Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal woͤchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
zlatt und Sonntags mit S8seitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 40 Z einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 16 60 H, einschließlich 
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M I8I. Donnerstag, 14. September 1882. 
17. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 14. Sept. In der letzten 
Zeit hat in unserer Gegend die Auswanderung 
nach Amerika, die etwas in's Stocken gerathen war, 
wieder zugenommen. So hat gestern eine hier 
wohnhaft gewesene Arbeiterfamilie mit 5 kleinen 
Kindern die überseeische Reise angetreten. Eine 
andere ist schon vor einigen Tagen abgereist. Ge— 
wöhnlich sind es günstige Nachrichten von Ver— 
vandten, die zur Auswanderung anregen. 
* St. Ingbert, 14. Sept. Die ungünstige 
Witterung der letzten Tage hat sich mit dem Heu— 
tigen zum Besseren gewendet, indem uns die Sonne 
vieder mit ihren warmen Strahlen erfreut. Hof—⸗ 
fentlich ist ihre Herrschaft von längerer Dauer, auf 
daß es gelingt, die Grummeternte zu Ende zu 
hringen. Und wie würde erst längerer und recht 
ntensiver Sonnenschein den Wünschen derer ent— 
prechen, die ihre Hoffnung auf einen guten 
„Neuen“ setzen! 
* St. Ingbert. In der am 8. ds. Mis. 
tattgehabten Strafkammersitzung des kgl. Landgerichts 
Zweibrücken wurde u. A. auch gegen zwei 20jährige 
Burschen von hier, Jene und Hubertus, welche 
in der Nacht vom 30. April auf 1. Mai ds. Is. 
den 19 Jahre alten Knecht Peter Jung mit Messer 
und Prügel so bearbeitet hatten, daß er lange Zeit 
krant und bettlägerig war, verhandelt, und wurde 
J. zu 6 Monaten und H. zu 8 Monaten Gefäng— 
niß und beide gesammtverbindlich in die Kosten ver— 
urtheilt. 
— In Zweibrücken starb am Sonntag 
»er kgl. Appellationsrath a. D. August Petri. 
Der Hingeschiedene erreichte ein Alter von 80 Jahren 
— Zweibrücken, 13. Sept. Heute (Mitt⸗ 
woch) Abend kehrt das hier garnisonirende 2. Ba— 
aillon des kgl. b. 18. Inf.⸗Regts. von den Manoͤvern 
velche dasselbe in Unterfranken mitzumachen hatte 
hierher zurück. Hoffentlich sind die Uebungsstrapazen 
Allen gut bekommen. (Z3. 3.) 
— Aus Kaisershautern wird berichtet: 
Vor einigen Tagen wurde auf dem Pfaffenberg 
ein sog. Genickfängeir EKnicker) gefunden, in 
velchem man das Messer vermuthet, mit welchem 
m Februar 1868 der bestialische Mord an der 
Julie Schäfer aus Trippstadt begangen worden 
st. Dem Vernehmen nach soll man den Eigen⸗ 
hümer des Messers kennen als einen nach Amerika 
zegangenen Förster. (Die Fundstelle des Messers 
st in der Nähe des Ortes, an dem der Mord be— 
gangen wurde. 
— Die Generalversammlung der Volksbank 
Fdenkoben hat den Antrag auf Anschluß an 
den zu bildenden Revisionsverband und damit die 
Erhödung des Beitrages an die Verbandskasse 
auf 120 M. angenommen. 
— Aus Offenbach bei Landau wird fol— 
gende Blutthat gemeldet: Am Sonntag Abend begegnete 
der ledige 20jährige Daniel Braun in angetrunkenem 
Zustande den Brüdern Lerch auf der Ortsstraße, wo 
oiche in Wortwechsel geriethen, in Folge dessen die 
Brüder Lerch den Daniel Braun in den »Bach 
varfen und mißhandelten, worauf der letz— 
ere mit seinem Messer dem 24 Jahre alten Franz 
Lerch in die Seite stach, so daß er am nächsten 
Morgen starb. Der Töäter ist verhaftet. 
— Zu der am 20. ds. Monats in Speyer 
beginnenden protestantischen theolhbogi— 
schen Aufnahmsprüfung haben sich nach 
dert „Speyerer Zeitung“ folgende Candidaten an— 
zemeldet: K. Becker aus St. Julian. F. März aus 
Lambrecht, K. J. A. Hinzler aus Dörrenbach, Ph. 
