Full text: St. Ingberter Anzeiger

st. Juaberter Auzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerotag, Samstag und Sonntag; 2mal wöochentlich mit Unterhaltungs⸗ 
slatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage · Das Blatt koftet vierteliährlich 14 40 — einschließlich Trägerlohn; XVVO 
id ¶Zustellungsgebuhrr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 Z, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 18 —, bei Neclamen 30 . Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
173. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Munchen, 1. Sept. Der Großherzog und 
e Frau Großherzogin von Baden, welche von Bad 
zreuih zurückkehrend, gestern Nachmittag gegen 2 
ihr hier eintrafen und im Hotel zum „Bayerischen 
dof“ Wohnung nahmen, werden hente Vormittag 
1 Uhr unsere Stadt wieder verlassen und sich über 
undau nach der Insel Mainau begeben. Ihre 
oniglichen Hoheiten hatten im Laufe des gestrigen 
dachmittags einige unserer Kunstsammlungen und 
uuch dienk. Hof⸗ und Nationalbibliothek, sowie 
inige Künstlerateliers mit einem Besuche beehrt. 
hesiern Abend war auch Prinz Ludwig von Baden 
ier eingetroffen und wird derselbe mit seinen 
ẽltern heute nach Mainau reisen. 
zgum Kommandanten von Berlin ist 
er General v. Oppeln⸗-Bronikowski ernannt. 
Den türkisch⸗griechischen Streitigkeiten will man 
n Berliner politischen Kreisen keine Bedeutung bei— 
egen. Man hofft, daß es in Kurzem gelingen wird, 
zie Griechen in ihre Schranken zurückzuweisen. Es 
stfestgestellt, daß die letzteren der Vorwurf trifft, 
den Streit angezettelt zu haben, während sie ver— 
Flichtet waren, eine Regelung durch die Grenzre— 
zulirungskommission nachzusuchen. 
Ausland. 
Der französische Botschafter in Berlin hat 
Weisung erhalten, so schnell wie möglich auf seinen 
hosten zu eilen. 
Paris, 31. August. Die Lanterne hat von 
herrn Deroulede einen langen Rechtfertigungs— 
zrief erhalten, den sie gar nicht erst abdruckt. Unser 
Patriotismus, antwortet sie kurz, besteht nicht darin, 
u rufen: A Berlin! Wir wollen nicht den Krieg 
es Herrn Gambetta; wir wissen zu gut, was uns 
ꝛer Krieg der Kaiserin gekostet hat. Der eine wäre 
es andern werth. Lärmender Chauvinismus ist 
nicht unsere Sache. Auch wir haben das „schreckliche 
Jahr“ nicht vergessen, aber wir wollen seine bitteren 
Lehren beherzigen. Unseres Erachtens besteht der 
wahre Patriotismus darin, vor allem Frankreich 
wieder groß und stark zu machen; unsere einzige 
Pflicht ist, uns zu sammeln und vorzubereiten. 
Wie es scheint, finden die Deutschen unseren Pa⸗ 
wriotismus gefährlicher, alb den des Herrn Derou⸗ 
lede, denn seit drei Jahren ist die Lanterne in 
bljaß. Lothringen verboten. 
Paris, 1. Sept. Der Gambettistische Agent 
rreille schreibt im Paris, die Patriotenliga sei ein 
ranzösischer Tugendbund, welcher unter der Führung 
derouleͤdes die nämlichen Ziele verfolge, wie der 
eutsche Tugendbund vor den Befreiungskriegen. 
Paris, 1. Sept. Fast alle (7) Blätter miß⸗ 
illigen das Verhalten der Patriotenliga anläßlich 
es Zwischenfalls in der Rue St. Marc. 
— 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 2. Sept. Gestern Nach⸗ 
mittag weilte der kgl. Bezirksamtmann Herr Dr. 
Schlagintweit hier, um mit dem Ausschuß 
es Kirchenbauvereins und dem Fabrikrathe die für 
se neue Kirche in Vorschlag gebrachten Bau— 
lätze zu besichtigen. Wie wir hören, schwankt 
nunmehr die Wahl nur noch zwischen dem Platze. 
uf dem die alte Kirche sieht, und dem Hobeis. 
Die Entscheidung wird jedoch bald erfolgen, da 
»n nach der definitiven Wahl des Bauplaßzes die 
Sonntag, 3. September 1882. 
behördliche Genehmigung zur projektirten Kirchenbau⸗ 
Lotterie ertheilt wird. 
