(Gie Todtenscheine der Verun—
ghückten von Hugstetten) Am 13. d8,
hat Bürgermeister Morath von Hochdorf in Baden
dem Orte, auf dessen Gemarkung am 3. Sep—
tember die Eisenbahnkatastrophe statifand, die
Todtenscheine der auf dem Platze todtgebliebenen
Personen bei der Colmarer Kreisdirektion abge—
geben. Die Ausfertigung derselben hatte sich
ziemlich in die Länge gezogen durch die zahlreichen
Verhandlungen, welche mit den verschiedenen Staudes⸗
aͤmtern, den Entscheidungscommissionen, den Lebens⸗
versicherungs⸗Gefellschaften u. s. w zu führen waren,
und dadurch, daß die von der vorgesetzten Behörde
erbetene Belehrung über die Ausführung dieser
Scheine etwas lange auf sich warten ließ.
F (Praktische Einrichtung. Das württem«
bergische Ministerium hat zur leichteren Benütz—
ung der Eisenbahn, insbesondere durch die arbei—
tenden Klassen die Einrichtung getroffen, daß zwischen
besonderes bezeichneten Stationen „Wochenbillete“
ausgegeben werden, welche an allen Werktagen zu
je einer Hin- und Rückfahrt mit bestimmten Zügen
berechtigen. Der Preis ist so berechnet, daß die
Rückfahrt gratis geschieht. Fabriketablissements,
welche die Abnahme von mindestens 10,000 Tages-
karten pro Jahr garantiren, erhalten die Ermäßi—
qung auf die Hälfte der gewöhlichen Tarxe.
F (Abgefaßt.) In Iserlohn trat zu einem
Gendarmen, der im Stalle in Zivilkleidung seiu
Pferd putzte, ein Handelsmann und bot ihm zu
einem Spottpreise eine stattliche Kuh an. Der Gen—
darm, welchem der Preis verdächtig vorkommt, han⸗
delt eine Weile und ließ den Mann dann in seine
Wohnung treten, er werde gleich nachkommen, um
den Kauf abzuschließen. Wie erschrack der Spitz-
bube, denn ein solcher war es, als der Gendarm in
vosler Waffenrüstung zu ihm ins Zimmer trat und
ihn zu einem Spaziergange in das Polizeibüreau
einlud. Der Mann war ohne Legitimation und
konnte sich in keiner Weise über den Erwerb der
Kuh ausweisen. Er nebst Kuh wurden in Ge—
wahrsam genommen.
F Ein grauenhafter Mord, so schreibt man der
„Weser⸗Zeitung“ aus Emden vom 14. d., über
dem bislang noch das tiefste Dunkel schwebt, ift
am Morgen des 12. d. M. in dem benachbarten
Flecken Greetfiel verübt worden. Der daselbst mit
einer Magd zusammen wohnende 82jährige Super-
intendent a. D. Leding wurde Morgens zwischen
7 und 8 Uhr in seinem Bette todt aufgefunden.
Bei näherer Untersuchung der Leiche entdeckte man
an derselben, eine breite, tiefe Wunde im Unterleib.
Einige Stunden später öffnete sich der festgeschlossene
Mund der Leiche und fand man in demselben ein
dickes, schwarzseidenes Tuch, das mit großer Ge—
walt in den Hals hineingezwängt war. Ueber die
näheren Umstände ist Folgendes bekannt. In der
Nacht vomn 11. zum 12. hat eine zu Eilsum woh—
nende verheirathete Tochter des Ermordeten bei
demselben gewacht, da derselbe wegen schwerer Er⸗
krankung auch der nächtlichen Bedienung bedurfte.
