Full text: St. Ingberter Anzeiger

al. Ingherter Amzeiner. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.“ 
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W 
17. Jahrg. 
„V 205. 
Dienstag, 17. Oktober 1882. 
Politische Uebersicht. 
Die französische Regierung beabsichtigt künf⸗! 
ighin gegen die Ränke der Royalisten einzuschreiten. 
ßambetta wird an Stelle des verstorbenen Ad⸗ 
nirals Pothuau Senator auf Lebenszeit und nach⸗ 
er wahrscheinlich Senatspräsident werden. 
Arabi Pascha hat mehr Freunde in Eng⸗ 
land, als er sich in seiner Gesangenschaft wohl 
räumen läßt. Professor Beesley hat im Namen 
er Londoner Positivisten-⸗Gesellschaft ein Schreiben 
in Me. Gladsione gerichtet, welches höchst energisch 
u Gunsten einer glimpflichen Behandlung des egyp⸗ 
ischen Ex⸗Dictators eintritt. In demselben heißt 
s u. A.: ... Wenn Arabi als Rebell oder Meu⸗ 
erer bestraft würde, dürfte die ganze civilisirte Weli 
Pfui!“ über uns ausrufen. ... Auch Wilfried 
Ziunt, der vielleicht am meisten mit dazu beige⸗ 
ragen, Arabi zu einem Rebellen zu machen, hat 
benfalls eine Zuschrift an den Premier zu Gunsten 
lrabiꝰs gerichtet, worin er sich beschwert, daß seine 
Bemühungen, den Gefangenen die Vertheidigung 
ines englischen Advokaten zuzuwenden, vereitelt und 
urchkreuzt werden. Er fügt hinzu: Durch mein 
Nißverstaͤndniß Ihrer Gesinnungen gegen sie, hatte 
ch die Gefangenen in ihrem Widerstande gegen die 
uropäische Diplomatie ermuntert und ich schulde es 
enselben jetzt, ihnen in ihrer Bedr ängniß beizus 
tehen. Gegenwärtig wird ihnen alle Gerichtigkeit 
ʒersagt.“ 
Konstantinopel, 15. Okt. Der Premier⸗ 
ninister hat dem Sultan ein Programm unter⸗ 
zreitet, dessen Hauptpunkte sind: 1) Herstellung 
zleicher Beziehungen zwischen der Türkei und allen 
Mächten; 2) Wiinisterverantwortlichkeit; 3) Ver— 
ninderung der Ausgaben für das Militär und 
veitere Enfaltung der Gendarmerie; 4 Ausführung 
son Reformen in Armenien. Der Sultan hat sich 
iber diesen Programmentwurf noch nicht geäußert. 
Aus Konfstantinopel trifft die Nachricht 
»in von neuen gegen England gerichteten Intriguen 
‚on Seiten Mahmud Edim und Assym Pascha's. 
der Sultan soll sehr erbittert gegen den Khedive 
ein und Arabi's Verurtheilung zum Tode verhin⸗ 
dern wollen. 
Kairo, 15. Okt. Der Prozeß Arabi ist wegen 
der über die Zulassung ausländischer Advokaten 
ntstandenen Schwierigkeiten vertagt worden. Die 
gyptische Regierung entwarf eine Note an den 
Heneralconsul Malet, welche auf die Juconvenienzien 
aus der Zulassung ausländischer Advokaten hinweist 
und erklärt, die Regierung würde anstatt ein der— 
artiges Arrangement anzunehmen, Arabi und die 
ibrigen Gefangenen lieber den englischen Militär— 
vhörden zur Aburtbeilung übergeben. 
steservefond⸗Conto auf 28,840 Mk., das Sparkassen⸗ 
Fonto auf 360,688 Mtk. 37 Pf., das Conto—⸗ 
Forrent⸗«Conto auf 588,257 Mk. 06 Pf., das 
zanken⸗ und Vereine⸗Conto auf 63,893 Mt. 25 Pf. 
der Reingewinn beträgt 7826 Mt. 42 Pf. Einen 
anz bedeutenden Aufschwung nahm das Spar— 
assen⸗ Conto in der abgelaufenen ersten Hälfte 
ieses Jahres. Als Ursache der starken Bewegung 
n Betreff der Mitgliederzahl bezeichnete der Ge⸗ 
chäftsbericht die Auswanderung nach Amerika. 
duch über den zweiten Punkt der Tagesordnung 
— den im Juli ds. Is. zu Zweibrücken abge⸗ 
saltenen pfälzischen Genossenschaftstag und die 
zrage des Anschlusses an den Revisionsverband — 
erichtete Herr Cassierer Beer in eingehender 
Weise. Von einem Beschlusse wurde jedoch bezüg⸗ 
ich der Revisorenfrage mit Rücksicht auf den schwa⸗ 
hen Besuch der Versammlung abgesehen und der 
hegensiand bis zur nächsten Generalversammlung 
vertagt. 