J. O. Klag aus Schiersfeld, J. F. Daum aus 
ẽlmstein, Ph. Koob aus Dannstadt, A. Reber aus 
Mutterstadt, F. W. Schmitt aus Speyer, K. D. 
Wüst aus Speyer, G. A. J. Mohr aus Nieder— 
otterbach, K. L. Steitz aus Dielkirchen, J. C. 
Weyland aus St. In gbert und J. Herancourt 
aus Rohrbach. 
Deutsches Reich. 
Augsburg, 12. Sept. Die „Postzeitung“ 
eröffentlicht eine aus Varzin, 11. Sept. datirte Ant⸗ 
vori Bismarcks auf die Anzeige Thüngens von der 
zründung eines fränkischen Bauernvereins. Der 
deichskanzler sagt darin, daß er in jedem Bauern⸗ 
nerein, der gegründet werde, ein neues Organ der 
äuerlichen Selbständigkeit erblicke. 
Berlin, 12. Sept. Wieder kommen verschie⸗ 
ene allarmirende Nachrichten von der Balkanhalb⸗ 
nsel. Die Bulgaren werden angeblich von massen⸗ 
jaften türkischen Banden beunruhigt, welche friedliche 
ulgarifche Dörfer überfallen und berauben sollen 
ind gegen welche das Fürstenthum seine Milizen 
ewaffnen müsse. Daß man in Sofia neuerdings 
dffiziere und Unteroffiziere aus Rußland beruft, 
ind daß wieder ziemlich viele Russen nach Bul— 
zarien kommen, haben wir schon neulich erwähnt. 
stimmt man dazu die Haltung Griechenlands und 
die Vorgänge an der thessalischen Grenze und weiter 
die jüngst telegraphisch signalisirten mehrfachen blut⸗ 
gen Zusammenstöße zwischen Montenegrinern und 
Albanesen, welche sogarschon einen montenegrinischen 
Protest an die Pforte und eine Anrufung der 
ꝛuropäischen Intervention seitens Montenegros zur 
Folge gehabt haben, so wird man zugeben müssen, 
daß es an Zündstoff wieder einmal nicht fehlt und 
zaß es an verschiedenen Punkten der Balkanhalb— 
miel nichts weniger als friedlich aussieht. 
Ausland. 
Vermischtes. 
F Nach einem Bericht der „D. Musik⸗Ztg.“ 
zestand das Orchester bei der Aufführung des „Par⸗ 
ifal“ in Bayreuth aus 31 Violinen, 12 Violen, 
12 Violoncells, 8 Contrabässen, 4 Flöten, 4 Oboen, 
3 Alt⸗Oboen, 4 Klarinetten, 1 Baßklarinette, 4 
Fagotts, 1 Contrafagott, 7 Hörner, 3 Trompeten, 
4 Posaunen, 1 Tuba, 2 Pauken und 4 Harfen, 
vozu noch das eigens konstruirte Glockeninstrument 
im Graalssaale tritt. 
F Neunkirchen, 11. Sept. Nach der „S.⸗ 
u. Bl.-Zeitung“ liest man folgenden Anschlag am 
ziesigen Werksthore: „Alle Arbeiter, welche bei dem 
porigjährigen Arbeiterfeste auf dem Halberge im 
jiesigen Viktoria-Hospital krank lagen, sind zu dem 
im 17. September stattfindenden Arbeiterfeste ein⸗ 
zeladen und wollen sich dieselben bei dem Unter⸗ 
eichneten melden. Neunkirchen, den 12. Sept. 
