Full text: St. Ingberter Anzeiger

xt. Iustberter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
her ‚St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich funfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
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216. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 31. Oktt. Seine Maj. der 
conig trafen heute Morgens 2240 Uhr hier ein. 
Der seit Dezember 1874 im Reichsdienste als 
ommandant der Festung Uhm verwendete Gene⸗ 
Alieutenant Maximilian Hebberlingà la suite 
er bayerischen Armee gedenkt in den Pensions- 
and zu treten und hat ein bezügliches Abschieds⸗ 
esuch eingereicht. 
Munchen, 31. Okt. In dem Einlauf des 
u. Landgerichts München 1 ist nunmehr die Klage 
er von dem kgl. Advocaten Heinrich v. Fischer 
ahier vertretenen Civilliste St. Maj. des Königs 
egen den bayer. Fiscus auf Anerkennung der 
aupflicht seitens letzteren bezüglich des kgl. 
esidenz⸗· und Hoftheaters gelangt. Es handelt 
h hier bekanntlich um die Uebernahme derjenigen 
auvornahmen in den beiden königl. Theatern, 
elche vom Magistrate aus feuer⸗ und sicherheits⸗ 
olizeilichen Gründen angeordnet wurden, zu deren 
zestreiuung dann der Cultusminister ein Postulat 
on 229,000 Mk. an die Kammer der Abgeordne⸗ 
en brachte, das jedoch mit der Motivirung abgelehnt 
vurde, daß eine Baupflicht des Staates nicht be⸗ 
ehe. 
Aus Bayern wird dem „Fr. J.“ geschrieben: 
lehnlich wie über die unstreitbare Zunahme des 
zetitels und Vagantenwesens, beklagt man sich in 
XELXG 
andes immer lauter über den die Geschäfte de—⸗ 
roralisirenden Einfluß des Gewerbebetriebes im 
imherziehen und des Hausirhandels. Die von Baden 
egriffene Iniative zur Beseitigung dieser Concurrenz 
nuf dem Wege der Gesetzgebung wurde daher von 
sielen bayerischen Städten mit großer Freude be— 
rüßt. Einer Petition an den Reichstag, welche 
hon daraufhin in Augsburg beschlossen, traten 
lsbald andere Städte bei, und gegenwäritig ist die 
AIgitation überall eine so lebhafte geworden, daß 
ie in der bevorstehenden Reichtagssession von der 
ttegierung nicht gut mit Stillschweigen zu über⸗ 
jsehen sein wird. Die Wünsche der Petenten find 
n erster Linie auf die Einschränkung des Gewerbebe⸗ 
riebes im Umherziehen und des Hausirhandels durch 
Nehrbesteuerung der dieser Kategorie zuzuzählenden 
zewerbetreibenden gerichtet. Insbesondere hat man 
me Heranziehung der feineren Abart von Hausirern, 
er sogenannten Detailreisenden, zu den Gemeinde⸗ 
mlagen ꝛc. im Auge. Man stützt sich in der Be—⸗ 
ründung der diesbezüglichen Petition hauptsächlich 
uf die statistischen Ermittelungen der Vorjahre, 
helche kürzlich zur Veröffentlichung gelangten und 
tgeben haben, daß, wäbrend 1869 im Königreiche 
jahern nur 11,723 Legitimationsscheine an Hausir⸗ 
ändler ertheilt waren, deren 1881 schon 23,094 
dqegeben wurden. 
Kaiser Wilhelm ist von den Jagden in 
idwigsluft (Meklenburg) wieder nach Berlin 
urückgekehrt. 
Die Denkschrift der deutschen Knapp⸗ 
qaftsvereine betreffend die Unfallver— 
cherungsvorlage ist nunmehr abgeschlossen. 
'as umfangreiche Schriftstück wird dem Reichstage 
nForm einer Petition zugehen. Dasselbe verdankt 
'in Entstehen der besonderen Stellungnahme der 
tnappschafiskassen zu der Versicherungsfrage und 
in wiederholten Sitzungen der Vorstände jener 
assen in Berlin (Juni und Oktober d. J.) vor⸗ 
ereitet worden. Die Wünsche der Interessenten 
Donnerstag, 2. November 1882. 17. Jahrg. 
zehen vornehmlich dahin, daß die in Aussicht ge⸗ 
rommene gesetzliche Regelung der Versicherung der 
Arbeiter in einer Weise erfolge, welche er dem 
Zergbau gestatte, die Regelung innerhalb des Rah— 
nens der Knappschaftsinstitute vorzunehmen. 
