ol. Audberfer Amzeiger.
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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
e ‚St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmalr Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗
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0 202.
Samstag, 14. Oktober 1882.
17. Jahrg.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
München, 11. Okt. Mehrere Blätter (a.
Anz.) meldeten in jüngster Zeit, daß die Reichs⸗
ink die Annahme der bayerischen Banknoten ver—⸗
eigere; diese Mittheilung dürfte dahin zu bericht⸗
en sein, daß die Reichsbank nach 8 19 des Bank⸗
setzes die Noten aller Privatbanken in Städten
etr 80,0000 Einwohner in Zahlung nehmen muß.
19 lautet nämlich: „Die Reichsbank ist verpflichtet,
Noten der vom Reichskanzler nach der Bestim⸗
ung in 8 45 dieses Gesetzes bekannt gemachten
anken sowohl in Berlin, als auch bei ihren Zweig⸗
ustalten in Städten von mehr als 80,000 Ein⸗
ohnern oder am Sitze der Bank, welche die Noten
sgegeben hat, zum vollen Nennwerthe in Zahl—
ig zu nehmen, so lange die ansgebende Bank ihrer
hieneinlösungspflicht pünktlich nachkommt. „Wenn
Annahme an kleinen Plätzen verweigert wird,
orüber mehrfach, so aus Halle, Klagen laut ge—
orden find, so ist das allerdings eine schwere
chädigung des Verkehrs, aber nicht ungesetzlich.
ie bayerische Notenbank nimmt nach eingezogenen
lundigungen die Noten der Reichsbank, wie aller
rxibalbanken bei ihren sämmtlichen 48 Stellen, wo⸗
menur 2 in Städten über 80,000 Einwohner
nd, in Zahlung. Auch die übrigen Privatbanken
len ähnlich verfahren.
München, 11. Ott. Der „K. Z.“ wird
chrieben: Daß der italienische Ministerpräsident
epretis in seiner großen Programmrede ausdrück⸗
h der Verbindung des neuen italienischen Köuigs—
auses mit der Wittelsbach'schen Dynastie als Be—
eis des gestärkten freundlichen Einvernehmens
ischen Deutschland und Italien gedacht hat, ist
ne erfreuliche Bestätigung der hier darüber herr⸗
enden Auffassung.
Karlsruhe, 11. Okt. Wie verlautet, wäre
ser obersten Verwaltung der Eisenbahnen eine
ränderung dahin im Plan, daß in derselben das
mische Element umfassendere Vertretung finden
le. Inzwischen scheint die Generaldirection sich
den Entscheidungen des Landgerichts Mannheim
uglich des Heidelberger Eisenbahnunglücks nicht
‚uhigen zu wollen, soweit dieselben ihr ein Ver⸗
ulden zur Last legen. Nach Mittheilung der
atlichen Karlsr. Ztg. hätte das zuständige Mini—
rium die geeigneten Schritte eingeleitet, um die
agelegenheit klar zu stellen. — Man darf ge—⸗
mnnt darauf sein, ob und welche neue Momente
ne weitere administrative Untersuchung zu Tage
rdern wird. Das Gericht mußte seine Ausfüh—
ngen auf das ihm zugänaliche Beweismaterial
ren
Im Reichsjustizamt ist man in der That ernst⸗
ich mit der Frage einer Herabsetzung der
Herichtskosten beschäftigt; es gewinnt den
Anschein, als ob man zu greifbaren Resultaten
jelangen werde. Außerdem wird wieder einmal
jemeldet, daß man mit der Revision der Gesetz⸗
sebung über die Actiengesellschaften „sehr lebhaft
eschäftigt“ ist. In letzterer Beziehung hegt man
m Reichsjustizamt den Wunsch, die Vorarbeiten
nöglichst bald zur Durchführung zu bringen; kei—
neswegs ist anzunehmen, daß, wie vielfach gemeldet
vorden, die Absicht vorwaltet, die Regelung dieser
Materie bis zum Erscheinen des deutschen Civil⸗
sesetzbuches zu vertagen; wenn es auch nicht wahr⸗
heinlich ist, daß die Vorlage schon in der Fort⸗
etzung der jetzigen Reichstagssession erscheinen kann,
o wird man dieselbe doch in der nächsten Session
nit Bestimmtheit erwarten dürfen. Ueber den
Stand der Gerichtskostenfrage aber wird wohl sschon
zei den bevorstehenden Berathungen über den Reichs⸗
haushaltsetat eine Auskunft gegeben werden, welche
die weiteren Schritte der Regierung erkennbar
machen dürfte.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
* St. Ingbert, 13. Okt. Wie bereits
jsemeldet, tritt am 15. Okt. der Winterfahrplan
n Kraft und finden unsere Abonnenten einen Aus⸗—
ug aus demselben die Bahnstrecke Saarbrücken—
zweibrücken betr. im Inseratentheil.
