Full text: St. Ingberter Anzeiger

A. Zushberter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert. 
7 
* 
— — —— — —— — — — — — — — — — — —— 
* St. Ingberter Anzeiger“? erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerotag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
u und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blait kostet vierteljährlich 1 40 Z einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 146 60 , einschließlich 
Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 H, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 , bei Neclamen 30 . Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
200 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 9. Okt. Von den vielen Unter⸗ 
zieren, welche nach ihrer in Preußen zurückge⸗ 
sten Dienstzeit bei hiesigen Regimentern, haupt⸗ 
flich Cavalerie⸗Regimentern als Capitulanten 
sreten wollten, wurden nur sehr wenige, und 
ch nur solche mit besten Führungsattesten von 
bezüglichen Commandos angenommen und ein⸗ 
etellt. 
Berlin, 8. Ott. Auch die Meldung der 
nzette Egyptienne über das angeblich bevorstehende 
nangement, betreffend die Berathung der egyp⸗ 
hen Entschädigungsfrage entbehrt bisher der 
ruͤndlage eines positiven Vorschlages, sowie über⸗ 
upt bezüglich dessen, was zur Lösung der ver— 
edenen egyptischen Fragen zu geschehen habe, 
auch immer keinerlei Vorschläge eingelangt sind. 
)amit erledigen sich auch die Meldungen über eine 
iebliche deutsche Vermittlung, sowie darüber, daß 
Verwandlung der bisherigen englisch⸗französi⸗ 
en Finanzkontrole in eine von den Vertretern 
sämmtlichen Großmächte auszuübende beabsich⸗ 
gt sei. Im Allgemeinen sprachen sich jedoch in 
n verschiedenen nunmehr auftauchenden Versionen 
nschauungen aus, die wohl als den Wünschen 
ᷣgebender Kreise entsprechend angesehen werden 
nnen, soweit es sich darum handelt, den egyp⸗ 
schen Angelegenheiten und ihrer Lösung den euro— 
äischen Charakter zu wahren und eine Verständi⸗ 
ung zwischen Frankreich und England untereinander 
ls die nothwendige Vorbedingung für alles weitere 
etrachtet wird. Auch der Gedanke, die Commission, 
velche die Entschädigungsansprüche zu prüfen ha⸗ 
mn wird, von jener zu trennen, die gewissermaßen 
ir die Bededung des Erfordernisses zu sorgen 
iben wird, und die Vertreter aller Mächte zur 
litwirlung bei ersterer Commission heranzuziehen, 
idet vielfachen Anklang. 
Wie aus Stettin gemeldet wird, soll Prinz 
ilhelm, der älteste Sohn des deutschen Kron⸗ 
tinzen, zeitweise dem Oberpraͤsidenten der Provinz 
ommern beigeordnet werden, um dadurch Gelegen⸗ 
eit zu finden, durch genauen Einblick die Verhalt- 
isse und Bedürfnisse und die Verwaltung einer 
zrobinz und somit des ganzen Landes gründlich 
ennen zu lernen. 
Ausland. 
Paris, 9. Okt. Wie aus Paris versichert, 
eht die englische Regierung in Unterhandlung 
egen Ankaufs von 200,000 Suez⸗Aktien. — 
die Abgeordneten⸗ Candidatur Floquets in Perpig⸗ 
n scheint gesichert. — Die Regierung wird die 
erträge Brazzas mit den Negerhäuptlingen am 
„ngo ratificiren. — In Toulouse, Avignon und 
hon finden große legitimistische Demonstrationen 
att. — Der Prinz von Wales wird hier erwartet. 
Dem „Fr. J.“ wird gemeldet: In diploma⸗ 
ihen Kreisen betrachtet man das augenblicliche 
erhaltniß Frankreichs zu England als ein 
ußerst gespanntes aus dem Grunde, weil Frank⸗ 
ich erfuhr, daß England große Lieferungsverträge 
it die Truppen in Egypten abgeschlossen, die für 
se längere Occupation berechnet seien. Frank— 
eich erbat sich Erklärungen, die England aus- 
neichend beantwortete und wobei es darauf an⸗ 
Rielte, es wünsche keine Separatallianz, auch würde 
rankreich gut thun, sich durch Tunis abgefertigt 
nbalten. Darauf soll Gambeita sich mit person— 
ven Vorstellungen an den Prinzen von Wales 
Dienstag, 10. Oktober 1882. 4 17. Jahrg. 
ind Charles Dilke gewandt haben; doch dürfte 
ersterer nicht aus der Rolle seines Königshauses 
seraustreten, und die Stellung des letzteren ist 
zerart isolirt, daß er hinter dem Rücken seiner 
Follegen keine weiteren Abmachungen mit Gambetta 
nehr vornehmen kann. 
