Full text: St. Ingberter Anzeiger

das Jahreszeugniß aushändigte, war die Bemerkung 
beigefügt, daß der Schüler eine Nachprüfung zu 
besichen habe, also nur bedingt in die 2. Gymna— 
sialklasse aufsteigen dürfe und damit war auch die 
Berechtigung zum Einjährig⸗Freiwilligendienst frag— 
lich geworden. Der Vater desselben verfügte sich 
nun 'auf das Rektorat und erfuhr dort, daß auf 
Grund des Conferenzbeschlusses und laut Conferenz⸗ 
protokoll sein Sohn unbedingt in die 2. Gymna⸗ 
fialklasse vorrücken dürfe. Nun zog der Vater das 
Zeugniß aus der Tasche und der kgl. Rektor las 
die obige Bemerkung zu seinem großen Erstaunen. 
Es enistand nun der Verdacht, daß der Klassen⸗ 
lehrer wegen des letzten Schulversäumnisses die 
Bemerkung nachträglich dem Zeugniß beigefügt 
hatte. Hiernach machte der Vater bei der Staats⸗ 
behörde von dem Vorfall Anzeige, und man ist 
allgemein gespanit, ob das Vorkommniß, was wohl 
nicht wahrscheinlich, als Urkundenfälschung vom 
Gericht aufgefaßt werden wird. (C. A.) 
— Maikammer, 24. Sept. Der hiesige 
Bürger, Küfer Winzer Anton Ullrich verkaufte die⸗ 
ser Tage die Crescenz aus einem Weinberge mit 
Portugicfern und erzielte den schönen Preis von 
i4 M. 50 Pf. per Logel a 40 Liter. Gewiß ein 
Zeichen, daß diese Trauben hinsichtlich der Qualität, 
trotz der schlechten Witterung, wenig zu wünschen 
übrig lassen. (Bürgerz.) 
— Speyer, 26. Sept. Herr Karl König, 
kgl. qu. Kons.Rath und Siadipfarrer, hat in Be— 
ruͤcksichtigung seiner 50jährigen Dienstzeit den Lud⸗ 
wigsorden erhalten. Gestern Nachmittag fand der 
feierliche Aklt der Uebergabe im Rathhaussaale statt. 
— Der Unterricht an der Frauenarbeitsschule 
in Speyer für das Schuljahr 1882183 beginnt 
Dienstag, 3. October l. J., Normittags 9 Uhr. 
Anmeldungen zur Aufnahme in die Schule sind im 
Laufe des Monates September bei dem kgl. Be⸗ 
zirksamt Speyer einzureichen und sind denselben 1) 
ein Zeugniß über die erfolgte Entlassung aus der 
Wertlagoͤschule und 2) ein bürgermeisteramtliches 
Sittenzeugniß beizufügen. 
— Rhodt, 27. Sept. Bei der gestern ab⸗ 
gehaltenen Güterversteigerung des verlebten Kauf⸗ 
mannes H. Chr. Retzer wurde für 44 Morgen 
Weinberge, Aecker und Wiesen in 23 Parzellen die 
gewiß hübsche Summe von über 14,000 M. er⸗ 
iöst. Einzelne Abtheilungen wurden um geradezu 
fabelhafte Preise abgegeben, so z. B. 6 Dezimalen 
Wingert für 380 Mi., 25 Dez. für 1505 Mt. 
Gewiß ein Beweis, daß bei uns die Weinberge in 
hohem Werthe stehen und daß die Winzer die 
Hoffnung auf bessere Jahre, wie bisher, noch lange 
nicht aufgeben. 
— Frankenthal, 26. Sept. Die „Frkth. 
Ztg.“ schreibt: In Bobenheim a. Rh. verschied 
heute nach schwerem Leiden der Ackerer Johannes 
Voll VI. an der Rotzkrankheit, die er von seinem 
Pferde erbte. Voll verheimlichte den Ausbruch der 
Seuche bei demselben, so daß auch jeder Anspruch 
auf Schadenersatz für das gefallene Thier verloren 
geht. Dieser Fall diene den Viehbesitzern zur 
Warnung, bei verdächtigen Erkrankungen ihrer Thiere 
der Ortspolizeibehörde die vorgeschriebene Anzeige 
sofort zu erstatten. 