Gegen 5* Uhr hat sich dieselbe nach oben begeben,
um sich schlafen zu legen, nachdem fie vorher der
Magd aufgetragen, noch einige Zeit auf ihren Va⸗
ter zu achten und alsdann zum Melken der in der
Weide befindlichen Kühe zu gehen. Die Magd hat
sich darauf reichlich eine halbe Stunde lang in der
vor dem Leding'schen Schlafzimmer befindlichen
Wohnstube aufgehalten, hat gehört, daß der alte
Mann sein Morgengebet verrichtete, und hat sich
alsdann zum Melken begeben, nachdem sie die
Hausthüre abgeschlossen und den Schlüssel zu sich
gesteft hatte. Als sie nach etwa einer Stunde
wieder zurückgekehrt, kommt auch die Tochter wieder
nach unten und fragt, ob ihr Vatet seinen Kaffee
noch nicht verlangt habe. Die Magd verneint dies,
worauf sich die Tochter in das Schlafzimmer des
Alten begiebt. Da Letzterer kein Lebenszeichen von
sich giebt, wird die Magd herbeigerufen, welche
ebenfalls kein Lebenszeichen wahrnimmt und sofort
zu einem benachbarten Verwandten eilt. Dieser
entdeckt sogleich Blut im Gesicht der Leiche und
ändet beim Zurückschlagen der Bettdecke die Wunde.
Die Obduction soll ergeben haben, daß der Tod
durch Verblutung eingetreten. Ein Messer oder
sonstiges Instrument, womit die Wunde beigebracht
worden, ist nirgends aufgefunden, auch liegen keine
Momente für die Annahme vor, daß eine fremde
Person während der Abwesenheit der Magd ins
Haus habe gelangen können, da Thüren und Fen—
ster in gewohnter Weise verschlossen gewesen, ebenso
wenig liegt ein Raub vor. So steht man— selbsf
nach der gestrigen gerichtlichen Untersuchung, boll
ständig vor einem Rätbsel, das jedenfalls nur durch
einen Zufall oder ein Geständniß gelöst werder
wird.
— Das seltene Fest der Kronenhochzeit (65jähr
iges Ehejubilaäum) beging am 14. Okt. in Löbau
i. S. der dortige frühere Stadt⸗Steuereiunehmen
Herr Traugott Daniel Müller. Der Jubelgreis
steht im 85, die Gattin im 82. Lebensjahre.
7 Eine uner jörte That setzt die Gegend von
Merka in der Oberlausitz in Aufregung. Am
Donnerstag Abend gegen 7 Uhr fuhr der In—
pektor eines Braunkohlenwerks mit dem Krämer
Jeschke aaf dem Wagen des Letzteren des Weges
nach Kronförstchen zu, als plötzlich ein Schuß fiel,
der den Jeschke sofort todt niederstreckte. Ein
weiter Schuß fuhr dem Inspektor am Kopf vorbei;
er sprang herab und kehrte mit dem Wagen und
dem todten Jeschke nach Merla zurück. Ebendort
fanden sich bald darauf die Gendarmen Weidlig
und Klix aus zwei benachbarten Ortschaften ein;
sie hatten die Schüsse gehoört und wollten dem
Merkaer Gendarmen Hilfe leisten. Da dieser aber
nicht anzutreffen war, begaben sie sich allein nach
dem Thatorte, fanden aber Niemanden und kehrten
nach Merka zurück, um mit dem Gemeindevorsteher
Rücksprache zu nehmen. Während sie noch in
dessen zu ebener Erde gelegenem Wohnzimmer mit
hm berathschlagten, fiel ein Schuß, der die Fenster⸗
cheibe zertrüummerte und den Gendarmen Weidlig
nitten ins Herz traf, so daß er todt zu Boden
türzte. Man eilte hinaus fand aber Niemanden.
Inzwischen strömte die ganze Dorfbewohnerschaft
yor dem Hause des Gemeindevorstehers zusammen
ind einstimmig bezeichnete Alles den dreiundzwan⸗
zigjiährigen Sohn des Ziegelmeisters Bock als den
nuthmaßlichen Mörder. Derselbe ist mehrfach be—
traft und war erst wenige Tage zuvor aus dem
Gefängniß entlassen. Am Freitag Nachmittag
wurde Bock in Reichwalde verhaftet. Zwar leugnete
er anfangs, gestand dann aber beide Mordthaten
ein. Und was hatte ihn zu denselben veranlaßt?