* St. In gbert, 2. Sept. Von einer öͤffent⸗ 
lichen Feier des welthistorischen Tages von Sedan 
wurde auch für dieses Jahr in unserer Stadt Um⸗ 
zang genommen. Nur die auf einem Privathause 
und auf dem Eisenbahnviadukt über die Kaiserstraßt 
aufgehißte bayerische und deutsche Flagge erinnert 
an die hohe geschichtliche Bedeutung des heutigen 
Tages. 
— August Gotthold's Buchhandlung in Kaisers 
lautern wird Fr. Blaul's ‚„Träume und Schäumd 
zom Rheine“ neu herausgeben zum Preis von 3 M 
50 Pf. (späterer Ladenpreis 5 M.) und ersuch! 
aun oͤffentlich Reflektanten um Mittheilung per Post 
karte. Eine neue Auflage des vergriffenen Werket 
wird sicher vielen Freunden der pfälzischen Literatur 
willkommen sein. 
Vermischtes. 
München, 1. Sept. Candesverraths 
Prozeß.) Graillet-Reeser und Kreitmayr wurden 
je zu 16 Monaten Gefaängniß, unter Abrechnung 
don 2 Monaten Untersuchungshaft, verurtheilt 
Braillet wird unter Polizeiaufsicht gestellt, Kreit 
nayr die Ehrenrechte auf 5 Jahre aberkannt. 
Spiesen, 31. Aug. Wie wir horen, sind 
jetzt die Kollektanten für den Erweiterungsbau 
der hiesigen katholischen Kirche bestimmt und wird 
n kurzer Zeit mit der Kollekte in der ganzen Rhein ⸗ 
yrovinz begonnen werden. Man hofft, daß auch 
jernerhin die Bemühungen unseres Pastors Herrn 
Dden in dieser Sache von Erfolg gekrönt sein wer⸗ 
den und rechnet man auf ein Ergebniß von 24000 M. 
(Saar⸗ u. Blies⸗Zig.) 
4 Saarbrücken, 31. Aug. Die Herren Dr. 
döderath und Zwicke II. hierselbst sind seitens des 
Vorstandes des Saarbrücker Knappschaftsvereins für 
die Behandlung der augenkranken Knappschaftsge⸗ 
nossen und Mitglieder der Krankenunterstützungskasse, 
ersterer im Bezirke der Berginspectionen Kronprin; 
Fr. Wilhelm, Gerhard, von der Heydt und Dud⸗ 
veiler, letzterer im Bezirke der Berginspectionen 
Zulzbach⸗Altenwald, Friedrichssthal, Reden, Heiniß 
ind Konig angestellt worden. 
Metz, 31. August. Prinz Friedrich Karl, 
von Straßburg kommend, ist gestern Abend 8 Uhr 
—XVD0 
Heneraluät, den Spitzen der Civilbehörden und 
»inem zahlreichen Publikum unter Hochrufen empfan⸗ 
gjen. Er stieg im Gebäude des Divisionskomman- 
deurs ab. Heute früh 7 Uhr besichtigte der Prinz 
die Truppen auf dem Manöverfeld bei St. Avold, 
raf um 1 Uhr wieder hier ein und machte dem 
Schlachtfeld vom 18. August 1870 einen Besuch 
Um 6 Uhr erfolgte die Rückkehr. Morgen reis 
zer Prinz abermals zur Besichtigung nach St. Avold. 
—AX 
treich zu Ehren des hohen Gastes statt. 
4Ein für die gesammte Industrie wichtigeé 
Erkenntniß zum Haftpflichtgesetz, betreffend die Ver 
chuldung eines Werkführers, hat das Reichsgericht 
üngst getroffen. Wenn ein Werkführer, so lautel 
dasselbe, bei einer gefährlichen Arbeit der ihm durch 
eine Instruktion auferlegten Verpflichtung, die Aus⸗ 
führung der Arbeit dauernd zu überwachen, uicht 
nachkommt, so kann es zur Ausschließung des hierin 
liegenden groben Verschuldens nicht genügen, daß 
er den Arbeitern eine Anweisung ertheilt hat, durch 
welche die Gefahr bei richtiger Anwendung dieser 
—17. Jahrg. 