— Aus dem unieren Lauterthal, 
27. Sept., schreibt die „Kais. Z.“: Wie man mir 
mittheilt, ist die Genehmigung für die Projectirungs⸗ 
arbeiten einer Eisenbahn von Meisenheim nach 
Staudernheim im Anschluß an die Rhein⸗NRahebahn 
höheren Orts erfolgt. Sobald die Bahnarbeiten 
für diese Strecke in Angriff genommen sind, wird 
dann auch hoffentlich die Weiterführung der Lau⸗ 
terthalbahn don Lauterecken über Medart und 
Odenbach nach Meisenheim und jene der Glanthal⸗ 
bahn von Altenglan über Ulmet, Eschenau, St. 
Julian und Offenbach nach Lauterecken nicht mehr 
lange auf sich warten lassen. Wie ich höre soll 
das frühere Project, eine Bahnlinie von Kusel über 
Fohren⸗Heimbach an die Rhein⸗Nahebahn von den 
Bewohnern der angrenzenden Orte aufs Neue 
eifrig betrieben werden. Es wäre zu wünschen, 
daß sich in den dabei interessirten Gemeinden als— 
bald Comite's zum ernsten Betriebe dieser Ange— 
legenheiten bildeten. Bei den jetzigen schlechten 
Zeiten und gedrückten Löhnen können billige Bah— 
sen gebaut und vielen verdienstlosen Kräften Arbeit 
und Brod gegeben werden. 
Vermischtes. 
Berchtesgaden, 23. Sept. Gestern 
Abend nach 6 Uhr wurde, wie der „Wendelstein“ 
schreibt, in der Nähe eines Gehöftes in der Schönau 
ein des Wilderns verdächtiger Bursche, der Sohn 
iner armen Familie, von einem Forstbediensteten 
»urch zwei Schüsse getödtet; Näheres wird die ein⸗ 
geleitete Untersuchung ergeben. 
4St. Johann, 27. Sept. Zwei gestern 
'm hiesigen Schlachthofe geschlachtete, bei einem hie⸗ 
igen Väcker gemästete Schweine wurden der „St. Joh. 
Zig.“ zufolge trichinös befunden und ist polizeilicher⸗ 
seits das Erforderliche geschehen, um das Fleisch xc. 
unschädlich zu machen, bezw. zu vernichten. 
F Forbach, 25. Sept. Gestern Abend gegen 
icht Uhr wollten die Herren Gutsbesitzer de Vaulr 
d'Achy, sowie dessen Besuch Professor Cote aus 
Paris, ferner der Gerichtsvollzieher Tobise von 
sier und der Oekonom E. Zahm von Folklingen 
iebst einem jungen Knecht des letzteren von einem 
Jagdausfluge bei Pfarrebersweiler mittelst Wagen 
iach Hause zurückkehren, als oberhalb der Groutsch'⸗ 
chen Mühle, dicht am Honauer Hübel an einer 
Biegung des Weges plötzlich der Wagen mit den 
Seilenrädern in eine, dicht am Wege angebrachte, 
mit Steinen ausgemauerte Schlammgrube von 
rirca 6 Meter Länge und anderthalb Meter 
Breite und Tiefe kam, umkippte und seine 
Insassen kopfüber in die Grube schleuderte. 
Der Junge flog darüber hinaus., und blieb unver— 
letzt. Herr Professor Cote sowie Herr de Vaulx 
»Achy waren so unglücklich gestürzt, daß ersterer 
ofort todt war und letzterer einige Minuten später 
tarb. Herrn Zahm, der sich zuerst wieder aus 
einem bewußilosen Zustande erholt hatte und mit 
der unterdessen zur Stelle gelangten Hilfe die üb— 
igen aus der Grube herausschaffen half, drückte der 
-„terbende noch die Hand mit den letzten Worten: 
„Eloi c'est fini'“ Zahm und Tobie kamen mit 
dem Schrecken und einigen ungefährlichen Kontusionen 
ind Verwundungen davon. 
F Folgende drollige Anzeige findet sich in der 
Trierischen Zeitung“: „Wenn der famose Jäger 
M. sich noch einmal beigehen läßt, re Ruhe 
hne Jagdschein zu stören, so haben wir beschlossen. 
hm sein Gewehr abzunehmen und ihn mit Schimpf 
ind Schande nach Hause zu jagen. Sämtliche 
Hasen des 1. Jagdbezirkes.“ 
— In Sachen des früheren demokratischen Reichs 
agskandidaten für Kaiserslautern Herrn Dr. 
