Full text: St. Ingberter Anzeiger

Atilß 
vt. Jugherter Auzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
ind Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljahrlich 1A 40 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 G6O , einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 , bei Reclamen 80 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
1983. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
gerlin, 28. Sept. Der Kaiser ist heute 
mittag 5 4 Uhr nach Baden⸗Baden abgereist; der 
ronprinz und Prinz Heinrich, welche dem Kaiser 
palais einen Abschiedsbesuch abstatteten, ge⸗ 
en ihn darauf bis nach Potsdam. 
Nachdem nunmehr die Mansöver in sämmt⸗ 
en Korps des deutschen Heeres beendet sind und 
e Entlassung der Reserven erfolgt ist, steht man 
nem Ruhepunkte in unseren milititärischen Kreisen 
genüber, welcher jedoch nur von kurzer Dauer ist. 
1. Oktober erfolgt die Entlassung bezw. die 
rueinstellung der Einjährig-Freiwilligen; in der 
ellen Novemberwoche erfolgt die Einziehung der 
retruien. Augenblicklich ist man seitens der Ge⸗ 
etulkommandos mit der Erstattung der Manöver⸗ 
erichte beschäftigt. Es ist nicht ohne Interesse, daß 
je Armeekorps im Gebiete der Ost⸗ und Nordsee⸗ 
üsten, also in Preußen und Pommern, Schleswig⸗ 
holstein und Hannover, die Aufgabe hatten, ein an 
den Küsten der Ost- und Nordsee gelandetes feind⸗ 
ches Korps zurückzuwerfen. Bislang war die Mög- 
hleit einer feindlichen Ostgrenze bei unsern Ma— 
tbern nicht vorausgesetzt und nur die Westgrenze 
lz bedroht angesehen worden. 
Ausland. 
London, 29. Sept. Die „Times“ erfährt 
zute, es ist beschlossen worden, 12,000 Mann eng⸗ 
ischer Truppen in Egypten als Besatzung zu be— 
isen. Von maßgebender Seite wurde dabei befür—⸗ 
vortet, dieses Occupationskorps theilweise aus in⸗ 
ischen Truppen mohamedanischen Glaubens zu bilden. 
London, 29. Sept. Aus Kairo melden die 
Norgenblätter, daß durch die Explosion des Muni— 
jionezuges fast sämmtliche Vorräthe des Commissa⸗ 
ials der Artillerte zerstört wurden. Der Schaden 
vird auf 100,000 Pfd. St. veranschlagt. Unter 
n Todten und Verwundeten besinden sich mehrere 
ritische Soldaten. 
Kairo, 28. Sept. Heute Nachmittag vier 
hr explodirte in der Nahe des Bahnhofs ein Mu⸗ 
ifionszug, der gerade abgehen sollte; wie es heißt, 
ind bis jetzt 30 Menschen todt. Die Explosion 
auerte bis Abends sechs Uhr fort; der Bahnhof 
dennt; man glaubt, daß die Entzündung des Mu— 
itionszuges durch die Hitze, die 100 Grad Fahren⸗ 
hit (ca. 33 Grad Réanmur) erreichte, verursacht 
end durch das Eisendach des Bahnhofs vermehrt 
Arde 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
St. Ingbert, 30. Sept. Unsere Leser 
nen hiermit noch einmal an die morgen (Sonntag) 
achmittag 4 Uhr im großen Saale des Café 
Werhauser siattfindende außerordentliche Gene⸗ 
lalbersammlung des Kirchenbau⸗-Vereins 
ümnnert. Die Tagesordnung — Abstimmung 
iber den Bauplatz der Kirche — ist so 
vichtig, daß wohl mit Sicherheit einer allgemeinen 
—3 der Mitglieder entgegen gesehen wer⸗ 
en kann. 
. St. Ingbert, 30. Sept. Drei halb⸗ 
achsige Burschen von hier konnten ihrem Drange, 
Welt zu sehen, nicht mehr widersiehen. Sie 
lossen sich daher ohne Wissen ihrer Eltern einigen 
lasmachern, welche nach Bordeauxr auswandern 
L 
vd aus sie auf Anordnung der Polizei, die noch 
Sonntag, 1. Oktober 1882. .— 17. Jahrg. 
rechtzeitig von der beabsichtigten großen Reise Wind 
hekommen hatte, wieder nach hier zurückgeschickt 
wurden. — Auf dem hiesigen Eisenwerke wurde 
dieser Tage ein frecher Diebstahl ausgeführt. Zur 
Nachtzeit wurde nämlich ein neuer Treibriemen im 
Werthe von mehreren hundert Mark gestohlen, nach⸗ 
dem schon vorher eben ein solcher von ruchloser 
dand zerschnitten worden war. Wer die frechen 
Thäter sind, weiß man noch nicht. 
e. Ensheim. Marktpreise vom 28. Sept. 