Anweisnng beseitigt worden wäre. Vielmehr muß 
er sich nicht blos überzeugen, daß die Arbeiter seine 
Anordnung verstanden haben, sondern er muß auch 
die Ausführung seiner Anordnung dauernd über⸗ 
wachen, da nur in diesem Falle der in seiner dau⸗ 
ernden Anwesenheit bei Vornahme der gefährlichen 
Arbeit liegende Schutz ersetzt wird. Ist dies nicht 
geschehen, so liegt die, eine Haftpflicht des Gewerbe⸗ 
Unternehmers für Verunglückung von Arbeitern be⸗ 
gründende Verschuldung des Werkführers darin, daß 
er die ihm durch die Instruktion zur Pflicht ge⸗ 
machten Vorsichtsmaßregeln außer Acht gelassen hat. 
4 GWie sich die Franzosen die „Wacht am 
Rhein“ denken,) Dem deutschen Turnverein wird 
in gewissen Blättern vorgeworfen, daß er öffentlich 
thatsachlich nur in seinem geschlossenen Lokal) die 
„Wacht am Rhein“ singe und dadurch die Franzosen 
in ihrem Nationalgefühl kränke. Die „Reforme“, 
Organ des Gambettisten Waldeck-Rousseau, will nun 
ihren Lesern einen Begriff von der „Wacht am 
Rhein“ geben und erzählt ihnen, in diesem Gesange 
finden sich Stellen, wie folgende: „Brüder, wir 
haben keine Schuhe; aber drüben, jenseits des Rheines, 
werden wir Leder finden. Brüder, wir haben kei⸗ 
nen Wein; aber drüben, jenseits des Rheines, wer⸗ 
den wir Weinstöcke in Hülle und Fülle finden.“ 
GOreschen mittelst Elektrizität.) Bei 
der am 11. Sept. zu Lundenburg stattfindenden 
nternationalen Gespann⸗Pflug⸗Konkurrenz wird auch 
ein äußerst interessanter Versuch der Anwendung 
der Elektrizität an Stelle des bisher üblichen Dampf⸗ 
»etriebes behufs Ausdreschen des Getreides vorge⸗ 
rommen werden. Piette Krizek, auf der letzten 
elektrischen Ausstellung zu Paris mit dem ersten 
Preise ausgezeichnet, wird am genannten Abend das 
Arbeitsfeld für das Dampfpflügen eleltrisch beleuch⸗ 
sen, zugleich aber den eleltrischen Strom dazu be⸗ 
nautzen, eine der gebräuchlichen großen Dreschma⸗ 
chinen in Betrieb zu setzen. Dies dürfte bei uns 
wohl einer der ersten Versuche sein, die Anwendung 
der Elektrizität im Dienste der Landwirthschaft prak⸗ 
tisch vorzuführen. Angestellte Vorversuche ergaben, 
daß hierbei die Dreschtrommel die enorme Schnellig⸗ 
keit von 1400 Umdrehungen in der Minute erreicht, 
genügend, um bei geeigneten Maschinen ungeheure 
Quantitäten Getreide im Tage auszudreschen. 
Die Verwaltung der Gotthardbahn hat dem 
Bundesrath in Bern die erfreuliche Mittheilung 
gemacht, daß sie die Legung des zweiten Geleises 
zwischen Göschen unb Airolo, also durch den Gott⸗ 
hardtunnel, vorzunehmen beschlossen uud bereits auch 
die zur Ausführung nothwendigen Aufträge ertheilt 
habe. 
GVertrieb von Raten⸗Loos⸗Briefen.,) 
Die „Bankvereeniging“ — L'Union des Banque 
Grün und Co. zu Amsterdam und Brüssel, Filiale 
in Frankfurt am Main — (in der Pfalz werden 
zegenwärtig auch Agenten gesucht) laßt durch 
Agenten Bezugscheine auf Prämienloose in Gruppen 
bertreiben. Als Beispiel greifen wir nur eine 
Gruppe heraus, welche folgende vier Loose umfaßt 
1 Sachsen⸗-Meininger Loos vom Jahre 1870, 
1 Pappenheimer Loos vom Jahr 1864, 
Augsburger Loos, 
1 Ansbach⸗ Gunzenhausener Eisenbahnloos. 
Diese 4 Loose haben gegenwärtig einen ungefähren 
Werth von 27.50 Mi., 19 Mt., 28 Mt. und 
bezw. 35 Mk., zusammen also 109.50 Mi. Der 
Kaͤufer des Bezugscheines hat aber dafür zu be⸗ 
zahlen 33 Monatsraten zu je 6 Mi., also 198 
Mk. oder ungefähr das Doppelte des Werthes der