Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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Der ‚St. Ingberter Anzeiger? erscheint wöchenltich fuünfmal: Am Montatz, Dienstag, Donnerstag, Samstag uud Sountag; 2mal wöchentlich mit Unt erhaltungs 
Blatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet pierteliährlich 1IA 40 einschließlich Tra rlohn; durch die Post bezogen 1.M 60 H, einschließlich 
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M 17. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Muͤnchen, 21. Jan. Eine kgl. Botschaft ver⸗ 
iängert die Session der KRammern bis zum 28. 
Februar. 
Muünchen, 21. Jaa. Die Kammer nahm 
den außerordentlichen Kredit für Heeresbedürfnisse 
nach dem Ausschußantrag mit 113 gegen 28 
Stimmen an. Den Kredit für Kasernenbauten be— 
antragte der Ausschuß Referent abzulehnen; die 
Debatte hierüber wurde heute noch nicht beendigt, 
sondern auf Dienstag vertagt. 
Der Abg. Schels hat in der bayer. Abg.⸗ 
Kammer den Antrag eingereicht, sie möge Se. 
Maj. den Koönig bitten, den bayerischen Bevoll⸗ 
mächtigten beim Bundesrath zu beauftragen, einer 
auf Einführung des Tabakmonopols ab— 
zielenden Gesetzesvorlage nicht zuzustimmen. 
Für die Infanterie der bayerischen Armee 
heträgt das Größenmaß 1 m. 56 em. Durch eine 
am 20. ds. publicirte kgl. Entschließung wird das⸗ 
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mum auf 1 m. 67 em. erhöht, so daß das Re— 
giment künftig aus sehr stattlichen Leuten gebildet 
sein wird. Ist aus dem bisherigen Recrutirungs⸗ 
bezirk nicht genug Mannschaft in dieser Größe zu 
bekommen, so ist der Abgang durch Leute aus den 
benachbarten Recrutirungsbezirken in einer Größe 
bdon nicht unter 1 m. 75 em. zu ergänzen. 
Augsburg, 22. Jan. Der lib. Abgeordnete 
Voelk ist heute Nacht gestorben. 
Berlin, 21. Jan. Der Reichstag hat heute 
die Vorlage über den Jollanschluß von Ham⸗ 
burg bezw. dessen Kosten mit 171 gegen 102 
Stimmen angenommen. 
Die gegenwärtige Session des deutschen 
Reichstags wird, sofern die noch zu erledigenden 
Geschäfte es erlauben, am 28. Januar geschlossen 
werden. 
Berlin, 21. Jan. Eine Bekanntmachung 
des Reichskanzlers von heute erklärt, die Rinderpest 
sei im ganzen Reichsgebiete als erloichen anzusehen. 
Ausland. 
Der Kaiser von Oesterreich ernannte eine 
Commission von 10 Mitgliedern Vorsitzender Graf 
Hohenwarh), welche die Aufgabe hat, die Einrichtungen 
der Verwaltung mit Rücksicht auf deren Vereinfachung 
v thunlichste Ersparung im Staatshaushait zu 
vrüfen. 
Die Ursachen des Aufstandes in Bos⸗ 
nien. Das allgemeine Interesse in Oesterreich 
wird gegenwärtig begreiflicher Weise in erster Linie 
von den Vorbereitungen für die kriegerische Aktion 
im Süden beherrscht. Daneben nimmt die Frage 
nach den Ursachen des Aufstandes einen hervor⸗ 
ragenden Platz ein. Von amtlicher Seite schiebt 
man die Schuld zumeist auf auswärtige, panslabist⸗- 
ische und südslavistische Einflüsterungen und giebt 
außerdem nur noch zu, daß die angekündigte 
Heranziehung der Bewohner der okkupirten Provinzen 
zum Militaärdienste die Aufregung hervorgerufen 
bezw. gesteigert habe. 
Nach anderen Berichten, denen wir vertrauen 
dürfen, ist in der That nicht zu leugnen, daß 
russische, serbische, montenegrinische und selbfi 
Abanesische und auch englische Agitatoren den Auf⸗ 
stand geschürt haben und noch schüren; daß ferner 
panslavistische, omladinistische und andere Emissäre, 
darunter sogar muhamedanische, gegen die öster⸗ 
eichische Herrschaft in Bosnien und der Herzegowina 
hetzten und noch hetzen; richtig ist aufetdem“ vaß 
Montag, 23. Januar 1882. 
