Full text: St. Ingberter Anzeiger

zu zahlen. — Die Gebäulichkeiten der großen Re— 
tauration und der altdeutschen Weinstube sind für 
die nächstjährige internationale Ausfstellung in Am⸗ 
terdam angetauft worden. 
f Die bayerischen Kreisregierungen 
schärften den Distrikts- und Polizeibehörden in Be— 
zug auf unsittliche Schaustellungen bei Jahrmärkten, 
Volksfesten ꝛc. neuerdings ein, von den Schau⸗ 
stellungsgegenständen Einsicht zu nehmen, bevor die⸗ 
selben dem Besuche geöffnet werden, sowie den Ge⸗ 
schäftsbetrieb fortgesetzt zu überwachen. Besonderes 
Augenmerk haben die Behörden auf Gemäldega⸗ 
erien, anatomische Museen u. dgl. zu richten, und 
es sind hierbei „Abtheilungen für Erwachsene“ grund⸗ 
ätzlich nicht zuzulassen. 
F Nach dem neuesten Hefte der Zeitschrift des 
kgl. bayer. statistischen Bureau's welches die Be—⸗ 
wegung der Gewerbe in Bayern behandelt, sind 
die Anmeldungen stehender Gewerbe in Bayern, 
die seit dem von 1869 auf 1870 eingetretenen 
Rückgang sich bis zum Jahre 1877 fortwährend 
gemehrt hatten, von letzterem Jahre an stetig wie⸗ 
der zurückgegangen. Die Anmeldungen betrugen 
im Jahre 1870 noch 32,002, waren im Jahre 
1877 bis auf 48,182 gestiegen und haben sich 
eitdem allmälig gemindert: 1878 auf 47,441, 
1879 auf 47,289, 1880 auf 46,800 und 1881 
auf 45,149. Der Unterschied tritt noch mehr her⸗ 
hor, wenn man die Gewerbe⸗Niederlegungen mit 
inn Betracht zieht, welche seit dem Jahre 1877 mit 
alleiniger Ausnahme des Jahres 1880 zugenommen 
haben. Während sie im Jahre 1877 nur 34,472 
betrugen, stiegen sie im Jahre 1878 auf 38,940, 
1879 auf 40,729, sanken 1880 auf 39,691 und 
stiegen 1881 wieder auf 41,196. Die wirkliche 
Mehrung von Gewerbe⸗Anmeldungen betrug daher 
1877: 13,710, 1878: 8501, 1879: 6560, 1880: 
7109, 1881: 3953. — Der Gesammtsumme der 
Gewerbe-Anmeldungen in den fünf Jahren 1877 
bis 1881 von 234,861 stehen für den gleichen 
Zeitraum 195,028 Gewerbe⸗Niederlegungen gegen⸗ 
über, so daß sich ein Zuwachs von 39,833 stehen⸗ 
den Gewerben oder durchschnittlich 7966 im Jahre 
ergiebt. Am stärksten war der Zuwachs an Han— 
delsgewerben mit 48,54 pCt. der Gesammtzahl. 
Dann folgen die mechanischen Künstler und Hand 
werker mit einer Zunahme von 41,19 pCt., die 
Gast- und Schankwirthschaften mit einer solchen 
don 10,38 pCt. und der Fracht⸗, Stadt⸗ und 
Reisefuhrwerke ꝛc. mit einer solchen von 0,95 pCt. 
der Gesammtzahl. Eine Minderung zeigen die 
Fabrikations⸗Anstalten und Fabrik⸗Unternehmungen, 
dann die Bierbrauereien und Branntweinbrennereien 
und zwar erstere um 136 Betriebe oder 0,834 pCt., 
—VV 
ammtzahl. 
f Dillingen a. S., 22. Okt. Zu größer⸗ 
rer Vorsicht mahnt ein trauriger Vorfall, der einer 
hiesigen sehr achtbaren Familie große Betrübnis 
derursachte. Deren 4jähriger Sohn, ein blühender 
nabe, spielte mit andern seines Alters das sog. 
Rößches⸗Spiel“, wobei ein konisch zugespitztes, 
2—3 Zoll langes Holz mit einem langeren Stocke 
in die Höhe geschlagen wird. Durch irgend wel⸗ 
hen Zufall siel der Kleine so unglücklich, daß das 
zugespitzte Holz ihm durch den Mund in den Hals 
drang und eine Ader verletzte, worauf nach mehre⸗ 
ren sehr starken Blutungen der Tod eintrat. 