1882. gez: F. Staub.“ 
F Zum Eisenbahnunglück bei Freiburg er— 
hjält die A. A. Z. von „sachkundiger Seite“ fol⸗ 
zende Zuschrift: „Erweisen sich die in den Blättern 
zebrachten Nachrichten über den guten Zustand der 
Bahn sowie über den völligen Mangel an Hinder⸗ 
nisser dür den Weiterlauf des entgleisten Zuges, sei 
ꝛs nun in Folge von auf dem Geleise zu gleicher 
Zeit gelegenen Gegenständen oder in Folge eines 
Bruches eines Rades, einer Achse oder eines sonsti⸗ 
zen Wagen⸗ bezw. Maschinenbestandtheils des Zuges 
elbst als zutreffend, so war eine den Verhältnissen 
der Bahn oder des Zuges nicht entsprechende Ge⸗ 
schwindigkeit Grund der Entgleisung, sowie des 
normen Umfanges ihrer Folgen, wenn nicht höhere 
Bewalt angenommen werden kann. Die letztere — 
ris major — ist nicht nachweisbar, wohl aber die 
erstere — die Geschwindigkeit — durch einen Ge⸗ 
schwindigkeitsmesser, wenn er auf der Locomotive 
des entgleisten Zuges angebracht ist. Ein Geschwin⸗ 
digkeismesser zeigt dem Locomotivführer während der 
Fahrt auf einem Zifferblatte stets die Geschwindig⸗ 
keit, mit welcher der Zug sich fortbewegt, an, der⸗ 
selbe macht den Führer durch Glockensignale auf 
eine etwaige Ueberschreitung der vorgeschriebenen 
Beschwindigkeit aufmerksam und liefert endlich eine 
zenaue, leserliche Aufzeichnung der Geschwindigkeiten, 
Fahr- und Aufenthaltszeiten. Ob die Geschwindig⸗ 
eit des verunglückten Zuges zur Zeit seiner Ent⸗ 
gleisung eine für die Verhältnisse zu große war, 
wie das in verschiedenen Artikeln gemeldet wird, 
würde die vorbenannte graphische Aufzeichnung ge— 
nügend nachweisen, entgegengesetzten Falles aber dem 
Locomotivführer als Gegenbeweis gegen eine der— 
artige Anschuldigung dienen, ganz abgesehen davon, 
daß durch die rechtzeitige Kenntniß über die zu große 
Beschwindigkeit, deren genaue Wahrnehmnng ohne 
ꝛinen solchen Geschwindigkeitsmesser namentlich bei 
Nacht, Sturm und Regen kaum möglich ist, der 
Führer rechtzeitig die Bremssignale gegeben haben 
vürde und sohin das Unglück überhaupt vielleicht 
erhindert worden wäre.“ 
In einem Walde bei Waltenbausen. 
Wien, 13. Sept: Der Sieg der Engländer 
vird hier als ein entscheidender aufgefußt und der 
trieg in der Hauptsache als beendet angesehen, so 
daß jetzt die diplomatische Seite der egyptischen 
zrage in den Vordergrund tritt. 
London, 13. Sept. Reuters Bureau mel⸗ 
et aus Gasassin von heute früh: Die Armee ver⸗ 
ieß gestern Abend das Lager und marschirt gegen⸗ 
värtig gegen Tel⸗el-Kebir. Der Angriff wird noch 
ot Sonnenaufgang erwartet. 
London, 13. Sept. General Wolseley hat 
eute Morgen Tel⸗el-Kebir mit 40 Geschützen ein— 
enommen und hierbei zahlreiche Gefangene gemacht; 
ie Truppen Arabi's scheinen vollständig zersprengt 
uu sein. Cavallerie verfolgt die Flüchtlinge. 
London, 13 Sept. Die Verluste der Egypter 
ei Tel⸗el⸗Kebir werden auf 2000, diejenigen der 
engländer auf 200 einschließlich vieler Offiziere ge⸗ 
chätzt. Die Demoralisation der Armee Arabi's ist 
eine vollständige. Die Infanterie flieht nach der 
Wüste zu, wirtsam verfolat von der enalischen Ca— 
dallerie. 
Die gricchische Regierung hat am vorigen 
Samstag ein Rundschreiben an jämmtliche Mächte 
etlassen, worm sie diesen mittheilt, daß Griechenland 
das streitige Gebiet gewaltsam dbesetzen werde, falls 
die Pforte dasselbe nicht baldigit freiwillig über— 
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Port Said, 18. Sept. Der Gouverneur 
ieß Berber Scheil, der das Gerücht vom Siege 
tabi's verbreifet haben soll, gefangen setzen. — 
—XX aus Zagazig zufohge wäre brefohlen 
worden, im Falle der Niederlage Arabi's bei Teleel- 
kdebit alles Eigenthumm der Eurohäer in Brand 
u stecken.