17. Jahrg. 
die Promulgirung des Wehrgesetzes für die genannten 
Provinzen viel zum Ausbruche der Unruhen bei⸗ 
zetragen hat, aber alles das erschöpft noch keines⸗ 
vegs die Ursachen des Aufstandes. Diese liegen 
dielmehr hauptsächlich in der österreichischen Ver⸗ 
waltuug selbst. 
Der Kaiserstaat hat die Dinge ganz verkehrt 
aingepacktt und nichts gethan, um die von der türk 
schen Herrschaft befreiten Gebiete an sich zu fesseln 
Vom Beginn der Okkupation angefangen bis auf 
die jüngste Zeit sehen wir nur eine endlose Kette 
yon Halbheiten und Experimenten, die fich gegen— 
eitig alle widersprechen, und auf diese Fehler häufte 
nan noch den größten Mißgriff dadurch, daß man 
ine miserable Finanzwirthschaft betrieb und mit 
Jroßer Härte vorging. Es wurde keine Agrarre⸗ 
orm vorgenommen, die alten drückenden Steuern 
»es türkischen Regimes blieben fast alle bestehen, 
neue kamen dazu und allesammt wurden im 
kxekutionswege mit schonungsloser Strenge ein⸗ 
getrieben. 
Bald stützte man sich auf die Türken, bald auf 
das christliche Element; die Landeschefs wechselten 
just wie unter den Türken die Pascha's, und jeder 
inzelne verfolgte ein anderes System. Es war 
hatsächlich nicht besser geworden als früher, sondern 
auur noch schlimmer, insofern jetzt gar Niemand 
ufrieden war, auch nicht die Türken, die es früher 
»och waren. Dazu kam, daß jede Neuerung den 
kingebornen drückend erschien. Das Tabakmonopol 
ind die Einbeziehung der Provinzen in die öster⸗ 
zeichisch · ungarische Zolllinie steigerten die Unzu⸗ 
riedenheit, und die Promulgirung des Wehrgeseßzes 
var blos der letzte Tropfen der das Gefäß zum 
Ueberfließen brachte. 
Unter solchen Verhältnissen hatten die Agitatoren, 
an denen es dort niemals fehlte, sehr leichtes Spiel, 
ind die unterschiedlichen Hetzer, von wo immer sie 
amen und aus welchen Motiven sie auch ihr 
Wesen trieben, fanden für ihre aufreizende Thätig 
leit ein ersprießliches und dankbares Feld. Bei— 
aahe unverzeihlich ist es namentlich, daß man eine 
rücksichtslose Steuer-Exekutionswirthschaft betrieb. 
Nan hatte doch wissen müssen, daß gerade derartige 
Arsachen von altersher die meisten Aufstände in 
enen Gebieten hervorriefen. Aber die berühmte 
Note des Grafen Andrassy vom 31. Dezbr. 1875 
war total vergessen, und Oesterreich trat ganz in 
die Fußstapfen der Türken, die es abgelöst hatte. 
„Sparen“ wollte man, die Provinzen sollten felber 
die Kosten der Verwaltung sofort decken; man 
„sparte,“ indem man mit Härte drückende Steuern 
eintrieb, aber man verbesserte nichts und beutete die 
natürlichen reichen Hilfsmittel des Landes nicht aus. 
Die traurigen Folgen dieser Wirthschaft treten 
etzt drastisch genug in die Erscheinung und die 
)erfehlte Sparsamkeit wird man mit vielen Mill. 
ind vielleicht mit noch Kostbarerem bezahlen müssen. 
Ob man die Lehren der Vergangenheit in der Zu⸗ 
tunft beherzigen wird, müssen wir abwarten. 
Paris, 21. Jan. Gambetta beantwortete 
heute in der Verfassungs-Revisions-Commission die 
an ihn gerichteten Fragen. Er erklärte, Alles, 
was der Congreß über ein vorausgängiges Ein⸗ 
bernehmen der Kammern hinaus ihun möchte, 
würde ungesetzlich sen. Der Congreß würde sich 
damit in eine revolutionäre Stellung bringen. Der 
Prasident der Republik, als Hüter der Verfassung, 
würde sich vernehmen lassen müssen. 