Freierei zu gehen, so sandte er nach ächt amerika— 
anischer Art seine Mutter zu diesem Behufe in seine 
hemalige pfälzische Heimath. Nun wollte es der 
zlückliche Zufall, daß die Brautwerberin auf einer 
kFisenbahnfahrt in unserer Gegend mit einer jungen 
Ddame von einnehmendem Aeußeren, Bildung und 
icht pfälzischer Herzensgüte zusammentraf und wäh⸗ 
cend der gemeinsamen Fahrt im Laufe der Unter⸗ 
haltung ganz absichtslos auch die Photographie 
ihres Sohnes der jugendlichen Reisegefährtin zeigte. 
das photographische Konterfei des amerikanischen 
deirathskandidaten verfehlte den Eindruck nicht, 
denn die wohl auch liebebedürftige Pfälzerin rief 
mit kaum unterdrücktem Entzücken: „Ein schöner 
Mann; wenn er reich ist (), würde ich ihn auch 
heirathen!“ — Diese aufrichtige Gesinnungsäußer⸗ 
ung führte denn auch wirklich zu Auseinander— 
etzungen, deren Ergebniß eine spätere förmliche 
Brautwerbung der Mutter für den Sohn war. 
Daß dabei eine alte Tante der nunmehrigen Braut 
eine vermittelnde Rolle spielte, wollen wir nur 
nebenbei bemerken und mit der Mittheilung schließen, 
daß die bräutliche Pfälzerin in nächster Zeit mit 
hrer Schwiegermutter in spe die Reise nach 
Amerika antreten wird. 
— Von dem kgl. Staatsministerium der Justiz 
—XVV 
gerichte des Königsreichs der Auftrag, bis zum 1. 
Dez. l. Is. ein Verzeichniß über die von ihnen 
um Vorbereitungsdienste behufs Ablegung der 
Zrüfung für das Gerichtsschreiberamt zugelassenen 
dewerber in Vorlage zu bringen. 
Ausland. 
Paris, 1. Nov. Die France bespricht in 
inem längeren Artikel die deutsche Marine und 
ommt zu dem Schluß, daß Deutschland nunmehr 
n die Reihe der großen Seemächte eingerückt sei 
ind Frankreich auch zur See die Spizßze bieten 
oͤnne. 
Lyon, 31. Okt. Gestern wurden hier sieben 
Anarchisten wegen Mordes verhaftet, zwei sind auch 
ber heimlichen Anfertigung von Dynamit beschuldigt. 
Rom, 31. Okt. In hiesigen Kreisen wird 
die Nachricht mit großer Befriedigung aufgenommen, 
»aß die Kronprinzen von Deutschland und Oester⸗ 
eich der Vermählung des Herzogs von Genua bei⸗ 
vohnen werden. Auch wird von mehreren Blättern 
in weiteres Gerücht verzeichnet, daß sich der Her⸗ 
og von Aosta mit einer bayerischen Prinzessin ver⸗ 
mählen solle. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 2. Nov. Allerheiligen 
md Allerseelen sind der Erinnerung an die 
Todten geweiht. Liebe und Pietät hatten denn 
iuch heuer wieder. gleich wie früher, auf dem hie— 
igen Friedhofe die Ruhestätten der Entschlafenen 
innig mit Blumen und Kraänzen geschmückt, und 
ahlreich war an beiden Tagen die Zahl derjenigen, 
aie eines lieben Angehörigen an dessen Grabe in 
tillem Gebete gedachten. 
— Eine Gemeindeversammlung in Pirmasens 
zeschloß am 30. Okt. ein Anlehen von 40,000 Mk. 
ur Erbauung einer Gasanstalt aufzunehmen. Zur 
Bersammlung waren nur zehn Bürger erschienen. 