Buiter per 3 Kilo 1,10 - 1,20 Mk., Eier per 
Dutzend 80 Pf., Kartoffeln per 50 Kilo 8 Mk. 
— Kaiserslautern, 26. Sept. Die da⸗ 
jier unlängst veranstaltete polizeiliche Razzia auf 
erbotene Lotlerieloose hat für den Fiskus ein sehr 
Jünstiges Resultat ergeben. Fünf hiesige Loosever⸗ 
äufer wurden zu je 150 Mark und sämmilicht 
nahezu 200) in dem hiesigen Amisgerichtsbezirke 
vohnenden Spieler wurden zu je 8 Mk. durch 
S„trafmandat des kgl. Amtsrichters verurtheilt. Die 
n anderen Amtsgerichten wohnenden Spieler wurden 
horthin überwiesen. Eine Stempelstrafe konnte von 
A— 
ha die „verbotenen“ Loose den Reichsstempel tragen. 
— Kaiserslautern, 28. Sept. Wie die 
Kaisersl. Zig.“ mittheilt, hat, Herr Oekonom Karl 
Heorg Namens der Familie Georg, um das An⸗ 
zenken seiner verstorbenen Mutter zu ehren, dem 
»ortigen katholischen Kirchenbau⸗-Verein die respek— 
able Summe von 500 M. als Beitrag zum Kir⸗ 
henban zur Verfügung gestellt. J 
— Wachenheim, 28. Sept. Der Verkanf 
von Portugieser-Most hat hier und in Forst bereits 
»egonnen; es wird dafür 13 bis 14 Mark per 
Logel — 40 Liter bezahlt. — Das Mostgewicht 
heträgt ca. 75 bis 80 Grad. 
— Einen Beweis, daß auch in Landgemeinden 
üchtige strebsame Handwerker zu finden sind, kann 
der L. Anz. in Folgendem zur Genüge konstatiren: 
herr Franz Peter Schreiner, Holzdreher von Edes— 
heim, hat auf der Nürnberger Kunst- und Ge— 
verbeausstellung eine große Anzahl Faßkrahnen aus—⸗ 
gestellt, welche so gefielen, daß derselbe vom Re— 
zierungskommissär in Budapest (Ungarn) ein amt⸗ 
iches Schreiben erhielt, seine in Nurnberg ausge⸗ 
tellte Kollektion von Faßkrahnen nach der Ausstel⸗ 
nung demsk. k. Kunstgewerbemuseum in Budapest 
zu üderlassen. Meister Schreiner will auch unter 
entsprechenden Voraussetzungen gewillt sein, dies 
einzugehen, indem ihm ausdrücklich angedeutet ist, 
daß obengenanntes Objekt unter seiner Firma im 
dortigen Museum aufgestellt wird und sämmiliche 
erwünschte Aufträge des Landes ihm gebührenfrei 
übermittelt werden. 
— Vom Klingbahh schreibt die „Pf. Ztg.“: 
Der Unglücksfall in Hatzenbühl passirte am Sams— 
tag Abends 7 Uhr. Der Hahn am Gewehr war 
gespannt und ist Gendarm Wüst nicht hängen ge⸗— 
zlieben, sondern er ist au der Küche, in welche eine 
Treppe führt, gefallen. Das Gericht hat den Fall 
untersucht. Gendarm Wüst wurde wieder in Dienst 
gesetzt und die Sache soll wegen Fahrlässigkeit ver⸗ 
folgt werden. 
— Speyer, 27. Sept. Die diesjährige theo—⸗ 
ogische Anstellungsprüfung ging gestern zu Ende. 
Die Zahl 13 war diesmal nicht ominös, denn 
ämmtliche Candidaten haben die Prüfung bestanden. 
— In Ludwigshafen fiel ein auf dem 
Postgebäude beschäftigter Schieferdeckergeselle vom 
Dache und verletzte sich derart, daß er schwerver⸗ 
wundet in's Spital transportirt werden mußte. 
Vermischtes. 
