Full text: St. Ingberter Anzeiger

ↄu. AIlgherter Alzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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M 175. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 2. Sept. An das Central⸗Comite 
r Exrrichtung eines Landes- Denkmals zu Wörth⸗ 
rbschweiler für die im Jahre 1870/71 gefallenen 
Fahern wurden bis zum 81. August 12,414 M. 
in dem Veteranen-Verein abgeliefert. 
Berlin, 3. Sept. Die bestehenden Innungen 
vdon der Regierung zu einer Erklärung darüber 
ufgefordert worden, ob dieselben gewillt sind, auf 
Fund der Gewerbenovelle neue Innungen zu bilden. 
Ausland. 
Paris, 8. Sept. Der Kriegsminister, Ge⸗ 
al Billot, hat gestern, wie von verschiedenen 
zeiten übereinsftimmend gemeldet wird, den Gou— 
etneur von Paris, General Lecointe, empfangen 
nd sich von ihm Aufschlüsse darüber erbeten, wie 
das Amt eines Vize⸗Praͤsidenten der Patrioten⸗ 
ga, (dieselbe, welche die neueste Deutschenhetze in 
Haris in Scene setzte,.) übernehmen konnte, ohne 
zu den militärischen Reglements gemäß die Er— 
achtigung seines Vorgesetzten, des Kriegsministers, 
mgeholt zu haben. Das Endergebniß der Unter⸗ 
edung war, daß der Kriegsminister dem General 
xcointe befahl, seine Entlassung als Vize⸗Präsident 
er genannten Gesellschaft zu geben. 
Aus Paris. Das „XIX. Sieècle“ bringt 
mter dem Titel, Eine Erklärung“ eine Mittheilung 
des Redacteurs Charles Bigot über die Affaire mit 
em deutschen Turnverein. Danach haben 
ler Vizepräsident und ein Mitglied des Turnvereins 
zenannten Herrn besucht und ihm glaubhaft nach⸗ 
gewiesen, daß der Vorfall auf einem Mißverständ⸗ 
niß beruht, an welchem der Turnverein keine Schuld 
raͤgt. Herr Bigot faährt dann fort: „Ich nehme 
iese sehr höflichen Erklärungen an und veröffent⸗ 
ichhe sie mit Vergnügen. Ich bin kein Preußen⸗ 
eind und ich glaube nicht, daß ein Redakteur dieser 
eitung im Verdacht siehen kann, Elsaß⸗Lothringen 
zu vergessen. Ich glaube, daß Frankreich und 
)eutschland sich 1870 nicht zuletzt feindlich gegen— 
thet sianden. Ich gehöre zu denen, welche wollen, 
aß man nichts vernachlässige, um sich auf diesen 
ampf vorzubereiten. Aber ich glaube auch, daß, 
is es zu diesem zugleich gefürchteten und gehofften 
ihredlichen Tag kommen wird, es Pflicht des zu⸗ 
ieich tapfern und klugen französischen Volks ist, 
ie Friedensgesetze zu achten, so lange der Friede 
ufrecht erheiten bleibt. Wenn das, was man mit⸗ 
heilt, die Wahrheit ist — und nie werde ich ohne 
tnste Gründe das Ehrenwort von zwei Männern 
»weifeln — so liegt nur ein bedauernswerthes 
ßverständniß vor. Der französische Patriotismus, 
essen Empfindlichkeiten wir alle entschuldigen, wurde 
it Unrecht aufgeregt. Man sang in der Rue 
daint Marc keine Frankreich beleidigende Lieder; 
ian wollte die „Liga der Patrioten“ nicht beleidi⸗ 
n die das Recht hat, keine Insulte zu dulden. 
ARes versichert man und, nochmals, ich glaube es. 
ind schließen wir jetzt diesen Fwischenfail und suchen 
vir Gelegenheiten, die der Mühe wert sind, unsere 
erechtigten Empfindlichkeiten zu beschwichtigen. Seien 
vit kaltblütig, Franzosen, meine Brüder! Die wahre 
Cegerin in allen diesen Kämpfen ist die Kaltblütig⸗ 
eit. Erinnern wir uns an das spanische Sprich⸗ 
oort: „Die Rache ist eine Speise, die kalt gegessen 
erden muß.“ Vorderhand dürfen demnach die 
Leutschen in Paris also noch ruhig leben, so lange 
Herrn Déroulède gefällt, meint die „Köln. Z.“ 
Dienstag, 5. September 1882. 17. Jahrg. 
