre zu Markt gebrachten Viktualien in kurzer Zeit 
ibgesetzt hatten. Gar manche Hausfrau, die sich 
twas verspätet hatte, mußte mit leerem Korbe 
vieder heimgehen, weil nichts mehr zu bekommen 
var. Das Pfd. Butter wurde zu 1.20 Mk., das 
Dutzend Eier zu 70 Pf. und der Etr. Karioffeln 
zu 3 Mk. verkauft. 
—t. Blieskastel, 13. August. Der Sohn 
des Ackerers Christ Ludwig von Webenheim 
wurde heute Morgen beim Einspannen der Pferde 
von einem derselben so bedeutend am Kopfe ver⸗ 
letzt, daß an seinem Aufkommen gezweifelt wird. 
— Der 13. pfälz. Kriegertag zu Lambsheim 
cichtete nach stehendes Telegramm an Se. Maj. den 
tonig: „Die zum 183. Verbandstag versammelte 
„Pfälzische Kampfgenossenschaft“ bringt Eurer König- 
chen Majestät, dem erhabenen Proteltor der bayer⸗ 
ischen Kriegervereine, allerehrfurchtsvollste Huldigung 
dar.“ Hierauf gelangte an den ersten Vorstand 
des pfälz. Kriegerverbandes Subrektor Dr. Schmitt 
in Edenkoben folgende Antwort: Se. Majestät der 
önig entbietet in Erwiderung des gestrigen Hul— 
digungstelegrammes den pfälzischen Kampfgenossen⸗ 
schaften huldvollen Dank. Im allerh. Auftrag: 
Ministerialrath v. Ziegler.“ 
— Die Studienanstalten der Pfalz waren 
im Jahre 188182 fast alle schwächer besucht, als 
im vorhergegangenen Schuljahr. Gei Kaisers⸗ 
autern ist die Schülerzahl beim Beginn des Schul— 
ahres, bei allen anderen Anstalten jene beim 
Zchluß des Schuljahres angegeben.) Speier zählte 
189 Schüler (im Vorjahr 498), davon im Gym— 
rasium 238, in der Lateinschule 251; Landau 
368 (i. Vorj. 412), davon im Gymn. 163, La⸗ 
einsch. 238; Kaiserslautern 333 (301), davon 
ymn. 105, Lateinsch. 228; Zweibrücken 258 
286), Gymn. 132, Lateinsch. 126; Reustadt (mit 
2 Gymnasialklassen) 248 (188), Gymn. 77, 
Lateinsch. 166; Lateinschulen: Grünstadt 131 (157), 
Ludwigshafen 111 (90), Frankenthal 107 (112), 
Pirmasens 95 (107), Winnweiler 93 (110), Eden⸗ 
oben 90 (92), St. Ingbert 84 (101), Dürk⸗ 
seim 79 (83. Germersheim 70 175). Kusel 61 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 13. August. Ueber die Krönung 
)es Czaren kursiren hier widersprechende Mittheilungen. 
Die Voss. Ztg. behauptet bestimmt, die Krönung 
verde noch im August stattfinden, das Tageblatt 
bezweifelt dies. — Galizische Blätter melden ein 
ernstes Auftreten der Cholera in Warschau. 
Ausland. 
Wien, 12. Aug. Es ist wahrscheinlich, daß 
zie Commandofrage zwischen England und der 
Türkei dadurch erledigt werden wird, daß der 
hedive den Befehl übernimmt. Die Publikation 
einer deßhalbigen Proclamation wird in nächster 
Woche erwartet. 
Paris, 12. Aug. Aus Konstantinopel wird 
semeldet, duß auf Anregung Frankreichs alle Bot⸗ 
chafter wegen der aus Syrien und anderen Punkten 
des türischen Reiches gemeldeten christenfeindlichen 
Agitation entsprechende Schritte bei der Pforte thaten. 
Rom, 12. Aug. Dr Antagonismus zwischen 
eugland und Italien kömmt in der Presse immer 
härfer zum Ausdruck. Vielfach wird in Form