St. Jutberter Amzriger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
et. Jugberter Anzeiger“ erscheint wöchenltich fünufmal: Um Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unt erhaltun gs
Blatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 146 40 einschließlich Tra rlohn; durch die Post bezogen 1.4 60 H, einschließlich
40 Justellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr für die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten a“ der Pfalz 10 H, bei außerpfälzischen und solchen,
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 135 A. bei Neclamen 80 A. Bei 4maliger Einrückung wird nur der malige berechnet.
—
M I8.
Das Gesetz betreffend die Ent—
schädigung hei Unfällen und die
Unfallversicherung der Arbeiter,
wie es von den Vertrauensmännern der drei liber⸗
alen Fraktionen ausgearbeitet, dem Reichstag vor⸗
gelegt und von diesem nach der ersten Berathung
an eine Kommission von 21 Mitgliedern verwiesen
worden ist, hat folgenden Wortlaut:
J. Abschnitt. Allgemeine Grundsätze.
8 1. Wenn durch Unfall bei dem Betrieb einer
hder im folgenden Paragraphen genannten Unter⸗
nehmungen ein darin beschäftigter Arbeiter oder
Beamter getödtet eder körperlich verletzt wird, so
hat hiefür der Unternehmer Entschädigung nach
Maßgabe dieses Gesetzes zu gewähren. Für die
fsich hieraus ergebende Verpflichtung hat der Unter⸗
nehmer Sicherheit zu bestellen. Die Sicherheitsbe⸗
tellung erfolgt, vorbehaltlich der im dritten Ab⸗
schnitt enthaltenen Bestimmungen, durch die von
dem Unternehmer zu bewirkende Gesammtversicherung
aller in seinem Unternehmen beschäftigten Arbeiter
und Beamten.
8 2. Die Unternehmungen, auf welche
sich dies Gesetz bezieht, sind: 1) Bergwerke, Salinen,
Aufbereitungsanstalten, Brüche, Gräbereien und
Bruben, Hütten- und Walzwerke, Fabriken; 2)
Werften, gewerbsmäßiger Baubetrieb in Bauhöfen
und an Bauten; 3) gewerbsmäßige Herstellung von
Farben, Chemikalien und Exrplosivstoffen; H ge—⸗
werbsmäßige Beförderung von Personen oder Gütern
zu Wasser oder zu Lande; 5) gewerbliche, forst⸗
wirthschaftliche und landwirthschaftliche Unternehm⸗
ungen, soweit darin dauernd oder vorübergehend
ein durch elementare Kräfte bewegtes Triebwerk
oder ein Tampfkessel zur Verwendung kommt.
Für solche Arten von Unternehmungen, deren Be—
trieb mit Unfallsgefahr für die darin beschäftigten
Personen nicht verknüpft ist, kann durch Beschluß
)es Bundesraths die Verpflichtung zur Sicherheits-
zestellung ausgeschlossen werden.
33. Als Unternehmer gilt die Person
oder die Vereinigung von Personen, für deren
Rechnung das Geschaäft betrieben wird. Für Bau—
arbeiten gilt als Unternehmer Derjenige, welcher
die Ausführung der Bauarbeiten fuͤr eigene Rech⸗
aung bewerkstelligt. War ihm die Ausführung
»on einem andern Unternehmer überlassen, so in
letzterer für die Erfüllung der dem Unternehmen
durch dieses Gesetz auferlegten Verpflichtungen
ubsidiär verantwortlich.
slI. Abschnitt. Von der Eutschädigungspflicht.
84. Die Fntschädigung in den Fällen
des ersten Abschnitts erfolgt ausschließlich nach
Maßgabe folgender Bestimmungen.
8 5. Die Entschädigung soll im Falle der
Berletzung bestehen: 1) in den Kosten des Heil-
herfahrens; 2) in einer dem Verletzten für die
Dauer der Erwerbsunfähigkeit zu gewährenden
Rente. Dieselbe ist nach Maßgabe desjenigen Ar⸗
Aeitsverdienstes zu bemessen, welchen Arbeuer der⸗
selben Art in demselben Betriebe oder in gleich⸗
artigen Betrieben nach den örtlichen Verhälinissen
regelmäßig beziehen. Uebersteigt dieser Arbeitsver—
dienst 2000 Mk. jährlich, so bleibt der Mehrbetrag
außer Berechnung. Personen, welche wegen noch
nicht beendeter Ausbildung keinen oder eimen nied—
cigeten Arbeitsverdienst beziehen, sind dabei mif
dem niedrigsten Betrage des Arbeitsberdienstes voll
gelohnter Arbeiter derjenigen Beschäftigung, für
Dienstag, 24. Januar 1882.