Der Merkaer Gendarm Mittag hatte die zuletzt
derbüste Gefängnißstrafe seiner Meinung nach ver⸗
anlaßt und deshalb wollte er denselben aus Rache
ermorden. Lediglich um ihn herbeizulocken, hatte
er zuerst den Jeschke erschossen, und, da Mittag
zleichwohl nicht auf dem Platze erschien, so ging
der Mörder in das Dorf und vor das Haus des
Gemeindevorstehers, in der Berechnung, daß Mittag
wahrscheinlich dort sein werde. In der That sah
er denn auch die beiden Gendarmen mit dem Ge—
meindevorsteher im Gespräch und streckte sofort den
einen, den er für den Mittag ansah todt zu Boden
Die unglaubliche Rohheit des Mörders bekundete
ich zum Ueberfluß, noch darin, daß er nicht die
zeringste Reue zeigte, als er bei einer Gegenüber⸗
tellung mit dem Erschossenen gewahr wurde, daß
er nicht seinen, vermeintlichen Feind, sondern einen
hm ganz fremden, an seiner Bestrafung völlig
inschuldigen Mann ermordet hatte. Der getödtete
Hendarm hinterläßt eine Wittwe und mehrere un⸗
nündige Kinde.
FDie Geschichte von einer neuen; Millionen⸗
rbschaft macht neuerdings in Altona, dem Wohn⸗
irt des angeblichen Erben, viel von sich reden.
Bor mehr als 60 Jahren verstarb ein, Großonkel
esselben auf einer Besitzung der holländischen Regier—
ing in Ostindien mit Hinterlassung von 30 Milli—
nen Gulden. Bon dieser Thatsache hat der Groß⸗
neffe, der als Inhaber eines kleinen Milchhandels
in Altona ein bescheidenes Dasein fristet, kürzlich
durch Zufall Mittheilüng erhalten. Zwar ist auf bezüg⸗
liche Anfrage von deh holländischen Regierung die
Antwort eingelaufen, die gesetzliche Verjaͤhrungsfrist
von Erbansprüchen trete in den Niederlanden erst
nach hundert Jahren ein. Leider aber fehlen dem
hetreffenden hoffnungsvollen Erben noch so ziemlich
jämmtliche Papiere, zu deren Herbeischaffung er
allerdings Himmel und Hölle in Bewegung sezzt.
Goshafte Anerkennung) Im
Theater des ungarischen Städtchens Moros-⸗Illy
vurde unlängst während der Vorstellung einer
Wandertruppe dem ersten Liebhaber ein „Bouquet“
ugeworfen. Vor Freude strahlend hebt er die
Bumenspende auf, wirft sie aber sofort zu Boden
ind reibt sich mit einer Grinmuasse die Hände. Das
„Bouquet“ bestand nämlich aus — Brennesseln!
F Im Norden von Schottland hat ein
furchtbarer Sturm gewüthet, wodurch großer Schaden
derursacht wurde. Bei der Einfahrt in den Hafen
von Aberdeen wurden bei dem heftigen Sturm—
Versuche gemacht, den mächtigen Anprall der Wo e
an die Hafenmauern durch Ausgießen von e
mildern, welche von dem besten Erfolge —5
waren. — Telegramme aus Kirkcaldy melden dwy
Verlust des DampfersVulkan“, welcher auf einer
Fahrt von Middlesbrough nach Grangemouth be
griiffen war. Das Fahrzeug stieß auf eine Fel.
senllippe zwischen Kirkcaldd und Kingsham uͤnd
füllie sich alsbald mit Wasser. Das Rettungsboot
wurde sofort herabgelassen, wurde aber durch die
sturmbewegte See zu Atomen zertrümmert. Ein
HVollenboot wurde darauf herabgelassen und gelan
es acht Personen, das Ufer zu erreichen, waͤhrend
'unf Personen, einschließlich des Kapitäns und eine—
Passagiers, mit dem Schiffe untergingen.