Josef Herz liegt zwischen ihm und dem Staatsan⸗ 
valt in dem Wucherprozeß Kaufmann Herrn Uebel 
ein gegenseitiger Erklärungsaustausch vor. Herr 
lebel betont, daß Herr Dr. Herz 81 Prozesse für 
inen ihm als gewerbsmäßigen Wucherer bekannten 
Mann geführt hat. Der Letztere wüuscht, daß auch 
er Darmstadier Rechtsanwalt des u. s. w. Kauf⸗ 
nann genannt werde, was die „Frkf. Ztg.“ durch 
»en Namen Dr. Roe besorgt. Die ehrengerichtliche 
xkntscheidung der Mannheimer Anwaliskammer ist 
nußer von Dr. Herz und gleichzeitig mit ihm auch 
„von anderen Miigliedern dieser Kammer angerufen 
vorden. 
Mainz, 27. Sept. Seit einigen Tagen 
reffen hier viele Amerilamüde ein; die Leute haben 
erst vor einem Jahr die Reise nach der „Neuen 
Welt“ angetreten, aber an Erfahrung reich und 
irm an Geld kehren die Leute wieder in ihre Hei⸗ 
nath zurück. Tausende, so erzählen die Leute, be— 
reuen den Schritt, den sie gethan und ihre Hei— 
nath verlassen zu haben, das Elend in Amerika, 
zesonders in den Hauptstädten, sei unter den Ein⸗ 
zewanderten entsetzzlich, da nirgends Arbeit zu fin⸗ 
ven sei; glücklich sei derjenige, der noch so viel 
Beld habe, um wieder seine Heimath erreichen zu 
können. 
Frankfurt, 25. Sept. Heute Morgen 
im 11 Uhr wurde ein 71jähriger Greis mit einem 
idjährigen Mädchen im Romer getraut. 
4 Ein Hund als Retter.) Durch einen 
Hund ist vor einigen Tagen der Referendar L. in 
Berlin aus großer Gefahr errettet worden. Der 
unge Mann lam gegen 11 Uhr Abends nach 
Hause, zündete sich eine Cigarre an und arbeitete 
ine Stunde lang. Dann legte er sich zu Bett und 
schlief ein. In der Nacht gegen 3 Uhr erwachte er 
olötzlich und fühlte im Halbschlummer von seinem 
Gesicht etwas feuchtes herabrieseln. Gleich darauf 
erhielt er einen schweren Schlag auf den Kopf, er 
wachte unter Athmungsbeschwerden vollends und 
prang auf. Sein Neufundländer Hund stand hoch⸗ 
nufgeri htet am Bett und schlug mit seiner Tatze 
aAbermals auf den Herrn ein. Das ganze Zimmer 
var voll Rauch und der Papierkorb mit seinem 
Inhalt stand in Flammen. Der brennende Cigarren⸗ 
rest war jedenfalls in den Korb gefallen und hatt 
die Papiere nach und nach entzündet. Es —* 
dald, jede Gefahr zu beseitigen. L. wird aber * 
— Gesich 
deutliche Spuren von der Tatze seines Hundes trag 
F (Als verbürgte Kurioösität) wird der Stamb. 
zürger-Zeitung mitgetheilt, daß es bei dem Berliner 
Magistrat einen 80 Jahre alten Beamten gibt 
velcher noch nie auf einer Eisenbahn gefahren is 
In einem längern Bericht der Nordd. Aun 
ztg. von den Samdi⸗Inseün heißt es: D 
Zermit⸗ Islands nördlich von Neu⸗Guinea sind der 
Schauplatz eines Ueberfalls gewesen, wodurch mehrete 
Ddeutsche aus dem Geschäft von Hernsheim und Co 
hr Leben verloren haben. Die Einzelheiten sip 
hier noch unbekannt. 
4 An das General⸗Postamt des deutschen 
steiches gelangen Petionen, um Briefmarken zu 
30 Pfennige einzuführen. Solche Marken sollen 
zu Frankirung der eingeschriebenen Beiefe, der Post 
nufträge, der Posteinzahlungen in Beträgen von über 
100 bis 200 Mark, der Nachnahmebriefe bis zuß 
Mark in der ersten Zone, der Geldbriefe bis 200 
Mark in erster Zone und dergl. mehr ein Bedürf— 
niß sein, indem jetzt mindestens zwei Marken ver—⸗ 
vendet werden müssen, was namentlich in großen 
Beschäften unnütze Arbeit erfordert. 