— Für die nächsten sechs Jahre wird nach dem 
xẽrgebniß der diesjährigen Wahlen der pfälzische 
dandrath aus folgenden Mitgliedern bestehen: 
) Vertreter der Districtsgeme inden Dr. Armand 
guhl, Gutsbesiser in Deidesheim, Dr. Wilhelm 
zölier, praktischer Arzt in Frankenthal, Adolph 
Schmidt, Rechisconsulent in Ludwigshafen, Ludwig 
Mayer, Rentner in Landau, Mar Kitt,Bürger⸗ 
neister in Rülzheim, Philipp Daniel Barz, Rentner 
in Annweiler, UÜlrich Brunck, Gutsbesitzer in Kirch— 
seimbolanden, Karl Spieß, Gutsbesitzer auf dem 
—„chmalfelder Hof, Otto Freudenberg, Gutsbefitzer 
n Zweibrücken, Heinrich Krämer, Hüttenwerksbe⸗ 
itzer in St. Ingbert, Johann Frentzel, Bürger⸗ 
neister in Börrstadt, ) Karl Georg, Gutsbesitzer in 
Zaiserslautern, August Schneider, Bankier in Pir⸗ 
nasens, Ludwig Höh, Gutsbesitzer auf dem Bamster⸗ 
jof, Ludwig Benzino, Rentner in Kusel, Peter Wil⸗ 
selm König. Kaufmann in Wolfstein. 2) Vertreter 
es Großgrundbesitzes: Johann Georg Zumstein, 
Hutsbesitzer in Dürkheim, Johann Janson, Gutsbe— 
itzer in Harxheim, Philipp Stöppel, Gutsbesitzer 
n Landau, Joseph Stalter, Gutsbesitzer auf, dem 
Ztausteinerhof. 3) Vertrelerder selbstsiandigen Pfar⸗ 
ꝛer: Ernst Krieger, protest. Decan in Kirchheimbo— 
anden, Joseph Huth, kath. Decan in Pirmasens 
ind Andreas Hundemer, kath. Pfarrer in Roschbach. 
zn der letzten Periode waren als Vertreter der 
gzfarrer zwei protestantische und ein katholischer 
heistlicher, was der vorgeschriebenen Abwechselung 
vegen dieses Mal umgekehrt ist. 
— Ueber die in gestriger Nr. erwähnte Ver⸗ 
ammlung in Biebermühle am Sonntag 
dachmittag sagt die „Zw. Z.“, daß derselben außer 
en Reichs⸗ und Landtagsabgeordneten HH. Oskar 
drämer, Oberlandesgerichtsrath Hessert und 
Bürgermeister Märker etwa 70 Vertrauensmänner 
der liberalen Partei aus den Kantonen Pirmasens, 
Valdfischbach, Dahn und Zweibrücken anwohnten, 
im mit den genannten Herren Vertretern des 
Wahlkreises im Reichs⸗Bez.⸗Landtage bekannt ge— 
nacht zu werden und politische Besprechung mit 
enselben zu pflegen. Nach herzlicher Begrüßung 
zer Erschienenen durch den 1. Vorstand des Wahl⸗ 
ereins, Hrn. J. B. Wolff, erstattete zunächst Hr. 
Zessert und dann Hr. Märker Bericht über die 
ungste Session des bayerischen Landtags. Hr. 
hZessert sprach in längerem gehält- und lichtvollen 
ind in jeder Beziehung verstaͤndlichen Vortrag über 
die mißliche Stellung der liberalen Minorität, die 
Zzusammenfetzung der bayerischen 2. Kammer, über 
Deutsches Reich. 