Für die am Montag in Bern zusammen—
getretene internationale Conferenz zur Berathung
zines Vertrages über Herstellung der technifchen
kinheit im Eisenbahnwesen haben das schweizerijch⸗
Eisenbahndepartement und der Verein der deutschen
Eisenbahnverwaltungen je einen Entwurf ausge
arbeitet. Diese beiden Entwürfe, welche Bestimm—
ungen über den Abstand zwischen den Rädern, einer
Achse, die Breite der Bandtagen, den Spielraum
der Spurkränze, die Spurweite, die Puffer, die
Zughacken, die Kuppelungen ꝛ⁊c. enthalten, weichen
nicht erheblich von einander ab; die Hauptdifferen—
zen betreffen die Spurweite und das Marimalprofi
der Wagen. Für die Spurweite schlägt der schwei⸗—
‚erische Entwurf 1440 Millimeter und der deutsch—
——
Maximalprosil, wenigstens für die Güterwagen
eine geringere Breite als der erstere wünscht. An
dem Zustandekommen des Vertrages zweifelt man
nicht; immerhin wird man sich nur auf Feststell
ung der nothwendigsten Punkte beschränken.
FWier Städte in Konkurs.) die
schweizerische Nationalbahn ist bekanntlich bankerot
geworden und dadurch hat den Konkurs von vier Städ⸗
ten: Winterthur, Baden, Zofingen und Lenzburg,
welche ihrerseits eine Garantie füe die Obligationen
der Bahn übernommen hatten, herbeigeführt. Der
sKonkurs von Baden ist im Aargauischen Amisblatte
schon ausgeschrieben, der von Lenzburg und Zo—
fingen wird täglich erwartet. In Winterthur iff
die Versteigerung des Wassers- und Gaswerkes und
der Weine des einst so berühmten Herrens oder
Ratstellers ausgeschrieben. Auch das übrige Eigen—
hum der Stadt wird nach und nach zur Versteiger⸗
ing gelangen und der Konkurs ausgesprochen werden
.7(ns einem Irrenhause.) Russiche
Blätter bringen folgende faft unglaubliche Geschichte:
Fin Advokat in Achstrachan wurde irrsinnig und
var zur Kur in das Krankenhaus allgemeiner
Fürsorge anvertraut worden. Da sich der Kranke
dem Doktor gegenüber sehr ungeberdig benahm
so wurde er mit einem anderen Kranken, einen
Kalmücken, in eine Kammer gesperrt. Der Doctor,
der seine Kranken glücklich vergessen hatte, begab
fich zur Jugd und kehrte erst nach vier Tagen
wiedern: Icht, leider zu spät, fiel es ihm ein, daß
er die beiden Kranken eingeschlossen habe, und fich
der Schlüssel zum Zimmer in seiner Tasche befiude.
Als die Thür geöffnet wurde, bot sich dem Ein—
tretenden folgendes schauerhafte Bild: Der Advokat
lag todt auf dem Boden, die Zunge und Nase
des Unglücklichen hatte der Kalmuͤck verzehrt. Letz
terer war durch den Hunger und den Kampf mit
dem Advokaten so geschwächt, daß er nur mit
großer Mühe ins Bewußtsein zurückgebracht werder
konnte.
— Beim letzien Jahreswechsel hatte die Bevol—
lerung Bel grnen s gegen das Vohrjahr um 65,837
Seelen zugenommen und betrug jomit 5. 595. 664
Einwohner.
7 Die Entdeckung eines dritten Kometen
wird von dem Direklor der Sternwarte zu Athen,
Herrn Dr. J. Schmidt, gemeldet. Nach dessen
telegraphischer Mittheilung stand das neue Gestirn
vier Grad südöstlich von dein großen Kometen und
hatte dieselbe Bewegung wie dieser. Nähere Nach—
richten üͤber die Helligkeit sowie über die Ent⸗
deckungszeit fehlen bis jetzt noch.
'Ein neuer Beweis für die Um—
drehung der Erde. Man hat seit einiger
Zeit auf den Eisenbahnen, welche in ihrer Haupt⸗
richtung von Süd nach Nord gelegen sind
oder doch wenigstens merklich von Osten und We—
sten abweichen, die Wahrnehmung gemacht, daß
die Lokomoliven am haufigsten rechts, d. h. über
das östliche Schienengeleise springen oder doch auf⸗
tallend stärker gegen die Geleise drücken, und daß