London, 9. Okt. Laut Meldungen aus 
dairo hat Sultan Pascha erklärt, durch die An— 
tellung von Eingeborenen anstatt der Europäer 
100,000 Pfund Sterling sparen zu wollen. Die 
sotabelnkammer soll bestehen bleiben. Malet er⸗ 
zffnet dem Khedive, daß die Controle als abgeschafft 
uu betrachten sei, und daß ihre Funktionen von 
den Commissären der Staatsschuld übernommen 
verden sollten. Baker Pascha soll beabsichtigen, für 
den Fall, daß die Aushebung indischer Soldaten 
ür das egyptische Contingent auf Schwierigkeiten 
toße, dasselbe aus Arabien vom persischen Meer— 
usen und aus Muscat zu recrutiren. 
London, 9. Okt. Laut Berichten aus Kon⸗ 
tantinopel hat der Großvezier seine Demission ein— 
ereicht, dieselbe wurdd jedoch nicht angenommen. 
dord Dufferin erklärte der Pforte, England werde 
en Rest seiner Armee baldmöglichst aus Egypten 
urückziehen, doch sei es vorher angesichts der von 
hm gebrachten Opfer und der auf ihm lastenden 
zerantwortlichkeit genöthigt, Einrichtungen zu treffen, 
velche dauernde Sicherheit und Ruhe verbürgen. 
die „Times“ bringt in einem heutigen Artikel die 
dachricht, daß die Controle ein für allemal aufge— 
joben ist, und bemerkt dabei, daß die Ansprüche 
gambetta's vollkommen unverständlich seien. 
Alexandrien, 8. Okt. Nachrichten aus 
Tantah besagen, daß ein fanatischer Scheil, welcher 
jach dem Abzug der britischen Truppen das Volk 
uu neuen Gewaltthaten aufreizen wollte, durch dort 
vohnende Griechen verhaftet worden ist. Neuen 
Rubestörungen ist vorgebeugt worden. 
— Dürkheim, 8. Okt. Heute wurde der 
Verbandstag der pfälzischen Gewerbpereine in unserer 
Stadt abgehalten. Es waren bei demselben ver⸗ 
sreten die Vereine Bergzabern, Dürkheim, Eden⸗ 
'oben, Frankeuthal, Gruͤnstadt, Kaiserslautern, Kirch⸗ 
seimbolanden, Ludwigshafen, Speyer, Neustadt und 
Zweibrücken. Die drei übrigen dem Verbande an— 
Jehörenden Verein: Kusel, Landau und St. Ing- 
ert hatten keine Vertreter gesandt. Die k. Re— 
sierung der Pfalz war durch Herrn Bezirksamts- 
issesssr Glaser aus Neustadt, die pfälzische Han⸗ 
elskammer durch Herrn Sekretär Fügen aus 
dudwigshafen vertreien. Punkt 1 der Tagesord— 
nung, Bericht des Vororts über die Vereinsthätig- 
eit des letzten Verbandsjahres konnte, da nur einige 
hereine Verichte eingesandt hatten, nur theilweise 
rledigt werden und spricht der Vorsitzende den 
Wunsch aus, daß alljährlich von sämmtlichen Ver⸗ 
inen Berichte über ihre Thätigkeit in tabelarischer 
rorm dem Vorort eingesandt werden möchten. Punkt 
. Rechnungsablage gab zu keiner Erinnerung An⸗ 
aß und wurde dem Rechner Decharge ertheilt. Es 
olgt nun Punkt 3, das gewerbliche Fortbildungs- 
chulwesen der Pfalz, über welches Herr Jung- 
daiserslautern und Cuny-Dürkheim referirten. Da 
ie beiden Referate ziemlich Zeit in Anspruch nahmen 
ind noch verschiedenes andere Material vorlag, 
nußte von einer Diskussion über diesen Gegen- 
tand Umgang genommen werden; beschlossen wurde, 
er Vorort möge eine Kommission von 5 Mitgliedern 
estimmen, welche den Antrag von Cuny eingehend 
rüfen und darüber berichten soll, um das Resultat 
er Verhandlungen behufs späterer Beschlußfassung 
den einzelnen Vereinen zuzusenden. Dieser Antrag 
autet: Der Vorort möge die geeigneten Schritte 
hun, um die k. Regierung zu einer durchgreifenden 
Keorganisation der gewerblichen Fortbildungsschulen 
n dem Sinne zu veranlassen, daß a. in der ganzen 
gIfalz eine vollständige Gleichförmigkeit dieser Anstalten 
ingeordnet und überhaupt verfügt werden möge, daß 
. bezüglich der Unierrichtsertheilung das Technisch- 
ewerbliche mehr als jetzt berücksichtigt und die prak⸗ 
ische Moral in hervorragender Weise betrachtet 
verde und daß e Lehrgang und Lehrstoff in sach⸗ 
undiger Weise genau dorgeschrieben, pünktlich ein⸗ 
sehalien und streng kontrolirt werde. Punkt 4. 
