gt. Jugherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amisgerichts St. Ingbert.
a Zt. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗
latt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteliährlich 1 A 40 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 16 60 , einschließlich
JZustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum betragt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 , bei Reclamen 30 . Bei 4maliger Einrückuna wird nur dreimalige berechnet.
4 160.
Dienstag. 15. Auaust 1882.
i7. X
—
Politische Uebersicht.
Deutisches Neich.
Mehr der Curiosität als der politischen Wich⸗
zleit halber, theilen wir den der „Morningpost“
z Wien telegraphirten Inhalt einer Unter⸗
dung mit, die ein außer Dienst stehender aus—
artiger Diplomat mit dem Fürsten Bismarck,
dem er sich einige Tage aufhielt, gehabt haben
u. Derselbe begleitete den Reichskanzler auf
men Morgenritten und nahm natürlich ein großes
nteresse an den von demselben kundgegebenen
einungen. Der Fürst schien sehr darauf bedacht
wesen zu sein, seinem Besucher die Versicherung
ettheilen, daß Deutschland keinen Wunsch hegt,
nen Zwist herbeizuführen. Der Fürst sagte:
deutschland habe ich nicht so in der Hand, wie
Leute glauben. Dasselbe befindet sich in den
aͤnden der Juden, die eine wahre Furcht vor dem
riege haben wegen ihrer Interessen, welche dadurch
uf's Spiel gesetzt werden, und der Weiber, welche
nen noch größeren Schrecken gegen den Krieg em⸗
inden wegen des gefährdeten Lebens ihrer Ehe⸗
jänner und ihrer Söhne. Eine kriegerische Politik
deutschlands würde eine Unmöglichkeit sein. Unser
anzes Militärsystem, welches ganz Deutschland
mfaßt, macht uns zu einer friedlichen Nation.
velbstverständlich können wir eben so gut wie irgend
in anderer Staat Europas in einen Krieg hinein⸗
ezogen werden. England hat sich mit anscheinender
wereté in ein schreckliches Unternehmen gestürzt;
er wenn England wirklich keinen Ehrgeiz zu Er—⸗
derungen hegt, dürfte der gegenwärtige Kampf
on kurzer Dauer sein.“ Von der französischen
irmee redend, äußerte sich der Fürst: „Es ist ein
trihum, mit einer Art von Verachtung von der
ianzoͤsischen Armee zu reden. Thatsache ist, daß
uter der imperialistischen Organisation Frankreich
ur auf 150,000 Mann rechnen konnte; jetzt
unn es über anderthalb Millionen disponiren.
*ie sehen also, daß sich die Situation sehr ver⸗
ndert hat.“
In Berliner militärischen Kreisen verfolgt man
en Gang der egyptischen Ereignisse mit großer
pannung; man weissagt den Engländern keinen
zu günstigen Erfolg. Preußische Offiziere wer⸗
nin diesem Feldzug bei den europäischen Heeren
hnicht einfinden. Wie man hört, haͤtte es an
Aünschen seilens preußischer Offiziere in dieser Be⸗
chung nicht gefehlt; da indessen ein abschläglicher
eid sicher vorauszusehen war, sind gar keine
nträge gestellt worden. Es heißt auch, daß,
rchaus im Gegensatz zu früherem Herkiommen,
eEngländer keine Neigung gehabt haben sollen,
ndlandischen Offizieren die Theilnahme an dem
edzug in ihren Reiben zu genatten.
Ausland.
Wien, 14. Aug. Die heutige Sitzung der
merenz dürfte kaum die letzte sein, weil die Ver⸗
ndiqung zwischen England und der Türkei noch
das „Frankf. Journ.“ schreibt: Von hochpoli⸗
n Seite in Paris erhalten wir folgenden
cressanten, allerdings sehr vorsichtig abgefaßten
: Paris, 11. Aug. In viplomalischen
eisen fallende Andeutungen lassen vermuthen, daß
die Mächte mit dem Gedanken tragen, nach
endigung des egyptischen Feldzugs an die Stelle
Wanderverfammlung der Conferenz einen
ven Conarek treten zu lassen. (Cin sol⸗
her würde sich aber wohl schwerlich in Konstan-
inopel versammeln. Die Red.)