London, 21. Jan. Der Lordmayor berief 
in Meeting in das Mansionshaus behufs Pro⸗ 
testes gegen die Judenverfolgung in Rußland ein 
In Neapel werden, nach einem Telegramm 
des „B. Tgbl.“, große Vorbereitungen seitens der 
Studenten zu einem Empfang des alien Garibaldi 
zetroffen. Freunde und Verwandte des Generals 
hitten dringend, von den beabsichtigten Demonstrationen 
abzustehen, weil sein Znstand (Bronchitis) so be— 
denklich ist, daß jede Aufregung den Tod herbei⸗ 
führen kann. Die Ankunft Garibaldis in Neapel 
wird stündlich erwartet. 
Privatnachrichten bezeichnen die Empörung 
in Dalmatien und der Herzegowina als 
im Zunehmen begriffen. Bei Bilek erfolgte ein 
ernsthafter Zusammenstoß. 
Ein Attentat gegen die grrechische Königs— 
jamilie wird aus Athen signalisirt. Man 
varf einen schweren Stein in den koͤniglichen Wagen, 
als der Zug von Piräos kommend in den Athenischen 
Bahnhof einlief. Obgleich die Scheiben zerschmettert 
vurden, find Verletzungen nicht vorgekommen. 
Offiziöserseits ist man bemüht, den unangenehmen 
Vorfall auf irgend einen tollen Gaminsireich zurüd⸗ 
zuführen. 
Kariro, 20. Jan. „Reuter's Bureau“ meldet: 
Zwischen einem Deutschen, der einer Wachsfiguren- 
Besellschaft angehört, und einem egyptischen Sol⸗ 
daten entstand ein Streit. In Folge dessen rottete 
ich ein Volkshaufen von mehreren hundert Personen, 
darunter auch einige Soldaten, zusammen. Dieser 
drang auf die Truppe ein und mißandelte sie. Die 
Tonsularbehörden schritten dagegen ein: darauf ließ 
die Aufregung nach. 
London, 22. Jan. Das ‚Reuter'sche Bureau“ 
meldet aus Kairo vom 21. Januar; Treskow 
reichte eine Beschwerde bei den Behörden ein, da 
bei dem Tumulie gegen deutsche Wachsfigurenhändler 
die anwesende Polizei rechtzeitig einzugreifen 
unterließ. 
Nach Wiener Mittheilungen wäre mit dem 
Fursten von Montenegro eine Uebereinkunft 
Oesterreichs beabsichtigt und anscheinend bereits zu 
tande gekommen, welche es den österreichischen 
Truppen ermoͤglicht, behufs Umfassung des Aufstands 
auch vom montenegrinischen Gebiete aus zu operiren 
und damit den Aufständischen die Rückzugslinie 
und die wesentlichste Bezugsquelle für Kriegsmaterial 
und Verstärkungen abzuschneiden. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Ergebnisse der Reichstagswahlen in 
der Pfalz. Die vom kais. statist. Amte gemachte 
Zusammenstellung ergab folgendes Resultat für die 
Zfalz: 135,008 wahlberechtigt, 78,785 (86,288 
d. d. e. W.) stimmten 215 (222) ungiltig; 1301 
419) deutschkonservativ, 38,7 16 (46,969) national⸗ 
iberal, 4124 (10,277) fortschrittlich, 19,809 
(15, 287) Zentrum, 3156 (2912) sozialdemokratisch, 
6513 (102301) voltsvarteilich, 100 0123) zer· 
plittert. 
- In Kaiserslautern werden laut Stadt⸗ 
rathtsbeschluß im Jahre 1882 an Gemeindeumlagen 
105 pCt. der Staatssteuern erhoben, was 194,000 
M. (167000 Mark für ordentliche, 27,000 M. für 
außerordentliche Ausgaben) giebt. 
Landau, 20. Januar. Gestern Vormittag 
and in einem Festungsgraben des Fort ein Pistolen⸗ 
duell zwischen zwei Militärs der hi esigen Garnison 
att. Es erfolgte dreimaliger Kugelwechsel, jedoch 
ohne Resultat. (L. A.) 
— Neuerdings ist man daran, auch in Neu⸗ 
stadt und Grünstadt Vereine gegen den 
Hausbettel zu gründen. 
— Kaltenbach, 19. Jan. Ein 
frecher