17. Jahrg.
welche die Ausbildung erfolgt, jedoch höchstens mit
einem Jahresarbeitsverdienste von 600 Mk. in An⸗
'atz zu bringen. Die Rente beträgt: a im Falle
pölliger Erwerbsunfähigkeit und für die Dauer
derselben 66*8 Prozent des Arbeitsverdienstes;
b. im Falle der theilweisen Erwerbsunfähigkeit
und für die Dauer derselben einen Bruchtheil der
Rente unter a, welche nach dem Maße der ver—⸗
bliebenen Erwerbsfähigkeit zu bemessen ist.
86. Die Entschadigung soll für den Fall
der Tödtung bestehen: 1) im Ersatz der orts⸗
üblichen Beerdigungskosten; 2) im Ersatz der auf
das Heilverfahren aufgewandten Kosten und in einer
für die Zeit der Krankheit zu gewährenden, nach
den Vorschriften des 85 zu berechnenden Rente;
3) in einer den Hinterbliebenen des Getödteten
zom Todestage an zu gewährenden Rente. Die⸗
elbe beträgt: a. für die Wittwe bis zu deren Tode
»der Wiederverheirathung 20 Prozent, für jedes
hinterbliebene vaterlose Kind bis zu dessen zurück—
gelegtem 15. Lebensjahre 10 Prozent des Arbeits⸗
derdienstes, wenn das Kind auch mutterlos ist oder
vird, 15 Prozent des Arbeitsverdienstes. Die
Renten der Wittwe und der Kinder dürfen zusam⸗
nen 50 Prozent des Arbeitsverdienstes nicht über⸗
teigen; ergibt sich ein höherer Betrag, so werden
die einzelnen Raten in gieichen Verhältnissen ge—
kürzt. Der Anspruch der Wittwe ist ausgeschlossen,
venn die Ehe erst nach dem Unfall geschlossen
vorden ist; b. für Aszendenten des Verstorbenen,
venn dieser ihr einziger Ernährer war, für die
zZeit bis zu ihrem Tode oder bis zum Wegfall der
Zedürftigkeit zusammen 20 Prozent des Arbeits-
erdienstes. Wenn mehrere Berechtigte vorhanden
ind, so wird die Rente der Eltern vor den Groß⸗
ltern den männlichen Berechtigten vor den weib⸗
ichen gewährt. Wenn die unter bebezeichneten
nit den unter a bezeichneten Berechtigten konkur⸗
ciren, so haben die ersteren einen Anspruch nur, so
veit für den letzteren der unter a bezeichnete Höchst⸗
hetrag der Rente nicht in Anspruch genommen wird.
8 7. Dem Verletzten und seinen Hinterblie—⸗
zenen steht ein Anspruch in Gemäßheit dieses Ge⸗
etzes nicht zu, wenn der Verletzte den Unfall po r⸗
sätz lich herbeigeführt hat.
88. Ist der Unfall durch Vorsatz des
Unternehmers oder im Falle seiner Hand⸗
ungsunfähigkeit durch Vorsatz seines Vertreters oder
»adurch herbeigeführt, daß eine für die Betriebs⸗
inlage gesetzlich vorgeschriebene, zur Sicherheit
dienende Einrichtung unterlassen ist, so bleibt der
UInternehmer nach den bestehenden gesetzlichen Vor—
chriften für den vollen Schaden verhaftet, auch so
veit derselbe die nach Maßgabe dieses Gesetzes
estgesetzte Entschädigung übersteigt. In gleicher
Beise haften Aktiengesellschaften, eingetragene Ge—
iossenschaften und Handelsgesellschaften, wenn der
Unfall durch ein Mitglied ihres Vorstandes oder
einen der Liquidatoren vorsätzlich oder durch eine
in Absatz 1 bezeichnete Unterlassung herbeigeführt
ist. Die Haftung eines Dritten, welcher den Un—⸗
all vorsätzlich oder durch Verschnlden verursacht
hat, bestimmt sich nach den bestehenden gesetz
ichen Vorschriften.