die Gesetzentwürfe über Kranken- und Unfallver⸗ 
icherung, Referent Herr Reichstagsabgeordneter Dr. 
Buhl, Deidesheim. Leider gestattet es der Raum 
uicht, auf dieses ausführliche, hochinteressante Re— 
erat näher einzugehen. Bemerken wollen wir nur, 
aß nach Ansicht des Referenten die zwangsweise 
Bersicherung der Arbeiter eine Nothwendigkeit ist, 
veil viele Ärbeitgeber selber im Falle eines Un⸗ 
lücks leicht in die Lage kommen dürften, den ihnen 
zurch das Gesetz auferlegten Verpflichtungen nicht 
nehr nachkommen zu können, sowie, daß er zu dem 
-„chlusse kommt, daß die Entwürfe in der vorliegen⸗ 
»en Form unannehmbar seien, vielmehr in verschie⸗ 
denen Punkten geändert werden müssen. Es soll 
nun der Vorort in Verbindung mit den Herren 
Abgeordneten Dr. Buhl und Petersen die Ange— 
legenheit weiter behandeln und von dem Resultate 
den Vereinen Mittheilung machen. Der Gewerbe⸗ 
zerein Zweibrücken hatte in der nämlichen Sache 
durch Herrn Stern ebenfalls eine Resolution ein— 
jebracht, dieselbe jedoch zurückgezogen. Da es in⸗ 
wischen 4 Uhr geworden war, konnte Punkt 5: 
„Welchen Einfluß üben die Vereine gegen Haus— 
hettel ꝛc., auf die Handwerksburschenschaft“ nicht 
nehr zut Verhandlung kommen. mußte vielmehr 
Lokale und vfelzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 10. Okl. Der neue Fahr⸗ 
lan für den Winterdienst wird nächsten Sonntag, 
zen 15. ds. Mts. in Kraft treten. Wie wir haäͤren, 
vird derselbe keine wesentliche Aenderung gegenüber 
zer jetzigen Fahrordnung bringen. 
— Kaiserslautern, 9. Okt. Eine Ver—⸗ 
ammlung der istaelitischen Gemeinde beschloß den 
zau einer Synagoge mit einem Kostenaufwand 
on 230,000 Mk. — Die hiesige Aktienbrauerei 
vurde soeben von Herrn Birk in Dürkheim für 
in Mannheimer Consortium für 282,000 Mark 
rstanden. (Pf. K.) 
— Kaiserslautern. Die vom „Pf. K.“ 
ebrachte Mittheilung, es sei von den Herren Dr. 
Schandein dahier die Gründung einer Augenklinik 
eabsichtigt, ist durchaus unrichtig. da seitens der 
jenannten Herren eine solche Absicht nicht besteht 
ind Kaiserslautern überhaupt nicht der geeignete 
dlatz für ein solches Unternehmen ist. 
— Winn weiler, 8. Okt. Ein Einwohner 
yvon Sembach glaubte seine Ersparnisse sicherer in 
einem Bette als seiner Commode oder seinem 
-„chranke unterbringen zu können, da ihm solche 
nöglicherweise aufgebrochen werden könnten. Eine 
Arbeiterin, die einige Male mit dem Bettmachen 
zetraut wurde, kam bald dahinter und führte sich 
zen Betrag von 170 M. zu Gemüthe, von wel⸗ 
her Summe sie bereits angeblich 100 M. ver—⸗ 
vendet hat, während sie den Rest unter Zuge— 
tändniß dem Eigenthümer dieser Tage wieder zu⸗ 
ückgab. (K. 3.)