München, 15. Okt. Wie wir von verläs⸗ 
jer Seite erfahren, hat der in den jüngsten 
igen erfolgte Rechnungsabschluß des Staats⸗ 
uüshaltes für das Jahr 1881 ein sehr gün— 
jeß Resultat ergeben, denn während ein Defizit 
n einigen Millionen Mark zu befürchten stand, 
iben die Staatsausgaben bis auf eine verhält⸗ 
zmäßig nicht bedeutende Summe ihre Deckung 
ich die ordentlichen Staatseinnahmen gefunden. 
hon Bayern, insbesondere von München 
», soll, und zwar „von am Tabakgeschäfte be— 
eiligte Industriellen und Kaufleuten“ eine Agitation 
Leben gerufen sein, welche neuerdings besonders 
a süddeuischen Tabakfabrikanten durch die Fabri⸗ 
der österreichischen Regie erwächst. 
gei der im Wahlkreise Ulm (Württemberg) 
unt gehabten Reichstags-Stichwahl ist der Kandi⸗ 
der Volkspartei, Haͤhnle, mit einer Mehrheit 
etwa 1000 Stimmen zum Reichstaasabgeord⸗ 
a gewählt worden. 
gZerlin, 15. Okt. Wie die „Magdb. Ztg.“ 
ist man entschlossen, den Landtag der 
onarchie sofort nach den Wahlen zum Abgeord⸗ 
ꝛtenhause einzuberufen, so daß derselbe, da der 
eichstag nicht vor dem 30. November seine Ar 
ten wieder aufnehmen wird, den ganzen Monat 
vvember hindurch ohne Collision mit dem deutschen 
arlament hier tagen kann. 
Berlin, 15. Okt. Auf eine aus Handwer⸗ 
treisen hier eingegangene Petition betreffs des 
ubmissionsverfahrens und eines Antrages auf Er⸗ 
z eines Gesetzes, wonach bei Concursen die For⸗ 
rungen der Handwerker in erster Linie mit be— 
dsichtigt würden, ist von der Ministerial⸗Instanz 
x Bescheid ertheilt worden, daß die Petition der 
eichscommission für die Ausarbeitung eines allge⸗ 
einen bürgerlichen Gesetzbuches zur etwaigen Be⸗ 
üchfitigung überwiesen worden sei. 
Berlin, 16. Oklt. Die Nordd. Allg. Zig. 
zeichnet die Times-Meldung, daß Fürst Bismarck 
it einem durch Paris gereisten Politiker ein länge⸗ 
3 Gespräch über den Suezlanal gehabt habe, als 
ine kecke, ungeschickte Erfindung. 
Die Mittheilung, daß die neue Militär— 
trafprozeßordnung für das Deutsche 
Keich binnen Kurzem ihrer definitiven Feststell⸗ 
mg entgegen gehe, ist von verschiedenen Seiten 
ngezweifelt worden. Trotz dieses Widerspruchs 
aubt die „Nordd. Allg. Ztg.“ jene frühere Mit⸗ 
eilung aufrecht erhalten zu müssen. In den 
jaßgebenden, namentlich in militärischen Kreisen 
man der sicheren Uebezeugung, daß die neue 
dilitär⸗Strafprozeßordnung in der nächsten Früh— 
hrssitzung des Deutschen Reichstaas zu Vorlage 
elangen werde. 
Lokale und vfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 17. Okt. Trozß der auf 
der Tagesordnung stehenden wichtigen Frage über 
Anschluß an den Revisionsverband war die gestern 
Abend in der Grewenig'schen Wirthschaft stattge⸗ 
jabte Generalversammlung des Vorschuß— 
Zereins äußerst schwach besucht. Von den 525 
Nitgliedern, welche der Verein am Schlusse des 
. Semesters d. Is. zählte, waren nur 12 erschienen. 
Als Vorsitzender fungirte der Direktor des Vereins, 
herr Posthalter Conrad, als Schriftführer Herr 
Stadtschreiber Ba y er. Den Geschäftsbericht über 
zas abgelaufene J. Semester erstattete Herr Cassierer 
*.Beer. Der Gesammt⸗Umschlag im genannten 
eitraume betrug, wie schon früher mitgetheilt, 
393,838 Mk!. 89 Pf. Das Stammantheil⸗ 
donto beläuft sich auf 165.836 Mk. 38 Pf.. das 
Ausland. 
Paris, 16. Okt. Victor Hugo fordert in 
er überaus pathetischen Proclamation England 
uf, Arabi zu begnadigen. Dem rohyalistischen 
zanket in Saint Maude wohnten gegen Dreitau⸗ 
nd, darunter viele Orleanisten, bei. — Die an⸗ 
rchiichrevolntionären Journale Citoyen und Bataille 
ionirten unter Direction des Comunemitgliedes 
issagaray. Die bonapariistische Partei soll aus 
üdamerika fünf Millionen Francs erhalten haben; 
ewiß ist, daß in einem Monat gegen 3wanzig neue 
nyerialistische Propinzialblätter herauskommen sollen.