Wenn Herr Voöroulede und die Präsidenten der 
Liga durch ihre Kundgebung daran erinnern wollten, 
daß sie Elsaß-Lothringen nicht vergessen hätten, so 
hätten sie sich die Mühe sparen können, denn Deutsch- 
jand wußte dies vorher. Durch alle Aritikel, welche 
die französische Presse seit Sonntag brachte, gehen 
die Revanchegelüste wie ein rother Faden. Nur 
jalten die einen einen neuen Kampf gegen Deutschland 
nicht für zeitgemäß und die andern wollen ihn nicht, 
weil sie befürchten, daß er Gambettas Gelüsten för⸗ 
derlich sein werde. Der Dérouledesche Putsch gegen 
die deutschen Turner wurde aber hauptsächlich zu 
Hambettas gunsten ausgeführt. Die Gambettisten 
wollen den Krieg mit Deutschland, um wieder ans 
Ruder zu kommen; die andern, wie Brisson, Cle— 
menceau und Konsorten, wollen auch den Krieg 
mit Deutschland, aber sie wollen den günstigen 
Augenblick abwarten. Das also ist die Lehre aus 
dieser Geschichte. 
Paris, 4. Sept. Es wird aus Jsmailio 
jemeldet, daß die eyptischen Vorposten in einer Ent 
ernung von 3 Kilomeiern von den englischen stehen 
Arabi soll 8000 Mann bei Salilieh concentirt haben 
— Es fand ein Duell zwischen zwei bonapartistischen 
Journalisten statt, bei welchem der eine der Duellanten 
getödtet wurde. 
London, 2. Sept. Die Times meldet aus 
Alexandrien vom heutigen Tage: Man glaubt, Wol— 
jeley werde, durch eine schottische Brigade verstärkt, 
norgen oder Moniag einen allgemeinen Angriff machen. 
Aus Suez wird von gestern gemeldet: Der Cana 
st von bewaffneten Booten wohlbewacht; die wich⸗ 
igsten Punkte zwischen Ismailia und Suez sind 
hon indischen Truppen besetzt. 
Dublin, 4. Septbr. Bei den Unruhen in 
der vergangenen Nacht wurden etwa 12 Personen 
—XE 
leicht. Heute Abend haben sich die Unruhen er⸗ 
neuert; ein Offizier vom Spezialpolizeichor, welcher 
ein Revolver gebraucht und Jemand verwundet 
hatte, wurde von den Ruhestörern angegriffen und 
oͤdtlich verletzt. 
Konstantinopel, 8. Sept. In Folge eines 
Meinungsaustausches zwischen Athen und Konstan⸗ 
linopel ist an der griechischen Grenze der Status 
juo ante wiederhergestellt, die Feindseligkeiten haben 
iufgehört, die streitigen Punkte sollen durch Be— 
prechungen Said Paschas mit Konduriotis geregelt 
perden. Eine solche hat bereits heute Statt gefunden. 
Hin der Nähe von Freiburg i. B. Getödteten be⸗ 
findet sich leider auch Herr Otto Janton, (ein 
geb. Zweibrücker) kgl. Landrichter in Colmar, 38 
Jahre alt, Sohn des Kreisschulinspektors Herrn 
Janton in Forbach. 
* Sit. Ingbert, 5. Sept. Die günstige 
Witterung der letzten Tage ermöglichte es, das auf 
dem Felde lagernde Getreide endlich einmal unter 
Dach zu bringen. Auch mit der Grum— 
meternte konnte begonnen werden. Leider ist jedoch 
in diesem Jahre dem guten Wetter nicht zu trauen. 
Und so sieht es denn heute Morgen schon wieder 
so aus, als ob die kaum verflossene Regenperiode, 
trotz aller Verheißungen auf Sonnenschein, in neuer 
Auflage wieder beginnen wolle. 
Bebelsheim, 4. Sept. Unter äußerst 
ahlreicher Betheiligung fand gestern in der hiesigen 
Pfarrkirche die U. Jahresversammlung der 
Cäcilienvereine des Bliesgaues Statt. 