Paris, 14. Aug. Einer Meldung der Agence
Zavas aus Konstantinopel zufolge, bereitet Graf
Lorti einen Zusatzartikel zu dem Antrage Italiens
uf Schutz des Suezkanals vor, wodurch die Aus—
ührung geregelt wird. Die bezüglichen Verhand⸗
ungen wurden unter den Mächten fortgesetzt.
London, 14. August. Der Einmarsch der
nglischen Garden in Alexandrien hat einen tiefen
kindruck auf die egyptische Bevölkerung gemacht.
Im Sonntag Nachmittag wurde eine Abtheilung
englischer Marinesoldaten, welche in einer Entfernug
jon ungefähr 4 Meilen von Mex einige Depots
lrabi's mit Schießbaumwolle in die Luft sprengten,
zurch Beduinen und egyptische Infanterie ange—
zriffen. Der Feind wurde nach einem kurzen
sitzigen Gefecht zurückgeschlagen. Sonst ist alles
uhig geblieben.
Wie verlautet, trifft das englische Kriegs⸗
imt Anstalten, um die Expedition in Egypten nö—⸗
higenfalls durch eine dritte Division zu verstärken.
Ein Leitartikel der „Times“ führt über die
Absichten Englands eine sehr offene Sprache.
ẽr hält die Wiederherstellung des status quo ante
n Egypten für einen schönen Traum, einen from⸗
nen Wunsch. England werde sich durch Ver—⸗
prechungen nicht binden lassen. Jetzt sei die Zeit
sekommen, Thaten sprechen zu lassen. Britannien
derde mit einer vollendeten Thatsache vor Europa
reten und dessen Sanction für dieselbe verlangen.
— Inzwischen wird der muhamedanische Fanatis⸗
nus immer mehr geschürt. In Marokko wird
er heilige Krieg gegen die Christen gepredigt.
die Mächte haben auf Frankreichs Anregung der
zforte dringliche Vorstellungen gemacht wegen
gristenfeindlicher Hetzereien in Syrien und anderen
Zzunkten des Reiches.
Konstantinopel, 14. August. Dem Ver⸗
iehmen nach enthält der britische Entwurf zu einer
Nilitär⸗Convention die nachstehenden Hauptpunkte:
die Leitung der strategischen Bewegungen wird
»em englischen Commandanten anvertraut; dem
ürkischen Commandanten wird ein britischer Com⸗
nissar beigegeben; die Vorherbestimmung des Ortes
er Landung der türkischen Truppen und der auf
3000 Mann festgesetzte Effektivbestand derselben
arf nur im Einvernehmen beider Mächte er⸗
söht werden. Es verlautet, die Opposition der
forte richte sich besonders gegen den ersten Punkt.
die Pforte verlangt, daß die englischen und türk⸗
schen Truppen getrennt, aber parallel nach dem
wischen den beiden Commandanten zu treffenden
finvernehmen operiren. Außerdem wünscht die
gforte die Aufnahme der Bestimmung, daß nach
Wiederherstellung der Ordnung die beiderseitigen
Truppen Egypten gleichzeitig räumen.
Neben der egyptischen Krise droht nun auch
ioch eine syrische Frage, die mit der ersteren
ing zusammenhängt. Die Gährung, die in Egypten
um Ausbruch gekommen ist, hat sich nach der
hrischen Küste des Mittelmeeres fortgepflanzt und
»ie Entwickelung der egyptischen Wirren wird von
der moslemitischen Bevölkerung Syriens schon lange
nit Sympathie verfolgt. Der Ruf: „Fort mit
ven Fremden und den Christen!“ ist auch dort
um Losungswort für die eingeborene Bevölkerung
geworden und Frankreich sah sich schon in der
origen Woche veranlaßt, ein Kriegsschiff von Port⸗
Zaid nach der Hafenstadt Beirut zu entsenden, die
Isz das Centrum einer weitverzweigten Bewequnq
angesehen wird. Zu mißlichen Zusammenstößen ist
s bis jetzt noch nicht gekommen, wohl aber zu
demonstrationen und Tumulten, die als ernste
-„ymptome immerhin betrachtet werden können.