F Gierund Bier-Konsum.d) Die Reichs- 
biergelehrten haben ausgerechnet, daß im Durchschnitt 
auf jeden Deutschen, — bis zum kleinsten Säug- 
ling herab, — das mäßige Quantum von 90 Liter 
im Jahre komme, wenn aber nach guter alter Sitte 
edes Land sein eigenes Gebräu auch selbst konsu⸗ 
mierte, dann kämen auf jeden Norddeutschen nur 
etwa 65 Liter, auf jeden Württemberger schon das 
insehnliche Ouantum von 198 Liter, — die 
Zäuglinge eingerechnet, — auf jeden Bayern aber 
— 234 Liter pro Jahr. — Diese Zahlen klingen 
aun zwar ganz gefährlich hoch und unsere guten 
stachbaren, die Franzosen, verfehlen nicht, aller 
Welt die „Ivrognerie“ der Deutschen zu verkünden, 
ich selbst dagegen als Muster der Mäßigung dar⸗ 
uustellen; doch hören wir, was ihr eigener Lands 
mann, der Dr. Lunier nach statistischem Material 
n einer Sitzung der medicinischen Akademie zu 
Paris über diesen Gegenstand vortrug: Danach 
amen an Bierkonsum allerdings nur 22 Liter auf 
eden Franzosen, daneben jedoch noch 120 Liter 
Wein, ferner ein ansehnliches Quantum Apfelwein 
und ein nicht unbedeutender Posten Branntwein, 
io daß nach diesem zahlenmäßigen Berichte des Dr. 
dunier der Franzose dem Deutschen inbezug auf 
den Durst resp. auf das Trinken weit überlegen ist. 
Die Statistik ist manchmal eine recht unangenehme 
Wissenschaft, sie zerstört manchen Nimbus und zeigt 
in diesem speziellen Falle, daß der Deutsche besser 
ist als sein Ruf. 
fCGinen reizenden Zug) zarter Rüd⸗ 
ichtnahme unseres geliebten Kaisers, wie er sie schon 
o häufig an den Tag gelegt und die sein so schon 
menschlich fühlendes Herz kennzeichnet, entnehmen 
vir dem ,Wiesb. Sonntagsblatt“. Bei dem letzten 
Aufenthalte Sr. Maj. in Gastein fand eines Mor⸗ 
jens die mit der Besorgung des Schlafzimmers be⸗ 
zuflragte Frau, daß die Teppiche anders gelegt 
paren als Tags zuvor und sonst. Sie erlundigte 
ich bei dem Kammerdiener nach dem Grunde dieset 
Aenderung, der ihn jedoch selbst nicht kannte. Um 
zu erfahren, ob der Kaiser diese neue Anordnung 
us irgend welcher Ursache für die Zukunft wünsche. 
vurde er selbsi befragi. „Ich konnte vergangene 
Racht nicht schlafen. erwieberte mit einem Anflug 
hon Befangenheit der hohe Herr, „und ging eine 
Zeit lang im Schlafzimmer spaziren. Da jedoch 
inter mir eine kranke Dame wohnt, wollte ich fie 
durch das Geräusch nicht stören und habe deßhalb 
die Teppiche so gelegt, daß sie die Tritte nicht hören 
sollte.“ 
f Es ist mehrfach vorgelommen, daß holläne 
dische ZwesesnhalbeGuldensturde, welche 
in der Form mit unseren 3.MNi.. Siucken überein⸗ 
timmen, statt letzterer in Zahlung gegeben wurden. 
damit war eine betrachtliche Schadigung des Em⸗ 
pfängers verbunden, denn sie sind nur ca. 4 Ml. 
verih Bei einiger Aufmerksamkeit sind sie zwar 
durch das Geprage ohne Schwierigkeit zu unter· 
cheiden, unter einer größeren Zahl von 5.Mt 
Stücken aber werden sie leicht übersehen, weßhalb 
ausdrücklich zur Vorsicht zu mahnen it. Uebrigens 
sst ihre Verausgabung bei uns durch Belannt 
nachung vom 29. Januar 1874 verboten.