An den kirchen⸗musikalischen Aufführungen bethei⸗ 
ligten sich die Vereine von Ensheim, Bliesmengen, 
Zabkirchen, Wittersheim, Erfweiler, Rubenheim, 
Niederwürzbach und Bebelsheim. Es war ein edler 
Wettstreit, und es ist nicht zu verkennen, daß der 
dirchengesang fleißig in den genannten Gemeinden 
jepflegt wird. Nach Schluß der Produktionen ent⸗ 
vickelte sich auf einer Wiese inmitten des Dorfes 
ungezwungene Froͤhlichkeit, wobei die Anwesenden 
nuch durch weltliche Lieder angenehm überrascht 
purden. Als nächster Versammlungsort wurde 
Niederwürzbach bestimmt. Ein Hoch auf Seine 
deiligkeit Papst Leo XIII., das mit Begeisterung 
aufgenommen wurde, schloß den offiziellen Theil 
des Festes. 
— Zweibrücken, 4. Sept. Auf das am 
Samstag von der zahlreich besuchten Sedan⸗Fest⸗ 
versammlung bei Buchheit an Se. Majestät den 
ZRönig abgeschickte Huldigungs-Telegramm ist soeben 
folgende Antwort eingetroffen: An Herrn Bachmann, 
Zweibrücken. Schloß Berg, 4. Sept. „Seine Majestat 
der König sind über die Kundgebung der Festversam 
mlung sehr erfreut und entbieten königlichen Dank und 
Gruß. v. Ziegler.“ 
— Landstuhl, 2. Sept. (Haupwersammlung 
des Pferdezuchtvereins der Pfalz.) Unser Städtchen 
prangt heute im reichsten Fahnenschmuck. Die 
Musterung der zur Preisbewerbung vorgeführten 
Pferde fand auf dem dekorirten Platze vor dem 
Stadthause Statt und begann um halb 3 Uhr 
Nachmittags. Derselben wohnie eine große Menschen⸗ 
menge, viele pfälzische und außerpfälzische Pferde— 
kenner und ⸗Liebhaber bei. Das Preisrichter⸗Kol⸗ 
legium besteht aus den Herren: Gestütsdirektor Adam, 
Zweibrücken, Bürgermeister Dr. Groß, Lambsheim, 
BZutsbesitzer Stalter, Montbijou, und Sekretär 
dauter, Speier. Es wurden so viele und präch⸗ 
aͤge Thiere vorgeführt, daß die Musterung volle 3 
Stunden in Anspruch nahm und die Aufgabe der 
dommission eine schwierige ist. Die Musterung ge⸗ 
schah in folgender Ordnung: 1. Hengste 5 Stück, 
2. Stuten, 4-12jährige mit Fohlen 15, ohne 
Fohlen 8, 3. 3⸗—3/ jährige Stuten 13 Stück, 
1. 2.— 2 jährige Stutfohlen 24 Stück. Sehr 
Jetadelt wurde, daß manche derselben schon beschla— 
gen und angespannt waren. — Das Preis— 
pflügen dauerte von 584 bis 6 Uhr; es war 
ein Schnellpflügen, und betheiligten sich dabei die 
heiden Gespänne des Oekonomen L. Schneider von 
Oberarnbach und des Bürgermeisters Pallmann von 
dier. Das erstere Gespänn war gleichmäßig, ruhig und 
sicherer und überholte seinen Konkurrenten bedeutend. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
⸗Sti. Ingbert, 5. Sept. Wie uns mit— 
getheilt wird, sollen in nächster Zeit auf dem hie— 
igen Hüttenwerke verschiedene Neuerungen zur Ein— 
ührung gelangen. Unter anderm soll der Trans⸗ 
dort der Kohlen und des Eisens von der neuen 
—XV 
ind nicht mehr durch Pferde, wie bisher, vermittelt 
verden; ähnlich soll es mit der Abfuhr der Schlacken 
yon den Hochöfen nach dem sog. Schlackenberge ge⸗ 
chehen. 
* St. Ingbert, 5. Sept. Wie wir der 
in Trier erscheinenden „Saar⸗ und Mosel⸗Ztg.“ 
entnehmen, ist die bei dem hiesigen theaterbesucher⸗ 
den Publikum in Folge ihrer trefflichen Leistungen 
m besten Andenken stehende Schauspielerin, Fräu—⸗ 
ein Philippine Schroth, als 1. sentimentale 
und muntere Liebhaberin zur Saison 188283 für 
das Stadi⸗Theater in Trier engagirt. 
*St. Ingbert, 5. Sept. Unter den durch 
den vorgestrigen Eisenbahnunfall bei Hugstetten