—t. Bliestastel, 12. Okt. Wie wir hö⸗
en, soll der in Zweibrücken verunglückte Tüncher
graun sich auf dem Wege der Besserung befinden.
dagegen ist der in Wolfersheim beim Obstbrechen
Jerunglückte bereits seinen qualvollen Leiden er—
egen und wurde gestern zur ewigen Ruhe be⸗
tattet.
—t. Blieskastel, 12. Okt. Gestern Abend
jegen 7 Uhr hatten wir ein von Westen herkom⸗
nendes Gewitter, das von starkem Regen begleitet
var. Nach der heutigen Witterung zu urtheilen,
jat es nicht den Anschein, als sei dieses Gewitter
von einem mehrtägigen Regen begleitet, wie wir
s den ganzen Sommer über gewohnt waren.
— Auf der Kirchweihe in Weltersbach
rank ein vom Tanze erhitzter 17jähriger Bursche
iinen Schoppen Wasser aus. Kaum hatte er je⸗
voch den nächsten Tanz begonnen, da fiel er um
ind war eine Leiche.
— Kaiserslautern, 11. Okt. Zur Feier
es Jubiläums der 285jährigen Thältigkeit des Di—
ektors der Kammgarnspinnerei, Hrn. Kommerzien⸗
aths Schön, veranstalten die Meister und Arbeiter
»ꝛes Etablissements am Freitag Abend zu Ehren
des Jubilars einen Fackel-und Lampionszug. Nach
emselben findet eine gesellige Reunion der Theil⸗
iehmer im Jänisch'chen Lokale Statt. Als sicht⸗
ares Erinnerungszeichen an den Ehrentag widmen
Neister und Arbeiter dem Gefeierten eine künstle⸗
isch ausgeführte Gedenktafel, die am Freitag Abend
iberreicht wird. — Am Samstag findet im, Schwan“
zas seitens der Aktionäre zu Ehren des Jubilars
eranstaltete Festessen Statt. (Pf. V.)
— Die landwirthschaftliche Kreiswinterschule
u Kaiserslautern beginnt ihren neuen Unter⸗
ichtskurs am 81. Okt. Nach den Satzungen hat
zie Anstalt ihre Aufgabe in zwei Winterkursen mit
der Dauer von je 5 Monaten — Anfang Novbbr.
zis Ende März — zu lösen. Der Unterricht um⸗
aßt folgende Lehrgegenstände: Deutsch, Rechnen,
geometrie und Vermessungskunde, Geographie und
Beschichte, Zeichnen, Physik, Naturgeschichte, Boden⸗
unde mit Chemie und Mineralogie, Pflanzenbau,
hierzucht, Betriebslehre mit Buchführung, kultur⸗
echnische Fächer, Turnen. Zur Aufnahme in die
Schule ist erforderlich ein Alter von mindestens 15
zahren, Nachweis des entsprechend vollendeten
Volksschulunterrichtes und legal bestätigtes sittliches
Vohlverhalten. Zur Unterstützung und Neran⸗
haulichung des Unterrichtes dienen die reichen
SZammlungen der Kreisrealschule und Winterschule.
zm letzten Schulsemester besuchten 24 Schüler die
Unstalt. Aus dem bewilligten Kreisstipendium
erhielten drei Bewerber Unterstützungen im Betrage
»on 100 bis 200 Mk. Durch das kgl. Bezirks⸗
imt Bergzabern wurde einem derselben noch ein
veiteres Stipendium aus Distriktsmitteln zugewendet.