Die Frequenz der bayerischen Gymnasien 
und Lateinschulen. Humanistische Gymnasien im 
Schuljahr 1881/82: 14,534 Schüler gegen 14,180 
Schüler im Schuljahr 1880/81; Realgymnasien im 
Schuljahr 1881/82: 487 Schüler gegen 522 Schüler 
m Schuljahr 1880,81. Isolierte Lateinschulen im 
Schuljahr 1881/82: 3345 Schüler gegen 3532 
Schüler im Schuljahr 188081. 
f Eine schöne Erbschaft haben in München 
zwei Katzen gemacht. Sie waren die Lieblinge 
des berühmten Bildhauers Halbig; in seinem Te— 
tamente setzte er zu ihrer Verpflegung 5000 Mk., 
aus, mit der Bestimmung, daß nach dem Tode der 
Thiere das Kapital an eine menschenfreundliche 
Anstalt fallen soll. 
Vom 1. Oktober ab tritt nach Ankündigung 
der kgl. Bergwerks-Direktion bei den meisten Kohlen⸗ 
orten der Saargruben eine bedeutende Preis— 
exrhöhung ein und zwar bis zu 8 Mk. per Waggon 
gegenüber dem lehzten Preise. Die Ruhrkohlen 
jaben ebenfalls eine Preiserhöhung von 10 bis 
12 Mk. per Waggon erfahren. 
FFreiburg, 28. Sept. Wie ein hiesiges 
Blatt mittheilt, ist wegen des Hugstetter Eisenbahn⸗ 
Unfalles gegen den Bahnamtsvorstand und den 
Zugführer eine Untersuchung eingeleitet worden, 
velche der Landesgerichtsrath Leiblin führt. 
F Auf traurige Weise ist in Remscheid ein 
hierjähriger Knabe ums Leben gekommen. Eben 
war in einer Familie der Kaffee aufgetragen, als 
sich die erwachsene Person auf einen Moment aus 
dem Zimmer entfernte. Diese Gelegenheit nimmt 
der Kleine wahr, hält den geöffneten Mund unter 
das Gießröhrchen, dreht den Hahn um und läßt 
ich die siedendheiße Flüssigkeit in den Hals laufen. 
Die herbeigerufenen Aerzte wendeten zwar alle Mittel 
an, konnten aber das junge Leben nicht retten. 
F Vier Familienfeste an einem Tage begehen 
zu können, war ein junger Ehemann zu Duis⸗ 
zurg in der glücklichen Lage. Er feierte den 
Jahrestag seiner Hochzeit, seinen und seiner Frau 
Beburtstag und schließlich die Geburt eines präch— 
tigen Knaben. 
F Dortmund 28. Sept. Heufe Nachmittag 
fsand ein Gruben-Unglück durch schlagende Wetter 
nuf der Zeche Colonia (Mansfelder Bergbau) bei 
Langendreer statt. Wahrscheinlich sind bis jetzt 18 
derletzt, 1 ist todt. 
F Eine gefährliche Sitte vieler Damen ist es, 
hre Hüte durch lange, spitze, an einer Seite weit 
yjervorragende Nadeln zu befestigen. Auf einem 
Pferdebahnwagen hätte diese Sitte vor ein paar 
Tagen in Berlin beinahe die Veranlassung zu einem 
cecht bedauerlichen Unfall gegeben. Zwei Damen 
varen in lebhafter Unterhaltung begriffen, als eine 
derselben, quf ein gestürztes Pferd deutend, ihrer 
stachbarin zurief: Ach, sieh doch, Elise, das arme 
Pferd!“ Die angeredete Dame wendete schnell den 
dopf nach links, wobei sie sich dicht unter dem 
Auge an der weit hervorragenden Hutnadel derartig 
zerletzte, daß sie mit lautem Aufschrei auf ihren 
ZSitz zurücksank. Bei näherer Besichtigung zeigte 
ich ein langer, scharfer Riß. Nur ein Haar breit 
jöher und das Auge wäre unzweifelhaft verloren gewe⸗ 
en. Es wäre sehr zu empfehlen, wenn die Damen die 
Hutnadeln entweder gänzlich verbannen oder wenig⸗ 
tens durch Aufschrauben einer kleinen Kugel an 
der Spitze ungefährlich machen wollten. 
Aus einem Privatbriefe entnimmt die „Wes.⸗ 
3Ztg.“, daß die deutsche Köorverte „Hertha“