(Saar⸗u. Blies⸗Ztg.) 
Worms, 20. Okt. Es sind falsche Ein⸗ 
narkstücke in Umlauf, welche aus einer Komposition 
hergestellt und den ächten täuschend ähnlich sind. 
Von letzteren sind fie hauptsächlich durch das Ge⸗ 
vicht zu unterscheiden, welches bedeutend geringer 
st 
Vor acht Tagen zündete im Kirchspiel Stein— 
feld eiu Knabe von acht Jahren die Wohnung 
seiner Eltern mittelst Streichhölzer an. Er wünschte 
im kindlichen Unverstand, sein in der Wiege liegen⸗ 
des Brüderchen solle verbrennen, damit er von dem 
astigen Wiegen befreit werde, was ihm denn auch 
zelungen. 
fFWeimar, 22. Okt. Heute feierte der 
Altmeister Franz Liszt seinen 71. Geburtstag. 
F (Zur Warnung für Landwirthe) Nor d⸗ 
hausen, 16. Okt. Einem hiesigen Landmanne 
derendeten schnell zwei auf 1000 Mk. gewerthete 
Pferde und zwar in Folge von Fütterung mit 
nansem Hafer. 
fF Eisleben, 17. Oktt. Ein Vorkommniß 
chrecklicher Art rief gestern in der hiesigen Mad⸗ 
hen⸗Bürgerschule Verwirrung und Entsetzen bervor 
Fine Schülerin hatte auf dem Wege zur Schule in 
der Nähe des Bahnhofes eine Dynamitpatrone ge— 
unden, die, wie man annimmt, von einem Bergmann 
»erloren worden ist, und solche in die Schule ge— 
»racht. Ein anderes Schulmädchen, die 18jährige 
Tochter des Schneidermeisters L. von hier, spielte 
iun während des Unterrichts mit der Patrone und 
tach dabei mit einer Nadel in dieselbe hinein. Plötz⸗ 
ich explodirte die Patrone und riß dem Kinde 
ämmtliche 5 Finger der linken und 2 der rechten 
hdand weg. (Ein gleiches Unglück ereignete sich 
ürzlich in Barmen.) 
(EChampagnerals Vieharzneimit— 
wel.) Ein Gutsbesitzer in der Nähe von Leipzie 
aufte 1 Dutzend Flaschen billigen Champagner. 
Erfreut über seinen günstigen Kauf, stach er abens 
nit seiner jungen Gattin zwei Flaschen davon aus. 
Beide bekamen furchtbares Leibschneiden und bald 
uchte der gährende Sekt Wege aller Art, um wie— 
ser ans Tageslicht zu kommen. Da meldete der 
IOberknecht, daß die beste Kuh plötzlich den Auf—⸗ 
auf bekommen habe und dem Tode nahe sei. Ein⸗ 
jsedenk der eben selbst gemachten Erfahrungen ver⸗ 
sdnete der Gutsbesitzer seiner Patientin zwei Fla— 
chen jenes wirkungsreichen Weines, und der Erfolg 
var, daß sich der edle Trank wiederum gewaltig 
n's Freie drängte. Die Kuh war gerettet. Im 
stamen derselben hat der erfreute Herr dem 
Weinhändler ein Daukschreiben übersendet und ihm 
Jestattet, solches zu veröffentlichen. Ob derselbe 
don dieser Vergünstigung Gebrauch gemacht hat, 
vird nicht gemeldet. 
fFEin Opfer der Wahrsagerei.) Vor 
durzem wurde in Calve a. M. (Altmarkh) ein 
unges blühendes Mädchen durch Wahrsagerei in 
den Tod getrieben. Dasselbe hatte fich vor längerer 
zeit von einer Zigeunerin „wahrsagen“ lassen und 
var seit dieser Zeit tiefsinnig geworden, denn die 
Wahrsagerin hatte ihr prophezeit, daß sie in einem 
jalben Jahre sterben müsse. Das entsetzliche Be— 
opußtsein, dem furchtbaren, immer näher rückenden 
Tode nicht entrinnen zu können, versetzte das arme 
Mädchen in eine unsägliche Angst, die sich, je näher 
ie dem vermeintlich gesteckten Ziele kam, von Tage 
u Tage steigerte und siesschließlich dur Verzweiflung 
rachte, in der sie, um der schrecklichen Prophezei- 
ing zu entgehen, Hand an sich legte. Daß das 
heklagenswerthe Opfer allseitiges Mitleid erregte, 
»edarf keiner Erwähnung; wohl aber, daß aber—⸗ 
zläubige Leute meinen, die Zigeunerin habe doch 
Recht gehabt. Ein energisches Einschreiten gegen 
die herumziehenden Zigeunerbande wäre dringend 
angezeigt. 