— Am Mittwoch Abend treffen die Reichstags⸗ 
ibgeordneten Dr. Buhl und Landgerichtsprasident 
heltersen in Kaiserslautern ein, um im dor⸗ 
igen Gewerbe-Verein an einer Berathung der 
dranken⸗ und Unfallver sicherungs ⸗-Gesetzentwürfe 
heil zu nehmen. 
Der Redakteur der pfälz. Geflügelzeitung, 
derr Buchdrucer Hermann Kay ser in Kaisers⸗ 
autern, erhielt vom Generalkomite des land⸗ 
vbirthschaftlichen Vereins in Bayern ein Ehren⸗ 
diplom. 
— Für die Wetterbeschädigten des Bezirks 
Zusel sind bis jetzt bei dem Hilfscomitee 57,274 
Mk. b0 Pf. eingegangen. 
— Füuürst Ernst zu Leiningen, Admiral der 
nglischen Flotte, der Enkel des letzten Fürsten in 
dürkheim, ist dem Verschönerungsverein in 
dürkheim mit einem ansehnlichen Jahresbeitrage 
eigetreten. Mehrere Mitglieder der Leiningischen 
Familie werden diesem Vorgehen folgen. 
— Aus Speyer wird dem „pf. J.“ fol⸗ 
sende amüsante Geschichte berichtet: Vor einigen 
Vochen kam die Mutter eines bedeutenden Fabri—⸗ 
anten in der Nihe von Newyork aus Amerika in 
eltsamer Kommission nach der Pfalz. Ihr Sohn 
teht nämlich in einem Alter, in welchem der Ge⸗ 
anke, daß es nicht gut sei, wenn der Mensch allein 
tehe, immer größere Berechtigung gewinnt, und da 
raglicher Fabrikant als guter Deutscher sich ein⸗ 
nal vorgenommen hatte, nur ein dentsches Mäd⸗ 
hen als Gattin heimzuführen, jedoch geschäftlich 
serhindert war, selbst auf die Brautschau oder 
Vermischtes. 
F Wie das „Regensburger Tagblatt“ mittheilt, 
wurde durch Pferde, welche beim Ziehen des Pfluges 
plötzlich stehen blieben und absolut nicht mehr weiter 
zu bringen waren, in der Nähe von Kareth (Ober⸗ 
yfalz) die in die Erde vergrabene Leiche eines seit 
etwa einem Vierteljahre vermißten Metzgerburschen 
vorgefunden, welche den Mordstahl noch in der 
Brust hatte. 
FSaargemünd, 31. Okt. Wie der „Zw. 
Zztg.“ mitgetheilt, fand gestern Abend auf der 
Station Beningen Metz⸗Saargemünd) ein Zu⸗ 
ammenstoß zwischen zwei Güterzügen Statt, wobei 
ingefähr 20 Wagen zertrümmert, 1 Bediensteter 
chwer und mehrere leichter verwundet worden sein 
ollen. Der Anblick der Trümmerhaufen soll ein 
zrauenerregender sein. 
Aus Rheinhessen wird dem „M. T.“ 
nitgetheilt: Infolge Ansuchens um Ertheilung von 
Tanzerlaubnissen richten unsere Großh. Kreisämter 
an die Bürgermeistereien ein Ausschreiben, worin 
sie den letzteren anempfehlen, diese Gesuche uur in 
sehr beschränkten Zeiträumen zu befürworten, da 
,die gedrückten Verhältnisse der Landwirthschaft 
eine allzugroße Lustbarkeit nicht wünschenswert er⸗ 
scheinen lassen!“ 
In Galizien sowie in Rußland hat sich 
frühzeitig ftrenger Winter eingestellt. Aus Lem⸗ 
berg wird hierüber telegraphirt: In den ostgalizischen 
Bezirken gibt es seit einigen Tagen ungewöhnliche 
Zälte und bedeutende Schneefälle. Im Podhajcer 
Bezirke sind drei Bauern die Opfer des Frostes 
geworden; auch in Milna (Brodyer Bezirk) wurde 
der Leichnam eines erfrorenen Arbeiters aufge⸗ 
funden. 
F Paris. Das Elend einer Weltstadt. Unter 
dem Titel „Paris Horribles hat Herr Georges 
Grison, der im „Figaro“ seit Jahren an der Spitze