(Fortsetzung folgt.)
Ausgaben der Staatseisenbahnen für ein
Jahr der 16. Finanzperiode ist nun vertheilt. Der
Abschluß würde sich nach den Anträgen des Refe—
enten in folgender Weise gestalten: 1. Einnahmen
iach dem Regierungsentwurf 83,821,238 M., nach
»er vom Referenten beantragten Erhöhnng im Ge—
ammtbetrage von 340,000 M. dagegen 84,161,238
Nark. 2. Ausgaben nach dem Regierungsvor—⸗
chlage 50,770,160 M.; Referent beantragt Kürz⸗
ingen im Betrage von 168,192 M., würden also
Ausgaben verbleiben 50,60 1,968 M., mithin Ueber—
chuß 33,559,270 M.
München, 22. Jan. Graf Paumgarten, k.
bayer. Gesandter beim Vatikan. hatte das Unglück,
sich in Rom bei einem Falle im eigenen Zimmer
die Hüfte zu brechen. Der schon lange kränkelnde
derr soll nach Wiener Blättern in Folge dessen
ehr gefährlich krank darniederliegen.
München. Minister v. Lutz hai die
fFinladung der Universität Würzburg zu ihrem
m August zu feiernden 300jährigen Jubiläum an⸗
zenommen. Herr Sigl schließt ganz richtig da⸗
aus, daß Herr v. Lutz offenbar im August noch
MNinister zu sein gedenke.
*Heute, Dienstag, wird voraussichtlich bei Ge—
egenheit der dritten Etatsberathung der königliche
Frlaß vom 4. Januar im Reichstage zur
Sprache gebracht werden. Von der Forischritts-
pariei wird der Abg. Hänel, von den Secessionisten
der Abg. v. Stauffenberg, von den Nationalliberalen
der Abg. v. Benmigsen das Wort nehmen. Fürft
Bismarck hat die Absicht, sich an der Debatie zu
detheiligen; es ist jedoch noch zweifelhaft, ob sein
GBesundheitszustand es ihm erlauben wird.
Eine Bekanntmachung des Reichskanzlers vom
21. Januar erklärt, daß die Rinderpest im
zanzen deutschen Reichsgebiete als erloschen anzu⸗
ehen ift.
Ausland.
Wien, 23. Jan. Der Wiener Bürgermeister
demissionirte und der Polizeipräsident wurde pensionirt.
Wien, 23. Jan. Aus Trebinje wird ge—
neldet: Bei Biletsch fand ein heftiges Gefecht statt
wischen einer Compagnie des 67. Regiments
Schmerling und Osman Bey. Die Aufständischen
wurden geschlagen und verfolgt; sie ließen ihre
Berwundeten zurück. Unter den Toden soll Swe—
ezar Angyelics sein. Der von den österreichischen
Behörden sistirte Güterverkehr von Mostar nach
Serajewo ist wieder freigegeben, da die Straße
icher ist. — Die Ungarische Creditbank schloß mit
dem General-Commando beteutende Lieferungsver-
räge ab, besonders über Mehl.
Nicht weniger als 82 Bataillone öster⸗
reichischer Truppen stehen mit den jüngst abge⸗
endeten Verstärkungen in Bosnien und der
Herzegowina. Werden dieselben, wie beschlossen
st, mobilisirt, d. h. auf den vollen Kriegsstand
zebracht, so ergiebt das die respectable Macht von
78,390 Mann (956 Mann pro Bataillon). Diese
Zahlen beweisen am besten. daß sich Oesterreich
auf verhältnißmäßig ernste Dinge vorbereitet.
Wien, 23. Jan. Officielle Nachrichten aus
der südlichen Herzegowina melden das Auftreten
mehrerer Insurgentenbanden in der Stärke von
1000, 500 und 200 Mann, welche theilweise mit
Znidergewehrey bewaffnet sind.
Paris, 22. Jan. Ein heftiger Zwischenfall,
der sich gestern vor der Kommission der Dreiund—
dreißig ereignete, hat das Verhältniß zwischen
dammer und Gambetta aufs Aeußerste zu⸗
Politische Uebersich.
Deutsiches Reich.
München, 21. Jan. Der zehu Bogen um⸗
assende Bericht des Abg. v. Schlör an den Finanz⸗
russchuß über den Voranschlag der Einnahmen und