fF Ein gelehriger Vogel. Von dem 
Fantor Schlag in Steinbach-Hallenberg ist dem 
eutschen Kaiser ein Vogel (ein Staar) zum Ge⸗— 
henk übersendet worden, der von dem Cantor 
olgende Worte sprechen gelernt: „Es lebe der 
kaiser! Ich bin ein Preuße, kennt ihr meine Farben. 
Schwarzweiß, schwarzweiß! Bismarck, Bismarck!“ 
der Kaiser ließ dem Cantor, wie die Dorfzeitung 
neidet, neben einem reichen Geldgeschenk Dant 
ind Anerkennung aussprechen, nahm aber den 
Bogel, um den er den Lehrer nicht berauben wolle, 
nicht an. Danach wurde der beredte Staar für 
00 Mark verkauft. 
F Der „Magdeb. Zig.“ wird von Berlin 
— 
Kothschild an die englischen Truppen in Egypien 
— sie besteht aus 15 Tons Tabak und 15,000 
urzen Tonpfeifen — ist, wie ein hiesiger großer 
Zankier uns erklärt, das Geschenk eines Knickers. 
Nan muß sich nur dergegenwärtigen, daß die Roth⸗ 
childs an „Egyptern“ mehr RNillionen verdienl 
jaben, als dem englischen Volke die ganze Expe⸗ 
zition gekostet hat, und die Expedition war sehr 
'ostspielig. Die Seymour und die Wolseley find 
asch zum Ziele gekommen; als sie ihre Schiffe vor 
Alexandrien ankern ließen, standen die „Eghpter“ 
15, und jetzt werden Sie in London, Paris und 
Frantfurt mit 72 gehandelt. Das Geschäft mit 
gyptischen Staatspapieren ruht ganz in den Händen 
er Rothschild's, die mehrere Monate vor dem Kriege 
ie Egypter zum Kurse von 65 weggaben, sie billig 
vieder einkauften und sie jetzt zu hohen Cursen 
bermals an den Mann zu bringen suchen. Waaren⸗ 
ändler aller Nationen, die in Alexandrien und 
dairo ihre Geschafte hatten, sind zum Theil arg 
jeschädigt; England hat viele Millionen ausgegeben. 
hne zu wissen, ob, wie und wann es auf seine 
kosten kommen wird. Blos das Welthaus Roth⸗ 
hild hat seinen ungeheuren Gewinn aus der eanp⸗ 
tischen Affaire bereits eingeheimst, und zu dem Plus 
aus den Egpptern . kommt ein ansehnliches din 
aus den Suezkanalaktien, über die das Haus Roij 
child freilich nur zum kleineren Theil dominite 
kann, da unter Lord Beaconsfield die Mehrzah 
dieser Aktien in den Besitz des englischen Slaci, 
üherging. Von den Millionen Pfund, die in d 
ietzten sechs Monaten gemacht wurden, gibt Hen 
Nathanael Rothschild 15 Tons Tabak und —15, o00 
lleine Thonpfeifen abd; eigentlich sollten ihm di 
englischen Soldaten diese wunderliche Liebesgab 
zuruckschicken. Wie ein berühmter Historiker einma 
s'agte: „Sehr interessant und wichtig wurde es sein 
wenn Jemand die Geschichte des Hauses Rothschild 
ichriebe.“ 
fDaß Kaiser Wilhelm trot seines hohen 
Alters noch frisch und rüstig ist, daß er stundenlang 
ohne die geringste Anstrengung zu Pferde sitzi 
verdankt er großtentyeils den mit peinlicher Ge 
wissenhaftigkeit beobachteten diätetischen Anordnungen 
seines Leibarztes Dr. Lauer. Sein Leibgerich 
ind zwei Teller Bouillon, deren Bereitung, falls 
der Kaiser verreist, stets der Koch überwacht. Zu 
dieser Kraftsuppe werden verwendet: 12 Pfund 
Rindfleisch, 4 Tauben und 2 Hühner. Der völli 
ausgetochte Extrakt dieser ansehnlichen Fleischmeng 
iefert eine sehr kräftige und leicht verdaulich 
Zpeise. 