Die Regierung der Pfalz ist unablässig bemüht,
»as Unterrichtswesen in seiner verschiedenartigen
Hestaltung immer mehr zu heben und wird in
iesem Bestreben vom Landrath und den Distrikts⸗
äthen thatkräftig unterstützt. Zu wünschen ist, daß
n den betreffenden Kreisen der Segen einer ent—
d)rechenden Bildung immer mehr zum Durchbruch
omme und die so reichlich gebotenen Gelegenheiten,
Ausland.
Wien, 11. Okt. Die griechisch-türkische
Brenzfrage, sowie die diplomatische zwischen der
Pforte und Griechenland stattgehabte Controverse
vird nunmehr als sinalisirt angesehen.
Paris, 11. Okt. Nachrichten aus Frohsdorf
ufolge, war man dort von der Nachricht, daß der
Hraf von Chambord dem Grafen von Paris seine
Rechtsansprüche auf den französischen Thron defi—
nitiv abgetreten habe, nicht wenig überrascht. Die
rwähnte Meldung wird von Seite des Grafen
Thambord auf das entschiedenste dementirt.
Mehrere Blätter hatten gemeldet, Graf Cham—
»ord sei incognito nach Rom gekommen und in
zeheimer Audienz vom Papst Leo XUI. em⸗
fangen worden. Hierüber berichtet man nun aus
stom dem „Gaulois“: „Eine geheimnißvolle Per—
önlichkeit ist am 28. September in Rom einge—
roffen, unter dem Namen Villers-Grandchamp im
hotel de Rome abgestiegen, am 29. um 6 Uhr
Abends vom Papste in einer besonderen Audienz
mpfangen und bis halb 8 Uhr von Sr. Heiligkeit
urückgehalten worden. Der ganze Hof war in
Bewegung. Die geheimnißvolle Persönlichkeit war
nit dem für die königlichen Hoheiten üblichen Eere—
noniell umgeben worden. Am 30. reiste sie nach
Florenz und Venedig ab. Ich habe nicht in Er—
ahrung bringen können, wer es war. Im Vatican
vurde der Name sorgfältigt geheim gehalten. Man
pricht von dem Grafen von Paris, aber nichts ist
gJewiß.“ Aus den vorstehenden Mittheilungen will
der „Gaulois“ nicht schließen, daß der geheimniß⸗
volle Besuch der Graf von Paris, aber er schließt
araus mit Bestimmtheit, daß es nicht der Graf
Fhambord gewesen. Der Graf von Paris sei im
Latican und in Rom so gut als bekannt, während
»as Bildniß des Grafen Chambord sich dort überall
inde und seine Züge Jedermann bekannt seien.
Alerandrien, 11. Okt. Das Journal
fahram meldet, die Effectivstärke der egyptischen
Armee werde 10,000 Mann betragen. Offiziere
ind Soldaten, welche der Theilnahme an der Re—
ellion verdächtig, werden nicht in die Armee auf—
lenommen werden. Sämmtliche Offiziere werden
rürken oder Cirkassier sein.
Zerlin, 11. Okt. Falls nicht unerwartete
qnisse eintreten, gehen wir vorläufig einer, was
auswärtigen politischen Angelegenheiten betrifft,
inrscheinlich sehr ruhigen Zeit entgegen. Man
ht zwar, daß man sich, was die egyptische
elegenheit anbelangt, in Geduld fassen müsse,
tber überzeugt, daß in der maßvollen Haltung
alands eine Bürgschaft für eine ruhige, allen
teressen gerecht werdende Lösung zu erblicken sei.
ie griechisch-türkische Grenzfrage hält man für
gethan, und auch den auf dieselbe bezüglichen
dlomatischen Schriftenwechsel zwischen Griechen⸗
d und der Pforte für in befriedigender Weise
endigt, nachdem in der letzten von der Pforte an
nduriotis gerichteten Note eigentlich Alles conce—
itt erscheint, was Griechenland verlanate.