Auf das Gerücht, daß ein Muselmann von einem
xͤhristen ermordet worden sei, kam es bei dem Be—⸗
zräbniß des Ermordeten zu feindseligen Kundgeb—
ingen gegen die Christen, wobei, wie erwähnt, der
kuf „Nieder den Christen! ertönte. Das schlimmste
an der Sache ist, daß die türkischen Behörden sich
unthätig verhalten oder wohl gar geflissentlich die
Beweaung schüren.
Lokole und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 16. Aug. Bei der am
Montag Abend stattgehabten Uebung hatte sich un—
sere Feuerwehr das Hotel Laur als Angriffs-Object
zewählt. Die einzelnen Commandos wurden dabei
recht präzis und rasch ausgeführt und in verhält—
uißmäßig sehr kurzer Zeit war das dreistöckige Ge—
zäude erstiegen und die Rettungsmannschaft in
Thätigkeit. Der Angriff wurde 2mal, jedesmal
‚on der vordern und hintern Fronte aus gemacht;
Spritzen kamen jedoch nicht in Thätigkeit. — Die
dauptprobe unserer Feuerwehr, wird, wie wir
zernehmen, am 27. ds. Mits. in Gegenwart des
derrn kgl. Bezirksamtmannes Dr. Schlagintweit
und sämmtlicher Feuerwehren des Kantons statt⸗
finden. Nach den bisherigen tüchtigen Leistungen
unserer Feuerwehr zweifeln wir nicht daran, daß
zieselbe diese Probe sehr gut bestehen wird.
* St. Ingbert, 16. August. Auf gestern
Nachmittag hatte unser Turn-⸗-Verein, wie
aus einer diesbezüglichen Anzeige bekannt, im Gebr.
Becker' schen Garten in der Unterstadt ein kleines
Turnerfest, bestehend in einem Schauturnen,
eranstaltet. An demselben betheiligte sich auch der
Turn-Verein Forbach mit ca. 25 Mitgliedern.
Dieser traf gegen 1 Uhr hier ein, wurde vom
jiesigen Turn-Verein (etwa 40 Mitgliedern) vor der
Stadt mit Musik empfangen und in das schon
genannte Gartenlokal geleitet. Bald darauf öffnete
der Himmel seine Schleusen und es schien, als
iollte aus dem Schauturnen nichts werden. Doch
ein frohes Turnergemüth laßt sich so leicht die Freude
nicht verderben. Und als endlich der Regen auf⸗
jörte, da ging es um so frischer an die Turnge—
äthe. Besondere Anerkennung muß den Leistungen
»er Forbacher Turner gezollt werden; doch auch
er hiesige Turnverein zeigte, daß er in der kurzen
Zeit seines Bestehens wacker gearbeitet hat. Eine
zroße Zuschauermenge hatte sich eingefunden, welche
nit gespannter Aufmerksamkeit dem Thun und Treiben
der Jünger Jahns an Red und Barren folgte. —
sach 6 Uhr brachen die Forbacher Turner zum
gahnhofe auf, begleitet bis dahin vom hiesigen
Turnverein. Angekommen daselbst dankte der Turn⸗
vart des Forbacher Turnvereins in herzlicher Weise
ür das freundliche Entgegenkommen dem hiesigen
Bereine, lud ihn dann ein, baldigst einen Besuch
n Forbach zu machen und brachte ihm zum Schlusse
ein dreifaches „Gut Heil!“ Nachdem Abschied ge—
iommen und die Forbacher Gäste eingestiegen waren,
tellte sich unser Turnverein auf dem Perron auf;
zie Abfahrenden aber geleitete ein kräftiges „Gut
deil!“ desselben. — Erwähnt sei noch, daß unsere
3tadtkapelle (unter Direktion von Hrn. Lehrer
Schlaudecker) durch ihr hübsches Spiel viel zum
ingenehmen Verlauf des kleinen Festes beigetragen
sat und daß derselben für ihre Leistungen allqge—
neines Loh zu kbheil wurde