Herr Schulze⸗-Delitzsch, der Vater des 
eutschen Genossenschaftswesens, veröffentlicht eine 
längere Erklärung zur Richtigstellung verschiedene 
einer älteren Aeußerungen, welche entstellt auch 
etzt wieder von konservativer Seite gegen den Libera 
ismus ausgebeutet worden sind. Er weist auf 
Brund der stenographischen Berichte nach, daß er 
in seiner Bemerkung aus dem Jahre 1848 über 
die „bankerotte Firma“, welche von Gegnern immer 
wieder auf das Königthum bezogen wird, aus— 
drücklich vom Absolutismus sprach und daß er 
anfangs der sechziger Jahre nicht gesagt hat, et 
solle „der Großmachtskitzel Preußens ausgetrieben 
werden“, sondern: „Ich glaube, wir haben an eine! 
Broßmacht genug, deren Schwerpunkt außerhalb 
Deutschlands liegt. Ich glaube, wir haben allet 
Interesse daran, Preußens außerdeutschen Groß⸗ 
machtskitzel zu vertreiben und Preußen zu einei 
rein deutschen Macht zu machen.“ Vor dem Ab— 
chluß seiner parlamentarischen Laufbahn, so sagt 
derr Schulze⸗Delitzsch, habe er sich verpflichtet ge⸗ 
jalten, jene Entstellungen noch einmal ausführlich 
zu widerlegen. 
f Aus den Fachkreisen wird berichtet, daß die 
ortgesetzten Untersuchungen im Reich sgesund— 
heitsamt über die generelle Anwendung ani— 
nalischer Lymphe bei Impfungen nunmehr wirklid 
ein befriedigendes Resulat in nahe Aussicht stellen 
Bekantlich deruht die Schwierigleit des Problems 
arin, ein Mittel ausfindig zu machen, welches die 
Impfung mit der absolut gefahrlosen, aber wegen 
hrer Kostspieligkeit nur selten gebrauchten thierischen 
eymphe ebenso billig stellt, als dies beim bisherigen 
Hodus der Fall ist. Gelingt es der Schwierigkei 
Herr zu werden, so wäre ein solches Ergebnis schou 
um deswillen mit Freuden zu begrüßen, weil auf 
diese Weise endlich einmal der leidenschaftliche und 
hellagenswerthe Kampf der Impfgegner und Impf⸗ 
reunde geschlichtet werden könnte. Denn auch die 
Impfgegner geben zu, daß der größte Theil ihrer 
Beschwerden hinfällig werden würde, sobald die 
Zicherheit in der Auswahl und Benutzung der 
eympze garantirt sei. In arztlichen Kreisen häl 
man es nicht für unmöglich, daß die in Rede stehen 
den Untersuchungen schon zu einem Zeitpunkt ab⸗ 
geschlossen und zur weiteren Kenntnis gebracht wer— 
den könnten, wo der angekündigte Antrag der Feinde 
des Impfzwanges im Reichstage noch aar nicht ein⸗ 
gebracht ist. 
Gas Begnadigungsgesuch eines 
dasen.) Ein Köppelsdorfer Jagdpächter 
erlegte dieser Tage einen Hasen, dem um den Hal⸗ 
ein kothes Bandchen befestigt war, an welchem sich 
eine eiserne Kapsel befand, in der sich nicht etwa 
das Bildnis einer Geliebten des Hasen, son dern 
auf einem Zettel folgender Knittelvers befand: 
Mein Name ist Hase, ich thu' euch nijcht, 
Wenn ihr mir micht eins min der Funte wischt. 
Ich bitte gehorsamst, mich nicht zu schießen 
Das ist nicht gesund, daß werdet ihr wissen 
Leider hat der Wunsch des „seligen Lampe nicht 
erfüllt werden können, denn er ist hereits verzehtt 
vohl aber ist einem Unbekannten der Scherz ge 
sungen. denn iedenfolls hat dieser einem iung ein⸗ 
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